Der Krankenwagen brauchte zum Glück nur 11 Minuten. Das lag zum einen daran, dass sie am Stadtrand waren und nicht mitten drin und dass es fast Mitternacht gewesen ist und dadurch allgemein weniger los war auf den Straßen von Seoul. Tagsüber, in Hongdae oder anderen Hotspots konnte man gut und gerne 15-22 Minuten auf einen Krankenwagen warten. Zumindest laut einer Statistik aus dem Jahre 2010.
Tatsächlich hatte der Herzschlag kurz nach dem Verabreichen von Adrenalin wiedereingesetzt. Skye war fix und fertig, doch es blieb keine Zeit zum Verschnaufen, denn sie musste dem Rettungsteam schnell erklären was passiert war und was sie getan hatte. Sie hatte auch die Antihistamine und das Kortison gespritzt – sicher war sicher. Allerdings nicht ins Herz.
Taehyungs Onkel war direkt mit dem Krankenwagen gefahren, während der Rest der Familie mit dem Wagen fuhr.
„Wir kommen auch gleich“, sagte Namjoon zu Taehyung, dem die Tränen über das Gesicht liefen. Er schüttelte den Kopf.
„Nein, fahrt nach Hause, es werden viel zu viele Leute im Krankenhaus sein. Ich melde mich sobald wir etwas wissen“, sagte er zu seinem Bandleader. Skye sah Namjoon an, dass er widersprechen wollte, doch letztendlich nickte er.
Im Wagen schlief Skye sofort ein und lehnte dabei an Jimin. Sie hatte zwar kein Adrenalin ins Herz bekommen, aber ausgeschüttet hatte ihr Körper genug davon. Jetzt war der Rausch vorbei und ihr Körper suchte nach einer Ruhephase. Jimin tat gut darin sich die ganze Fahrt nicht zu bewegen.
Zuhause angekommen ging Skye mit ins BTS Dorm. Auch sie wollte wissen wie es Taehyungs Tante ging. Die anderen saßen alle im Wohnzimmer versammelt und wollte natürlich genau wissen was passiert war.
„Skye war so badass gewesen!“, berichtete Jimin.
Frau Badass holte sich erst einmal ein Wasser und hörte nur mit halbem Ohr zu.
„Deine Hand…“ Jins Blick fiel auf die Hand als sie den Kühlschrank öffnete. Skye hatte es gar nicht bemerkt, aber sie war es gewohnt das ihre Adern platzten und der ganze Handrücken blau wurde, wenn sie eine Herzdruckmassage machen musste. Morgen wäre es nicht nur blau, dann würde es auch noch weh tun. So schnell wurde sie Jin aber nicht los und er holte Kühlpacks.
„Jetzt werde nicht komisch. Es ist nur blau.“
„Du hast heute jemand wahrscheinlich das Leben gerettet, lass mich deine Hand retten.“
Sie hatte gar nicht mehr die Kraft zu streiten und ließ ihn machen. Das Ende vom Lied war, dass sie um beide Hände Kühlpacks hatte und aussah wie ein Preisboxer.
Alle blieben wach – oder besser: alle blieben zusammen. Skyes Kopf lag auf Jungkooks Schoß. Jungkook war super wach. Die anderen weniger. Sie alle dösten vor sich hin.
„Versuch zu schlafen“, sagte Namjoon leise zu Jungkook.
„Wie soll ich das machen? Ich versuche mich hier zu konzentrieren!“
Namjoons Blick fiel auf Skye, die ihrerseits keine Probleme hatte zu schlafen.
„Macht sie dich nervös? Sie ist eigentlich nicht den Typ.“
„Typ hin oder her, da liegt eine Frau auf meinem Schoß, die aussieht wie ein Engel!“
Skye bekam davon nichts mit, sie war einfach nur müde.
Gegen 5 Uhr schreckten sie auf, als sie die Tür hörten. Taehyung war Zuhause. Er stand in der Tür und fing an zu weinen. Sie rechneten schon mit dem Schlimmsten und eilten auf ihn zu. Doch vor Skye fiel er auf die Knie im Keunjeol, die respektvollste Form der Verbeugung, die nur bei sehr speziellen Gelegenheiten benutzt wird.
„Danke. Danke, dass du meine Tante gerettet hast.“
Sie zog ihn am Arm hoch, sie mochte es nicht, wenn sich ihr jemand so unterwarf.
„Geht es ihr gut?“, fragte Skye. Tae nickte und umarmte sie sogleich.
„Der Arzt sagte, dass wenn du nicht gewesen wärst sie mit Sicherheit gestorben wäre“, sagte er und die Erleichterung kam nun auch bei den anderen an.
Alle waren total gerädert und wollten nur noch schlafen. Skye stand auf, doch Tae nahm ihre Hand.
„Geh nicht.“
Er schaute sie an mit diesen großen Augen.
„Honey Bun, was ich getan habe ist nichts Besonderes. Ich war Sanitäter, wir machen solche Sachen – selbst bei Leuten die wir nicht mögen … nur das wir da vielleicht aus Versehen die ein oder andere Rippe brechen … rechtlich kann man uns dafür nicht belangen. Ich bin kein Superheld.“ Da hörte sie einige lachen. Ja, war so, Rippe brechen ging schnell. Begleitschaden nannte man das.
„Für mich bist du das. Du bist mein Supergirl.“
Meistens war er Kind. Er nahm Musik sehr ernst, doch die meiste Zeit schwebte Taehyung in einer völlig anderen Sphäre. Und dann, dann konnte er sexy sein und Skye war sich noch nicht einmal sicher ob das einfach so passierte oder ob es Absicht war.
Um ehrlich zu sein war sich Skye bei so vielen Idols unsicher was die sexuelle Orientierung betraf, weil einfach darüber nicht gesprochen wurde. Es war tabu. Wie Alkoholismus. Vor vielen Jahren hatte sich ein Schauspieler, zumindest glaubte Skye dass es ein Schauspieler war, geoutet und war daraufhin für 10 oder 15 Jahre aus dem öffentlichen Fernsehen verbannt worden. Immerhin reagierten die Fans inzwischen auf Beziehungen von Idols nicht mehr so häufig wie Terroristen, aber auch das war ein Prozess. Als Se7en damals gestand, dass er eine Freundin habe, hatte er auf den Plattformen die Hälfte seiner Fans verloren. Vielleicht war auch sexuelle Orientierung ein Prozess. Wenn sich mehr Leute outen würden, würden die ersten es noch schwer haben, aber der 100. vielleicht nicht mehr. Suga hatte sich schon mal etwas aus dem Fenster gelehnt. Es war doch egal. Es war doch egal, ob die Lieblingsfarbe grün war oder gelb. Genauso egal war es ob jemand auf Männer stand oder Frauen oder beides. Solang man Liebe empfinden konnte. Liebe war doch wichtig, nicht das Geschlecht. Skye hatte auch schon die ein oder andere Nacht mit einer Frau verbracht. Frauen machten ihr Spaß, auch wenn sie nie das Bedürfnis gehabt hatte eine Beziehung mit einer Frau zu führen.
Seufzend gab sie nach.
„Okay, ich brauche eine Jogginghose und ein Shirt und eine Zahnbürste – ich gehe davon aus, dass ihr Abschminksachen im Bad habt?“
„Du wohnst am Ende des Flurs!“, wand Suga irritiert ein.
„Ja, aber Sir Brandon hat Magnete, wenn ich zu nahe rankomme, komme ich nicht mehr zurück“, erklärte die Amerikanerin.
„Wer ist Sir … weißt du was … vergesse es, ich will es gar nicht wissen“, kam es von Suga, doch er lachte dabei.
„Ich gebe dir Sachen zum Anziehen“, meinte Taehyung und sprang auf.
Und so schliefen sie ein. Skye lag in Taehyungs Arm, mit dem Kopf auf seiner Schulter.
Namjoon stand in der Tür und beobachtete die beiden als Hoseok vorbeikam und ebenfalls stehen bleib.
„Meinst du wirklich?“, fragte er nur. Namjoon zuckte die Schultern.
„Das kann man vorher nie wissen. Aber er soll ruhig experimentieren. Sie ist klug, witzig und hübsch, sie sieht aus wie eine Puppe. Sie ist recht erwachsen, aber von normal weit entfernt.“
„Es hört sich so an, als würdest du auf sie stehen.“
Nun schaute Namjoon von den beiden weg und verwundert zu seinem Bandkollegen.
So wirklich schlafen konnten sie nicht und gegen 09:30 Uhr gab Skye den Kampf auf und ging runter in die Küche. Sie mochte das Dorm von BTS, den Gryffindor Turm. Die Lofts von SuJu und EXO waren cool und urban, mit den hohen Decken und dem Beton, aber das BTS Dorm wirkte gemütlich, mit den Wänden aus Backstein und den warmen Farben. Im untersten Stocken, wo sich Wohnzimmer und Küche befanden, fand sie Jin, Jungkook und Jimin.
„Guten Morgen“, sagte Jin fröhlich.
„Kaffee?“ Zu mehr war Skye noch nicht in der Lage.
„Besser: Smoothie.“
Sie wollte sich schon wehren, doch dann sah sie alle möglichen Früchte und Beeren und dachte sich, dass eine Vitamin-Überdosis ihr vielleicht über den Tag helfen würde.
„Und?“, fragte Jin neugierig nachdem sie ein paar Schlucke genommen hatte.
„Nicht schlecht … besser mit Vodka … oder warte … Barcadi …“
Jimin fing fröhlich an zu lachen.
Es hatte sich bereits herum gesprochen was geschehen war und so ziemlich alle EXO Mitglieder waren mit Skye oder einem von BTS in Kontakt. Sie hatte erwartet, dass Jongin sie anrief, doch dieser Anruf blieb aus. Sie ärgerte sich über sich selbst. Zwei Tage fast-normale Kommunikation und schon hatte sie wohl Hoffnung gehabt das sie das hinbekommen könnten. Irgendwie.
Nachdem sie geduscht und umgezogen war fuhr die Amerikanerin mit Taehyung ins Krankenhaus. Er musste allerdings versprechen, dass sie danach etwas Essen gingen.
Taes Familie umarmte Skye überschwänglich und bedankte sich bei ihr. Hanjin war wach und würde Morgen wohl nach Hause können.
„Ich hatte dem Caterer gesagt keine Erdnüsse, aber irgendjemand hat das wohl vergessen aufzuschreiben und in diesen kleinen Törtchen waren Erdnüsse, doch durch die dunkle Schokolade, wurde der Geschmack total überlagert … und ich hatte drei von diesen Dingern!“, erzählte die Frau.
Skye war froh keine Allergien zu haben, noch nicht einmal Heuschnupfen hatte sie. Einmal hatte sie einen Freund gehabt, den hat so ziemlich alles umgebracht. Laktoseintoleranz, Fruktoseintolleranz, allergisch auf alle möglichen Nüsse, auf Tomaten, Äpfel. Der hatte auch Heuschnupfen. Skye hatte sich gewundert, dass er überhaupt noch am Leben war. Irgendwann wusste sie nicht mehr, was sie noch kochen konnte, da hatte sie mit ihm Schluss gemacht. Manche mögen denken das war herzlos, aber sie war keine Krankenschwester! Sie hatte mit Anfang 20 noch keinen Pflegefall Zuhause gewollt.
„Auf was hast du Hunger?“, fragte Tae als sie ins Auto stiegen. Seit dem Abend mit Nikolai dachte sie ständig an diese kleine Panini-Bude in Hongdae, nicht weit weg von der U-Bahn. Sie hatte keine Ahnung ob es sie noch gab, in Seoul ging immer alles so schnell. Als sie das erste Mal in Seoul gewesen ist, damals noch mit ihrem Koreanischen Freund, die erste ‘große‘ Liebe, gab es in Myeongdong einen Laden, wo man Schmuck kaufen konnte. Das war erst einmal nichts Ungewöhnliches, denn es gab überall Schmuck zu kaufen, doch dieser kleine Laden zeichnete sich durch personalisierte Ketten aus. Man konnte Eiscreme und Burger Ketten machen. Man suchte sich die einzelnen Bestandteile aus, beim Eis gab es verschiedene Eiskugeln und Toppings wie Sahnehäubchen, in silberfarben oder goldfarben. Das war das aller erste, was sie damals in Korea gekauft hatte. Seine Familie, bei der sie gewohnt hatten, hatte eine Wohnung in Namdaemun gehabt und nachdem sie angekommen waren, hatte Namjin sie direkt nach Myeongdong geführt. Skye war total overloaded gewesen von all den Läden und Menschen, aber in diesem Laden hatte sie sich eine Eiscremkette gemacht. Seither war sie immer wieder dort gelandet, um Ketten für Freunde zu machen oder um ihre eigene Sammlung zu ergänzen.
Sie glaubte es war 2015, damals hatte sie in Korea studiert. Sie hatte ein kleines Apartment in Jongno gehabt, mehr eine Besenkammer, aber hey, das war vor dem großen Lottogewinn. Trotzdem war sie oft abends in Myeongdong gewesen. Streetfood war günstig und auf den Straßen Myeongdongs tummelte sich ziemlich alles, was der Gaumen sich wünschen konnte. Sie war an dem Laden vorbeigekommen, war aber in Eile gewesen, weil sie sich mit einer Freundin getroffen hatte und dachte sich, dass sie hier bald mal wieder vorbeischauen musste. Am nächsten Morgen hatte sie ihr Weg wieder nach Myeongdong geführt, weil sie in dem einen Buchladen etwas abholen musste. Skye kam die Straße entlang, in der der Laden war, nur das er nicht mehr da war. Sie war weiter gegangen, als es ihr aufgefallen war und schaute sich verwirrt um. Einfach leer! Am Tag zuvor hatte nichts darauf hingedeutet, dass sie zu machen würden. Kein Schild mit ‚Sale‘ oder ‚Wir schließen‘, alles hatte ganz normal gewirkt. Skye hatte unter Schock gestanden. Am übernächsten Tag war ein Laden mit Fruchtsäften darin gewesen. In Amerika begann das Ende eines Geschäfts mit einem Sale, dann einem Super-Sale und dann ein Super-Super-Sale. Es dauerte Wochen, manchmal sogar Monate, bis ein Laden tatsächlich geschlossen war und dann dauerte es Wochen, bis etwas Neues darin war. Nicht in Korea. Hier wurden keine halben Sachen gemacht, zack raus und zack rein. Gut, in den beliebten Vierteln ging das alles wohl etwas schneller. In den Seitenstraßen oder in nicht so mit Menschen überfluteten Vierteln standen tatsächlich Läden auch mal leer, aber nicht in Myeongdong oder Hongdae.
Skye hasste es, wenn sie ein gutes Restaurant fand und plötzlich war es nicht mehr da, doch heute sollte sie Glück haben, denn der Paniniladen war noch da – ob die Paninis noch gleich waren galt es noch heraus zu finden. Gegenüber war eine Park-Schneiße, die an der Straße entlangführte und die beiden setzten sich dort mit ihren Paninis hin.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass man versucht uns zu verkuppeln“, meinte Skye.
„Es scheint so“, erwiderte Tae und biss in das Baguette. „Hmmm….“, folgte daraufhin.
„Aber … es ist absurd, oder?“
„Wieso?“
Skye biss in ihr Panini um Zeit zu gewinnen.
„Na ja … du bist mit Kai befreundet oder eher … BTS sind mit EXO befreundet.“
„Ach, meinst du das hat schon jemals jemand abgehalten? Wenn es wirklich aus ist zwischen euch, dann ist es so und dann könnt ihr machen was ihr wollt. Ich habe nur nicht das Gefühl, dass es schon wirklich aus ist.“
Wieso bekam sie das ständig zu hören?
„Okay, aber … du … wäre ich überhaupt jemand auf den du stehst?“
„Ich tue jetzt mal so, als wäre das nicht die merkwürdigste Unterhaltung die ich seit langem hatte. Du liebst Musik, ich liebe Musik. Ich bin vielleicht etwas verrückt, aber du tust nur so, als wärst du normal. Ernsthaft, wie viele Leute kaufen eine Insel und geben ihrem Bett einen Namen? Du bist witzig, auf eine düstere, zynische Art, aber ich mag es. Und du bist Supergirl. Wenn ich ehrlich bin fühle ich mich sehr wohl bei dir. Ich habe bei dir das Gefühl, dass du mich nicht verurteilst … und das obwohl du ein Fan bist.“
„Hey!“, beschwerte sich Skye. „Ja, ich mag eure Musik, aber ich hatte nie ein Poster von euch hängen, noch war ich auf einem Fansigning. Und nur weil ihr gute Musik macht, heißt das nicht das ihr als Menschen okay seid. Ihr hättet auch Arschlöcher sein können.“
„Da hast du Recht“, gab er zu. „Ich schlage dir etwas vor. Wenn das mit dir und Jongin irgendwann wirklich vorbei ist, dann gehen wir aus und finden heraus, ob das mit uns etwas werden könnte“, sagte er weiter. Er sagte es ganz locker, als wenn man über ein ganz belangloses Thema sprechen würde.
„Du hast Recht, das ist die merkwürdigste Unterhaltung die ich seit langem hatte“, erwiderte Skye lachend.
Wieder Zuhause fühlte Skye sich total ausgelaugt. Sie hätte sich gerne noch etwas hingelegt, doch zuerst musste sie das Chaos im Postfach beseitigen bevor Youngjun es sah. Kaum hatte sie angefangen, da klingelte ihr Handy.
„Hey Lisa!“
„Skye!“
„Wie geht es dir?!“ Skye erkannte, dass sie sich mehr um ihre Freunde kümmern musste. Sie und Lisa schickten sich zwar oft Bilder hin und her, aber sie vermisste die Sängerin.
„Gut, sehr gut. Ich wollte fragen ob du Lust hast heute Abend in Seungris Club mit mir zu gehen. Seunghyun wird auch da sein und Daesung – Jiyong nicht, der ist in Japan.“
„Thanks for the heads up.“
„No problem.“ Sie hörte Lisa förmlich grinsen.
Und so verabredeten sie sich für 21 Uhr. Lisa wollte zu Skye kommen um sich fertig zu machen. Nun war klar, dass Skye sich dringend noch einmal hinlegen musste.
Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das Postfach dauerte ungefähr eine Stunde, dann rief Nikolai an.
„Hey.“
„Na, wie geht es dir?“
„Ach gut, war feiern, hab ein Leben gerettet, jetzt arbeite ich und dann muss ich noch mal schlafen.“
„Ein Leben gerettet? Wen hast du vermöbelt?“
„Niemand, habe nur meine medizinischen Kenntnisse gebraucht und habe jemand ins Herz Adrenalin injiziert.“
Schweigen.
„Ernsthaft?“
„Ernsthaft“, bestätigte sie.
„Mein Durschnitts-Ninja, ich bin stolz auf dich.“
Skye grinste fröhlich.
„Ich wollte fragen was du heute Abend machst.“
Super, jetzt hatte sie Lisa zugesagt. Mist. Super-Party vs Super-Sex. Aber sie vermisste Lisa wirklich.
„Ich bin mit Freunden verabredet in einem Club. Wenn du magst kann ich danach kommen, wenn du noch wach bist…“
Sie fragte ihn gar nicht, ob er mitkommen würde. Irgendwie machte er nicht den Eindruck wie jemand der in den koreanischen Clubs rumhing und sie wollte auch bei ihrer Kpop-Gang keine Gerüchte anzetteln.
„Das kannst du gerne tun.“
Skye wusste sogar wo er wohnte – über der Kampfschule. Seungris Club war in Yeoksam, die Kampfschule in der Nähe der Karosugil. Es war kein weiter Weg.
Skye war tatsächlich eingeschlafen. Sie liebte dieses Bett. Sie war noch am Schlafen, als jemand zu ihr ins Bett stieg. Skye merkte natürlich das jemand zu ihr kam und ging davon aus, dass es Fynn war, dem ja nicht geläufig war zu klingeln. Er drehte sie zu sich und küsste sie. Skye war noch gar nicht richtig wach und ließ es geschehen, doch irgendwie war der Kuss anders. Sie öffnete die Augen und sah Taehyung. Verwundert schaute sie ihn an.
„Nur zum Testen …“, raunte er ihr mit seiner tiefen Stimme zu. Er war nicht mehr albern und kindisch und ehe sie sich ihm hätte widersetzen können, küsste er sie wieder. Sie hätte nicht gedacht, dass er jemand ist, der so etwas tat, aber ihr Körper reagierte von ganz alleine auf ihn, sie ließ es einfach geschehen. War der Ruf erst ruiniert …
Taehyung hatte ein leichtes Spiel, denn Skye hatte nur ihr Höschen an. Sie wohnte alleine, für wen brauchte sie einen Pyjama? Skye zog ihm das Shirt aus und seine Lippen gingen auf Wanderschaft. Von wegen jung und unschuldig! Die taten auch nur alle so! Spätestens jetzt war jegliche Moral vergessen. Sie erkundeten den Körper des anderen, bis sie beide nackt aufeinander lagen. Nur noch wenige Momente und sie würden eins sein … und dann wachte Skye auf.
Verdammter Mist, nun versuchte schon ihr Unterbewusstsein sie mit ihm zu verkuppeln. Zumal sie Taeyong gesagt hatte er wäre zu jung und soweit sie das richtig wusste, war Taehyung ein paar Monate jünger. Eigentlich war das Alter egal, es musste passen und bei Taeyong hatte sie das Gefühl wie … damals, als man in der 10. Klasse war und da war ein süßer 9. Klässler, aber man wusste man konnte nichts mit ihm anfangen, weil die Leute reden würden und obwohl er süß war, wusste man doch eigentlich, dass er noch nicht reif genug für eine Beziehung war. Soweit man eben in der 10. Klasse für eine Beziehung reif war.
Keine Ahnung. Taeyong war süß und albern und er brachte sie zum Lachen, doch für sie war er noch ein Junge, kein Mann. Taehyung war zwar auch furchtbar albern, aber man konnte sich auch gut mit ihm unterhalten. Immerhin hatten sie jetzt schon zwei Nächte miteinander verbracht.
Ach sie hatte doch keine Ahnung! Jetzt war ohnehin nicht die Zeit, weder für Taehyung, noch für Taeyong. Sie musste erst sehen was mit Jongin geschah, denn wenn sie ehrlich zu sich war, fühlte es sich tatsächlich nicht so an, als wären sie schon am Ende.
Lisa kam etwas früher und brachte Essen mit, was potentiell eine gute Idee gewesen ist. Dann drehten sie die Musik auf und zogen sich zigmal um, bis sie zufrieden mit sich waren. Skye hatte ein schwarzes, enges Shirt mit Spitze gewählt und einen pinken Taillienrock. Dazu schwarze Pumps und eine schwarze Tasche mit Nieten. Lisa trug ein rotes, enganliegendes, trägerloses Kleid, was ihr in Skyes Augen unheimlich gutstand. Einfach mal feiern würde ihr guttun, auch wenn sie Nikolai nicht vergessen hatte.
„So lange werde ich aber nicht bleiben“, kündigte sie irgendwann an.
„Was? Wieso nicht?“
„Jemand wartet noch auf mich.“
Nun fing Lisa an zu grübeln.
„SuJu und EXO sind nicht da … Jiyong ist in Japan .. Seunghyun ist im Club, das würde keinen Sinn machen, wenn du wegen ihm früher gehst – es sei denn ihr zwei trefft euch heimlich und wollt unauffällig verschwinden …“
„Was?!“
Jetzt auch noch Seunghyun, super. Er war toll. Er war groß, sah gut aus, war unheimlich redegewandt. Skye verbrachte unheimlich gerne Zeit mit ihm, er war ihr Oppa. Sie glaubte aber auch, dass er auf eher reifere Frauen stand und Skye, trotz ihrer ganzen Schicksalsschläge, noch immer zu girly für ihn war.
„Also ganz ehrlich, anfangs dachte ich, dass du und Jiyong Oppa euch getrennt hattet, weil du etwas mit Seunghyun hast.“
Skyes starrte sie ungläubig an.
„So ein Quatsch!“
„Nein, haben viele gedacht. Und dann kam Kai um die Ecke und ihr saht aus wie dieses Pärchen aus High School Musical … it’s the start of something new, I never felt … na na na na na … and when I’m looking in your eyes … “, fing Lise fröhlich an zu singen und Skye hob drohend den Lippenstift.
„Noch ein Ton und ich werde dir zeigen wie wasserfest der ist!“
Lisa rannte davon, was witzig aussah, denn sie hatte ihre Pumps schon an, hatte aber recht schnell einen verloren und humpelte nun wie eine gepimpte Version des Glöckners von Notre Dame.
Natürlich ließ Lisa nickt locker.
„Who’s the mystery guy?“
„Nobody … just a guy“, erwiderte Skye. Ihr Privatleben war schon in aller Munde, ein paar Geheimnisse musste sie sich bewahren.
„Muss ein toller Nobody sein, wenn du mich dafür früher verlässt“, meinte Lisa und tat so als wäre sie eingeschnappt, was aber nicht von langer Dauer war.
Seungris Fahrer holte die zwei ab, es war wahrscheinlich auch besser, dass sie nicht mit den eigenen Autos fuhren, denn Skye wollte zumindest ein wenig trinken.
Sie kamen kurz nach 22 Uhr in dem Club an. Sie war noch nie in Seungris Club gewesen und man lotste sie über den Hintereingang rein. Seungri begrüßte Lise mit einem Kuss und nahm Skye in den Arm.
„Schön, dass du Zeit hattest!“
Sie hatte fast schon vergessen, dass nicht jeder von Big Bang sie hasste. Eigentlich hasse sie ja auch nur einer. Seunghyun kam fast gleichzeitig mit den Mädels an und drückte Skye an sich.
„Ich habe dich vermisst!“
„Ich dich auch!“, gab sie zu. Selbst für Skye war es schwer geworden alle unter einen Hut zu bringen und sie war kein Idol. Immer war etwas los, ständig war sie unterwegs und selbst wenn sie dann mal Zuhause war, in ihren eigenen vier Wänden, klingelte jemand an der Tür oder stieg durch’s Fenster ein. Sie hatte das Gefühl nie wirklich alleine zu sein. Sie hatte das sogar mit ihrer Therapeutin besprochen.
Seungri hatte ihnen eine Lounge gegeben. Daesung war bereits da und saß vor einem Tisch voller Getränke.
„Ich dachte schon ihr kommt nie!“
„Die coolen Leute kommen immer etwas später“, erwiderte Seunghyun und reichte Skye ein Glas.
Lisa und Skye tanzten ausgelassen, doch alle Versuchte Seunghyun zum Tanzen zu bewegen blieben ziemlich erfolglos. Skye ließ sich nicht so leicht klein kriegen und zog Seunghyun hinter sich her, bis ins Lager.
„Was tun wir hier?“, fragte er lachend. Die Musik war noch laut genug und der DJ hatte gerade einen etwas ruhigeren Song aufgelegt.
„Wir tanzen!“
Lachend schüttelte er nur den Kopf.
„Ich kann nicht tanzen.“
„Du bist ein Idol! Natürlich kannst du tanzen! Ich behaupte, dass du dich nur nicht traust. Jiyong und Taeyang sind die Tanzmäuse und du warst immer der coole Rapper. Wahrscheinlich haben sie sich auch früher über dich lustig gemacht. Deswegen tanzt du nur noch lustig, weil du denkst, dass die anderen es erwarten, aber ich verrate dir etwas: Frauen tanzen gerne. Sie schmiegen sich gerne an den Mann ihres Begehrens und verlieren sich in dem Moment.“
Während sie sprach legte sie ihre Hand in seine und ihre andere in den Nacken. Seunghyun hingegen legte seine Hand auf ihren Rücken und sie begannen zu tanzen.
„Gehst du zur Therapie oder gibst du sie?“, fragte er lachend und drehte Skye.
„Manchmal beides“, erwiderte sie und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
„Siehst du, du machst das gar nicht so schlecht …“
Sie erinnerte sich daran was Namjoon gesagt hatte. Das Seunghyun in ihr Jagdgebiet fallen würde. Seunghyun war nicht wie Siwon und Siwon war nicht wie Jongin. Man konnte sie nicht miteinander vergleichen.
Die Musik wurde wieder schneller, der DJ spielte ‚Punching in a dream’ von The Naked and Famous und Skye nahm ihn bei den Händen und drehte sich fröhlich mit ihm. Er ließ es zu und selbst als ein Mitarbeiter reinkam, störte es sie nicht besonders.
„Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen es macht dir Spaß“, neckte sie ihn.
„Ich würde behaupten es kommt ganz auf meinen Partner an.“