Tatsächlich war genug Essen für alle da und als Red Velvet aus dem Training kamen, wurde für sie auch noch etwas gegrillt. Und Ramen, natürlich Ramen. Alle saßen zusammen und plauderten, es war ausgelassen und witzig. Niemand gab Skye mehr Ratschläge. Sie schätzte das Mia ihnen gedroht hatte und die anderen deshalb die Amerikanerin in Ruhe ließen.
Sie alle waren junge Leute, doch sie arbeiteten so hart, dass sie froh waren, wenn sie fast zu normalen Zeiten ins Bett gehen konnten. Nach und nach löste sich die Gruppe auf, bis um kurz vor Mitternacht die letzten gingen – und sie nahmen die Müllsäcke mit, was Skye super fand. Die Stühle und Grills hatten sie oben stehen gelassen und Skye befürchtete, dass das ihr neuer Lieblingsplatz werden würde. Irgendwer hatte tatsächlich schon die Küche aufgeräumt und um 00:30 ließen Skye und Taehyung sich auf die Couch fallen.
„Das war doch schön“, bemerkte er. „Was machen wir jetzt?“
„Ehm … also, wir können nicht rummachen … schlafen gehen?“
Tae schüttelte energisch den Kopf.
„Was guckst du gerne, was nicht anstrengend ist?“
Die Amerikanerin dachte kurz nach.
„Kennst du ‚The last man on earth?‘?“
Natürlich nicht.
Skye mochte Serien. The Vampire Diaries und alle Ableger, Titans, Game of Thrones, Midnight Texas, The 100, The Magicians, Being Human, lange hatte sie Once upon a time geschaut. Dann gab es die Tanz- und Musikserien wie Star, Empire und damals Cheer Squad. Greys Anatomy war die einzige Ärzteserie die sie schaute und sie mochte Serien, die düster waren und zum Nachdenken anregten wie Lost, The Leftovers, Handmaid’s Tale, Manifest, Under the Dome, Man in the High Castle oder Revolution. Gossip Girl und Roswell hatte sie geliebt, doch dieses High School-Format gehörte nicht zu ihrer Norm. Und sie mochte historische Serien, wie The Crown, Reign, Tudors, War & Piece (2016). Obwohl viele dieser Serien durchaus eine Art Humor hatten – hallo? Damon Salavtore! – so mochte sie keine lustigen Serien. Oder Filme. Sie ertrug How I met your mother oder Big Bang Theory, wenn es im Hintergrund lief, aber es war nicht so, als würde sie sich hinsetzen und eine Folge nach der anderen schauen. Es gab nur eine einzige witzige Serie die Skye schaute: The last man on earth.
Und diese Serie war total bescheuert. Basis der Story war, dass ein tödlicher Virus ausgebrochen war und alle Menschen waren gestorben. Bis auf Phil Miller. Was machte ein Mann, wenn er dachte er wäre der letzte Mensch auf Erden? Richtig, nur Scheiße. Okay, er fuhr durch’s ganze Land, um nach Überlebenden zu suchen und hinterließ überall Schilder mit ‚Alive in Tucson‘, damit ihn ein Überlebender finden könnte, doch ansonsten machte er nur Scheiße. Er nahm Gemälde großer Künstler aus Museen mit, wie Monet und Rembrandt und er hatte einen T-Rex Schädel und er baute sechs Meter höhe Jengatürme, lief nur noch in der Unterhose umher und hatte einen Magarita Cocktail Pool. Und Skye konnte sich vorstellen, dass es genauso laufen würde, wenn ein Mann alleine auf der Erde war.
Taehyung fand es super lustig, auch wenn sie auf Englisch guckten und ab und an musste Skye einen Wortwitz oder ein Slangwort erklären. Die Folgen waren immer nur eine halbe Stunde, also sehr schnell zu schauen und er amüsierte sich riesig. Schnell waren sie bei Folge fünf angelangt, als Skye nur aus Neugierde auf den Terminplaner ging.
„Was zum-?!“
„Hm?“ Er lehnte sich zu ihr rüber.
„Bisher hatte ich hier nur die Super Junior Termine drin, doch jetzt habe ICH Termine! Was ist das alles?“
09 – 11:30 Uhr Vocal Coach Big Hit
12 – 14 Uhr Choreografie-Training Big Hit
15 -18 Uhr Choreografie-Training SM
21 – 23 Uhr Show Training Big Hit
Und was war nur der Mittwoch! Donnerstag kam dann noch Styling-Training, Balance Training und Cover Training dazu.
„Willkommen in Idol-Land“, sagte Tae und schenkte ihr ein Grinsen.
„Idol-Land?! Wann bin ich da eingereist? Wie komme ich da wieder raus?“
„Ich würde mal sagen wir gehen schlafen. Du brauchst jetzt deine Kräfte.“
Und er schlief bei ihr – sie hatte ihm ja schon genug Klamotten gemopst, dass es gar kein Problem war ihn für die Nacht auszustatten.
Um 07:30 klingelte Skyes Wecker. Murrend drehte sie sich zu ihrem Handy, um es auszumachen. War das wirklich wahr? Hatte sie wirklich Training in beiden Entertainments? Zumindest sagte ihr Terminplaner es noch.
Taehyung sagte ihr zwar guten Morgen, murmelte sich dann aber wieder in die Decke und schlief weiter. Er wusste gar nicht wie gut er es hatte! Die Amerikanerin ging unter die Dusche und zog sich dann an. Sie hatte nur eine Leggins und ein langes Oberteil an, schließlich hatte sie heute zweimal Choreografie-Unterricht. Wechselklamotten und Turnschuhe schmiss sie in ihre große Victoria’s Secret Weekender Tasche. Frühstück nahm sie in flüssiger Form ein, für feste Nahrung war sie noch nicht wach genug.
Eine halbe Stunde vor dem ersten Training kam sie bei Big Hit an. Man wusste dort sogar wer sie war und ließ sie rein. Ein junger Mann kam ihr entgegen.
„Guten Morgen Skye, ich bin Hobeom, einer von BTS Managern. Ich führe dich etwas rum und werde heute auch beim Training reinschauen, weil du zusammen mit Taehyung auftreten wirst“, erklärte er und streckte ihr die Hand entgegen.
„Freut mich“, erwiderte sie und ließ sich die Umkleide zeigen. Es war immer noch viel Zeit und sie fragte, ob sie eine rauchen gehen könnte. Taehyung hatte dahingehend einen guten Einfluss auf sie, doch heute fühlte sie sich danach.
„Skye, du bist jetzt Idol. Solche Dinge darfst du nicht öffentlich machen. Wir haben einen Raucherraum, aber wie gesagt, du solltest außerhalb privater Räumlichkeiten nicht mehr rauchen.“
Wenn Skye noch nicht wach genug für Frühstück war, dann war sie es auch nicht für ihr Idol-Dasein. Sie nickte nur und folgte ihm in den Raum. So machte das keinen Spaß – sollte es wohl auch nicht.
Ihr Training begann pünktlich und begann mit den Basics. Es war okay, sie wussten ja nicht was Skye konnte und was nicht und so ließ man sie die Tonleiter hoch und runter singen.
„Hast du eine Ausbildung gehabt?“, fragte Frau Park, ihr Big Hit Vocalcoach.
„Meine Mom war Sängerin und bildete aus, da lernt man ein paar Sachen“, erklärte sie.
Erst in der letzten halben Stunde ließ man sie ‚A brand new day‘ singen. Für die Amerikanerin war es ungewohnt so ein strukturiertes Training zu haben und sie wurde an ihre Mutter erinnert, die auch eine ganz klare Struktur in ihrem Lehrplan hatte. Spaß war anders, doch ihre Mutter hatte einige gute Sänger geformt. Skye hatte es immer nur von ihrem Zimmer gehört, sie selbst war ja nie gut genug gewesen und so hatte sie sich auch nie getraut Zuhause zu üben, außer wenn ihre Mutter gerade das Haus verlassen hatte. Für Skye war der Wald, die Schule und ihr Auto Übungsraum gewesen, wenn sie konnte und wenn sie wollte. Nun hatte sie jemand der sie forderte und natürlich wollte sie nicht versagen, doch Falsetto am Morgen war nicht einfach und G5 schon erst recht nicht. Trotzdem beschwerte sie sich nicht und versuchte ihr Bestes.
Es folgte 30 Minuten Pause, in der Skye aber auch nichts aß. 30 Minuten Pause, was war das? Essen hatte bei ihr etwas mit gemütlich zu tun, sie mochte es nicht gehetzt zu essen. Mia hatte ihr geschrieben, dass sie und Tae Skye um 18:30 bei SME abholen würden, um zu NaNa zu fahren. Immerhin hatte sie da drei Stunden Pause, bis es um 21 Uhr weiter ging.
Für was sie Choreotraining brauchte, wusste sie noch nicht so ganz, zumindest nicht, wenn es um ‚A brand new day‘ ging. Es hatte zwar einen catchigen Beat, doch war es mehr Schunkel- als Tanzsong. Dachte Skye.
Moony, der Tanztrainer sah das anders, hier war jede Bewegung bis zum Ende durchgeplant. Taehyung hatte in Skyes Abwesenheit den Song mit einer Tänzerin geprobt und das Video dazu zeigte er Skye. Skeptisch schaute sie sich das Video an.
„Wieso guckst du so?“, fragte der Trainer irritiert.
„Ach nichts.“
„Du siehst nicht aus wie ‚nichts‘“, bemerkte er, doch Skye wollte nicht direkt einen schlechten Eindruck hinterlassen.
„Also manchmal … ich weiß nicht … werden mehr Bewegungen eingebaut, als eigentlich für den Beat nötig. Das ist eigentlich ein R&B Song, es geht um Gefühl. Ich finde es fehlt zum einen etwas … Swag und zum anderen finde ich an manchen Stellen die Bewegungen zu hektisch.“
Bei irgendeinem BTS Song war ihr das schon mal aufgefallen, sie wusste nur nicht mehr ob es Taehyungs Solo war oder eins der anderen. Die Bewegungen hatten überhaupt nicht zu dem Song gepasst, viel zu hektisch, obwohl es ein ruhiges Lied war. BTS waren bekannt für sehr ausgeklügelte Tänze, Idol, I’m fine und auch DNA waren tolle Tänze, doch nicht bei allen Tänzen ging es darum sich viel zu bewegen und es war potentiell auch schwieriger für einen ruhigeren Song einen Tanz zu machen, als für einen schnellen.
„Aber was weiß ich schon“, sagte sie eilig hinterher. „Ich war nur Cheerleader.“
Moony zog eine Augenbraue hoch.
„Cheerleader, huh? Also sollte Tanzen kein Problem sein?“
„Hm … na ja … bei uns ging es mehr um Pyramiden und Turnen.“
Nun zeigte sie ihm ein Video aus ihrer letzten Saison. Natürlich hatten sie Tanzelemente drin, doch eigentlich auch nur zum Übergang zur nächsten Pyramide oder zum nächsten Stunt.
„Wow! Das hast du gemacht? Das ist wirklich gut!“
Sie hatte wohl ein paar Pluspunkte gemacht, war sich aber noch nicht sicher, ob das die Kritik an dem Tanz aufhob.
Immerhin ignorierte er einfach die Kritik und brachte ihr den Tanz so bei, wie es geplant war.
Um 14 Uhr war das Training fertig. Duschen lohnte sich noch nicht, da es bei SME gerade weiter ging mit dem Tanztraining. Big Hit lag mitten in Gangnam, die Akademie lag in Richtung Karosugil, bei dem Verkehr, der üblicherweise in Gangnam herrschte, würde sie keine Zeit haben etwas zu essen. Doch jetzt hatte sie Hunger. Gegenüber von Big Hit gab es einen Supermarkt und Skye holte sich Ramen. Die Verpackung stellte sie in ihren Getränkehalter und fuhr los.
Die vielen Termine waren gar nicht das Problem, das hatte sie vorher bei EXO auch gehabt, dass sie von einem Termin zum nächsten gesprungen sind, was sich geändert hatte war, dass sie jetzt selbst so viel machen musste! Vorher hatte sie im Training von EXO gesessen und hatte die Mails gemacht, den Terminplaner aktualisiert und wenn sie Zeit hatte auch ein paar Sachen für Mia. Manchmal hatte sie aber auch einfach im Internet gesurft oder Musik gehört. Nun musste sie zuhören und aufpassen und singen und tanzen.
Bis sie in der Akademie ankam, war die Pause schon fast vorbei und die halbe Packung Ramen war leer. Sie wollte nicht vollgegessen ins Training und hatte daher aufgehört zu essen. Sie stellte das Auto ab, warf den Rest Ramen weg und suchte dann ihrem Studio. Sie ging davon aus, dass man sie in die Anfänger‘-Kurse gesteckt hatte, um die Basics des Kpops zu lernen. Umso überraschte war Skye, als sie Mia im Studio fand.
„Don’t tell me you’re my coach?“
Um ehrlich zu sein wusste Skye nicht genau ob das gut oder schlecht war. Natürlich mochte sie Mia, aber im Training war sie auch ganz schön hart. Ein Knechter. Dabei hätte sie Mia viel lieber als Schulter zum Ausweinen.
„Yay! Surprise!“, kam es von Mia, die sich offensichtlich mehr freute als Skye.
„Don’t break me“, bat Skye die Ältere. Mia schüttelte den Kopf.
„Bullshit, we’re Cheerleader. Kpop won’t break us.“
Mia erklärte Skye, dass die Entertainments immer wollten, dass die Idols einige ‚Standard‘-Tänze konnten wie Gee, Genie, Sorry Sorry, Mr Simple, Pinocchio, dass wenn man mal in einer Fernsehsendung aufgefordert wurde etwas zu tanzen, diese Aufgabe bewältigen konnte. Heute würden sie die Basics anfangen und später würden sie dann aktueller Songs machen. Super, Skye freute sich unheimlich.
Auf halber Strecke machten sie eine Pause und verschnauften kurz.
„Sag mal Mia, wenn einem Idol die Choreo nicht gefällt, können die wenig machen, oder?“
Die Deutsche schaute auf.
„Du hattest eine Tanzstunde und beschwerst dich jetzt schon über die Choreo?!“ Sie lachte auf und schüttelte den Kopf.
„Ja, nein … ich weiß nicht, aber die Choreo zu ‚A brand new day‘ ist … ich weiß nicht, ich finde sie passt nicht.“
„Hat Moony dir das Video geschickt?“
Inzwischen war es normal, dass die Trainer ein Lehrvideo machten, damit die Idols alleine trainieren konnten und wenn sie an einer Stelle Probleme hatten, konnten sie im Video nachschauen, wie es richtig war.
Gemeinsam standen sie von dem Fernseher und schauten sich die Choreo an. Mias Gesichtsausdruck sprach 1000 Worte – und Moony hatte sich über Skyes Gesichtsausdruck beschwert!
„Ich weiß nicht wieso die das mit Tae immer machen. Da sind viel zu viele Bewegungen drin. Das war bei seinem Solo auf der Love Yourself Tour auch so.“
Ha! Doch Taehyung! Skye erinnerte sich nur noch, dass es bei einem Solo war.
„Kann man das noch retten?“
„Spreche mit Tae drüber und wenn ihr beide die Choreo ändern wollt, dann machen wir das zusammen. Der Song ist toll, es ist ein Lied zum Bouncen und necken und flirten – nicht zum Zappeln.“
„Danke, dass denke ich auch“, gab Skye zu und fühlte sich etwas besser, dass Mia auf ihrer Seite war. Also doch auch eine Schulter zum Ausweinen.
Sie trainierten normal weiter. Skye war ziemlich fertig. Fünf Stunden Tanztraining waren hart, sie war das nicht mehr gewohnt. Am liebsten wäre sie auf allen Vieren in die Dusche gekrochen, doch 20 Minuten vor Ende des Trainings kam Taehyung. Jetzt konnte sie auch nicht mehr schwächeln. Sie zog das Training durch und tat so, als wäre alles okay und total normal.
„Hey Bambi.“
„Klopfer … bereit?“
„Ich muss erst duschen.“
„Ich auch“, kam es von Mia und gemeinsam gingen sie in die Umkleide. Taehyung schaute ihnen nach und würde gerne Mäuschen spielen.
Skye hatte Hunger und sie war müde. Im Auto schlief sie, an Taehyung gelehnt, ein. Sie saßen beide hinten und Mia fuhr. Es war riskant, es war hell und Hongdae war voll mit Menschen, doch NaNa war vorgewarnt und sie würden durch den Hintereingang geschleust werden. In dem Studio in Hongdae hatten sie ein abgetrenntes Zimmer, falls jemand nicht mitten drin gepierct werden wollte.
„Wie hat sie sich geschlagen?“, fragte Tae flüsternd.
„Gut … sie ist wie Jungkook. Sie fragt nicht gerne nach Hilfe, sie beschwert sich nicht, sie zeigt nicht, wenn sie nicht mehr kann. Sie ist Cheerleader, wir wurden dazu trainiert die Klappe zu halten und es durchzuziehen. Es ist wichtig, dass wir auf die kleinen Dinge achten, von denen sie denkt wir würden sie nicht sehen.“
Den Vergleich mit Jungkook verstand er gut. Als Jungkook Trainee wurde, war er sehr introvertiert – das konnte man zwar von Skye nicht sagen, doch sie war auch gut darin den Raum mit Worten ohne Bedeutung zu füllen. Monatelang hatte sie mit ihnen zusammengelebt und keiner wusste wer sie wirklich war. Sie erzählt viele lustige und spannende Geschichten, die eine super Ablenkung waren und die Zuhörer dachten, dass sie etwas über sie erfahren hätten, doch im Endeffekt war es nur Chitchat. Tae war auch davon überzeugt, dass sie noch einige Geheimnisse hatte. Das war okay. Jeder hatte Geheimnisse und Dinge, über die er nicht reden wollte.
Es sah die Parallelen zwischen ihr und seinem Bandkollegen, der in den letzten Jahren so aufgetaut war und doch fragte er nicht nach Hilfe. Er war der ‚Golden Maknae‘ der alles konnte. So jemand fragte nicht nach Hilfe oder war schwach oder stieß an seine Grenzen. Es war schwer bei Jungkook zu erkennen, wenn ihm etwas zu viel wurde. Privat war es bei Skye recht einfach, denn sie nahm kein Blatt vor dem Mund, aber diese ganze Idolgeschichte war für sie eine Sache der Ehre. Sie war die Ausländerin, die sich beweisen musste. Sie war der Rookie, der seinen Platz zwischen den erfahrenen Sängerinnen finden musste. Sie war Kais Freundin, die man versuchte hatte umzubringen. Taehyung wünschte sich, dass er sie mehr unterstützen könnte, ihr Kraft geben könnte.
Sie parkten in einer Seitenstraße und liefen dann hintenrum in das Einkaufsviertel. Eine Seitenstraße führte zu dem Hinterhof von NaNa, wo sie an der Tür klopften. Eine Piercerin machte ihnen die Tür auf, das Zimmer war direkt links von der Tür und sie schlupften direkt rein, ohne dass jemand anderes auf sie achtete.
Mal wieder hatte Skye Mia unterschätzt, denn in dem Separee standen Tüten mit Essen. Verwundert schaute Skye zu Mia, die nur eine Augenbraue hob.
„Meinst du ich denke du hättest heute auch nur irgendetwas gegessen? Erst essen, dann piercen“, erwiderte sie. Nicht nur Skyes Gesicht hellte sich auf, sondern auch das von Tae.
„Wer hat gesagt, dass ich für dich etwas bestellt habe?“, fragte Mia, als sie sein Gesicht sah. Daraufhin verlor er das Lächeln und schaute sie entsetzt an. Fröhlich lachte sie, er war noch so einfach zu bluffen.
„Ja, ja schon gut, ich habe natürlich für dich mitbestellt.“ Und für alle Angestellten von NaNa. Mia konnte nicht anders. Sie war so oft hier und hatte die Angestellten wirklich gerne. Sie konnte nicht nur für drei Leute essen bestellen, wenn hier alle bestimmt auch Hunger hatten.
Das Studio war recht groß und sie hatten eine Werkstatt, denn viele der Schmuckstücke waren von den Mitarbeitern dort selbst gefertigt worden. Mia gab dem Fast-Paar etwas Zeit für sich und setzte sich zu den anderen in der Werkstatt, die sich noch mal bei der Deutschen für das Essen bedanken.
Von der Werkstatt aus konnte man den separaten Raum einsehen und Mia schaute ab und an nach den beiden. Sie saßen eng zusammen und teilten sich ihr Essen. Jeder aß bei dem anderen mit oder ließ sich füttern. Mia war sich sicher, dass sie auch nur so miteinander umgingen, weil sie sich unbeobachteten fühlten. Sie waren süß zusammen. Taehyung strahlte förmlich.
Nach dem Essen ging es dann an die Nadeln. Jang, eine der Piercerinnen, schaute skeptisch, als sie ‚Snug‘ sagten.
„Was?“, fragte Skye und schaute panisch.
„Das ist eine schwierige Stelle…“, begann sie und erklärte wieso. Knorpel war an sich immer schwerer vom Abheilen, aber beim Snug war es praktisch eine Falte aus Korpel und es passierte schnell, dass man zu tief stach und dann drückte das Piercing hinten gegen das Ohr, wo sich dann gerne Hautblasen bildeten. Jang zeigte ihnen Bilder, schön war anders.
„Also, was ich euch raten würde, dass wir zwei einzelne Piercings machen, links und rechts neben der Falte, durch die das Snug eigentlich durchgeht. Optisch wird es wie ein Snug aussehen, doch es wird vom Heilen nicht so lange dauern und es wird auch eigentlich nicht zu Komplikationen kommen. Ich steche euch auch ein Snug, es ist eure Entscheidung.“
Taehyung und Skye tauschten einen Blick aus. So etwas wie auf den Bildern wollten sie nicht. Also wurden es eben zwei Piercings, bei Taehyung rechts und bei Skye links. Taehyung bestand auch darauf als Erster dran zu kommen, weil er ja der Mann ist. Skye tat es mit einem Schulterzucken ab und hielt Händchen.
Bis sie bei NaNa draußen waren, machten sie sich auch schon wieder direkt auf den Weg ins nächste Training bei Big Hit. Taehyung kam mit ihr, auch wenn sie nicht richtig verstand was ‚Show Training‘ war.
Sie fand heraus, dass Show Training überwiegend im Gesicht stattfand. Niemand mochte einen Sänger, der aussah als hätte er Schmerzen. Es ging also um die Kontrolle des Gesichts. Phase 2 war dann wohl flirten mit der Kamera, doch dazu musste man erkennen welche Kamera gerade auf einem gerichtet war.
Generell hatte sie damit kein Problem. Im Cheerleading war es nichts anderes. Cheerleader lachten immer, aber das kam nicht natürlich, sondern war genauso antrainiert. Im Training grinste niemand. Und Cheerleader hatten immer dieses völlig übertrieben Make Up und Grinsen, weil wenn man in einem Stadion auftrat gab es eben Leute, die sehr weit weg saßen und die sollten zumindest erkennen können, dass die Cheerleader lächelten. Skye behauptete also, dass sie ihr Gesicht gut unter Kontrolle hatte.
Dachte sie. Wohl nicht in den Augen ihres Trainers. Es half ihr, das Taehyung dabei war, alleine hätte sie das nicht durchgestanden ohne nicht mindestens einmal an die Decke zu gehen. Als sie um kurz nach 23 Uhr das Gebäude verließen hatte Skye aber auch genug für heute.
„Und, wie war dein erster Idol-Tag?“
Am liebsten hätte sie etwas gesagt wie ‚Wo kann ich die Kündigung abgeben?‘ oder ‚Das war auch mein Letzter‘, doch sie konnte nicht. Er schaute sie mit so großen, erwartungsvollen Augen an, wie konnte sie da fies sein?
„Ich hasse es, dass du mich zu einem besseren Menschen machst!“, sagte sie stattdessen und stampfte in Richtung Auto. Taehyung konnte mit der Antwort wenig anfingen, grinste aber, weil er sich ihr ursprüngliche Antwort denken konnte.