Skye hatte offiziell ein Zimmer alleine und Kai teilte sich offiziell ein Zimmer mit Chanyeol, doch wie es sich für ein frisch verliebtes Paar gehörte, schlich sich Kai in der Nacht in Skyes Zimmer.
„Du kannst auch in deinem Zimmer schlafen.“ Sie wollte ihn nicht zu sehr aus seiner natürlichen Umgebung reißen.
„Bist du Wahnsinnig? Chanyeol schnarcht und du bist … du bist süß, wenn du schläfst.“
„Ist das so?“, fragte sie neckend. Skye war müde. Der Tag war anstrengend und dann all diese frische Luft. Baekhyun ging es soweit gut, er hatte keine weiteren Verletzungen und Youngjun erzählte ihr sogar, dass der Doktor gesagt hatte, dass er die Schulter nicht besser hätte einrenken können. Nur das er es wahrscheinlich in Narkose getan hätte. Den Flug hatten sie verlegt auf morgen früh, wo der Schedule von EXO direkt weiter ging.
„Und, wie habe ich mich geschlagen?“
„Lass mal schauen… du hast jedem Angst vor dem Meer gemacht. Du hast ein blaues Auge und wärst fast ertrunken-“
„Quatsch, ich wäre nicht ertrunken, ich war einen Moment abgelenkt.“
„Meinetwegen. Du hättest Baekhyun fast umgebracht, zweimal.“
„Okay und jetzt die positiven Sachen.“
„Das waren die positiven Sachen“, scherzte er lachend und Skye warf ein Kissen nach ihm. Er zog sie in seine Arme.
„Gut, du hast alle halbwegs rechtzeitig ins Bett bekommen. Du hast Baekhyuns Pass gefunden – übrigens, jeder von uns hat zwei Reisepässe, einen hat er immer dabei, er wollte dich nur panisch machen. Du hast tolle Bilder unter Wasser geschossen und ungefähr die Hälfte meiner Bandkollegen, haben sich in dich verliebt, als du mit deinem Badeanzug wie eine Meerjungfrau aus dem Wasser kamst. Glaube nicht dass es Zufall war, dass Suho in deiner Nähe war.“
Skye lachte fröhlich.
„Du sollst nicht albern werden.“
„Du hast tolle medizinische Fähigkeiten bewiesen und sehr entschlossen gehandelt. Und die Idee mit den Mützen war super. Selbst Baekhyun hat eine getragen.“
„Vielleicht sollte ich nicht eure Assistentin werden sondern das Katastrophen-Management von SME leiten“, grübelte sie und brachte ihn zum Lachen. Sie mochte es, wenn er lachte.
Der Flug ging um 9 Uhr, doch Skye wollte sich nicht entgehen lassen etwas Yoga am Strand zu machen. Kai stand oben am Fenster und beobachtete sie. Was er nicht wusste, war das seine Bandkollegen im Wohnzimmer standen und das Gleiche taten.
„Oh mein Gott, wie kann man sich in so einer Position halten?“, fragte Chen und wusste nicht so richtig ob er begeistert oder abgeschreckt war.
„Ich glaube sie ist ein Roboter. Ernsthaft, wer kann so lange die Luft anhalten“, vermutete Sehun.
„Und wie erklärst du das blaue Augen?“, wollte D.O wissen.
„Sie ist ein moderner Roboter.“
„Schaut nur wie gelenkig sie ist“, warf Xiumin ein.
„Kein Wunder das Kai in letzter Zeit so müde ist“, stellte Chen fest.
Genau in diesem Moment kam Kai in das Wohnzimmer und streckte sich gähnend. Alle schaute zu ihm, dabei hatte er gar keine Ahnung wieso.
„Was ist los?“
„Du bist ein Tiger!“, erwiderte Chen grinsend. Kai brachte das nicht weiter, doch die anderen fingen an zu lachen und dann war das Thema durch.
Am Flughafen hatte Kai für Skye eine Baseballmütze gekauft, die sie tief ins Gesicht zog. Baekhyun auf Schmerzmittel war ganz gut zu ertragen, zumindest war er heute Skye noch nicht in die Quere gekommen und sie versuchte jeden Moment zu genießen – man wusste nie, wie lange es anhielt.
Gemeinsam fuhren sie zu SM Entertainment. Skye könnte von dort aus in die Akademie laufen. Sie gingen gerade in die Lobby, als sie dort Mia mit verschränkten Armen fanden.
Die Deutsche ging auf Skye zu. Skye hingegen hatte fast das Gefühl weglaufen zu müssen, so wütend sah sie aus. Als Mia ihr die Kappe abnahm zuckte sie fast, doch sie wollte nur ihr blaues Augen begutachten. Dann ging sie zu Baekhyun und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Der Sänger beschwerte sich, auch wenn es nicht wirklich weh getan haben konnte.
„Habe ich dich so erzogen, ja? Ist das der Mann zu dem du geworden bist?!“
„Noona …“ Baekhyuns Arroganz schmolz unter Mias Enttäuschung förmlich dahin. Man könnte sie aufwischen, abfüllen und bei Ebay verkaufen.
„Hast du dich wenigstens schon entschuldigt?“
Baekhyun schaute auf zu Skye, dann ging er zu ihr und verbeugte sich.
„Es tut mir wirklich leid, es war keine Absicht. Danke, dass du dich gestern um mich gekümmert hast.“
Alle waren still, sogar Youngjun, manche aus Angst, dass sich Mias Zorn auf sie übertragen könnte, andere weil sie es einfach genossen. Selbst Skye war zu sehr von der Situation fasziniert, als dass sie ein böses Kommentar abgeben konnte und so nickte sie einfach nur.
Mia hatte Skye mitgenommen und sie waren nach Myeongdong gefahren, wo sie im Bene Café sich ein Honeybread teilten und Mia wollte alles wissen, was sonst noch so passiert war.
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass sie ein Casting für die Position als Assistenten machen?“
Mia wusste, dass Kai es ihr gesagt hatte, aber es war okay.
„Weil ich wollte, dass du selbst herausfindest ob du es willst oder nicht, ohne dass jemand Druck macht. Ich werde die nächsten Wochen nicht viel für dich zu tun haben. Die Proben fangen bald an und dann sind wir ein paar Wochen in Portugal.“
„Und Jiyong?“
„Er sieht es als kleineres Übel, auch wenn er nicht begeistert ist. Wie läuft es mit dir und Kai?“
Skye ahnte, dass Mia nicht einfach nur aus Interesse fragte. Sie war auch Jiyongs Freundin und fürchtete wahrscheinlich um Skyes Gefühlswelt.
„Sehr professionell“, erwiderte sie, bevor sie sich in etwas reinredete, aus dem sie ohne Rettungsseil nicht mehr rauskommen würde.
„Und mit Jiyong?“
„Etwas angespannt.“
Mia stellte ihr Getränk ab.
„Das tut mir leid, ich habe dich da rein geredet. Vielleicht hätten wir doch einen anderen Weg gehen sollen.“
Sie musste nicht erwähnen, dass es dafür jetzt zu spät war. Kais Fanclub fragte nach einem Couple-Interview – wie offiziell konnte eine Beziehung noch werden?
„Schon okay. Er hatte zugestimmt. Und wenn wir für einander bestimmt sind … oder was auch immer … dann sollten wir das hinbekommen oder nicht? Wie war das damals bei dir und Jaejoong?“
„Es war anders. Jae und ich mochten uns nicht und Super Junior kannte die Wahrheit. Wir mussten auch nicht noch vor ihnen so tun, als wären wir zusammen.“
„Und trotzdem ist das mit dir und Kyu auseinander gegangen.“
„Das wäre es so oder so. Vielleicht hat die Sache mit Jae dazu geführt, dass es schneller ging. Vielleicht habe ich gesehen, dass Kyuhyun nicht das ist, was ich wollte.“
Skye dachte darüber nach. War Jiyong das was sie wollte? Sie hatte ihn gern, ja, dass stand außer Frage. Doch im Moment hatte sie das Gefühl nicht immer ehrlich zu ihm zu sein, ihn nicht genug zu schätzen. Und sie fühlte sich ständig unter Druck ihn nicht wütend zu machen oder zu versetzen.
„Skye?“
Sie hatte nicht bemerkt wie sie angefangen hat zu weinen und wischte sich eilig die Tränen weg.
„Es ist nur … ich habe das Gefühl, als würde ich drei Leben führen, die nicht zusammenpassen. Wie … Wasser und Öl … und noch irgendetwas, was sie nicht mischen lässt“, sagte sie und Mia nahm ihre Hand.
„Setze dich nicht zu sehr unter Druck. Jiyong ist nicht einfach, aber ich weiß nicht, ob ein anderer in dieser Situation einfacher wäre.“
Zur gleichen Zeit saß Kai in der Maske für eine Sendung bei KBS. Der Anwärter als Assistent war seit einer halben Stunden verschwunden. Suho und Chen hatten sich Obst gewünscht. Vielleicht rannte er draußen durch den Park und suchte frische Früchte, Kai hatte keine Ahnung.
Er hatte sein Handy in der Hand und schaute sich die Bilder an, die er gestern mit Skye gemacht hatte – vor dem blauen Auge. Sie sahen so glücklich aus. Sie hatte ein strahlendes Lächeln.
„Awwww… vermisst du sie schon?“ Chanyeol hatte Kai über die Schulter geschaut.
„Ihr seid so süß zusammen, wirklich, Glückwunsch“, kam es von Chen und es hörte sich nicht wie Sarkasmus an.
„Ja, es tut gut dich wieder glücklich zu sehen“, meinte Sehun und klopfte ihm auf die Schulter.
„Ja…“ Wenn da nicht Jiyong wäre. Manchmal vergaß er, dass da noch ein anderer war. Jemand, in dessen Armen sie wohl gerade lag, nackt, mit ihrem tollen Körper. Und er saß hier und konnte sich nur vorstellen, wie ihr perfekter Hintern sich in seinen Händen anfühlte. Glücklich? Weit entfernt.
Von wegen nackt. Skye und Mia saßen im Katzencafé und holten sich dort ihre Kuscheleinheiten. Wobei die Katzen dort schon ziemlich abgebrüht waren. Ohne Leckerli brauchte man gar nicht kommen. Doch manche der Katzen kannten Skye und eine lag schon auf ihrem Schoß und schlief in Seelenruhe.
„Willst du wieder eine Katze?“, fragte Mia.
„Nein, es tut zu weh. Es war schrecklich, als irgendwie meine ganze Familie gestorben ist, aber am hilflosesten habe ich mich bei Lumi gefühlt. Ich denke, dass wir Menschen immer noch mitbekommen was passiert. Mein Vater … er war noch halb da, die ersten Tage. Er schaute mich an und er hatte eine Mimik. Er reagierte auf mich. Ich glaube schon, dass er mitbekam, was passierte. Oder als mein Onkel den Herzinfarkt hatte, da war er ja auch noch halb da. Doch so ein Kätzchen? Du kannst ihr nicht erklären was passiert und sie kann dir nicht sagen, was los ist. Sie hat nicht gefressen. Da macht man sich doch keine Gedanken! Und dann bekommt sie fast täglich Infusionen und Bluttests und Röntgen und Ultraschalls und dann muss sie eingeschläfert werden, ohne dass mir jemand sagen kann, was los ist. Es wurde auf Krankheiten spekuliert, die laut Bluttest nicht da waren und letztendlich haben dann wohl die Nieren versagt. Ich weiß das Tiere nicht die gleiche medizinische Versorgung bekommen wie Menschen und ich verstehe es. Es gibt keine Transplantationslisten für Tiere. Wenn sie einen Tumor gehabt hätte, Krebs, irgendetwas greifbares, dann hätte ich damit mein Frieden schließen können. Aber so? Es war wirklich hart.“
Sie seufzte und streichelte die Katze in ihrem Schoß.
„Mal abgesehen davon bin ich doch ständig unterwegs. Wer weiß wie lange ich tatsächlich in Korea bleibe.“
Es war eine vernünftige Entscheidung und sie wusste es. Auf Fiji hatten sie so viele Tiere auf der Insel. Vögel und manche von ihnen waren wirklich zutraulich. Eidechsen und süße Äffchen mit weißen Bärten. Skye hatte ein paar von ihnen mit der Flasche großgezogen, weil ihre Mutter sie verstoßen hatte und sie kamen immer wieder zu Skye, um Essen zu klauen und zu schmusen, aber es war anders. Sie waren wilde Tiere. Keine Katzen die jahrelang unter ihrer Bettdecke in den Kniekehlen gelegen hatte und plötzlich war dort niemand mehr.
Nach dem Katzencafé traf sich Mia mit Donghae und Skye nahm die U-Bahn zurück zur Akademie. Skye mochte die U-Bahn von Seoul. Zum einen war fast jede Station ein Bunker. Die U-Bahn von Seoul war sehr tief und es gab regelmäßige Evakuierungsübungen in der ganzen Stadt. Als Skye das erste Mal in so etwas reingeschlittert war, war es schon komisch. Überall Sirenen und der Verkehr lag völlig brach. Für die Anwohner war es normal und ernsthaft, wer konnte schon von sich behaupten, dass im Falle eines Falle, er wüsste, wo der nächste Bunker war? Skye wäre in Seattle verloren. Sie hätte keine Ahnung. In Seoul wusste sie wenigstens wohin mit sich. Wobei sie einfach mal die Behauptung aufstellte, dass Jiyong wahrscheinlich einen Privatbunker hatte mit allem Komfort und Butler.
In den letzten Jahren waren die Zahlen von Privatbunkern in die Höhe geschossen, vor allem in Amerika. Da gab es die Eremiten, die sich irgendwo ein Stück Land kauften und sich selbst einen Bunker bauten und dann gab es Firmen, die damit richtig Geld verdienten, indem sie alte Bunker modernisierten oder neue Luxus-Bunker bauten, die man für viel Geld kaufen konnte.
In Korea wurden die Leute auf vieles unterbewusst vorbereitet, nicht nur die Evakuierung. Wenn man die langen Gänge der U-Bahn Stationen entlang lief, konnte man oft Filme in den Bildschirmen beobachten, die einem zeigten, wie man sich im Fall von Feuer verhielt oder wie man Erste Hilfe Maßnahmen ergriff.
Mal abgesehen davon war fast jede Station ein Einkaufscenter. Vor allem der unterirdische Markt am Express Bus Terminal war riesig, wobei Myeongdong auch nicht zu verachten war. Wenn oben kein Platz mehr war, dann ging man eben nach unten. In jeder Station gab es mindestens einen Supermarkt, ein Café und eigentlich auch immer einen Kosmetikladen. In Jongno 3-ga hatte Skye zum Beispiel früher immer ihre Kleider und Jacken in die Reinigung gebracht. Die U-Bahn Stationen waren wie eine Stadt unter der Stadt.
Skye stand am Bahnsteig und hörte die fröhliche Melodie, die beim Einfahren der Züge erklang. Lange Zeit hatte sie die U-Bahn Ansage, beim Erreichen einer Station, als SMS Ton gehabt. Das sorgte in Amerika oft für Verwirrung, während Skye sich jedes Mal zurückdachte und überlegte, wie schön es wäre jetzt in Seoul zu sein.
Im Sommer waren die Stationen kühl und die Züge oft gut durchlüftet. Im Winter gab es Sitzheizung in den Bahnen. Alles hatte immer etwas Gutes und etwas Schlechtes. Vor einigen Jahren, als Skye das erste Mal alleine in Seoul war, damals tatsächlich noch zum Urlaub, hatte sie Karten für Rock of Ages gehabt. SHINees Onew hatte die männliche Hauptrolle an dem Tag gehabt, doch als Skye am Morgen aufgestanden war, hatte es geschüttet, wie aus Eimern. Sie hatte beschlossen sich soweit schon fertig zu machen und sich dann bis zum Musical irgendwo zu verstecken. Sie hatte cremefarbene Overknees angehabt, einen Jeansrock und ein weißes T-Shirt.
Wo versteckte man sich am Besten, wenn es regnete? Im Coex. Sie hatte das ganze Center erkundet, war im Coex Aquarium gewesen und im Kimchi Museum. Doch immer wenn sie raus gegangen war, um zu schauen, was das Wetter so machte, hatte es immer noch geregnet. Die Straßen waren inzwischen geflutet von den Regenfällen und als 17 Uhr immer näher rückte, war ihr klar, dass sie früher oder später raus müsste.
Sie verließ das Coex und hielt ein Taxi an. Dem Fahrer erklärte sie, dass sie zu einem Musical im Olympia Park müsste und bis heute fragte sie sich, ob er ein Luftkissen unter dem Wagen hatte, denn es regnete so stark, dass man eigentlich auch gar nichts mehr sehen konnte. Skye freute sich tierisch auf das Musical. Es war ihr alles erstes Musical in Korea.
Der Fahrer ließ sie raus und Skye fragte in einem Gebäude nach der Musikhalle. Es stellte sich heraus, dass der Olympia Park rund war und sie genau auf der gegenüberliegenden Seite der Musikhalle rausgelassen worden war. Arsch. Aber egal, Skye war super motiviert, nichts konnte sie aufhalten!
Mit ihrem kleinen Schirm versuchte sie vor allem ihre Handtasche zu schützen, denn da war die Kamera drin. Zuvor hatte sie Zuhause die Idee gehabt sich ein pinkes Ombre zu machen, welches sich jetzt von den Haaren über ihr weißes Shirt zog. Ihre Stiefel waren so wasserdicht, dass das Wasser einfach in ihren Stiefel blieb. Auf ihrem Weg durch den Park sah sie Männer Sandsäcke stapeln, da sich wohl Flüsse gebildet hatten, wo gar keine hingehörten. In der Mitte des Parks gab es einen See und eigentlich hätte sie auch durchschwimmen können, vom Nassgrad hätte es keinen Unterschied gemacht. All das war ihr egal. Sie würde zu Rock of Ages gehen. Sie würde Onew sehen! Und sicherlich würde es im Fanshop Shirts zu kaufen geben.
Endlich kam sie bei der Halle an und vielleicht hat ihr Unterbewusstsein sich Gedanken darüber gemacht, wieso so wenig Menschen dort unterwegs waren. Klitschnass ging sie an die Ticketbox und sagte, dass sie für heute ihre Karte abholen wollte. Und dann kam der Moment, der alles ändern sollte. Der Mann am Counter sagte ihr, dass heute keine Vorstellung war. Skye war verwirrt, sie hatte doch für heute eine Reservierung! Wieder beteuerte der Mann, dass heute keine Vorstellung war und Skye verschwendete drei Sekunden, um auf die Reservierung zu gucken. Diese war für einen Tag später. Super!
Klitsch nass werden, das Shirt versauen, in Wasser zu laufen, all das war kein Problem, wenn am Ende des Weges Onew auf sie wartete, aber für nichts? Sie war so nass, sie hatte praktisch Schwimmhäute zwischen ihren Fingern bekommen.
Völlig niedergeschlagen verließ sie die Halle und beschloss hintenrum das Olympia Gelände zu verlassen. Es donnerte und blitzte und Skye dachte sich, dass sie bei ihrem Glück nun auch noch vom Blitz getroffen werden würde. Als sie den Park verlassen hatte, schaute sie sich nach einem Taxi um. Die Taxis fuhren langsamer, sahen Skye und fuhren weiter. Wahrscheinlich dachten sich die Fahrer, dass Fische ins Wasser gehörten und nicht in ihr Taxi. Also fragte sie einen Mann, der ihr entgegenkam, wo denn die nächste U-Bahn Station wäre. Er meinte es wäre nicht weit und deutete in eine Richtung. Es war ungefähr ein Kilometer gewesen. Als Skye dort ankam wurde ihr langsam kalt. An sich war es September und warm, aber sie war nun auch knapp 1,5 Stunden im Regen gewesen und freute sich auf eine heiße Dusche. Mit ihrem Minirock und den nassen Sachen, merkte sie schnell wie gut durchlüftet die U-Bahn tatsächlich war. Ihre Stiefel verloren langsam das Wasser und um sie herum bildete sich ein kleiner See. Keiner setzte sich zu ihr und keiner sprach mit ihr, aber die Blicke der Leute sagten ‚Was hast du getan um SO nass zu werden?!‘.
Ihr Hotel war in Myeongdong und vom Olympia Park war es ein gutes Stück, so dass sie fast noch mal eine Stunde unterwegs gewesen ist und als sie die U-Bahn verließ strahlte die Sonne ihr entgegen. Selten hatte sie sich so verraten gefühlt.
Heute hatte Skye natürlich gerade die Rush Hour erwischt und sie war froh, als sie Apgujeong aussteigen konnte. Diese Station liebte sie wegen ihrer Werbung. In der Gegend gab es viele Schönheitskliniken, die Werbung für sich mit Vorher-Nachher Bilder machten und die waren erschreckend! Photoshop könnte es nicht besser machen. Skye hatte immer gewusst, dass wenn sie eines Tages von Interpol gesucht werden würde, sie nur nach Korea kommen müsste. Man würde ihr ein neues Gesicht machen, dass selbst die eigene Mutter nicht mehr erkennen würde.
In der Akademie angekommen, kamen ihr Suga und Jimin entgegen. Das BTS Studio war anscheinend noch immer nicht wieder nutzbar, doch inzwischen hatte sich der Hype etwas gelegt.
„Woa! Wie siehst du denn aus?“, fragte Sugar sie und deutete auf ihr Auge.
„Mit wem hast du dich denn geprügelt?“, fragte Jimin hinterher.
„Mit mir selbst“, erklärte sie, denn wenn man der Wahrheit ins Gesicht schaute, so war sie selbst an dem blauen Auge schuld. Das amüsierte die beiden Sänger natürlich und inzwischen konnte auch Skye darüber lachen.
Kaum an ihrem Platz kam Youngjun hinein.
„Skye, gut das ich dich treffe!“
Skye hob die Augenbrauen, mit diesem Satz begann nie was Gutes. Dieser Satz roch nach Arbeit.
„Du, wir hatten ja letztes Jahr mit der Buchreihe ‚EXO on Tour‘ angefangen“, begann er. Skye erinnerte sich, sie hatten mit Borneo angefangen und Dezember war ein Fotobuch in Kanada, beim Skifahren, veröffentlicht worden. Sie nickte langsam.
„Hast du vielleicht eine Idee, wo wir als Nächstes hinkönnten?“
Sie dachte darüber nach. Es musste etwas sein, wo man Abwechslung hatte. So schön ein Fotobuch nur am Strand, mit halbnackten Kerlen, war, so mussten sie ja für etwas Abwechslung sorgen.
„Was hältst du von Korsika?“
„Costa Rica?!“
„Nein, Korsika“, erwiderte Skye lachend. Wobei. Costa Rica war auch gar nicht so schlecht.
„Wo ist das?“
„Frankreich, Mittelmeer, die Insel über Sardinien.“
Gedanklich schien er ihr folgen zu wollen. Letztes Jahr war Skye dort sieben Wochen gewesen. Es war toll. Es gab einsame Strände mit kristallklarem Wasser und feinem Sandstrand. Es gab Berge mit Flüssen und kleine, urige Städtchen, verwinkelte Altstädte und tolle Landschaften. Mal abgesehen davon ging Skye davon aus, dass EXO dort ihre Ruhe hätten. Die Korsen waren ein eigensinniges Völkchen, denen man auch nicht sagen durfte, dass sie eigentlich zu Frankreich gehörten. Sie bezweifelte, dass Kpop schon groß den Weg dorthin gefunden hatte.
„Super, mach doch mal eine Präsentation“, schlug er vor. Seht ihr? Ich habe doch gesagt es roch nach Arbeit.
„Oh-kay … Budget?“
„Berechne einfach mal die Grundkosten, du kannst ja einmal die Deluxe-Variante und einmal die Mittelklasse-Variante berechnen.“
„Na klar.“ Youngjun hörte die Ironie nicht.
Nach einer halben Stunde im Büro, in der sie ungefähr 20 Mal gefragt worden war, ob sie wüsste wo Mia war, beschloss sie sich im BTS Training zu verstecken. Das war auch nicht viel besser. Die Männer fragten zwar nicht, was sie dort tat, aber sie fingen an herum zu albern und so sehr Skye auch versuchte sie zu ignorieren, so gelang es ihr nicht so recht.
„Was machst du da?“, fragte sie Taehyung in einer Pause.
„Eine Präsentation für das nächste Fotobuch von EXO.“
„Hast du den Job bekommen?“, fragte er überrascht. Es war witzig, dass jeder zu wissen schien, dass sie wohl zum Casting als Assistentin der Teufelsbrut gehörte, nur sie wusste es offiziell nicht.
„Keine Ahnung.“
„Und wieso machst du dir die Arbeit?“ Das war gar keine blöde Frage. Der Sänger setzte sich zu ihr und schnappte sich ihren Laptop, um sich die bisherige Präsentation anzuschauen. Skye hatte ihre Bilder in der Cloud, so konnte sie schnell darauf zugreifen – wenn man spontan etwas machen sollte.
Zuerst hatte sie eine Animation, wie das Flugzeug von Seoul nach Paris und von dort aus weiter nach Figari flog. Skye kannte den Süden gut, also wieso nicht da ansetzen?
Sie hatte Bilder von Bonifacio und Porto Vecchio, von dem bekannten Strand in Palombaggio und eine einsame Bucht, die ein Privatgrundstück war und aus Zufall kannte sie den Besitzer. Dann hatte sie noch Bilder in den Bergen und von Aussichtspunkten und sie hatte zwei Hotels in Bonifacio ausgesucht. Das eine lag direkt in der Altstadt, war zwar nicht so schön, aber von der Lage super. Das andere lag etwas außerhalb und war im klassischen, korsischen Stil gebaut und gefiel Skye sehr gut.
„Wow, das sieht toll aus.“
„Ja, es ist sehr schön.“ Sie grinste bei der Erinnerung an ihre Zeit dort. Viel Wein, viel Käse, viele Männer.
„Also, ich sage dir jetzt, was du tust“, kam es von Taehyun. Super, jetzt konnte schon BTS ihr sagen, was sie zu tun hatte.
„Bevor du nicht weißt, ob du den Job hast, gibst du ihnen nicht diese Präsentation. Wenn du es nicht wirst, soll sich doch der neue Assistent die Mühe machen und dann kaufen wir dir das Konzept ab.“
Skye stutzte. Ganz verkehrt war es nicht, sie machte sich die Arbeit und hatte vielleicht am Ende noch nicht einmal was davon.
„Und du kannst das einfach so bestimmen?“
„Ja“, sagte er selbstbewusst, doch Skye war nicht überzeugt.
„Ernsthaft, dass sieht aus wie ein Paradies und ich hatte keine Ahnung, dass es diese Insel gibt. Jede Band würde sich um so ein Konzept schlagen.“
Diese Pause war zu Ende und der Sänger stand auf.
„Versprich mir, dass du dich nicht unter Wert verkaufst.“
„Das wird schwierig, aber ich verspreche es.“
Er zwinkerte ihr zu und fügte sich in die Formation ein.
Es war knapp 22 Uhr als Skye beschloss Feierabend zu machen. Jiyong war noch immer mit Youngbae im Studio, versprach aber bald fertig zu sein und so fuhr sie in seine Wohnung, um auf ihn zu warten. Sie gehörte eigentlich nicht zu den Frauen, die auf ihren Kerl warteten. Sie hasste es, wenn Frauen so abhängig von ihren Männern wurden und nicht mehr wussten, was sie sonst mit sich anstellen sollten. Doch wenn Skye nach Hause gefahren wäre, hätte sie heute nichts mehr gemacht und sie hatte das Gefühl, als schuldete sie Jiyong mal wieder einen Abend, an dem sie nur ihm gehörte.
Als es dann kurz vor Mitternacht war und er sie immer noch hinhielt, wurde sie langsam schnippisch.
Jiyong und Youngbae verließen das Studio und wollten noch etwas trinken gehen. Ständig versetzt Skye Jiyong und er empfand es als fair, wenn sie auch einmal auf ihn wartete. Schließlich war er G-Dragon. Nicht das er sich damit profilieren müsste, doch Skye schaffte es sein Ego anzuknacksen.
„Bist du sicher, dass du nicht das Hause willst?“, fragte Youngbae. Zwar wäre er gerne noch etwas trinken gegangen, doch er hatte das ungute Gefühl, dass Skyes Zorn auf ihn niedergehen würde.
„Nein, kein Problem.“
Er schickte noch schnell eine Nachricht an Skye, dass es noch etwas dauern würde und steckte das Handy weg. Sie liefen zum Auto, als das Handy wieder vibrierte. Zu sehen waren nackte Beine in seiner Badewanne und dem Text ‚Tic Toc‘.
„Okay, ich fahre nach Hause“, sagte er zu seinem Bandkollegen und ließ ihn auf dem Parkplatz stehen. Youngbae hatte eine Schocksekunde, bis er realisierte, was gerade geschehen war und schüttelte dann nur grinsend den Kopf.