Mias Wecker klingelte um 9 Uhr. Die beiden Jungs lagen noch im Tiefschlaf und Mia ließ sie im Bett liegen und ging duschen und packte danach ihre Sachen zusammen. Sie hatte einen gemütlichen Jogginganzug an, immerhin lagen 14 Stunden Flug vor ihnen. Und der Finger tat scheiß weh. Allein schon beim Duschen bemerkte sie, dass sie sich tatsächlich umstellen musste und zum Glück war es nur der linke Zeigefinger, da sie Rechtshänderin war, hätte es schlimmer kommen können, auch wenn sie jetzt nicht mehr nachkonstruieren konnte, wieso sie eigentlich mit links geschlagen hatte. Versteckte Intelligenz?
Der Schmerz hielt die allerdings nicht davon ab noch mal die ganzen Tänze durch zu gehen, bis sie von Kyu ein Kissen an den Kopf geworfen bekam.
„Du bist vollkommen irre!“, motzte er.
„Leeteuk had a broken finger too and two days later you guys had a concert.“
Mia hatte sich, seit sie die Zusage von SM bekommen hatte, mit den Jungs beschäftigt und dieser Vorfall war ihr noch ganz genau im Gedächtnis.
„Ich habe ja auch nicht gesagt das Leeteuk nicht genau so bescheuert ist wie du.“
Durch die Geräusche wachte auch Sungmin auf, alle fühlten sich ziemlich gerädert, aber wer würde ihnen das verübeln?
Zuerst frühstückten sie, dann packten sie ihre Sachen zusammen und warteten auf den Transfer zum Flughafen.
„Hey Mia, heute bist du drei Monate bei uns“, stellte Kyuhyun fest.
„Wieso fühlt es sich an, als wären es drei Jahre?“, meinte sie grinsend.
Erst drei Monate? Wenn sie daran dachte was sie schon aller erlebt hatte, wurde ihr ganz schwindelig. Ob das Leben mit Super Junior jemals normal werden würde? Eigentlich wollte sie das gar nicht, eigentlich war es gut so wie es war, auch wenn es ein paar Nebeneffekte hatte – wie einen gebrochenen Finger – auf die Mia gerne verzichten würde.
Als Jihoon anrief um ihr einen guten Flug zu wünschen, erzählte sie ihm auch nichts von dem Vorfall letzte Nacht, so wie so würde sie den anderen sagen dass der Finger nur geprellt war, Mama und Papa würden sie am Bett festketten, wenn sie wüssten dass sie einen gebrochenen Finger hatte und Mia hatte das ungute Gefühl dass Leeteuk ihre Rechtfertigung, dass er auch mit einem gebrochenen Finger getanzt hatte, nicht gelten lassen würde.
Ausnahmsweise wirkte die Bemutterung heute anders herum. Sungmin schnappte sich Mias Koffer und sie konnte sich einfach nicht wehren. Innerlich dankte sie Teukie noch einmal für das Mac Book Air, sie hatte es in der Handtasche und ließ sich davon nicht stören.
„So ist das in einer Familie“, begann Kyuhyun als Mia ihrem Koffer hinterher schaute.
„Du passt ständig auf uns auf und wir … ab und zu auf dich.“ Er grinste und verzog wahrscheinlich mit Absicht nicht das Gesicht.
Diesmal saß Kyu auch wieder neben ihr im Flieger. Skeptisch schaute sie zu ihm rüber und fragte sich noch immer wie er das machte. Sie hatte sie doch eingecheckt. Und eigentlich hatte Sungmin den Platz neben ihr. Egal. Sie machte sich darum keine Sorgen und war viel zu hibbelig weil sie ihre Eltern sehen würde. Kyuhyun zwang sie praktisch dazu ‚Ninja Assasin‘ zu gucken. Gut, sie mochte es zwar nicht ihren Freund als Rain zu betrachten, doch nachdem er das erste Mal halbnackt umher turnte und sie ein seliges Lächeln auf den Lippen hatte, wollte sie den Film dann doch nicht mehr ausschalten. Im Laufe des Filmes, bemerkte Mia folgende Sachen:
1. Joon hatte unheimliche Segelohren
2. Das Blutverhältnis war nicht realistisch
3. Jihoon standen lange Haare besser
4. Ware es verwirren Koreanische Schauspieler als japanische Ninjas in Berlin zu sehen während sie Englisch sprachen
5. Fragte sie sich ob Ninjas tatsächlich so schnell waren
6. Stellte sie fest dass sie mit Samurais sympathisierte, doch Ninjas hatten coole Skills
7. Überlegte sie wie hoch die Wahrscheinlichkeit war das so viele Leute ihr Herz rechts anstatt links hatten
8. War sie verdammt froh kein Ninja-Kind gewesen zu sein und mit Barbies spielen zu durfte
Der Film war gerade zu Ende als sie im Landeanflug auf München waren. Sungmin fragte sie, ob sie sich vielleicht nicht lieber alleine mit ihren Eltern treffen wollte. Papperlapapp, ihre Eltern sollten zumindest ein paar ihrer Welpen kennen lernen.
Quietschend fiel sie ihrer Mom um den Hals als sie draußen vor Ankunftshalle stand. Nachdem die ersten freudigen Umarmungen vorbei waren und Mia Kyuhyun und Sungmin vorstellte, winkte ihre Mom nur ab.
„Natürlich weiß ich wer das ist … das ist Kyuhyun und das ist Sungmin!“ Ihre Mom ging zu ihnen und gab ihnen die Hand. Grinsend zuckte Mia mit den Schultern. Ihre Mom mochte Super Junior.
Anfangs hatte Mia einen ganz schönen Kampf gehabt, sie alleine, ein Jahr – in Korea. Stopp, der Kampf fing eigentlich schon damit an: Sie alleine, 12 Tage – in Korea.
Doch Mia ließ ihre Eltern daran teilnehmen, nahm sie mit zum Koreaner und stellte ihnen ihre koreanischen Freunde vor. Fasziniert saß ihre Mutter im ‚Seoul‘ in Frankfurt neben ihr und schaute mit Faszination ihre Tochter an, wie sie komplett auf Koreanisch zu essen bestellte und am Ende für sie eine Gabel orderte. Und von da an gewöhnte sie sich langsam an den Gedanken dass ihre Tochter ein Jahr in dem Land verbringen würde. Mia hatte viel koreanische Musik gehört, Großteils auch um es zu verstehen zu lernen und ihre Mutter war eigentlich nie ein großartiger Musikhörer gewesen, aber wehe ‚Sorry, Sorry‘ kam aus ihrer Anlage, da sang sogar ihre Mom mit. Sie sagte dass die Musik sehr melodisch ist und dass es sehr viele Talente gab.
Als letztes Jahr Nordkorea dann Südkorea angegriffen hatte, brach diese neue Euphorie etwas ein. Natürlich, welche Mutter würde sich keine Gedanken machen, wenn ihr einziges Kind – denn ursprünglich war Mia ja als Einzelkind geboren – in ein Kriegsgebiet reisen würde? Zumal Seoul nur 40 km von der Grenze zu Nordkorea entfernt war. Mia hatte ihr versprochen, dass wenn es wirklich zum Krieg kommen würde, sie nicht gehen würden. Doch sie hoffte dass es nicht so weit kam, nicht nur wegen ihrem Jobangebot. Sie mochte Seoul. Sie kannte Seoul. In den knapp zwei Wochen in denen Mia dort gewesen ist hatte sie viel gesehen, sie kannte den Stadtplan und U-Bahn-Plan und liebte diese Spiralkartoffeln und Mandudinger. Sie hatte sich in Seoul verliebt und als sie den Cheonggyeocheon Fluss in der Innenstadt entlang gelaufen war und an dessen Ende eine Brücke sah, auf der in drei Herzchen stand ‚Love – In – Seoul‘, wusste sie die Brücke hatte Recht. Damals ging es Mia noch nicht um Kyuhyun, Jihoon oder Donghae, sie mochte die Stadt. Und das tat sie noch immer. Dieses Gefühl der Sicherheit, die Hochhäuser, das nachts ins Jimjilbang gehen, die netten Leute, der Hangang und die ganzen Lichter.
Mia mochte viele Städte, sie hatte Shanghai sehr gemocht und Istanbul fand sie toll, ebenso London und Venedig, aber in keiner dieser Städte hatte sie gedacht dort leben zu können. Sie war froh dass kein Krieg ausgebrochen war, dass sie ihr Jahr in Seoul angetreten hatte.
„Der Sascha und der Max sind vorne in einem Café, ich wollte nicht dass der Hund hier in Hektik gerät“, erklärte ihre Mom und so gingen sie zu dem Lokal.
Ihr Hundchen rannte ihr entgegen und begrüßte sie, nicht ohne sie auch anzubellen und sich zu beschweren wo sie so lange geblieben war. Sungmin und Kyuhyun standen lächelnd daneben und stellten sich ihrem Stiefvater vor. Ihr Hund Max war ein Dackelmischling, es steckte ein wenig Pudel drin, was sich nur darin äußerte dass seine Beine länger waren und er war ein hübscher Dackel. Selbst mit seinen fast 15 Jahren sah er immer noch gut aus, er hatte stolz die Brust rausgestreckt, sein Fell glänzte und war gekämmt, nicht zu vergleichen mit so richtig alten Dackeln, die man ab und zu mal traf, dennoch merkte Mia wie er schwerer atmete und hustete und begrüßte dann auch ihren Stiefpapa der sie fest drückte.
„Na Kleines, habt ihr euch gestern geprügelt?“, fragte er nur zum Spaß, doch Mia verzog das Gesicht.
„Jup, haben wir.“ Ihrem Stiefpapa fiel alles aus dem Gesicht.
„Ne, oder?“
„Doch, sie dachten mich verteidigen zu müssen.“
„Und wieso hast du dann die Schiene an?“, fragte ihre Mutter – berechtigt.
Diesmal ließen sie Mia auch wieder das Essen aussuchen und ruhig unterhielt sie sich mit ihnen was sie essen wollten und was nicht.
„Dein Koreanisch ist wirklich gut geworden, man denkt ja schon ich hab eine Koreanerin als Tochter“, sagte ihre Mutter stolz.
„Es sind einfach Sachen, ich glaube ich verwechsel oft die Endungen, aber sie korrigieren mich noch nicht.“
Sie selbst bestellte sich eine Kartoffelsuppe mit Frankfurter Würstchen. Ihr Hund saß genau zwischen ihren Beinen, nachdem er die beiden neuen Kerle begrüßt hatte und ließ sich streicheln.
„Und du, erzähl, machst du jetzt großes Showbizz in Korea? Ich hab die Seite gesehen wo die Bilder von dir sind.“
„Von One-4-You, ja, die Bilder haben wir letztens geschossen, dem der das Label gehört ist meinem Freund, Jihoon, oder auch Rain.“
Sie hatte ihren Eltern bisher noch nichts davon erzählt, aber bei ihrer Mom klingelte es wohl irgendwo.
„Ist das nicht der, der sich ständig die Kleider vom Leibe reißt?“
Mia lachte und nickte.
„Hat deine Mom gerade gesagt dass er sich ständig auszieht?“, wollte Kyuhyun wissen, der sehr gut im Beobachten und Interpretieren war. Mia haute ihm mit dem Löffel gegen die Stirn als er auf Englisch sagte, dass er die Sorgen ihrer Mutter nachvollziehen konnte.
Sie erzählte noch von dem SHINee Konzert und dem Cheerleader Squad und was es sonst noch alles zu tun gab.
„Ja, aber mit einem gebrochenen Finger kannst du das nicht machen, das weißt du?“, wand ihr Vater ein und Mia fühlte sich wieder wie mit 12 Jahren.
„Papa! Ich muss das machen, ich will das machen. Nach Sonntag ruhe ich mich aus, aber solange muss ich die Zähne zusammen beißen“, jammerte sie.
„Er beschwert sich dass du mit dem Finger nicht tanzen kannst, richtig?“ Wieder bekam Kyu den Löffel gegen die Stirn.
So saßen sie zusammen, aßen, plauderten und erzählten. Ihre Eltern versprachen ihr sie besuchen zu kommen, auch wenn ihre Mom ihr einen Wink mit dem Zaunpfahl gab, dass sie das erst machen konnten, wenn der Hund nicht mehr da war, denn sie konnten ihn niemanden mehr geben und wollten es auch nicht.
Schwer fiel der Abschied, vor allem von Max. Mia knuddelte und knutschte ihn, hob ihn vorsichtig hoch – was er eigentlich so gar nicht mochte und vergoss die ein oder andere Träne. Mehr als die Hälfte ihres Lebens hatte sie ihn an ihrer Seite gehabt, er war ihr Hund, ihr Baby.
„Und wenn was ist, dann rufst du an, okay? Ich komm dann auch … wenn sie dir nichts zu Fressen geben oder dich mal wieder auf den Balkon aussperren … und passt gut auf dich auf und überanstreng dich nicht so, du weißt du bist zu klein um die Mauer zu der Wiese hoch zu springen … ich hab dich sehr lieb und vermiss dich …“
Schließlich löse sie sich von ihrem Hund und ihre Mom hatte auch Tränen in den Augen.
Kyuhyun zog Mia in seine Arme und drückte sie. Er wischte ihr die Tränen weg.
Als ihre Mom sie drückte sagte sie: „Ich bin froh dass du so gute Freunde gefunden hast. Du hast das Richtige getan.“
Sie löste sich aus der Umarmung und legte ihre Hände an Mias Hüften.
„Sag mal, wie viel hast du abgenommen?“
„Sie hat gerade gesagt dass du abgemagert bist hm? It is not our fault – she don’t eat. Ryeowook very angry with her”, erklärte er grinsend.
“Wieso isst du nicht?”
„Mamaaaaaaa … ich hab viel Stress, ich ess schon genug. Übrigens, brauchst du einen neuen Sklaven? Ich lass dir denn hier da, ehrlich.“
„Also er scheint doch ganz nett zu sein“, meinte ihre Mutter und tätschelte Kyuhyun auf dem Arm. Mias Augenbrauen zogen sich nach unten, na toll, war jetzt Kyuhyun ihr Vorzeigebeispiel für den perfekten Schwiegersohn. Na toll.
Im Duty Free Bereich kaufte Mia dann noch alle möglichen Sachen, Nutella, Kekse, Schokolade, Vanillevodka (weil die letzte das Zusammentreffen mit Heechul und Mia ja nicht überlebt hatte), Berri Acai Vodka, etliche Deutsche Zeitungen und einige Süßigkeiten. So ein Stück Deutschland wollte sie dann doch mitbringen.
Kyuhyun schaffte es sich einen Pullover zu kaufen, der komplett blau-weiß kariert war und den Aufdruck „Bub“ hatte. Mia amüsierte sich herrlich darüber. Sungmin hingegen hatte eine Kuckucksuhr für Yoani gekauft. Mia hatte mal eine grün-lila Kuckucksuhr besessen aus der anstatt eines Kuckucks ein Elefant kam und fragte sich, ob Sungmin seiner Freundin tatsächlich einen Gefallen damit tat.
Vollgepackt gingen sie zum Check-In. Man musste es noch einmal sagen: Business zu fliegen war toll. Sie mussten nicht anstehen, kamen sofort auf ihre Sitzplätze und bekamen etwas zu trinken.
Nachdem der Flieger in der Luft war, bedeutete Kyuhyun Mia dass sie zu ihm kommen sollte. Der Sitz war groß genug für die beiden zusammen und er hob die Decke damit sie sich ankuscheln konnte.
„So Noona, welchen Film willst du gucken bevor du in zehn Minuten einschläfst?“
Es war das erste Mal dass er sie so genannt hatte und die Deutsche bemerkte, dass sich zwischen ihnen wirklich etwas verändert hatte. Ihre Gedanken waren bei ihren anderen Welpen. Leeteuk und Eunhyuk hatten die Karaoke-Sendung schon hinter sich gebracht und zweifellos würden sie in Eunhyukshis Geburtstag rein feiern. Am Flughafen hatte sie noch mal ihre Mails gecheckt, Leeteuk hatte eine Rundmail geschrieben und alle darum gebeten Morgen als Überraschung zu Sukira zu kommen. Es würde voll im Studio werden.
Sie entschieden sich für einen Fantasyfilm, dessen Vorschau für das Kino Mia vor ein paar Wochen gesehen hatte. Sie achtete darauf dass ihre Hand oben lag, denn der Finger pochte wie blöd. Wirklich viel bekam sie aber nicht mit, denn bald darauf war sie eingeschlafen.