Sie brauchten 1,5 Stunden bis nach Hanam – Seoul, mit seinem stockenden Verkehr, war einfach im Weg – doch sie ließen es sich nicht nehmen noch schnell bei den Kings vorbeizuschauen und ihnen Donuts zu bringen. Sie mussten schwören mit dem Colonel
nicht darüber zu sprechen. Skye war zwar praktisch sein Boss, doch sie hatte etwas Angst vor ihm.
Jungkook war noch nicht Zuhause und sie suchten sich selbst Donuts raus – nachdem die Katzen und Snickers versorgt waren.
Sie saßen in dem Eichhörnchenzimmer und Taehyung griff nach ihrer Hand.
„Wir müssen das öfters machen, es tut gut manchmal was zu unternehmen.“
Sie nickte zustimmen. Zwar genoss sie es, wenn sie in ihrer kleinen Welt waren, aber so ein Ausflug in die wirkliche Welt, war doch auch mal ganz schön.
„Taehyung … wegen letztens, auf dieser Party…“
Er wusste genau, was jetzt kam.
„Lala, du machst dir zu viele Gedanken.“
„Aber was, wenn es etwas gibt, was du gerne ausleben würdest und ich es nicht weiß? Ich weiß nur nicht, ob ich dich mit jemand teilen kann, aber wir dürfen nicht unterdrücken, was wir wollen, aber was, wenn wir es nicht schaffen uns zu befriedigen und immer jemand dabei sein muss? Ich weiß nicht, ob ich so etwas wie Yoongi machen könnte. Ich mein, der Gedanke daran ist schon sexy und ja vielleicht habe ich darüber nachgedacht, aber es wäre super eigennützig und ich will, dass wir beide auf unsere Kosten kommen und ich will, dass du weißt, dass du mich befriedigst, ich habe nicht das Bedürfnis jemand anderen zu uns hinzufügen zu müssen.“
Amüsiert ließ Taehyung die Panikattacke an ihr vorbeigehen und ließ sie auch ausreden. Hätte er gewusst, dass sie das so beschäftigen würde, hätte er es nie zugelassen. Er zog sie grinsend auf deinen Schoß.
„Also, ja, ich hatte schon Erfahrung mit Männern, ich bevorzuge sie aber nicht. Ich liebe deinen weichen Körper und deine Rundungen, deine perfekten Brüste und deinen sexy Hintern. Ich finde einen zweiten Mann bei einem Dreier interessant, aber ich brauche keinen Dreier. Ich dachte, du hättest daran vielleicht Freude und ich wollte nicht der zu gut erzogene Freund sein, der bei sowas nicht mitmacht.“
Seine Finger strichen durch ihre Haare und lenkten sie etwas ab, doch sie hörte ihm zu.
„Du brauchst es nicht?“
Grinsend schüttelte er den Kopf.
„Nein, im Moment nicht und was die Zukunft bringt, werden wir sehen.“
Er zog sie näher und küsste sie. Ihr Körper reagierte auf ihn. Es war so einfach sich fallen zu lassen.
„Wenn du willst, können wir manchmal auch etwas … experimentieren“, er beugte sich zu ihrem Ohr und flüsterte ihr etwas zu. Skye wurde schlagartig wärmer.
„Ja, sowas können wir machen“, meinte sie und grinste verwegen.
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Am nächsten Morgen traf sie auf Jungkook. Tae schlief noch wie ein Baby, aber es war auch eine lange und anstrengende Nacht gewesen.
„Wo kommen die Donuts her?“, fragte er irritiert und Skye zeigte ihm Bilder von dem Café.
„Das sieht aber cool aus!“
Zugegeben, in Korea gab es viele coole Cafés. Es war aber auch schwer. Allein schon in Seoul sollte es angeblich um die 17.000 Cafés geben, wobei auch kleiner Snackbars dazuzählten. Wer also überleben wollte, der musste sich schon etwas einfallen lassen. Natürlich hab es viele Ketten wie ‚Angel in Us‘, ‚Café Bene‘ oder ‚Ediya‘. Dabei machten solche Ketten wie Starbucks noch nicht mal den Großteil davon aus. Wer nicht so den großen Ketten gehörte, suchte sich oft ein Thema. Es gab die Hello Kitty Cafés, Handyhüllen-Cafés – und jegliche Abwandlungen davon, seien es Armband-Cafés oder Ring-Schmiede-Cafés, es gab die Tiercafés, wie Katzen-, Hunde-, Schaf- oder Waschbär-Cafés. Sie wusste, dass es ein Café Steiff gab – nach den deutschen Plüschtieren und gefühlt kamen jede Woche neue dazu. Und genauso viele machten auch wieder zu. Gut, das Malddong und das Dirty Trunk lagen soweit außerhalb, dort gab es wenig Konkurrenz, dass es einfaches Café es auch getan hätte, doch für ein normales Café wären sie nie da rausgefahren. Und beide waren ziemlich groß. In Seoul gab es wenige Cafés, die in dieser Größenordnung mitspielen konnten. Beim Express Bus Terminal gab es einen Starbucks, der ziemlich groß war und es gab noch ein paar andere, die recht groß waren, doch so viel Platz konnten sich die meisten nicht leisten.
„Sag mal Skye, wo sind meine Koffer?“
„In meinem Wagen“, erwiderte sie – so wie schon gestern Morgen.
„Es wird nicht lustiger. Wo ist dein Auto?“
„In der Fabrik.“
Sie waren ja gestern mit Taehyungs Auto gefahren und danach waren sie direkt hierhergekommen. Es war ja nicht so, als wären ihre Sachen nicht auch in ihrem Auto!
„Wir fahren jetzt und holen dein Auto“, beschloss er.
„Nein, nein, gib mir eine Stunde. Ich muss noch Mails checken und um 12 Uhr bin ich mit Mia verabredet. Es bringt mir nichts so früh reinzufahren.“
Sie hatte keine Ahnung, was Mia wollte, doch sie hatte gesagt, sie sollte Zeit mitbringen.
Skye checkte also die Mails und Memos von G-Next und sparte sich heute reinzukommen. Vielleicht würde sie mal so etwas wie einen geregelten Alltag bekommen. Dienstagabend würde sich im Najima singen und fing nebenbei an, eine Playlist zu erstellen, auch wenn Noah ihr auch Vorschläge geschickt hatte.
Dann fuhren sie mit Jungkooks Auto in die Fabrik. Sie rechnete schon damit, dass er die Koffer in sein Auto bringen würde, doch er vertraute wohl darauf, dass sie heute mal mit ihrem eigenen Auto fahren würde. Bis nach Hause.
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Es war ungewohnt in der Akademie zu sein, fühlte es sich immer noch so an, als hätte sie SME verraten. Ja, gut, sie hatte SME verraten. Doch die Akademie war offiziell nicht SME und es sollte sich nicht wie das feindliche Lager anfühlen.
Mia kam ihr mit Baekhyun und Jongin entgegen.
„Ah Skye, gut, dass du da bist.“
Die Amerikanerin schaute sie zu den beiden Sängern. Zu welcher Aktivität würde diese Konstellation führen?
„Wir nehmen mein Auto“, sagte Mia weiter.
„Egal was passiert, ich muss später mit meinem Auto nach Hause, sonst bringt Kookie mich um.“
Fragende Blicke trafen sie, doch sie beschlossen wohl einheitlich, dass sie nicht wissen wollten, um was es ging.
Der Weg führte sie in Richtung KBS. Skye vermutete, dass Jongin und Bae eine Sendung hatten und Mia irgendwie Hilfe brauchte, doch spätestens, als sie einen Eingang wählten, den noch nicht mal Skye kannte, wurde sie skeptisch.
„Was genau machen wir?“
„Xmas Duty“, kam es von ihren ehemaligen Schützlingen und sie drehte sich um.
„Wir suchen Deko für den Weihnachtsmarkt“, erklärte die Deutsche, was keine Erklärung war, denn es fehlte die Einleitung.
„Was für ein Weihnachtsmarkt?“
„Mias Weihnachtsmarkt“, erklärte Baekhyun.
„Der KBS Weihnachtsmarkt“, korrigierte Mia.
„Offiziell vielleicht. Inoffiziell ist das dein Weihnachtsmarkt“, kommentierte Jongin.
Mia erzählte, wie KBS seit 2011 einen Weihnachtsmarkt veranstaltete und damals hatte man ihr das aufgedrückt, weil sie Deutsche war und wer kannte sich wohl besser mit Weihnachtsmärkten aus, als eine Deutsche?
„Wirklich, dass war Stress. Ich musste in viel zu kurzer Zeit Aussteller und Zulieferer finden. Inzwischen bewerben sich so viele Firmen, dass wir es uns aussuchen können, wen wir wollen und seit 3 Jahren sind wir auch in einer größeren Halle und der Markt geht 10 Tage. Es ist wirklich lustig – außer wenn die ganzen Weihnachtselfen sich gegenseitig mit der Grippe anstecken.“
Es war so absurd, dass Skye sich noch nicht mal wunderte.
„Und ich dachte, wir planen eine Halloween Party.“
„Oh, die steht schon. Wir machen eine Harry Potter Party – nächste Woche kommen die Einladungen mit einem Link, eine Art Sorting Hut und ihr werdet dann den Häusern zugeteilt.“
Auch das war so absurd, dass sie sich nicht wunderte.
„Kein Problem, ich bin Gryffindor“, sagte Skye so dahin und alle schauten sie an.
„Woher willst du das wissen?“, fragte Baekhyun genervt.
„Weil ich schon zig Tests gemacht habe. Ich bin Gryffindor durch und durch Mister Slytherin.“
Bae war eindeutig Slytherin. Gemeinsam mit Kyuhyun und Heechul … und wahrscheinlich Jaejoong.
„Okay Hermione, zu welchem Hause gehöre ich?“
Jongin hatte sich von hinten über ihren Sitz gebeugt.
„Du bist entweder Gryffindor oder Hufflepuff.“
„Hufflepuff?!“
„Na ja Hufflepuffs haben ein gutes Herz – Cedric Diggory und Tonks waren auch Hufflepuff und beide waren auch mutig.“
„Ja und beide sind tot!“
„Welches Haus bin ich?“, fragte nun Mia und parkte das Auto vor einer großen Halle.
Skye schaute Mia grübelnd an.
„Gryffindor or Slytherin – really, just toss a coin.“
Die Aufgabe hörte sich einfach an: Finde Dinge, die auf den Weihnachtsmarkt passen. KBS hatte mehrere Hallen mit Deko-Sachen und Mia hatte einen All Inclusive Paket gebucht und durfte sich austoben. Die Jungs waren dabei, weil sie wussten, was auf den letzten Weihnachtsmärkten verwendet worden war, gehörten sie anscheinend zu Mias internem Weihnachtsteam.
Sie sollten sich aufteilen, weil es wohl 3 Weihnachtshallen gab und Mia steckte sie ins Team mit Jongin. Alle drei schauten die Deutsche genervt an, weil alle wussten, was sie vorhatte.
„Was? Die beiden waren mal Freunde, ich will, dass sie wieder lernen normal miteinander umzugehen. Was ist mit dem weihnachtlichen Gedanken passiert?“
„Es ist Oktober! Und die beiden waren nie Freunde“, bemerkte Baekhyun und sprach sowohl Jongin, als auch Skye aus der Seele. Mia war super darin ihn zu ignorieren und so zogen sie los.
Skye hatte keine Ahnung gehabt, welche Ausmaße die Lager von KBS hatten. Sicher, sie machten viele Shows und hatte viele Bühnen, aber irgendwie hatte sie nicht damit gerechnet, dass alles eingelagert wurde. Es war wie, als wenn man durch ein riesiges Winter Wonderland ging. Figuren von Weihnachtselfen, Weihnachtsdörfer, falsche Schlittschuhbahnen, mit kleinen Figuren darauf, die man steuern konnte, zig Weihnachtsbäume, ja ganze Wälder. Mit offenem Mund ging Skye durch die Halle und drehte sich um die eigene Achse, bis Jongin anfing zu lachen.
„Du überlegst gerade, wie du es schaffst eine Nacht hier eingeschlossen zu werden“, vermutete er.
„Ich überlege, ob ich KBS kaufen soll, um hier zu leben.“
Lachend schupste er sie leicht und schüttelte den Kopf, als er etwas sah und sie bei der Hand nahm.
„Oh, das ist cool, das hatten wir vor drei Jahren.“
Sie standen vor einer riesigen Schneekugel und Jongin suchte nach einer Steckdose, die er irgendwann fand. Das Licht ging an und Schnee flog in der Schneekugel umher, doch es gab einen Eingang zu einer Kugel in der Kugel und er zog sie mit sich, bis sie im Inneren standen. Um sie herum wirbelte der Schnee und Weihnachtsmusik dudelte vor sich hin. Es war schon sehr niedlich. Auch Jongin freute sich wie ein kleines Kind und drehte Skye fröhlich. Viel Platz war in der Kugel nicht und sie kamen sich gefährlich nahe.
„Jongin …“, sie versuchte etwas räumliche Distanz zwischen ihnen zu schaffen.
„Es tut mir leid, es fällt mir so schwer. Ich bin wie die Motte und du das Licht.“
Eins musste man ihm lassen, er wart hartnäckig.
„Das muss aufhören. Wenn ich ein Teil von deinem Leben sein soll, musst du lernen normal mit mir umzugehen, ansonsten kann ich kein Teil deines Lebens sein.“
Das Problem war, dass sie ihn vermisste. Sie vermisste es mit ihm rumzualbern, mit ihm zu singen und zu tanzen. Es war nicht so, als wäre es einfach für sie, denn manchmal vermisste sie es auch, wie er sie küsste.
„Empfindest du nichts für mich?“
„Natürlich empfinde ich etwas für dich. Aber ich habe mich für Tae entschieden. Wir zwei sind zu schnell zu kompliziert geworden und ich weiß, dass es nicht unsere Schuld war, doch es ändert nichts daran. Weißt du, Taehyung hat damals gesagt, dass er weiß, dass das mit uns noch nicht zu Ende ist und vorher würde er nichts versuchen, weil er wusste, dass ich noch nicht bereit war.“
Er hatte Jongin den Vortritt gegeben, er war geduldig gewesen und hatte gewartet, hatte ihr aber auch immer das Gefühl gegeben da zu sein, wenn sie ihn brauchte.
„Taehyung ist eindeutig der bessere Mann“, stellte Jongin fest und zog sie in die Arme. Skye ließ es zu und schloss die Augen.
„Ich vermisse dich. Ich weiß, du hast dich für ihn entschieden, aber ich vermisse dich.“
Sie mussten es schaffen aus diesem ungewollten Liebesdreieck auszubrechen. Aber sie war egoistisch, auch wenn es Tae gegenüber nicht fair war.
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Drei Stunden später war Skye ziemlich platt. Sie hatten unzählige Sachen fotografiert, die sie für den Weihnachtsmarkt aussuchen würde und Mia geschickt, die dann einen Plan machen würde, was wohin passen würde. Zur Belohnung gab es Mittagessen für die Truppe.
Baekhyun schaute zu Skye und Jongin, die zu allem Überfluss auch noch nebeneinandersaßen.
„Siehst du Unni, jetzt hast du sie kaputt gemacht!“
„Ich weiß nicht, was du meinst – sie gehen sich nicht an die Gurgel, ich nenne das Fortschritt.“
„Right here folks, right here.“
Wie Skye es liebte, wenn man über sie sprach, als wäre sie nicht da. Jongin grinste nur und sagte nichts dazu.
Schließlich fuhren sie zurück in die Akademie und Skye fuhr mit ihrem Auto und all den Koffern nach Hause. Wenn sie noch mal dort aufgekreuzt wäre, ohne die Koffer dabei zu haben, hätte Kookie wahrscheinlich die Schlösser getauscht.
„Miss Skye, was machen sie denn da?“, fragte Frau Park, als sie Skye im Keller fand.
„Wäsche waschen“, erwiderte sie und verstand das Problem nicht.
„Aber das müssen Sie doch nicht machen!“
„Frau Park, bevor ich reich wurde, war ich ein ganz normaler Mensch – verrückt oder? Ich habe gekocht und Fenster geputzt und Wäsche gewaschen.“
Skye grinste die Frau an. Sie würde doch auch mal Wäsche machen können.
„Aber jetzt haben Sie mich und ich kann das machen.“
„Es wäre lieb, wenn sie etwas Essen vorbereiten könnten. Ich habe gegen 21 Uhr noch ein Meeting.“
Damit fand sich die Haushälterin dann ab und Skye machte weiter. Manchmal brauchte sie diese normalen Dinge, damit sie nicht vergaß, wer sie war, woher sie kam.
Nachdem die Wäsche erledigt war, ging Skye rüber ins Studio und tobte sich aus. Heute war ein Tag, an dem Dinge aus ihrem Kopf wollten und am besten schaffte sie es, wenn sie schrieb. Manchmal wollten englische Dinge aus ihrem Kopf, manchmal koreanische Dinge. Sie merkte, dass je länger sie in Korea war, umso mehr schrieb sie auf Koreanisch.
BTS waren im Training für ihre Konzerte nächstes Wochenende und die schienen so geknechtet zu werden, dass weder Tae, noch Jungkook ihr auf die Frage antworteten, ob sie heute Abend noch kommen würden oder nicht. Es war nicht relevant, sie wollte es nur wissen.
Um kurz nach 21 Uhr stand Seunghyun in der Tür zu dem Studio.
„Ich befürchte, dass deine Gründe mich um diese Uhrzeit hierher zu bestellen anderen sind, als ich hoffe.“
Finster schaute sie zu ihm. Hatte er nicht so etwas wie eine Freundin? Selbst wenn, hätte es ihn wohl nicht aufgehalten diesen Spruch rauszudrücken.
„Komm, wir gehen hoch in mein Büro.“
„Ja, ganz andere Gründe…“