Keine drei Stunden später klingelte Mias Wecker und riss sie aus dem Schlaf. Allerdings war es gar nicht so einfach an das I Phone ran zu kommen, da Hae sie fest umschlungen hatte. Man dürfte meinen, dass sich die Muskeln entspannen, wenn man schläft. Nicht bei Donghae, er hatte den Klammergriff sehr gut drauf und rührte sich zuerst gar nicht.
„Hae….!“, jammerte Mia und der Sänger brummte.
„Es ist zu früh …“
„Wir müssen nach Kuala Lumpur!“
Und damit schlug Donghae die Augen auf und setzte sich hin.
„Wir fliegen nach Kuala Lumpur!“
Dann sprang er auf und rannte durch’s Haus um die anderen zu wecken. Mia rollte mit den Augen, unglaublich, wie konnte er eben noch so verschlafen sein und nun so wach, wie?
Grinsend stand sie schließlich auf und ging duschen bevor jemand anderes dachte ihr das Bad weg zu schnappen.
Gepackt war schnell. Darin war sie mittlerweile richtig gut, zumal sie ja auch gucken musste, ob die anderen alle fertig waren. Yesung zum Beispiel hing am Telefon, vor ihm ein leerer Koffer. Mia schnappte sich das Handy und legte auf.
„Wa…?“
„Packen.“
Kurz schien er zu überegen, ob er einen Streit vom Zaun brechen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Leeteuk suchte einen Pullover, Kyuhyun fragte sich ob er sein eines Paar Schuhe bei SM hat stehen lassen und Eunhyuk fand – mal wieder – sein Ladegerät nicht. Mia hingegen fand es.
„50.000.“
Eunhyuks kurzfristige Freude hatte sich damit dann auch schon wieder erledigt.
„Das ist Wucher!“
„Besser nachdenken, weniger zahlen.“
„Ich seh schon, den ganzen Urlaub werde ich bezahlen!“
„Nachdem du letztes Jahr nicht einmal in Italien Essen bezahlen musstest, finde ich das irgendwie nur fair“, warf Leeteuk ein, der mittlerweile auf seinem Koffer saß um ihn zu zu bekommen.
Finster händige Eunhyuk das Geld aus und bekam als Austausch sein Ladegerät. Mia hatte ein rosa Sparschwein geholt, welches in ihrem Zimmer stand und dort sammelte sie das Geld, was sie von den Jungs kassierte.
Als Big Mike kam, waren wirklich alle fast fertig.
„Sag mal Mia, wie geht es Zoey?“, fragte Yesung, so unauffällig wie möglich, doch nicht unauffällig genug. Langsam wand Mia den Kopf zu ihm und eine Augenbraue hoch sich.
„Was?!“
„Wieso fragst du?“ , wollte Mia wissen, ihr Gesichtsausdruck unverändert.
„Man darf doch mal fragen!“
Yesung war inzwischen hochrot angelaufen.
„Es geht ihr gut“, antwortete Mia grinsend und drehte sich wieder weg. Hm, vielleicht könnte sie ihre Kupplertalente mal wieder unter Beweis stellen, andererseits hörte sie schon bei dem Gedanken Zoeys Gezicke und Gemeckere wie doof Idols doch waren und dass sie nie, nie, niemals mit einen von ihnen zusammen kommen würde, niemals.
Kim sammelte wie immer alle Reisepässe ein und das Gepäck wurde verstaut. Wenn man den Haufen an Koffern sah, könnte man denken sie hatte vor auszuwandern. Am Flughafen beanspruchten sie den VIP Service, somit mussten sie nicht durch die üblichen Kontrollen, dennoch wurden sie kontrolliert. Mia war mittlerweile ja auf alles vorbereitet und ging zu jedem einzelnen um ihm Schmucke, Schlüssel und Gürtel abzunehmen. Sungmin schaffte es dennoch zu piepsen und wurde von den anderen aufgezogen.
„Ehm … Kim, Leeteuk und ich müssten später mit dir und Yun sprechen.“
Mit fragendem Blick drehte sich der Manager um und schaute zuerst zu Mia und dann zu Leeteuk, der mit Shindong, Ryeowook und Yesung zusammen stand.
„Was Schlimmes?“
„Kommt darauf an … wir reden später in Ruhe.“
Die Assistentin zwang sich zu einem Lächeln. Hangeng würde sie treffen, sobald sie zurück waren und wieder in den Super Junior Haushalt einziehen – sofern Kim bis dahin nicht Amok gelaufen war.
Mia schlich sich in die Raucherlounge und bekam einen Anruf von Jihoon.
„Hey Sweetheart, up so early?“
„I wanted to call you before you take off, how are you? How was the paractice?“
„It was good, it’s a lot of work, but I can make it.“
„Fighting“, sagte er fröhlich und brachte sie zum Lachen.
So tigerte sie in der Raucherlounge auf und ab und redete noch eine Weile mit ihm. Der Sänger fragte sie, ob sie am Sonntag, nach ihrem Schedule zu ihm kommen wollte und sie sagte zu. Bei ihm zu sein war ein Freaky Fred-Haus. Dort hatte sie Ruhe und schaltete ab – außer sie bekamen unangemeldeten Besuch.
Eunhyuk holte Mia als es zum Boarding ging. Sie würden Business Class fliegen, immerhin lagen mehr als 6 Stunden Flug vor ihnen. Es war das erste Mal das Mia nicht neben Kyuhyun saß. Siwon hatte sich diesmal neben sie gesetzt und lächelte sie fröhlich an. Unbewusst suchte sie Kyuhyun, der zwei Reihen hinter ihr saß. Er saß mit Ryeowook zusammen und unterhielten sich.
Okay, gut, sie waren nicht mehr zusammen und okay, gut, sie konnte sogar verstehen, dass er sich etwas verraten vor kam. Sie hatten ausgemacht dass sie nach seiner Rückkehr aus China über sich sprechen würden, doch Mia hatte die Zeit genutzt sich anderweitig umzugucken. Und dennoch. Es fühlte sich komisch an ihn nicht neben sich sitzen zu haben.
Sein Blick schnellte für zwei Sekunden zu ihr. Verlegen schlug sie die Augen nieder und setzte sich hin, murmelte sich in die Decke und atmete tief ein. Starts und Landungen waren schrecklich, Starts noch mehr als Landungen. Siwon klappte die Armlehne zwischen ihnen hoch und hob den Arm.
„Na komm, ich weiß doch dass du immer schläfst.“
Nachdem das Flugzeug in der Luft war, hatte sie sich an ihn gelehnt. Die Sitzen waren breit genug damit sie die Beine anziehen konnte, ihren Kopf lehnte sie an Siwon, der seinen gegen ihren lehnte und so schliefen sie erst mal ein paar Stunden. Bis Yesung und Shindong dachten sie ärgern zu müssen. Mit Erdnüssen. Die im hohen Bogen geflogen kamen. Zumal sie sich kichernd hinter ihren Sitzen versteckten – als würde man sie da nicht sehen.
Mia streckte sich und gähnte. Es waren immer noch zwei Stunden Flug und Mia wusste nichts mit sich anzufangen. Sie gesellte sich zu Eunhyuk, der bei Kim und Yun stand.
„Ah Mia, bereit für die Probe?“ , fragte Yun. Lag es daran das Mia noch müde war oder verstand sie einfach die Pointe nicht?
„Probe?“
„Probe.“
Sie stockte.
„Probe?“, setzte sie noch mal an. Das sie dabei war, war ja eine Sache, aber wieso ‚bereit‘?
„Du – Probe – Heute – Eunyuk und Donghae – I wanna love you?“
Sie wand ihren Blick zu Eunhyuk, dann zurück zu Yun.
„Wieso? Was ist mit Silly?“
„Sie hat einen Bänderriss.“
Nun kam sie ins Grübeln.
„Ist das noch nicht verheilt?“
„Das ist gerade vor vier Wochen passiert.“
Wieder grübelte sie. Waren erst vier Wochen vergangen? Herr je, es passierte immer so viel das Mia dachte dass sie schon seit zwei Jahren in Korea wäre.
„Huh.“
Da kam sie jetzt wohl nicht mehr raus. Eunhyuk stand die ganze Zeit ruhig daneben und fing dann an zu grinsen.
„Geb’s zu, du hast meinen Hintern vermisst…“
Mia schielte nur rüber und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
Ihr nächster Weg führte sie zu Donghae.
„Did you know that I’ll be dancing with you again?“, fragte sie entrüstet.
„Jup.“
Wieso schien das jeder zu wissen nur sie nicht? Sie setzte sich neben ihn und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Sie hatte darauf spekuliert etwas Zeit während den Proben zu haben um die SHINee Tänze zu üben. Aus der Traum.
„Guess your boyfriend is not happy about that…“
Die Assistentin schielte zu ihm rüber.
„I don’t think he’ll know, but anyway, he trusts me so he won’t worry about me touching Hyukies bud and your chest.“
Hae sagte dazu nichts mehr und grinste nur.
Siwon lehnte sich über den Sitzplatz vor ihr.
„Übrigens, weißt du was wir am Montag machen werden?“
Neugierig legte die junge Frau den Kopf zur Seite.
„Was machen wir am Montag?“
„Wir gehen zu Lotte World!“
Daraufhin quietschte Mia fröhlich. Ja, Belohnung!
„Ich will auch!“, wand Donghae ein und schaute zwischen den beiden hin und her.
„Nope, meine Belohnung, mein Siwon, mein Lotte.“
Ungläubig starrte Donghae Mia an.
„Ihr nehmt uns nicht mit?!“
Siwon schaute zu Mia und sie schüttelten gleichzeitig den Kopf. Mia wollte mal einen Tag mit ihm alleine verbringen, nicht als Date, sondern einfach als Freunde.
Zumal es nicht der ganze Tag werden würde. Am Dienstag war der Videodreh und sie würden sicher am Montag noch einmal Training haben, ebenso Mia. Wenn sie daran dachte wie viele Tage sie nur noch Zeit hatte um sich auf das SHINee Konzert vorzubereiten, wurde ihr immer noch schlecht.
In Kuala Lumpur angekommen ging es direkt zur Konzerthalle. Es war immer wieder imposant die Bühne zu sehen. Die Techniker und die Leute vom Aufbau arbeiteten seit Tagen daran, dass alles funktionierte, dass alle Hebebühnen gingen und dass die ‚Flugseile‘ auch sicher waren.
Das Wiedersehen mit den anderen Tänzern war immer herzlich, Mia hatte von den Proben in den letzten Tagen nicht viel mitbekommen, aber man schien sie mittlerweile als Teil der Crew zu akzeptieren und wurde von vielen Tänzerinnen gedrückt.
Zuerst kam die Stellprobe, dann der Sound Check. Mia hingegen war mit dem Catering beschäftigt, den Outfits und den Organisatoren. Die Stunden flogen nur so an ihnen vorbei und irgendwann war die Sonne unter gegangen.
An diesem Tag fiel ihr das Tanzen mit Eunhyuk und Donghae viel leichter. Vielleicht weil sie so viel im Kopf hatte, vielleicht weil sie sich mittlerweile daran gewöhnt hatte, vielleicht weil sie nun Jihoon hatte. Sie konnte es nicht erklären, es ging einfach einfacherer als zuvor und Kim und Yun schienen zufrieden. Sogar die anderen sparten sich ihre Kommentare – das lag vielleicht daran, dass sie zuvor schon ziemlich ihr Pulver verblasen hatten, zumindest Leeteuk und Shindong.
Als sie in Richtung Bus gingen, lief Teukie neben Mia und grinste.
„What? Just spit it out.“
Man sah ihm förmlich an das ihm etwas auf der Zunge lag und das es ihm fast körperliche Schmerzen bereitete es nicht zu sagen.
„I like your bud more then Eunhyuks.“
„Thanks.“
War ja gar nicht so schlimm gewesen.
Eigentlich hatten sie vor gehabt nur schnell einzuchecken und dann direkt zum Essen zu fahren, doch Donghae und Mia quängelten herum, dass sie erst noch duschen gehen wollten. Dafür quängelten die anderen rum, dass sie Hunger hatten.
„Okay Mia, ich gebe dir etwas Geld, ihr nehmt euch dann ein Taxi“ , meinte Kim schließlich der versuchte einen Kompromis zu finden.
„Schafft ihr das?“ Nach Beijing war diese Frage berechtigt.
„Klar!“
Der Blick den Kyuhyun mit Yesung austauschte sagte zwar etwas anderes, aber sowohl Donghae, als auch Mia ignorierten das konstruktiv.
Und so standen die beiden alleine im Fahrstuhl.
„Wieso schwänzen wir nicht einfach? Wir gehen duschen, legen uns in den SPA Bereich und bestellen und später was auf’s Zimmer“, schlug Donghae vor als er die Augen schloss und sich gegen die Wand lehnte.
„We can’t and you know it.“
„Yeah …. aber man darf ja noch träumen.“
Sie verabredeten sich eine halbe Stunde später.
Duschen. Mia liebte es. Sie musste sich heute nicht mehr großartig stylen, zum duschen, föhnen und etwas Lockeres anziehen reichte es. Da es auf den Zimmern Wifi gab checkte sie schnell ihre Mails und überflog sie. Jihoon hatte ihr geschrieben und wünschte ihr und den anderen viel Erfolg, schrieb dass er sie vermisste und freute bald wieder bei sich zu haben. Grinsend starrte sie auf ihr I Phone und bemerkte nur halb, dass ihr Akku ziemlich platt war. Doch um ihn aufzuladen hatte sie jetzt keine Zeit, das müsste bis später warten.
Hae holte sie ab und grinste.
„Oh-oh“, sagte Mia ohne dass Hae auch nur ein Wort hätte sagen müssen.
„Was?!“
„Wieso grinst du so?“
„Wieso denkst du immer dass ich etwas Schlimmes vor habe, nur weil ich grinse?!“
„Weil es meistens so ist.“
Da wusste auch Donghae nicht mehr was er erwidern sollte und grübelte ein paar Sekunden.
„Ich hatte eine verrückte Idee.“
„Sag ich doch.“ Mia rollte sie Augen.
„Wieso nehmen wir nicht den Bus?“
„Wieso?“
Er schien nach Worten zu ringen.
„Dann sehen wir mal was von der Stadt und es kann nichts schief gehen, gegenüber vom Hotel ist ein Shop wo man Tickets kaufen kann.“
Nun musste Mia auch an Beijing denken und fragte sich, ob das tatsächlich eine gute Idee war, nachdem er allerdings den ‚haeischen Blick‘ aufsetzte, konnte sie es ihm ohnehin nicht mehr abschlagen.
Somit gingen sie in den Laden und kauften sich zwei Tickets, Mia widerholte den Namen des Restaurants und der Verkäufer nickte wissend. Hibbelig stand hae an der Bushaltestelle die der Mann ihnen gedeutet hatte.
„You really like riding subway and buses hm?“
„Es ist … wir sind immer so abgeschottet … nie können wir wirklich raus, wirklich unter Leute. Ich finde es toll einfach mal irgendwo zu sitzen und nicht der Sänger zu sein, einfach mal ein normaler Mensch sein und wenn es nur für 8 Busstationen ist.“
Mia lächelte und seufzte zugleich, wie könnte man ihm böse sein? Ihn nicht verstehen?
Der Bus kam und die beiden setzten sich in die letzte Reihe. Mia fielen schon wieder die Augen zu, auch wenn sie schwer damit beschäftigt war sich wach zu halten.
„Schlaf ruhig, ich bleib wach“, meinte er grinsend.
„No it’s okay, I’m wide awake.“
„Uh-hu.“
Letztendlich endetet Mias Kopf doch an seiner Schulter und mal wieder schlief er auch ein.
Irgendwann wachte Mia von dem Gerufe des Busfahrers auf. Verschlafen schaute sie sich um. Wo waren sie? Der Busfahrer rief ihnen etwas zu, Mia verstand die Sprache nicht und langsam rappelte sich auch wieder Donghae auf und schaute genau so verwirrt wie sie. Der Fahrer deutete auf die Tür, sie waren alleine im Bus und Mia sah nur eine einsame Bushaltestelle. Irgendetwas sagte ihr, dass der Busfahrer wolltet dass sie ausstiegen.
Sie wusste zwar nicht wo sie waren, aber irgendwie sah es verkehrt aus. Die Assistentin ging zu dem Busfahrer und deutete auf ihr Ticket.
„Ehm … bus station … restaurant … Kuala Lumpur.“
Der Mann schüttelte nur den Kopf, deutete auf das Ticket, dann wieder auf die Bushhaltestelle und redetete in einer Geschwindigkeit auf sie ein, dass selbst wenn sie Grundkenntnisse der Sprache gehabt hätte, sie ihn warscheinlich nicht verstanden hätte.
Zwei Minuten später standen Mia und Donghae an der Bushaltestelle. Alleine.
„Denkst du wir sind noch in Kuala Lumpur?“ , fragte Hae verwirrt und schaute sich um. Sie standen irgendwo im Dschungle, doch sie hörten das Meer und eines wusste Mia, Kuala Lumpur lag nicht am Meer.
„Nein, sind wir nicht.“
Ein Blick auf die Armbanduhr sagte ihr, dass sie knapp zwei Stunden unterwegs gewesen waren. Es war fast 23 Uhr. Auf der Strasse auf der sie standen waren nur ein paar Häuser, keine Geschäfte, keine Kneipen, nur ein Hund der in einer Mülltonne nach etwas zu Essen suchte. Sie hatte gewusst dass die Buskarten zu teuer gewesen waren, nie im Leben hätte ein Ticket innerhalb der Stadt so viel gekostet. Von dem Geld was Kim ihr gegeben hatte war nicht mehr viel da, es hatte ja auch nur für die Taxifahrt reichen sollen. Ihr Gehirn ratterte weiter. So spät wie sie waren, würden de anderen sich Sorgen machen, wieso hatte niemand angerufen? Mia holte ihr I Phone aus der Tasche. Tot. Sie verzog das Gesicht und ließ den Kopf hängen.
„Hey, where’s your cellphone?“
Donghae klopfte auf seine Außentasche, dann hinten auf die.
„Ich denke … ich habe es … vergessen.“
Die junge Frau starrte ihn nur an. In ihrem Kopf stellte sich folgende Statistik der Tatsachen auf:
1. Sie waren irgendwo im Nirgendwo
2. Sie hatten keine Telefone
3. Sie hatten kein Geld
4. Sie sprachen kein Malayisch
Daraus resultierten folgende Fakten:
1. Sie mussten versuchen die Nacht zu überleben
2. Wenn ihnen das gelingen würde, würde Kim sie Morgen umbringen
3. Falls sie auch das überleben sollte, würde Mia nie wieder Bus fahren
Gefrustet setzte sie sich auf die Bordsteinkante.
„What are we gonna do?“
Donghae schaute die Straße einmal nach links entlang, einmal nach rechts und drehte sich dann um. Er fand sogar einen Fahrplan.
„Also so wie ich das sehe, ist der letzte Bus schon gefahren. Wir suchen uns ein Plätzchen zum Schlafen und schauen Morgen früh weiter. Was sollen wir sonst tun? Nach Kuala Lumpur laufen? Ich wüsste noch nicht mal die Richtung.“
So rational sich das anhörte, so sehr fragte sich Mia wie er so die Ruhe bewahren konnte. Die anderen würden umkommen vor Sorge – oder ihnen mal wieder eine Affäre unterstellen. Egal wie, Mia passte es nicht. Wie sollte sie sich in so einer Situation entspannen?
Donghae schnappte sich ihre Hand und zog sie in Richtung der Wellengeräusche. Zum Glück war der Mond fast voll als er sie zu durch den Palmenwald zog, der sie schließlich zum Meer brachte.
Es war wunderschön. Anders konnte man es nicht sagen. Die Wellen im Mondschein, die Palmen deren Bläter sich sanft im Wind bogen, die salzige Luft. Sie wollte nicht, aber die Deutsche konnte nichts gegen das Lächeln auf ihren Lippen machen.
„Schau mal dort drüben.“ Donghae deutete nach links. Mia musste genau gucken um zu sehen was er meinte. Man konnte ein paar Hütten erkennen, nirgendwo brannte Lichte.
„Let’s give it a try.“
Das faszinierende an Stränden war, dass es immer näher aussah als es in Wirklichkeit war. Somit liefen sie noch mal knapp 25 Minuten durch den Sand. Beide hatten irgendwann ihre Schuhe ausgezogen, barfuß war es einfacherer voran zu kommen.
Endlich erreichten sie die Hütten. Zugegeben, sie sahen sehr unbewohnt aus. Donghae schaute in eine der Hütten, neben den Türen waren Zahlen angebracht, vielleicht war dies einmal eine Art Hotel gewesen, für Rucksacktouristen oder Ähnliches. Es gab auch keine Schlösser. In der ersten Hütte fanden sie nur Müll und Holztrümmer. Sie gingen zur Nächsten, in der es gleich aussah. Zumindest hätten sie ein Dach über dem Kopf für die Nacht. In einer der Hütten fanden sie die Einrichtung noch fast vollständig. Ein einfaches Bett, zwei Stühle und einen Schrank. In einer anderen Hütte fanden sie im Schrank versteckt eine Decke, Kissen und ein paar Handtücher und sie schafften es alles in die Hütte mit der Nummer ‚7‘ vorne dran.
Draußen waren sogar Duschen aus denen Süßwasser kam und Mia fand in einer anderen Hütte ein paar verschlossene Colaflaschen und Wasserflaschen. Fakt jedoch war dass sie das letzte Mal im Flugzeug gegessen hatten.
Mia hatte noch Kekse und Schokoriegel dabei, Ricecakes und ein paar Bonbons.
Die beiden setzten sich an den Strand vor ihrer Hütte und nahmen ihr … Abendessen ein.
„Seh es als Freizeit an.“ Donghae und sein Optimismus.
Mia sah es eher als Zeit des letzten Abendmahls an, aber gut.
„Du weißt, dass ist alles deine Schuld“, sagte er locker und brach einen Keks in zwei Teile.
„Meine?! DU hast gesagt ich kann schlafen, DU bleibst wach.“
„Nein, nein, das fing viel früher an. ICH wollte im Hotel bleiben, etwas schwimmen und dann etwas zu essen bestellen, aber DU wolltest ja unbedingt in das Lokal.“
Mias Kiefer hing unten.
„DU wolltest Bus fahren!“
Donghae fing fröhlich an zu lachen.
Zur gleichen Zeit circa 50 km weiter in Kuala Lumpur saßen die Band, die Securitys und die beiden Manager in der Hotellobby. Kim hatte gerade mit dem Mann an der Rezeption gesprochen und kam zurück zu den anderen.
„Also, Donghae hat wohl nach einer Busverbindung gefragt. Der Mann hatte ihm den Ticketshop da drüben gezeigt.“
Kyuhyun rollte die Augen.
„Öffentliche Verkehrsmittel! Nicht schon wieder!“, stöhnte er genervt. Die anderen hingegen waren etwas erleichtert, die beiden waren nur mal wieder zum Opfer ihrer Schusseligkeit geworden. Eunhyuk und Leeteuk hatten versucht die beiden anzurufen, ohne Erfolg. Donghaes Telefon lag auf dem Zimmer und bei Mia meldete sich nur die Mailbox mit ‚Leave a message and I might listen to it‘.
„Also wirklich, uns lässt sie bezahlen, wenn wir etwas vergessen und dann vergisst sie selbst ihr Telefon aufzuladen“ , plusterte sich Eunhyuk auf.
„Ich denke es ist nur fair, wenn sie diesmal auch zahlt“, schmunzelte Leeteuk.
Heechul hingegen war schon wieder im Dedektiv-Modus. Er schnappte sich jemanden vom Hotel und schleifte ihn zu dem Ticketschalter um nach Donghae und Mia zu fragen.
„Ja, ja, die beiden waren hier und haben ein Ticket gekauft vor ein paar Stunden … sie sind doch keine Verbrecher?“, sagte der Verkäufer und Heechul ließ es sich übersetzen. Kurz lachte er, nein, das waren sie nicht. Der Mann hinter dem Schalter sagte ihnen welches Ticket die beiden gekauft hatten und rief sogar den Busfahrer an um zu fragen, wo sie ausgestiegen waren.
„Alles klar, wir wissen wo sie ausgestiegen sind“, eröffnete Heechul den anderen.
„Der Mann sagte dass da draußen nicht viel ist, ich denke nicht dass sie versuchen werden heute Abend zurück zu kommen.“
Und irgendwie war den anderen danach die beiden mal versauern zu lassen. Morgen früh konnten sie immer noch nach ihnen suchen und so beschlossen sie schlafen zu gehen.
Nachdem Mia und Donghae den gröbsten Hunger mit den Keksen getilgt hatten, blieben sie eine Weile am Strand sitzen.
„Weißt du, ich denke wir sollten die Gelegenheit nutzen …“
Fragend schaute die Frau zu ihm, als er aufstand und begann sich auszuziehen. Was war denn jetzt los? Bis auf die Unterhose zog er sich aus und lief dann fröhlich jubelnd in das Meer. Mia fing an zu lachen, so ein Kindskopf. Sie überlegte ob sie am Starnd sitzen bleiben sollte, doch er rief schon nach ihr und so tat sie es ihm gleich, bis sie in Unterwäsche am Strand stand.
Hae pfiff durch die Zähne.
„Für wen trägst du eigentlich so sexy Unterwäsche?“ , fragte er neckisch als sie bis zu den Knien im Wasser stand, wirklich warm war es nicht, aber wie hieß es so schön: Erst mal drin war es gar nicht so schlimm.
„Nur für dich mein Schatz“ , neckte sie zurück und tauchte kopfüber in das Wasser ein.
Die beiden tobten im Wasser, tungten sich unter und schwammen um die Wette. Irgendwann schnappte sich Donghae Mia und hielt sie an der Hüfte fest. Sie wischte sich die Haare aus dem Gesicht und grinste, ja, wenn man vergaß in welcher Situation sie sich befanden, konnte man wirklich Spaß haben. Gemeinsam ließen sie sich treiben, ihre Arme lagen um seinen Hals und sie betrachtete seine Gesichtszüge. Plötzlich war er wieder da. Dieser Schmerz in ihrer Brust. Dieser ungesunde Schmerz. Dabei hatte sie Jihoon und er war toll. Perfekt, nahezu.
„Weißt du eigentlich dass ich dich vermisst habe, als wir in China waren?“, flüsterte er heißer und sie konnte nichts gegen die Gänsehaut tun. Verlegen wand sie den Blick ab.
„Don’t …“
Nun fing das alles von vorne an.
„Wieso nicht? Normalerweise rennst du immer weg, wenn ich über meine und deine Gefühle sprechen will, jetzt kannst du nicht wegrennen …“
Eigentlich schon. Sie könnte sich aus seinen Armen reißen und weg rennen. Halbnackt. Aber sie könnte.
„Because there is nothing to talk about.“
„Das glaube ich nicht. Hast du das so gemeint was du in Shanghai zu mir gesagt hast?“
Sie antwortete nicht.
„Sei ehrlich, nur dieses eine Mal, war es wahr?“
Was sollte sie ihm sagen? Er nahm ihr Kinn in eine Hand und zwang sie ihm in die Augen zu gucken.
„No, it was not true“, gab sie zu und atmete tief ein.
„Wovor hast dann Angst? Wieso wehrst du dich so?“
Wieder antwortete sie ihm nicht, wieso konnte er es nicht einfach auf sich beruhen lassen? Wieso musste er so hartneckig sein?
„Mia, ich liebe dich. Hörst du? Und du kannst machen was du willst, du kannst weglaufen so weit du kannst, ich werde warten. Ich habe versucht dich zu vergessen, mir einzureden es ist nicht so und vielleicht ist es das eigensinnigste, was ich jemals tue, aber ich liebe dich.“
Mia standen Tränen in den Augen, doch man sah sie nicht, weil sie ohnehin nass war. Diesmal schaffte sie es sich aus seinem Griff zu befreien und schwamm zurück ans Ufer – er hinterher. Erschöpft kam sie am Strand an, doch Mia blieb nicht stehen.
„Was ist dein Problem?“, rief er ihr hinterher. Wütend drehte sie sich um.
„My problem? You wanna know what my problem is? First of all, what did I do to deserve your love? How can you say that you love me? You know nothing about me! You need to know a person before telling her that you love her, you need to know not only the good sides, but the bad sides too. I’m selfish and I’m exhausting and I don’t trust people and I’m not a good friend!“, schrie sie ihm entgegen und musste erst mal tief Luft holen.
„Second, how could I ever think that I could love you enough? I’ve got a friend and she knows everything about you, when she sees a picture of you her eyes get bright, she’s paying so much attention to every move you make, to every word you say, when she talks about you … you wish that you could talk like this too. I don’t even know what your favorite food is , I don’t know if you got sisters and brothers …“, ihr fehlten die Worte.
Donghae war mittlerweile näher heran gekommen.
„Doch, ich kenne deine schlechten Seiten. Ich weiß dass du ungeduldig bist, dass du anderen nicht gerne etwas beibringst, ich weiß dass du ab und zu mal deine Ruhe haben willst, ich weiß dass du emotional bist und manchmal zu viel Temperament hast, ich weiß dass du versuchst es anderen recht zu machen und dich selbst dabei vernachlässigst, ich weiß dass du oft nervös bist und es ziemlich gut überspielen kannst und ich weiß dass du Angst vor der Dunkelheit hast und vor Horrorgeschichten. Aber dein größtest Problem ist dass du Angst vor Gefühlen hast, dass du denkst dass du es nicht wert bist geliebt zu werden. Doch das bist du. Ich weiß nicht was in deiner Vergangenheit passiert ist, wer dich so verletzt hat, aber ich werde das nicht tun.“
Die beiden starrten sich ein paar Sekunden an.
„Du hast mit ein paar Dingen unrecht. Du bist eine gute Freundin und du vertraust uns, du hast uns in dein Leben gelassen und ich glaube nicht dass du hier unglücklich bist. Du hast mehr als einmal mit deinem Leben gespielt um uns zu helfen. Mein Lieblingsessen ist Kimchi … in allen Formen und Fisch, ich mag Fisch. Ich habe einen älteren Bruder, er heißt Donghwa. Doch das ist egal, es geht nicht um die Dinge die man weiß, sondern darum was man fühlt und seid ich dich letztes Jahr zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich es… Ich habe gerade mit dem Auto geparkt als du mit fragendem Blick vor dem Gebäude von SM standest. Du hattest einen Zettel in der Hand und schautest immer wieder darauf und zu dem Haus. Ich wusste dass du kein Fan warst. Und du sahst so niedlich aus. Ich ging zu dir und fragte dich ob ich dir helfen kann. Deine Augen, ich sah deine Augen und sie waren so anders, grün und ein wenig gold … du fragtest ob das hier SM Town wäre und ich sagte ja, nahm dich mit rein. Ich war bei dem Gespräch nicht dabei, aber ich konnte durch die Fensterscheibe gucken. Ich sah wie du an deinem Ring gespielt hast, du drehst ihn, wenn du nervös bist … Als du raus kamst hast du dich mit Siwon unterhalten, sein Englisch ist viel besser als meins, aber ich habe dir gerne zugehört, ich mag es wie du Sachen sagst, wie du mit deinen Händen mitsprichst … als Kyu anfing … ahhh … ich dachte ich müsste ihn töten, doch dann dachte ich mir, dass wenn er das ist, was du willst, dass ich dir nicht im Weg stehen werde, weil ich will dass du glücklich bist… Vielleicht brauchst du nur Zeit, vielleicht müssen nur die alten Wunden heilen. Ich kann warten und solange werden wir Freunde sein, weil ich es nicht ertrage dich nicht in meinem Leben zu haben.“
Mia hatte ihn einfach ausreden lassen, dass was er sagte bewegte sie viel zu sehr, als das sie ihn hätte unterrbechen können. Sie hatte vergessen, dass er es war, der sie vor SME aufgelesen hatte, sie hatte nicht geahnt das er SO fühlte. Und sie weinte. Sie dachte an Dennis und an David, zwei Männer von denen sie gedacht hatte, dass sie Mia immer lieben würden. War es zu spät? War sie schon so gebrochen, dass sie eigentlich niemanden mehr an sich ran ließ?
„Es tut mir leid …“, damit drehte sie sich um und ging in eine Hütte, nicht ihre Hütte. Seufzend blieb Hae am Strand zurück und schaute ihr nach. Auch er weinte und lachte, er hatte ihr gesagt wie er fühlte, es war raus, nun wusste sie es.
Etwas später saß Mia in der Hütte. Ihr war kalt. Sie war nass. Sie hatte kein Handtuch. Mist. Also stand sie auf und ging über. Donghae lag in einem großen Handtuch eingemurmelt mit der Decke drüber im Bett und war schon am schlafen. Sie nahm sich ein Handtuch und legte sich an den Rand des Bettes, dass sie kurz davor stand runter zu kullern. Denoch war ihr immer noch kalt. Vorsichtig versuchte sie ein Stück Decke zu ergattern, sie hatte den Rücken zu Hae gedreht und sah nicht wie er sie amüsiert betrachtete. So ein Kindskopf. Er schnappte sich Mia einfach, zog sie zu sich und kuschelte sie in die Decke ein. Zuerst war sie stocken steif, doch nach ein paar Momenten entspannte sie sich. In ihrem Kopf war es wie auf einem Flohmarkt. Sie wusste gar nicht mehr was sie denken sollte, was sie tun sollte, da war Jihoon und sie hatte ihn wirklich gern. Sie war nicht bereit das aufzugeben, nicht für etwas, was ihr so weh tat, für etwas, was sie sich selbst nicht gönnte, etwas, was sie noch nicht einmal hoffen konnte.
„Sleep … I’ll be there … I’ll watch over you …“, murmelte Hae und Mia schloss die Augen.