Sie feierten in Kyuhyuns Geburtstag im kleinen Kreis rein. Skye saß oben vor ihrem Zimmer mit dem Laptop. Sie wollte sich nicht in ihr Zimmer einschließen, weil das unhöflich wäre, aber die Partyqueen würde sie heute auch nicht werden. Nur EXO und Super Junior waren da, was ihr ganz recht war. Gegen 1:30 Uhr verabschiedeten ich die Jüngeren, denn schließlich war heute Abend noch ein Konzert und so wie sie stundenlang auf der Bühne umher gesprungen waren, war es ohnehin ein Wunder, dass sie noch nicht umgefallen waren. Skye war ja nur vom Zusehen ganz erschöpft gewesen.
War es richtig gewesen sich in die Beziehungskiste von Krystal und Kai reinzuhängen? Die Amerikanerin hatte darauf keine Antwort. Sie hasste es nur, wenn Leute nicht los lassen konnten. Sie hatte einen Ex-Freund, der sie verfolgt hatte und gegen den sie letztendlich eine Einstweilige Verfügung bekommen hatte. Skye konnte auf sich aufpassen, sie hatte keine wirkliche Angst vor ihm gehabt, aber ständig dieses Gefühl zu haben, dass man über die Schulter schauen musste, war schlimm. Sie hatte immer ein Messer oder Pfefferspray bei sich getragen, wenn sie ihre Wohnung verlassen hatte. Gut ein halbes Jahr ging das. Dinge standen vor ihrer Tür, wie Rosen oder Schokoladen. Nachts wurde bei ihr angerufen oder an der Tür geklingelt. Irgendwann hatte sie nicht mehr bei sich geschlafen sondern im Dorm bei zwei guten Freunden von sich, die sie nirgendwo alleine haben hingehen lassen. Selbst in die Dusche wollten sie mit, angeblich weil sie Angst um Skye hatten, doch auf diesen Trick war sie nicht rein gefallen.
Zwar glaubte sie nicht, dass Krystal die gleichen psychopatischen Ausmaße annahm, doch es war anstrengend, wenn man selbst über das Alte hinweg war und in die Zukunft blicken konnte und der ehemalige Partner konnte es nicht.
Als die EXO-Jungs am Aufbrechen waren, kam Kai zu ihr hoch. Skye klappte den Laptop zu und stand auf.
„Bist du Morgen da?“
„Ja, am Anfang wahrscheinlich, aber dann müssen wir unseren Flieger nach Vegas bekommen.“
„Verstehe.“ Er hielt ihren Blick fest und seine Finger vergruben sich in ihrer Hand. Skye ließ es zu, weil es so eine unschuldige Berührung war.
Die kleine, unschuldige Berührung blieb von den anderen aber nicht unbemerkt. Chen, Heechul und Baekhyun standen zusammen und schauten nach oben.
„Was ist denn da jetzt passiert?“, fragte Heechul.
„Also, ich dachte es wäre nicht so wichtig, aber gestern waren sie in einer Besenkammer gewesen“, erzählte Baekhyun.
„In einer Besenkammer?“, fragten Chen und Heechul gleichzeitig.
„Fragt mich nicht“, erwiderte Baekhyun nur und verabschiedete sich von den anderen.
„Also, ich muss dann los. Wir sehen uns morgen“, meinte Kai, der noch immer nicht ihre Hand los gelassen hatte.
„Schlaf gut.“
„Du auch.“
Sie schauten sich in die Augen, einen Moment zu lange, so lange, dass es selbst Skye auffiel. Kai schüttelte kaum merklich den Kopf, als wäre er in Trance gewesen und wand sich dann ab.
Skye hatte ihren Koffer bereits dabei, als sie am Morgen in die Akademie fuhr. Sie waren nur drei Tage weg, inklusive der Zeitverschiebung vier Tage, und sie brauchte eigentlich nicht viel. Dann war sie ja aber auch mit Kwon Jiyong unterwegs und sie wollte gut neben ihm aussehen. Also war der Koffer doch voller geworden, als erwartet.
Sie kam zu ihrem Büro und wollte es öffnen, doch die Tür war verschlossen. Die Tür war sonst nie abgeschlossen. Skye schaute auf und fand einen Zettel auf dem eine Insel abgebildet war und der Text ‚Bin da wo ich hingehöre‘. Super, der Bitch-Fight hatte begonnen. Yay.
„Oh wow, das ging schnell“, kam es von Mia, die gerade aus den Umkleiden kam und wohl geduscht hatte.
„Du weißt was passiert ist?“
„Ich bin wie das Orakel aus ‚Matrix‘ – ich weiß alles. Zumindest weiß ich, was passiert ist, aber nicht wieso“, sagte sie und ging mit Skye erst mal einen Kaffee trinken, während des Hausmeister das Schloss austauschte.
Die Amerikanerin erzählte Mia von Kai, wieso er sich gestern versteckt hatte und so abwesend wirkte.
„Ich wusste das die beiden ihre Probleme hatten, aber nicht dass er so damit zu kämpfen hat“, gab die Deutsche zu und wirkte fast etwas verletzt, weil Kai sich Skye anvertraut hatte anstatt ihr.
„Du hast das richtige getan, für Kai.“
„Ja, aber jetzt hassen mich alle.“
„Das geht vorbei. Sie sind fair und irgendwann werden die anderen sehen, dass es hier gar nicht um sie ging, sondern nur um Krystal. Generell habe ich eine Idee, doch das besprechen wir erst nach Vegas. Viele Leute müssen einverstanden sein, aber vielleicht würde das, das Problem lösen.“
„Ist das so ein Moment, in dem ich Angst haben muss?“
„Magst du Kai?“
Ja…“
„Nein, dann musst du keine Angst haben.“
Skye fand die Antwort nicht hilfreich, ließ das Thema aber fallen.
Schließlich konnte Skye wieder in ihr Büro. Sie schaute trotzdem nach, ob nicht irgendwo Reißzwecken unter ihrem Sitz versteckt waren. Mia war im Training mit Super Junior, doch Skye wollte sich für heute verkriechen und nicht mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie wollte keinen Streit und keine Vergeltung. Skye konnte ziemlich gehässig sein, doch auch wenn sie Krystal gestern weggejagt hatte, so verstand sie auch, dass die Sängerin noch Gefühle hatte und nicht los lassen konnte. Sie hatte ein gebrochenes Herz und dafür versuchte Skye Verständnis zu haben.
Irgendwann versuchte Skye nur die Zeit tot zu schlagen, bis sie zur Halle fuhren. Sie surfte etwas auf Instagram und Twitter umher und irgendwie kam ein Foto sehr häufig vor. Ein weißer Porsche Cayenne der mitten auf der Straße stand und einen riesige Stau verursacht hatte. Skye lachte. Was ein Idiot. Aber dann wurde es komisch. Die Straße sah aus, wie vor der Akademie und das rosa Gebäude im Hintergrund sah verdächtig aus, wie das von der Akademie. Nein, falsch, es war die Akademie! Und der Cayenne war Jiyongs Cayenne! Skye gefror das Blut in den Adern. Sie stand auf und rannte aus dem Gebäude, nur um zu sehen, wie ihr Auto in der Ferne auf einem Abschlepper hing.
Das durfte doch alles nicht wahr sein! So einen Stunt traute sie Krystal nicht zu. Wenn Skye vergessen hatte die Handbremse anzuziehen, dann war es gut möglich, denn der Parkplatz ging leicht nach oben und dann war das Auto einfach rückwärts gerollt.
Skye rannte wieder rein und rief bei der Polizei an, um zu fragen wo abgeschleppte Fahrzeuge hingebracht wurden. Auf gar keinen Fall würde sie sich die Blöße geben und Jiyong anrufen, um ihm dann zu erklären, dass sein Auto gerade abgeschleppt wurde. Inklusive Skyes Koffer, was im Moment eine viel größere Panik bei ihr hervor rief – das Auto brauchte sie in Vegas nicht, den Koffer schon.
Sie wollte gerade los, als sie im Flur Changmin über den Weg lief.
„Oppa, was machst du gerade?“
Ein paar Minuten später saßen sie in seinem Wagen. Er hatte ja nicht gedacht, dass so etwas herauskommt, wenn er sagte, dass er nichts zu tun hatte. Mal abgesehen davon dass es bequemer war als sich ein Taxi zu nehmen, so war es immer gut einen Koreaner dabei zu haben. Wenn da eine Ausländerin daher kam und behauptete es wäre ihr Auto, würde man ihr genau so viel glauben, wie damals, als sie ins Loft einbrechen wollte.
„Also, nur damit ich nichts verpasse. Jiyong hat dir sein Auto gegeben?“
„Eins seiner Autos, ja.“
„Und das wurde jetzt abgeschleppt?“
„Genau.“
„Und du willst es nicht alleine holen, weil man dir als Ausländer ohnehin nicht zuhört und du willst aber auch nicht Jiyong Bescheid sagen, weil er sonst denken könnte, dass du nicht auf sein Auto aufpasst?“
„Du hast sehr gut aufgepasst“, lobte Skye.
„Und was genau ist jetzt noch mal meine Rolle?“
„Du bist der gut aussehende, vertrauenswürdige Mann, dem man ein Wagen auch ohne Halter aushändigt“, sagte sie überzeugend, doch Changmin zog eine Augenbraue hoch. Ob sie sich damit mal nicht zu weit aus dem Fenster lehnte?
Skye ahnte nicht wie falsch sie liegen sollte. Der Mann bei dem Abschleppplatz war wohl kein Kpop Fan, doch er erkannte Changmin sehr wohl und er wusste inzwischen auch, dass der Wagen Kwon Jiyong gehörte und er verstand einfach nicht wieso DBSK ein Big Bang Auto auslösen wollte. Zugegeben, so schlecht war sein Gedankengang nicht. Skye zog Changmin am Ärmel zur Seite.
„Okay, lass mich mal.“
Sie ging zu dem Herren in seinem Häuschen und setzte ihr breitestes Lächeln auf.
„Hi, ich bin Skye Jones. Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein, es war mir nur sehr unangenehm, deswegen habe ich einen Freund vor geschickt.“
Sie erzählte ihm, dass sie die Assistentin von Mia Martin war und für die Lee & Martin Corp arbeitete, zu der auch Jiyong gehörte – all das ließ sich belegen, sie hatte sogar noch ihren Arbeitsvertrag auf dem Smartphone.
„Ja und Herr Kwon hatte mich gebeten sein Auto reinigen zu lassen, aber wir haben sehr viel zu tun. Heute Abend ist das Konzert von EXO. Frau Martin hat es mit organisiert und sie können sich vorstellen, dass alle Sachen nun an mich gegeben werden. Ich war so in Stress, ich habe seit drei Tagen nicht geschlafen und ich muss vergessen haben die Handbremse anzuziehen und heute Abend fliegen Frau Martin und Herr Kwon zu einem Event nach Las Vegas und wenn ich den Wagen nicht zurück bekomme, werde ich gefeuert.“
Tränen standen in ihren Augen – Changmin dachte er sieht nicht richtig.
Zwei Minuten später liefen sie zu Jiyongs Wagen. Changmin schielte zu ihr.
„Du hast mich gar nicht gebraucht.“
„Das konnte ich ja nicht wissen“, erwiderte sie grinsend.
„Das mit dem Aegyo hast du sehr gut drauf.“
„Danke.“
Zur gleichen Zeit saßen Jiyong, Seunghyun und Seungri im Studio und machten eine kurze Pause. Jiyong hatte versucht Skye anzurufen, doch sie war nicht ans Telefon gegangen. Wahrscheinlich hatte sie wegen EXO viel zu tun. Seungri surfte durch Instagram.
„Hey Hyung, schau mal, der sieht aus wie dein Wagen“, sagte Seungri und zeigte ihm ein Bild von einem weißen Porsche Cayenne, der mitten auf der Straße stand, vor Mias Akademie. Wie groß könnte der Zufall sein, dass da zwei weiße Porsche standen? Das Nummernschild war nicht zu sehen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass das seiner war, war schon recht groß.
Wieder rief er Skye an.
„Hey Puddin!“, ging sie diesmal ans Telefon. Er konnte hören, dass sie in einem Auto war.
„Hi Liebes, ist alles in Ordnung?“
„Ja klar, wieso?“
„Das ist nicht zufällig mein Wagen auf den Fotos in Insta?“
„Welche Fotos von deinem Wagen? Schatz, ich sitze in deinem Wagen und fahre gerade zur Halle. Siwon fährt ihn später dann nach Hause. Du bist um 18 Uhr da, ja?“
„Na klar.“
Als sie auflegten, schaute Jiyong sein Handy skeptisch an.
„Und?“, wollte Seungri wissen.
„Was auch immer passiert ist, sie hat es geregelt.“
In der Halle war die gleiche Hektik wie gestern und es dauerte nicht lange, bis sie Mias Stimme hörte.
Es schien als war eine Tänzerin mit dem Knöchel während der Proben umgeknickt. Sie saß auf den Boden und kühlte ihren Fußknöchel.
„Brauchst du Hilfe?“, fragte Skye und ging in die Hocke.
„Nein, ich werde selbst tanzen, mit so einer Verletzung schicke ich niemanden auf die Bühne.“
Mia seufzte und stand auf.
„Bist du sicher dass ich heute fliegen soll?“ Skye bekam das Gefühl sie im Stich zu lassen.
„Ach, alles gut, das passiert ständig, kein Grund um Justin Timberlake warten zu lassen“, erwiderte die Deutsche grinsend.
Skye hatte sich inzwischen das ein oder andere von Mia abgeschaut. So verteilte sie unter der Bühne geschnittene Früchte und Wasserflaschen. Als sie unter der Bühne hervor kam, sah sie Kai mitten auf der Bühne im Schneidersitz sitzen.
„Musst du dich nicht fertig machen?“, fragte Skye und setzte sich neben ihn.
„Bald“, erwiderte er und schaute sich in der Halle um.
„Ich liebe das“, sagte er irgendwann. „Dieses Moment vor dem Konzert – versteh mich nicht falsch, ich liebe die Konzerte, aber dieser Moment, kurz bevor die Fans in die Halle dürfen, wenn alles noch ruhig ist, das liebe ich.“
Überall rannten Techniker umher und Kameraleute. Über Kais Definition von ‚Ruhe‘ mussten sie sich noch mal unterhalten.
„Ich habe das mit deinem Büro gehört, tut mir leid.“
„Schon okay, ich glaube nicht, dass sie wirklich fiese Dinge anstellen“, erwiderte Skye zuversichtlich. Wenn sie auf Rachefeldzug war, gab es kein Erbarmen, aber die Grundeinstellung der Sängerinnen schien generell nicht auf ‚Königin der Finsternis‘ zu basieren.
„Ich mache es wieder gut“, versprach er.
„Für jedes Mal, wenn sie gemein zu dir sind, hast du einen Wunsch frei.“
„Einen Wunsch?“
„Ja, ein Essen oder ein Kuchen … eine Massage … was auch immer dir einfällt.“
Skye grübelte, ihr fielen schon jetzt verdammt viele Dinge ein.
„Das werden viele Gefälligkeiten.“
Um kurz vor 18 Uhr kam Jiyong in den Backstagebereich und suchte nach Skye. Viele Dinge waren ihm zu Ohren gekommen. Zickenkrieg, heimliche Gespräche mit Kai und ein abgeschlepptes Auto. Jiyong war hier, um sein Revier zu markieren.
„Puddin!“ Skye sah ihn von der anderen Seite und kämpfte sich zu ihm durch.
„Wieso hast du nicht angerufen, ich wäre doch raus gekommen“, meinte sie. Jiyong zog sie zu sich und küsste sie. Skye wusste gar nicht was sie machen sollte. Bisher hielten sie in der ‚Öffentlichkeit‘ immer Abstand voneinander. Auch wenn das ein Konzert war, so waren überall Handys, mit Kameras und einer Internetverbindung. Wenn sie ihn nicht zurück küssen würde, würde es aber so aussehen, als wolle sie es nicht und sie würde ihn bloß stellen. Also küsste sie ihn zurück, bevor sie sich von ihm löste.
„Hier sind ganz viele Menschen …“, flüsterte sie und schaute sich skeptisch um.
„Mir egal.“ Er schaute ihr tief in die Augen und lehnte seine Stirn an ihre. Manchmal wurde sie einfach nicht schlau aus ihm. Skye versuchte eine gute Idol-Freundin zu sein, nichts Auffälliges zu machen, nicht anhänglich zu sein und was machte er?
Kai stand neben Mia und beobachtete die beiden. Er wusste dass sie ausgingen, doch er hatte sie noch nicht zusammen gesehen. Sie sahen gut zusammen aus. Skye strahlte an seiner Seite und Jiyong hatte ohnehin eine ganz eigene Präsenz, die alle Blicke auf sich zog, sobald er einen Raum betrat.
„Alles okay?“, fragte Mia, die seinem Blick folgte.
„Ja klar, sie sind ein schönes Paar“, erwiderte er, doch Mia hatte das Gefühl, als würde er es nicht so meinen.
Skye und Jiyong hatten ihr erstes Glas Sekt auf ihrem First Class Flug mit der Korean Air nach Las Vegas beendet, da kam auch schon das erste Essen. Bald würde es Fitnessstudios in Flugzeugen geben, um die eingenommenen Kalorien direkt wieder abzubauen und gegen Thrombose würde die Bewegung auch helfen.
12 Stunden Flug lagen vor ihnen und trotzdem flogen sie in die Vergangenheit, denn sie würden heute um 16:20 Ortszeit in Las Vegas landen, nachdem sie heute um 21 Uhr in Seoul los geflogen waren. Verrückt.
Doch selbst wenn sie in die Vergangenheit flogen, so änderte das nichts daran, dass sie schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen waren und es dauerte nicht lange, da hatte sich Skye in ihre Decke eingemurmelt und war eingeschlafen. Sie wachte auf, weil Jiyong sich irgendwann zu ihr gekuschelt hatte. Skyes Sleeper war am Fenster und er hatte die Trennwand zu seinem Sleeper zu gezogen. Somit waren sie praktisch unsichtbar. Das Licht war aus, um die Leute schlafen zu lassen. Er war zu ihr unter die Decke gekrochen und begann sie zu küssen.
„Wir sind in einem Flugzeug“, lachte sie und schielte über die Trennwand.
„In einem bequemen Flugzeug, keine Flugzeugtoilette oder Eco-Sitz. Wir haben Platz, es ist dunkel und wenn du ein bisschen leiser sein könntest …“, er grinste Skye an und begann ihren Pyjama zu öffnen.
Danach gönnten sie sich einen Drink in der Lounge des A380.
„Ich fliege jetzt nur noch mit dir. Mia schläft immer“, erzählte Jiyong.
„Ach komm, 12 Stunden wird sie auch nicht schlafen.“
„Doch! Flugzeuge haben eine sehr beruhigende Wirkung auf Mia. Einmal bin ich mit ihr nach Deutschland geflogen und plötzlich wachte sie auf und fragte panisch wieso wir gelandet waren – ich habe ihr erklärt das wir gelandet sind.“
Skye lachte fröhlich. Jeder hatte seine Eigenheiten. Skye konnte im Flugzeug schlafen, vor allem wenn sie ein richtiges Bett hatte und eine Decke, doch hatte sie das Glück immer kurz vor langen Flügen irgendwelche Reportagen über Flugzeugabstürze zu schauen und dann fing sie während des Flugs an sich Gedanken zu machen, wie es wäre, wenn das Flugzeug jetzt abstürzten würde. Alkohol half. Essen auch. Und das Essen bei der Korean Air war wirklich lecker. Im Flugzeug waren die Geschmacksnerven anders, betäubter. Daher war Flugzeugessen viel mehr gewürzte, als normales Essen. Das war auch der Grund, wieso so viele Leute im Flugzeug Tomatensaft tranken, weil sie es schmecken konnten. Wenn man normales Essen im Flugzeug servieren würde, würde es einem viel fader vorkommen, als auf dem Boden. Tja, oder wie Skye immer sagte: Wenn der Mensch fliegen sollte, dann hätte man ihm Flügel gegeben.
Für die First Class wurde sich natürlich besonders viel Mühe gegeben und sie konnten zwischen verschiedenen Menüs wählen. Zuerst hatte es Abendessen gegeben, dann Frühstück und dazwischen einige Snacks – nicht das man Hunger bekam. Vor allem über das Eis freute sich Skye und bestellte sich einen Nachschub.
Etliche Stunden später landeten sie in Las Vegas. Die Sonne war noch nicht unter gegangen und irgendwie hatte Skye das Raum-Zeit-Gefühl verloren. Eine Limousine holte sie am Flughafen ab und fuhr sie zum Aria Resort, wo sie von dem Front Desk Manager überschwänglich begrüßt wurden. Natürlich hatte man ihnen eine riesige Suite gegeben mit Blick auf den Strip. Jiyong ließ sich auf das Bett fallen und seufzte.
„Liebes, ich habe da dieses Meeting. Für heute Abend habe ich uns einen Tisch reserviert. Ich denke, dass ich gegen 20 Uhr wieder da bin.“
Skye hatte gewusst, dass er heute noch ein Meeting hatte, mit dem Chefdesigner von Christian Dior für eine neue Kampagne. Er ging also nur schnell duschen und zog sich um, bevor er auch schon wieder weg war.
Die Amerikanerin nutzte sie Chance selbst duschen zu gehen und setzte sich dann an die Mails. Sie schrieb Mia, dass sie gut angekommen war und schaute die Mails durch. Nur weil sie nicht in Korea war, hieß das nicht, dass sie ihre Arbeit nicht tun konnte.
Sie schreckte fast auf, als es an der Tür klopfte. Sie hatte nichts bestellt und war auch noch im Bademantel. Langsam öffnete Skye die Tür und sah den Mann hinter dem riesigen Paket gar nicht.
„Can I help you?“
„Miss Jones I have a present for you, may I come in?“, fragte er und lunzte über den Karton.
Als der Mann weg war, stand mitten in ihrem Wohnzimmer ein riesiger Karton von Christian Dior. Skye schüttelte den Kopf. Er konnte es einfach nicht lassen.
In dem Karton fand sie einen Traum aus Tüll. Es war ein Haut Couture Kleid, das unten schwarz war und im Bauchbereich sich aufsprenkelte und weiß wurde. Es erinnert Skye an Carries Kleid, dass sie in Paris getragen hatte und zur Versace ‚Mille Feuille‘ Kollektion gehörte. Skye war kein wirkliches Fashion-Monster, doch wenn sie etwas mochte, dann schaute sie es nach. Der Unterrock des Kleides war weiß und darüber lag ein schwarzer, aufgeplusterter Rock. Skye liebte Haut Couture, nur fand man viel zu selten die Gelegenheit dazu solche Kleider anzuziehen. Doch anscheinend würden sie ja heute Abend mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten essen, denn Skye hatte sonst keine Erklärung dafür, wieso Jiyong ihr so ein Kleid schickte.
Das Kleid passte wie angegossen und wieder fragte sie sich woher er ihre Größe so genau kannte. Wahrscheinlich hatte er sie irgendwann einmal vermessen, als sie komatös in seinem Bett gelegen hatte.
Sogar die passenden Schuhe und eine weiße Clutch von Christian Dior waren dabei. Wenn Jiyong etwas machte, dann gründlich. Und sie hatte schon gedacht sie würden irgendwo einen Burger essen gehen. Skye vermisste amerikanische Burger.
Gerade war sie mit Make Up und Haaren fertig geworden, da klopfte es wieder an der Tür. Wenn da jetzt ein Schimmel vor ihrer Tür stehen würde, auf dem Jiyong saß, dann müsste sie sich über diese Beziehung noch einmal Gedanken machen.
Es stand kein Pferd im Flur, sondern ihr Concierge, der ihre eine Nachricht übergab.
‚Entschuldige bitte, es dauert noch etwas – ich sage es ungerne aber: zieh dich nicht aus.‘
Es war schon kurz nach 20 Uhr und Skye wusste noch nicht, wie lange sie tatsächlich auf ihn warten sollte.