Nickerchen hin oder her, Skye wurde an dem Abend zuvor nicht alt. Nach dem Essen waren sie noch in einem Café gelandet und noch vor Mitternacht lag Skye wieder im Bett.
Das wiederum führte dazu, dass sie an diesem Morgen aufwachte und sich wie neugeboren fühlte. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass dafür draußen die Welt unterging. Regenzeit in Korea. Eigentlich war es Ende der Regenzeit. Die Amerikanerin hatte es durch ihre Abwesenheit geschafft der Regenzeit fast vollständig aus dem Weg zu gehen.
Es war gerade einmal 7 Uhr und sie bestellte sich Frühstück auf’s Zimmer. Auf der Speisekarte gab es sogar ‚Frankfurter Würstchen‘ aber ihr Magen war noch nicht fit genug für solche Experimente. Die Möglichkeiten der Interpretationen war viel zu breit gefächert, als dass sie hier ein Risiko eingehen würde. Koreanische Definition von Frankfurter Würstchen …
Sie saß am Tisch und schaute dem Regen zu. Haare machen hatte sich grad erledigt. Es wurde nur ein kleiner Pferdeschwanz, denn mit ihren kurzen Haaren schaffte sie es gerade so einen Pferdeschwanz zu machen, aber er sah niedlich aus. Auch schminken war bei so einem Wetter eigentlich total überflüssig. Sie legte etwas Lidschatten auf, etwas Eyeliner und Maskara. Wasserfest versteht sich. Nur weil es regnete, als würde die Welt untergehen, hieß das nicht, dass es kalt war. Sie nahm sich eine Hotpans aus Jeansstoff und ein schwarzes Top, dass über die Schultern fiel. Und Flipflops. Manche mögen meinen, dass Flipflops bei Regen dämlich waren. Skye erinnerte sich, als sie in Brasilien war und mit einer Reisegruppe an die Iguazu Wasserfälle fuhr, sie Wandersachen dabeihaben sollten. Skye hatte Flip Flops an. Die anderen in der Gruppe beäugten sie skeptisch und erkundigten sich, ob sie damit wandern könnte. Ernsthaft, sie wollten kein Freeclimbing machen. Jedenfalls hatte sie mit dem Wandern keine Probleme, aber alle anderen, mit Socken und Trackingschuhen, die irgendwann klitschnass waren und natürlich auch nicht mehr trocken wurden. Skyes nackte Füße hingegen trockneten recht schnell. Wer hätte schon damit gerechnet, dass es an Wasserfällen nass werden könnte!
Gegen 9 Uhr kam sie in der Akademie an, um mit Mia ein Hühnchen zu rupfen. Sie parkte ihren Wagen, stieg aus und lief geradewegs in jemand rein.
„Entschuldig…“, begann sie und bemerkte erst dann, dass es Seunghyun war.
„Hi!“
„Hi!“, erwiderte er grinsend. Ein langer Moment verging und keiner von beiden schien den Regen zu bemerken. Bis sie es bemerkten, waren sie schon nass.
„Ehm … wollen wir kurz …?“ Sie deutete auf den Wagen.
So landeten sie auf der Rückbank. Nass. Im Regen. Es war praktisch eine Einladung zum Sex. Skye wusste das und Seunghyun wusste es auch, nur das Skye nicht wusste, dass Seunghyun das wusste, während Seunhyun sich bewusst war, dass es für Skye genau so eindeutig war wie für ihn. Nur, dass sie beide wussten, dass ein wackelndes Auto auf dem Parkplatz der Akademie, mitten am Tag, für Aufsehen sorgen würde. Und sie waren Freunde! Skye musste aufhören sich Seunghyun nackt vorzustellen.
„Ist alles cool zwischen uns?“, fragte er.
„Natürlich“, erwiderte Skye.
„Ich frage nur weil du und Taehyung ihr habt da diese … Epic Lovestory…“
„Und du stehst auf ältere Frauen.“
„Und wir sind Freunde.“
„Total gut Freunde!“
Wieder verging ein Moment.
„Gut“, sagten sie gleichzeitig und lachten.
Als sie aus dem Auto stiegen drehte Seunghyun sich noch einmal um.
„Was machst du heute Abend?“
„Oppa!“
„Ich frage nur!“ Doch sein Grinsen verriet etwas anderes.
Nachdem die Tür der Akademie hinter Skye zugefallen war, musste sie kurz durchatmen. Nicht auszudenken, wenn Jiyong das wüsste … doch er wusste es nicht und sie musste sich auf andere Dinge konzentriere. Zielstrebig ging sie in Mias Büro.
„Guten Morgen Skye“, begrüßte sie die Deutsche und nippte an der Tasse.
„Mia, das geht nicht.“
Mia stockte und schaute sich skeptisch um.
„Was … genau geht nicht?“
„Das du jedem sagst, wo ich bin. Ich bin nicht ausgezogen, damit alle 3 Minuten jemand bei mir klopft.“
Sie wollte ihre Ruhe. Sie brauchte Abstand und vor allem wollte sie nicht, dass sich jemand wegen ihr stritt. Weder EXO, noch BTS. Mia würde ihr gerne sagen, dass das immer so war. Mia hatte auch versucht auszuziehen, man fand keine Ruhe vor Kpop. Sie waren wie eine Plage … wie eine … Blasenentzündung, die man nicht wollte und dann nicht mehr losbekam. Aber so wollte sie das Skye nun auch nicht verkaufen.
„Wer hat denn geklopft?“
„Wem hast du es alles verraten?“
Wenn Mia schon wissen wollte, wer zu ihr gekommen war, bedeutete das doch, dass sie es mehr Leuten gesagt hatte, als Skye annahm.
„Jimin“, erwiderte sie schließlich, nachdem Mia nicht auf ihre Frage reagierte.
„Du brauchst einen Trainer. Du meinst zwar dich mit Big Hit geeinigt zu haben, aber ich weiß, dass sie nur drauf warten, dass du scheiterst und das werde ich nicht zulassen.“
„Fair enough… what about Baekhyun?“
„Du brauchst einen Freund.“
Nun stutzte die Amerikanerin. Sie hätte mit vielem gerechnet. Das sie jemand brauchte, der sie in die Realität zurückbrachte, der ihr verbal auf’s Maul haute, aber ‚Freund‘ war so ziemlich die letzte Definition, die ihr bei Bae in den Kopf kam.
„Und dann schickst du Bae?! Von allen Menschen auf dieser Welt schickst du ausgerechnet ihn?“
Ihr fielen spontan ein Dutzend Leute ein, die besser geeignet wären. Leeteuk, Eunhyuk, Kyuhyun, Changmin, Chen, Chanyeol, Irene, Lisa, ja selbst Amber! Aber Bae?
„Bae ist dein Anker. Er verbindet dich mit dem Rest und er ist ehrlich. Chen und Chanyeol sind seit Tagen im Klintsch mit Jongin. BTS kann ich nicht zu dir schicken, weil sie nicht zwischen dir und Tae stehen wollen. Jimin ist da etwas Besonderes. Die Girls würden dir nur sagen wie Kacke alle sind. Bae ist immer gleich scheiße zu allen anderen. He doesn’t take sides – he is a side. His side. Und er sagt dir die Sachen, die du eigentlich nicht hören willst.“
Skye starte die Deutsche an. Oh wie sie immer Recht haben musste!
„Du solltest ein Buch schreiben.“
„Kpop 1×1?“, schlug Mia vor und grinste. „Aber ich kann dir versichern, dass nur ein handerlesener Kreis deinen Standort weiß und da alle viel zu viel Angst vor mir haben, erzählen sie es auch nicht weiter.“
„Beruhigend … glaube ich …“
Hatte Bae gestern nicht gesagt, dass Jongin etwas von ihr wollte und so auffiel, dass Honey jetzt in ihrem Apartment wohnte? Was wollte er?
Aus ‚Zufall‘ tauchte Jimin eine halbe Stunde später in der Akademie auf und, wenn er denn schon mal hier war, konnte er ja mit Skye trainieren. Die Amerikanerin warf Mia einen finsteren Blick zu, während diese versuchte so unschuldig wie möglich auszusehen.
Etwas später ging Mia durch das Studio und sah wie Taehyung neben dem Studio von Skye und Jimin stand, mit einem Spiegel, um den beiden beim Training zuzusehen. Mia blieb neben ihm stehen.
„Du kannst auch reingehen und mit ihr trainieren“, schlug sie mal so ganz banal vor. Schließlich trainierte da Jimin Skye für Taehyungs Soloauftritt. Der Sänger seufzte.
„Ich weiß nicht was ich tun soll. Laila ist … sie erfüllt mich mit … Wärme. Ich weiß, dass sie nicht wollte, dass alles so kompliziert wird, doch egal was ich mache, irgendjemand enttäusche ich. Sie, oder Big Hit oder meine Bandkollegen oder unsere Fans.“
„Was bist du? Mann oder Maus? Du musst begreifen, dass du es nie recht machen kannst, die Frage ist nur: Wem möchtest du es am rechtesten machen? Sie erwartet nicht von dir, dass du dir ihren Namen auf den Arm tätowieren lässt und mit ihr als Backpacker durch die Welt reist, aber ich kann mir vorstellen, dass sie erwartet hat, dass du etwas mehr Stellung beziehst. Du bist kein Trainee und du bist kein Sklave deines Entertainments. Du bist ein erwachsener Mann und es wäre traurig, wenn du nicht lieben würdest, also tue nicht so als würdest du etwas falsch machen.“
Sie verstand, dass er es nicht leicht hatte. Er lebte für BTS. Es war mehr als eine Band, es war seine Familie, sein Leben, aber er konnte wohl nicht abstreiten, dass Skye nun auch ein Teil seines Lebens war.
Taehyung schaute sie lange grübelnd an.
„Du hörst dich an wie meine Großmutter“, bemerkte er.
„Ich hasse dich“, erwiderte Mia und drehte sich um.
„Aber … so habe ich das nicht gemeint!“
Sie trainierten drei Stunden. Gestern war Skye noch geschlaucht gewesen, doch heute war sie voll dabei und sie fühlte sich auch sicherer. Das Training tat ihr gut, auch wenn es schwer war ständig Taehyung zu hören. Irgendwann hatten sie das Playback ausgeschaltet und live gesungen. Jimin hatte Taes Teil übernommen und machte es gar nicht schlecht. Seine gute Laune war auch ansteckend und manchmal blödelten sie mehr rum, als es mit einem richtigen Trainer möglich gewesen wäre.
Viele Leute waren vor dem Studio stehen geblieben, um ihnen eine Weile zuzusehen, doch Skye war es gar nicht aufgefallen.
Zur Belohnung für die harte Arbeit bestellten sie sich etwas zu essen.
„Wie läuft das so bei den Musiksendungen?“, erkundige sich Skye. Sie hatte noch keinen Plan für die kommende Woche und immerhin war es Dienstag. Sie wusste, dass es nur eine Schikane von Big Hit war und eigentlich war es ihr egal.
„Also ihr seid sicher im Prerecording, wegen den ganzen Fans. Also irgendwann gegen 4-5 Uhr habt ihr eure Aufzeichnung, also werdet ihr zwischen 1-2 Uhr abgeholt, dann kommt die Probe, Soundcheck, Garderobe, Make Up. Dann kommt die Aufnahme und dann fahrt ihr eigentlich nach Hause. Taehyung wird nachmittags, zur Siegerübergabe dann noch mal hinfahren, aber ich denke da bist du nicht eingeplant.“
Vampire, sie waren alle Vampire.
„Ich werde schon müde vom Zuhören“, stellte sie fest und der Sänger grinste.
„Promotion ist immer anstrengend. Wir gehen ja sonst schon spät schlafen, aber so Prerecordings werfen dich völlig aus der Bahn“, gab er zu.
Skye hatte sich mal richtig auf die Promo gefreut. Nur sie und Taehyung, nachts, stundenlang alleine. Doch jetzt hatte sie das Gefühl, als würde es eine ganz schreckliche Woche werden.
„Falls es dich beruhigt: Tae geht es nicht gut.“
„Nein, irgendwie beruhigt es mich nicht“, erwiderte Skye. Sie fühlte sich schrecklich, er fühlte sich schrecklich – irgendetwas war hier ganz schiefgelaufen.
„Jungkook und Soojin haben sich getrennt, der hat auch eine Laune … wirklich, ich bin froh, dass ich mit dir trainieren kann.“
„Was? Wieso?“
„Jungkook ist so … er braucht seinen Freiraum und Soojin ist halt jemand, die Zuneigung braucht. Das geht seit zwei Jahren so mit ihnen, aber ich glaube jetzt haben beide die Schnauze voll.“
„Hm“, machte Skye. Es war schwer die beiden als Paar einzuschätzen. Dazu hatte Skye sie noch nicht oft genug zusammen erlebt, doch irgendwie fühlte sie sich genetisch mit den BTS-Freundinnen verbunden. Als würden sie das gleiche Schicksal teilen, wie Leute die gemeinsam einen Flugzeugabsturz überlebt hatten oder auf dem Burning Man gewesen sind. Und nun war Soojin weggebrochen.
Etwas später saß Mia vor ihrem Laptop und hatte über Apple Music einen Kpop Sender am Laufen. Sie verstand nicht wieso es Radio hieß, wenn man weiterskippen konnte, aber sie beschwerte sich darüber auch nicht. Wie oft würde sie gerne im Radio weiterskippen! Eigentlich hörte sie das nur um halbwegs auf dem Laufenden zu bleiben. Sie blickte ja noch nicht einmal bei den ganzen SM Künstlern durch. Es gab gefühlt 16 verschiedene NCT Konstellationen und dann gab es die SM Station und die Rookies. Und die anderen Entertainments! Mit dem Radiosender behielt sie etwas den Überblick. Was Mia nicht bemerkte war, wie Donghae in der Tür stand und seine Frau beobachtete. Grinsend.
Skye stieß dazu und schaute fragend zu Donghae.
„Sie hasst das Lied eigentlich“, erklärte er und erst jetzt achtete Skye auf den Song. Es war ‚Oppa, Oppa‘ von Donghae und Eunhyunk. Mia tippte auf ihrer Tastatur ein, aber nebenbei tanzte sie, wohl ganz unbewusst. Nun grinste auf Skye und wartete nur drauf, dass Mia sie entdeckte, doch die war voll konzentriert. Beim letzten Chorus sprang Donghae in das Büro und begann laut mitzusingen. Mia erschreckte sich zu Tode, fing sich jedoch wieder so schnell, dass sie noch den Tacker nach ihm werfen konnte – natürlich daneben. Er tanzte auf sie zu und nahm sie an den Händen, bis sie aufstand und mittanzte.
„Ich hasse dieses Lied!“, sagte sie, als sie Skye in der Tür stehen sah.
„Oh ja, das habe ich gesehen.“
„Hey!“, beschwerte sich Mia.
„Ich wusste schon immer, dass du es gut findest“, kam es nun von Donghae. „Oh hey, Skye, willst du heute Abend zum BBQ kommen?“
Skye schaute zu Mia, die schaute zu Donghae.
„Irgendjemand da, den ich hasse oder der mich hasst?“, fragte Skye Donghae, der schaute nun hilfesuchend zu Mia.
„Super Junior sind da, aber Siwon kommt wahrscheinlich nicht“, erwiderte Mia.
„Aber Siwon hasst Skye nicht, im Gegenteil, er war total verknallt in sie“, wand Donghae ein. Mia rollte mit den Augen.
„Du kannst gerne kommen. Eunhyuk, Heechul, Kyu und Teukie sind auf jeden Fall da und Seunghyun, und Jaejoong auch.“
Super. Vorhin hatte Seunghyun sie noch gefragt, was sie heute Abend machte.
„Du hast auch keine Freundinnen“, stellte Skye fest.
„Wir sind wie The Fast & The Furious, da sind auch immer nur zwei Frauen“, meinte Donghae.
„Ihr seid eher wie Dumm & Dümmer“, bemerkte Mia und gab ihm einen Kuss.
Es war 15 Uhr, als Skye zurück ins Hotel kam und Jongin vor ihrer Tür fand. Kaum war sie um die Ecke vom Fahrstuhl, da sah sie ihn schon und sie drehte sich direkt wieder um. Zu spät.
„Skye!“
Sie blieb stehen. Ob taub stellen funktionieren würde? Die Amerikanerin atmete einmal tief ein, wieder aus und drehte sich um. Also ging sie auf ihn zu und schaute erwartungsvoll.
„Ich wollte nur sehen, wie es dir geht“, sagte er.
„Mir wird es besser gehen, wenn diese Unterhaltung beendet ist.“
Jongin schaute sich unsicher um. Er wollte keine Szene machen, wenn andere es mitbekommen könnten. Natürlich verstand es Skye und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und hielt sie auf, bis er reinkam.
„Kai, was willst du?“
In den letzten Wochen hatte Skye ihm viel an den Kopf geworfen, doch dass sie alleine waren und sie ihn ‚Kai‘ nannte, war das gemeinste, was sie je gemacht hatte.
„Bist du wegen mir ausgezogen?“
Sie könnte es abstreiten und eigentlich war sie auch mehr wegen Taehyung ins Hotel gezogen als zu warten, dass ihr Haus fertig wurde, aber ja, sie fand es nicht prickelnd Jennie in der Fabrik begegnen zu können. Sie kannte dort zu viele Orte, wo man Jennie erst in Jahren finden würde. Es wäre zu verlockend sie verschwinden zu lassen.
„Ich weiß, dass EXO nicht immer eine Meinung haben, aber ich will nicht, dass ihr wegen mir streitet. Doch eigentlich ist Taehyung der Grund.“
„Ich hoffe du weißt, dass er dich wirklich gernhat. Sei nicht so hart zu ihm.“
Skye fing an zu lachen.
„Ich? Hart zu ihm? Ich habe nichts von ihm verlangt but sometimes you just gotta man up.“
Er wusste, dass sie nicht mehr über Taehyung sprachen.
„Skye, was soll ich sagen? Ich mag sie. Und außer dir haben wir auch keine Reibungspunkte. Vielleicht könntet ihr euch mal zusammensetzen und … drüber sprechen?“
War das sein Ernst? Er sah ziemlich ernst aus … Wieder wartete sie, dass er anfing zu lachen, weil es nur ein Scherz sein konnte, doch wie so oft in der letzten Zeit wurde sie enttäuscht.
„Warte. Das meinst du ernst?“
„Ja. Ganz ehrlich, ich denke ihr zwei könntet sogar Freunde werden.“
„Oh ja, natürlich und dann machen wir eine Baby Shower für Krystal!“
Skye brauchte kein Ironie-Schild, ihr Gesicht sagte alles.
„Ich habe dieser Frau noch nie etwas getan – außer, dass ich mit Jiyong zusammengekommen bin, während sie in ihn verliebt war. Und seither sabotiert sie, manipuliert sie und hetzt gegen mich auf.“
Bei Krystal konnte sie vielleicht halbwegs verstehen, woher ihre Abneigung gegenüber Skye kam, den von Anfang an hatte Skye auf seiner Seite gestanden und ja, vielleicht war sie bei dem Eröffnungskonzert von EXO etwas bitchy gewesen, aber Jennie?
„Dann sei die Klügere!“
Es stand außer Frage das Skye die Klügere war. Sie hatte einen Abschluss!
„What for?! She ain’t got nothing on me. She can keep on bitching and hating but what goes around comes around. And one day I’ll dig up her dirt. So get you girlfriend in line before I make netizens yellow tape her.“
Jongin hatte keine Ahnung was ‚Yellow Tape‘ bedeutete, aber verstand die Botschaft und er zweifelte weder daran, dass auch Jennie Dreck am Stecken hatte, noch das Skye ihn finden würde. Er wusste aber auch, dass Skye niemand war, der andere unüberlegt an den Pranger stellte. Schließlich hätte sie genug Informationen, um Krystals Ruf auf alle Zeit zu schädigen.
„Gut, wie du meinst.“
Er resignierte. Zumindest heute konnte er Skye keine Vernunft einreden. Um ehrlich zu sein hatte er das zuerst bei Jennie versucht und war maßlos gescheitert. Skye war ein wenig seine Hoffnung gewesen. Generell war Jongin hier mehr auf Skyes Seite, da sie hier wirklich nicht den Anfang gemacht hatte, aber Diplomatie lag ihr auch nur, wenn sie wollte. Sie war so klein und so niedlich, aber ihr Ego könnte professioneller Basketballspieler sein. Skye schreckte nicht zurück, wenn ihr jemand abwertend begegnete, wenn es manchmal besser wäre sich zurückzuziehen, damit der andere begreift, dass sie keine Gefahr war. Skye war keine Gefahr für Jennie, karrieretechnisch und doch fühlte sich die jüngere Sängerin massiv von Skye bedroht.
Nachdem Jongin gegangen war versuchte Skye sich noch mal vor heute Abend hinzulegen, drehte sich aber nur von einer Seite zur anderen. Noch immer mochte sie es nicht sich mit Jongin zu streiten. Zumal er ja auch nur versuchte Wogen zu glätten, nur dass es in Skyes Augen keinen Sinn machte. Wieso sollte sie sich mit Jennie gut stellen wollen? Nur des Friedens willen? Nein. Sie waren nicht beim gleichen Entertainment – ha! Skye war ja in gar keinem Entertainment … und sie hatten nicht den gleichen Freundeskreis. Natürlich würde sie Chen und Chanyeol und auch Baekhyun und Suho noch sehen, aber in der Regel hingen die auch nicht mit Jongin und somit auch nicht mit Jennie rum.
Schließlich fiel Skye in einen unruhigen Schlaf und fand sich in einem Traum wieder. Es war eine andere Welt, ein anderer Planet. Sie würde fast sagen Mars, doch das war wohl unwahrscheinlich. Sie stand an Klippen, die ins Unendliche abfielen und Taehyung stand neben ihr. Er trug eine weiße Hose und ein weißes Hemd und der Wind spielte mit dem Stoff.
Vor ihnen lag eine Einöde, orange und rot, mit Berge und Klippen, soweit das Auge reichte und über ihr sah sie drei Monde am Himmel. Skye drehte sich um und sah in der Ferne eine Stadt mit hohen Türmen, die in der Sonne schimmerten.
„Du hast mich betrogen“, sagte er ruhig. „Wir hätten zusammen regieren können, du und ich. Das ganze Universum hätte uns angebetet.“
„Du verbreitest nur Angst und Schrecken. Das will ich nicht“, erwiderte Skye.
„Und deswegen Jimin? Ist er das was du willst? Mit dem Kind eines anderen und ihm im Exil leben?“
Skye schaute an sich runter. Sie war schwanger. Kind eines anderen Mannes? Wer genau war der Vater? Und warte, sie und Jimin?!
„Es ist besser, als hier mit dir.“
Erst jetzt schaute er zu ihr rüber und sein Blick machte ihr Angst.
„Du weißt, dass ich dich niemals gehen lassen kann.“
Dann packte er sie und stürzte sich mit ihr zusammen die Klippen runter.
Da wachte Skye auf. Verwirrt schaute sie sich um. What?! Sie sollte aufhören mittags zu schlafen, dass entwickelte sich einfach nicht gut. Sie schaute raus aus dem Fenster, dass Licht war ähnlich wie in ihrem Traum. Von wem war sie jetzt schwanger?
Doch viel wichtiger war die Frage: Was sollte sie anziehen?
Seunghyun würde kommen und sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, als würde sie es auf irgendetwas anlegen. Also entschied sie sich für eine Haremshose und ein Shirt, was etwas bauchfrei war. Leger, bequem und total unsexy.
Wieder stand Skye vor Mias Haus auf dem Parkdeck und staunte. Es war so ein schönes Haus! Skye hatte ein ganz schlechtes Gewissen, weil sie nichts für das BBQ vorbereitet hatte, aber Mias Mutti war wohl gerade da und Mia sagte, dass es mehr als genug Essen gab. Trotzdem hat sie Eiscreme mitgebracht, die Mia ihr mit rollenden Augen abnahm.
„Gut das Kim nicht da ist, sonst würden wir heute nur Maiskolben bekommen.“
Super Junior waren mitten in der Tour und mussten auf ihre Linie achten … zumindest ein paar.
Es roch schon wunderbar nach Essen und Mia stellte die Amerikanerin ihrer Mutter vor.
„Oh, noch jemand der Deutsch spricht“, stellte die Frau fest.
„Sprechen Sie auch Koreanisch?“, fragte Skye, doch Mia schüttelte den Kopf.
„Ich habe Donghae so viel beigebracht, dass die beiden eine Konversation führen können“, erklärte sie auf Deutsch.
„Also entschuldige Mal, meinen Kaffee bekomme ich auch bestellt“, verteidigte sich die Mutti.
Sie hatten Knoblauchsoße, Nudelsalat und Kartoffelsalt gemacht und das Fleisch kam eindeutig aus Deutschland.
„Gref Völsings?“
Das war eine Frankfurter Metzgerei die für ihre Rindswürstchen bekannt waren.
„Ja, die habe ich bei uns in den Restaurants, da kenne ich keinen Spaß“, erwiderte Mia lachend.
Skye half ein paar Sachen rauszutragen und sah direkt Seunghyun, der sich mit Jaejoong unterhielt.
„Oppa!“
Natürlich hatte er sie schon gesehen und umarmte sie. Einen frechen Kommentar ersparte er sich wahrscheinlich nur wegen Jaejoong.
„Jaejoong, freut mich dich wieder zu sehen.“
Sie verbeugte sich leicht, was dem Sänger ein verschmitztes Grinsen auf die Lippen zauberte.
„Schön, dass du wieder in Korea bist.“
„Danke.“ War doch sein Ernst, oder? Sie konnte ihn noch nicht gut einschätzen und er sah aus, als hätte er es faustdick hinter den Ohren.
Ein bedrückendes Schweigen entstand. Die Amerikanerin schaute zwischen den beiden Männern hin und her, als Kyuhyun neben ihr auftauchte und ihr ein Bier in die Hand drückte.
„Wieso siehst du so aus, als müsstest du gerettet werden?“
„Ich glaube sie fühlt sich in meiner Gegenwart nicht wohl. Ich habe mal gesagt, dass sie und Jongin ein furchtbares Paar sind“, meinte Jaejoong und sah dabei so unschuldig aus.
„Nein, das ist es nicht. Jeder kann seine Meinung haben und da es nicht gehalten hat, hattest du ja wohl nicht so Unrecht. Was sagt deine Glaskugel über mich und Taehyung?“
Warte, wollte sie das wirklich wissen? Zu spät, der Mund war mal wieder schneller als das Hirn gewesen.
Jaejoong schaute zu ihr und schmunzelte.
„Ich persönlich glaube, dass er noch nicht bereit für eine Beziehung mit dir ist. Du bist niemand, den man so nebenbei mitlaufen lässt, du gehörst zu den Frauen, wegen denen Kriege ausgetragen werden, für die man Lieder schreibt, für die Männer ein neues Leben anfangen und ich glaube, dass das ihm Angst macht, weil er nicht weiß ob er sein Leben einschneidend verändern will.“
Skye starrte ihn an. Er kannte sie überhaupt nicht und doch sagte er das, was andere auch sagten.
„Ich beobachte gut“, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage.
„Es wäre so witzig, wenn du ihm jetzt die Hand ablecken würdest … ihr wisst schon … wie bei ‚Vikings‘“, kam es von Kyuhyun. Skye schupste ihn leicht.
„Skye, wann können wir denn bei dir grillen?“, fragte Mia während des Essens.
„Wenn alles gut geht in spätestens zwei Wochen“, erwiderte die Amerikanerin.
„Ich finde das nicht gut, dass du soweit wegziehst“, beschwerte sich Eunhyuk.
„Eigentlich ist es gar nicht so weit …“
„Und sie hat einen riesigen Garten“, kam es von Mia. Gärten in Seoul waren rar. Zwar hatten sie hier oben auf dem Parkdeck auch Rasen und ein paar Büsche, aber dafür mussten sie das ganze Parkdeck auch extra abdichten und mit Folie auslegen, damit die Wurzeln es nicht bis in den Beton schafften. Aber ein richtiger Garten, so groß, dass man seinen Nachbar nicht sah? In Seoul unmöglich und eigentlich auch in Hanam.
„Ich erwarte eine Einweihungsparty“, forderte Leeteuk.
„Apropos Bäume … war das schon mit dem Camping?“
Dunkel erinnerte sie sich an Mias Osteraktion, wo sie alle in der Fabrik auf Osterhasensuche gingen und jeder ein Geschenk bekam. Skye gehörte zu den glücklichen Gewinnern des Campingausflugs und insgeheim hoffte sie darauf, dass er stattgefunden hat, als Skye außer Landes war. Nach Mias Grinsen zu urteilen nicht.
„Nein, wir machen das an dem Wochenende vor Chuseok.“
„Wir?“, fragte Donghae. „Du gehörst nicht mit zum Campingteam.“
„Ich komme aus Sicherheitsgründen mit.“
„Wir haben das schon mal gemacht!“, verteidigte er sich.
„Ja, begleitet von einem Kamerateam und trotzdem seid ihr verloren gegangen!“
Während Mia und Donghae sich zankten, versuchte Skye zu rekonstruieren wer überhaupt alles dabei war. Von Super Junior waren es Donghae und Sungmin, doch Sungmin hatte wohl mit Eunhyuk getauscht – Überraschung. Von EXO waren es auf jeden Fall Bae und Chen, sofern sie nicht getauscht hatten und noch einer … von BTS waren es … Jungkook und … Jin? Sie war sich nicht sicher. Dafür erinnerte sie sich wie Taehyung unbedingt mit zum Camping wollte, weil es so romantisch wäre und er hatte versprochen sie vor Bären zu beschützen und Marshmallows über dem Feuer zu grillen. Tja, das hatte sich wohl auch erledigt.
Etwas später stand Skye im Badezimmer, um sich die Hände nach dem Essen zu waschen, als Seunhyun sich hinter sie stellte und sich ebenfalls die Hände wusch. Skye war somit zwischen ihm und dem Waschbecken gefangen.
„Oppa…“
Sie wollte nicht, dass jemand sie sah und dieses Haus hatte viel Glas!
„Ich wasche mir nur die Hände.“ Sie hörte das Grinsen in seiner Stimme und Skye drehte sich um, was die ganze Situation auch nicht besser machte. Sie waren viel zu nahe beieinander. Er roch gut. Ihre Blicke trafen sich, da merkte sie, wie er sich ein Handtuch nahm, um die Hände zu trocknen und dann drängte er sie in die Dusche, um sie vor neugierigen Augen zu verstecken und erst dann küsste er sie.
Seine Hände fanden ihren Weg in ihre Hose, was bei der Haremshose nicht schwer war.
Ein Geräusch ließ sie aufschrecken und schwer atmend fuhren sie auseinander.
Seunghyun verließ als erstes das Bad und Skye betrachtete sich erstmal im Spiegel. Nicht das er Spuren hinterlassen hatte, außer die geröteten Wangen. Doch dann sah sie Mia im Spiegel, die sie verständnislos anschaute. Die Amerikanerin drehte sich um und legte den Zeigefinger auf die Lippen.
Mia kam ins Bad und schloss die Tür.
„Wann ist das denn passiert?!“
„Jiyongs Geburtstag. Aber nichts Ernstes, ich brauche nur Sex und er ist …“
„TOP“, erwiderte Mia verständnisvoll. Mr Talk Dirty to me. Skye nickte.
„Aber bitte sag nichts, das ist wirklich nur so ein Friends with Benefits Ding, ich will nicht das daraus … ein Ding wird.“
Sie dachte da vor allem an Tae, wohin auch immer die Zukunft sie führen würde, aber sie wollte nicht, dass er dachte, dass sich etwas an ihren Gefühlen geändert hatte, nur weil sie sich etwas Spaß gönnte.
„Kein Problem.“
Als sich Skye an diesem Abend gegen 23 Uhr verabschiedete, umarmte sie Seunghyun und steckte ihm eine ihrer Zimmerkarten zu.