Es war Freitag, der 06. Mai 2011 und Mia wachte als Singlefrau auf. Es fühlte sich gar nicht so komisch an. Es tat weh, aber sie würde überleben. Deswegen beschloss sie sich darauf zu konzentrieren eine gute Assistentin zu sein – Männer konnten warten.
Der Flug nach Hanoi gestaltete sich als etwas undurchsichtig. Super Junior M würden direkt von China nach Vietnam fliegen, der Rest war auf zwei Maschinen aufgeteilt um die Panik am Ankunftsflughafen gering zu halten. Mia würde gemeinsam mit Heechul, Sungmin und Leeteuk um 08:40 losfliegen. Kim und Yun würden Shindong, Yesung, Hangeng und Eunhyuk um 10:05 begleiten. Lustig war das der erste Flieger nach dem zweiten landen würden, weil sie einen Stopp in Guangzhou hatten. Als letztes würde dann Super Junior M gegen 17 Uhr eintrudeln. Henry und Zhou-Mi waren Supporting Acts und flogen deshalb mit. Vielleicht hätte mich Logistikkauffrau lernen sollen um bei dem ganzen Durcheinander nicht den Überblick zu verlieren.
Jedenfalls stand sie schon um 5 Uhr auf – nach ungefähr zwei Stunden Schlaf, aber das war schon okay. Gegen 6 Uhr klingelte es an der Tür, die anderen waren mittlerweile auch wach, halbwegs, doch wer erwartete jetzt schon Besuch?
Mia reagierte zuerst gar nicht und machte sich fertig, doch dann rief Heechul von unten dass es Besuch für sie sei. Verwundert ging sie runter und sah sich Zoey gegenüber.
„Mia, I know you’ve just landed and you’re about to take off again, that’s why I came so early, but there is something important I need to tell you ….“
Mia blinzelte zweimal, was kam jetzt?
„You can’t marry Jihoon, you just can‘t. It’s not right, it doesn’t feel right.“
Wieder blinzelte Mia, hä?
„Du Dumpfbacke bist gar nicht auf dem aktuellsten Stand“, sagte Heechul und schnickte Zoey gegen die Schläfe, wofür sie ihm eine mit der Handtasche verpasste.
„Was meinst du?!“
„I think that’s my story to tell“, kam es von Mia und niemand wagte es ihr da rein zu reden.
Die Mädels gingen hoch und setzten sich in Mias Zimmer und so erzählte sie was geschehen war.
„I’m so sorry“, sagte Zoey und drückte die Hand ihrer Freundin.
„No you’re not – you were just told me not to marry him!“, sagte Mia entrüstet.
„Okay, I’m sorry that you’re feeling bad.“
„Alright, I can live with that.“
Während sie redeten packte Mia ihren Koffer fertig und sie gingen runter um zu frühstücken. Es würde ein schnelles Frühstück werden, in ein paar Minuten würde ihr Minibus kommen um sie abzuholen. Sie hatten gerade noch Zeit sich ein wenig was in den Mund zu stopfen und dann klingelte es auch schon an der Tür. Mia schaute fragend zu Zoey.
„Nur weil du in Hektik bist heißt das doch nicht dass ich nicht in aller Ruhe hier frühstücken kann, oder? Hab einen guten Flug“, und dann setzte Zoey sich knallhart wieder an den Tisch und aß weiter. Mia schaute von Zoey zu Yesung, was war hier geschehen? Zoey vermied das Dorm und weigerte sich in der Regel mit den anderen allein zu sein. Dem würde sie noch auf den Grund gehen.
Nach dem Frühstück schien es ziemlich auffällig das Eunhyuk und Hangeng sich ins Wohnzimmer verzogen und somit Zoey und Yesung alleine in der Küche zurück ließen.
„Hast du ihnen etwas gesagt?“, fragte Zoey ganz ruhig, doch Yesung wurde sofort panisch.
„Nein, nein, sie wissen von nichts.“ Er hatte viel zu viel Angst vor ihr, als das er sich ihren Anweisungen widersetzen würde.
„Gut … ich denke ich habe meine Handtasche oben vergessen.“
„Oh … ich werde dich begleiten.“
Beide standen fast gleichzeitig auf. Kaum waren sie oben angekommen schnappte sich Zoey den Sänger und küsste ihn. Sie war total dominant und dieses ‚Ding‘ was sie hatten war äußerst komisch, doch Yesung war davon überzeugt das es ausbaufähig war.
Am Flughafen checkte Mia für sich und den Rest ein. Der Metalldetektor war mittlerweile halb so schlimm, Mia wusste schon was die Kerle alles mit sich rumschleppten und war gut darin allen Schmuck und sonstige Dinge die bimmeln könnten vorher einzusammeln.
Im Terminal hatten sie noch ein wenig Zeit.
„Wollt ihr Kaffee? Ich hol euch Kaffee … wie immer, etwas Zucker, etwas Milch?“, fragend schaute sie in die Rund und die drei nickten zögernd.
„Wieso ist sie so motiviert?“, fragte Leeteuk skeptisch.
„Ich sag doch Jihoon war ein schlechter Einfluss“, meinte Heechul nur dazu und setzte sich hin.
Sie waren alle entspannte Flieger, das Fliegen war aus ihrem Leben gar nicht mehr weg zu denken selbst aus Mias nicht. Schon bevor sie bei SM angefangen hatte war sie quer durch die Weltgeschichte geflogen und hatte kein Verständnis für Leute die panisch im Flugzeug saßen. Es war gefährlicher in Istanbul die Straße zu überqueren als 11 Stunden im Flugzeug zu sitzen. Was Mia allerdings nicht mochte waren Turbolenzen. Irgendwann, mitten im Flug wachte Mia auf weil das Flugzeug ziemlich wackelte. Sofort griff sie nach Teukies Hand der neben ihr saß. Auch er sah nicht amüsiert aus.
„Das geht jetzt schon eine Weile so …“, meinte er und Mia versuchte an Hand des Bildschirms zu erkennen wo sie waren. Sie waren gar nicht weit von Guangzhou, um genau zu sein überhaupt nicht weit davon weg. Dann schaute sie auf die Uhr.
„Hätten wir nicht schon landen sollen?“
Leeteuk nickte nur. Die Deutsche überlegte eine Stewardess zu fragen, doch die logen eh nur, wenn es Probleme gab, würden sie das nie zugeben bis es hieß ‚Ab in die Rettungsboote‘. Sie hatten eigentlich 1,5 Stunden Zeit zum Umsteigen in Guangzhou, doch in einer Stunde würde er nächster Flieger gehen und sie waren immer noch in der Luft.
Endlich kam eine Durchsage vom Captain, zuerst auf Chinesisch – da sie mit der Chin Southern unterwegs waren – danach in Englisch. Mia konzentrierte sich um alles zu verstehen. Anscheinend waren sie in ein Unwetter geraten und das Landen schien schwierig. Bloß nicht durchstarten, Mia war erst einmal in einem Flugzeug durchgestartet und es war gruselig.
Es dauerte weitere 45 Minuten bis der Vogel auf dem Boden war, die ganze Zeit über hatte sie Leeteuks Hand fest gehalten. Als sie endlich gelandet waren und sie seine Hand los ließ verzog er das Gesicht als er versuchte die Finger zu spreizten, sagte aber nichts, denn sie hatten die letzte Stunde wohl alle etwas Bammel gehabt.
Als sie das Flugzeug verließen schauten sie durch die Fenster, es regnete heftig und der Wind schaffte es an dem Flugzeug zu rütteln. Im Flughafen selbst bekam man davon wenig mit, doch sie waren hoffnungslos zu spät um ihren Anschlussflug zu bekommen.
Mia suchte also den Schalter der China Southern, parkte ihre Küken und nahm sich einen Mitarbeiter vor. Sie erklärte dass sie dringend weiterfliegen müssten und wichtige Termine hatten, doch Mias Hoffnung starb bald. Der Sturm wie er jetzt war, war wohl noch harmlos, Orkanwarnungen waren ausgegeben worden und der Flughafen stornierte alle Maschinen die raus flogen. Toll. Einfach toll. Die Frau schaute sich die Buchung an und stockte dann, schaute an Mia vorbei und schien einen Schrei zu unterdrücken.
„Yes, this is Super Junior and we need to get them to their concert in Ho Chi Minh. So please, do the best you can and I will get you a photo and an autograph.“
Personal bestechen – war so was strafbar? Mia war es egal, sie mussten nach Vietnam.
Die Angestellte entschuldige sich vielmals, sie sagte dass man sie in ein Hotel unterbringen könnte und kontaktieren würde, sobald der erste Flieger wieder starten konnte. Mia war nicht befriedigt, es konnte Stunden dauern. Niedergeschlagen ging sie zu den anderen.
In Hanoi war es klar gewesen dass Leeteuk, Heechul, Sungmin und Mia als letztes ankommen würden. Um 13:20 Uhr Ortszeit hätte der Flieger landen sollen, doch der Abholservice rief eine Stunde später bei Kim an und sagte dass der Flieger gestrichen worden sei und in China noch nicht gestartet war.
„Was?!“, er schrie so laut dass die anderen, die sich gerade auf ein Interview vorbereiteten und eigentlich nur auf die restlichen Mitglieder warteten, erschrocken aufsahen.
Kim legte wütend auf.
„Die anderen stecken wohl noch in China fest“, klärte er die anderen auf und eine Flutwelle von Kommentaren stürzte auf den Manager ein. Genervt fuchtelte er mit den Armen um sie zum Schweigen zu bringen.
„MIA, find heraus was da …. Ach, sie ist ja auch nicht da!“
Sofort zuckte die Hälfte ihre Handys raus und versuchte die verschollenen Mitglieder zu erreichen – erfolglos.
„Der sagt irgendwas in Chinesisch …“, Eunhyuk hing an seinem Handy und verzog das Gesicht. Henry nahm es ihm ab und hörte selbst.
„Die Leitung ist zusammen gebrochen“, erklärte er.
„Jetzt ist es offiziell: Wir haben drei Mitglieder verloren“, meinte Kyuhyun und sufte weiter durch’s Internet, komplett unpanisch.
„Du sagst dass als würden sie nie mehr wieder kommen!“ Ryeowook schien diese Vorstellung nicht geheuer.
„Wer weiß … wenn sie mit dem Bus gefahren sind“, dabei schaute Kyu hoch zu Donghae und hob die Augenbrauen.
„Das war nicht unser Fehler!“
Kim versuchte Ruhe in den Haufen zu bringen.
„Es wird ihnen sicher gut gehen. Doch wir müssen jetzt weiter machen, der ganze Plan kommt durcheinander.“
Shootings, Interviews, das alles konnten sie auch mal unvollständig machen, aber eine Frage stand im Raum und Donghae war derjenige der es aussprach:
„Was machen wir wenn sie bis morgen Abend nicht da sind?“
„Darüber denken wir Morgen Abend nach.“
Ohne die anderen auftreten? Ohne Leeteuk auftreten? Das kam für die anderen überhaupt nicht in die Tüte und Kim wusste das, doch es brachte nichts jetzt schon panisch zu werden.
In China versuchten die vier ‚Stehenbleiber‘ wiederum die anderen zu erreichen und kamen ebenso wenig durch. Alle waren gefrustet, sie freuten sich so auf das letzte Konzert und jetzt festzusitzen war nicht das was sie wollten.
„Come on guys, they said they will book us rooms in a hotel and will contact us as soon as the airport is open again.“
Also suchten sie ihre Sachen zusammen und gingen zu dem Schalter. Die Airline hatte ihnen einen Van bereitgestellt um sie in ein Hotel zu bringen. ‚Ein Hotel‘ war wohl etwas untertrieben, man hatte ihnen drei Zimmer im Chateau Star River Haiyi Peninsula gebucht. Nur die Fahrt dorthin war Horror gewesen. Die Straßen waren überschwemmt, es blitzte und donnerte und man sah so gut wie niemanden mehr draußen. Es war zu verstehen wieso der Flughafen gesperrt war. Kein Laden hatte offen, Militär war angerückt und baute Wasserblockaden auf, da die Gullis wohl schon jetzt völlig überfüllt waren. Es gab nichts was man hätte tun können, man musste es aus sitzen.
Das Peninsula war dafür der geeignete Ort, so betrübt alle waren weil sie nicht bei den anderen sein konnten, so hellten sich ihre Augen doch mal auf. Das Hotel war ein Traum, wirklich wahr. Ihre Zimmer lagen alle nebeneinander und waren riesig. Sie ließen alle die Türen offen stehen und stürmten von einem Zimmer ins nächste, wie kleine Kinder. Sie sprangen auf den Betten und plünderten die Minibar, wahrscheinlich war es nur der Stress der von ihnen abfiel. Mia ging ans Fenster und schaute hinaus. Es hörte einfach nicht auf. Was würde passieren, wenn sie es nicht rechtzeitig zum Konzert schaffen würden? Zweifellos würden die anderen sich weigern ohne die drei fehlenden Mitglieder aufzutreten, andererseits waren die Kosten sehr hoch, wenn sie das Konzert absagen und verschieben würden. Vielleicht würde es so weit gar nicht kommen, vielleicht würden sie heute Abend weiter fliegen oder morgen früh und sie würden rechtzeitig ankommen. Die Jungs lagen auf ihrem Bett und zeppten durch die Kanäle, die meisten waren von einer Störung betroffen und Mia wunderte sich als ihr I Phone anfing zu vibrieren.
„Donghae?“
Alle schauten auf und zu ihr.
„Mi … Wo seid … Ho Chi Minh und ihr … an … passiert?“
Die Leitung war sehr schlecht und Mia hielt sich das andere Ohr zu um ihn besser zu hören.
„Hae, we’re still in Guangzhou. There is a storm coming, the airport is closed and we’re in a hotel now. I don’t know when we’ll be able to fly to Hanoi.“
„…gen … Verbindung ist … Unwetter ….“, Hae war komplett abgehackt, so machte das keinen Sinn.
„Sweetheart, the connection is really bad, I will try to call you later.“
Dann legte sie auf.
„Was hat er gesagt?“, fragte Teukie.
„Ich habe ihn schlecht verstanden, the connection broke down.“
So wie es aussah würden sie die nächsten Stunden nicht weg kommen und die anderen beschlossen diese Zeit auszunutzen. Leeteuk nahm ein Bad und Heechul ging mit Sungmin in den Wellnessbereich. Mia kuschelte sich in eine Decke ein und setzte sich vor das große Panoramafenster in ihrem Zimmer. Das Internet ging nur schleppend, das Telefonnetz ebenfalls, die meisten Sender waren nicht verfügbar und draußen ging die Welt unter – was hätte sie anderes tun können?
Ein Aschenbecher stand neben ihr, etwas zu trinken und aus ihrem I Phone dudelte Musik. Sie mochte Stürme, gerne saß sie drinnen während man bei dem Blick nach draußen dachte, dass man den Morgen nicht mehr sehen würde. Es war erst 17 Uhr und doch war es so dunkel, dass man dachte es sei Nacht. Sie hatte auch zu nichts Lust, sie hätte tanzen können, proben, irgendwas, aber nein, sie saß vor ihrem Fenster und schaute raus, versuchte ihren Kopf klar zu bekommen.
Jihoon. Mist, sie hatte vergessen den Schlüssel einzuwerfen. Mittlerweile war er schon wieder in Seoul. Wie Joon auf die Trennung reagiert hatte? Sie hatte ihn wirklich gerne, das Frettchen 2 (Frettchen 1 war Onew). Alles hatte so toll angefangen, dass flirten, dann die Zeit in Tokyo, Joons Versprecher und ihr erstes Date. Sie lächelte bei den Erinnerungen. Sie hatte sich bei Jihoon immer wohl gefühlt, er hatte sich um sie gekümmert und auch wenn sie einsah dass es keinen Sinn gemacht hätte ihn zu heiraten, so trauerte sie ihm dennoch nach.
Der Dauerregen versetzte Mia in einen meditationsähnlichen Zustand. Das war nicht gut, Mia hasste es zu viel Zeit mit sich und ihren Gedanken zu haben. So fing sie an über ihr Leben nachzudenken, gloabler als Jihoon und Donghae. Was faszinierte sie so an Korea? Eigentlich war diese Frage leicht beantwortet: Sie stand nicht unter dem Druck der europäischen Normen. In Korea war sie die Ausnahme. Man unterstützte sie, damit sie das tun konnte was sie wollte.
Viele sprachen bei Mia immer von Talent, Talent für die Kunst, Talent zu Lernen, Talent zu tanzen. In Wirklichkeit war Mia ein Lernen. Alles was sie konnte hatte sie lernen müssen und meistens war das eine harte Schule gewesen. Das einzige Talent was ihr vielleicht wirklich in die Wiege gelegt worden war, war die Kunst. Von klein auf hatte sie gemalt und sie konnte Kunst umsetzen, sei es auf Papier, auf Leinwand, in Stein, Linoleumschnitte, in Fotoshop oder in der Fotografie. Allerdings war Mia sehr eiegnsinnig was Kunst betraf. Mit moderner Kunst konnte sie nichts anfangen, in ihren Augen war Kunst etwas, was Schön sein sollte, was vielleicht zum Denken anregen sollte, aber nichts was ausschließlich zum Kritikausüben missbraucht werden sollte. Die Welt war voller Kritik. Man wurde von Eltern, Lehrern, Mentoren, Ausbilder, Professoren und Chefs kritisiert, man wurde von den Medien kritisiert, denn egal was man tat, eigentlich war es falsch. Rauchen verursacht Krebs und belästigt Mitbürger, Autofahren verpestet die Umwelt, wer kein Müll trennt war ein schlechter Mensch, wer High Heels trug machte sich nur die Füße kaputt, wenn man mal etwas zu viel aß und ein paar Kilo zunahm, gab es immer jemanden dem das auffiel und es als Willensschwäche bezeichnete, wenn man einem Kunden durch die Blume sagte dass er ein inkompetenter Arsch war, wurde man sofort vom Chef kritisiert. Kritik war überall, jeder äußerte seine Meinungen, in den Nachrichten hörte man nur von Katastrophen. Wo waren die schönen Dinge des Lebens? Mia hatte sie in der Kunst gefunden. Kunst war ihr Medium um anderen Menschen etwas Schönes zu zeigen, Bilder zu malen, vor denen die Leute stehen blieben und sagten ‚Das ist einfach schön‘. Zu Abi-Zeiten war sie deswegen oft mit ihrem Lehrer aneinander gestoßen. Sie hatte Kunst als Leistungskurs gehabt und sie und ihr Lehrer waren, was Kunst betraf, so gar nicht auf einer Wellenlänge. Ihre Bilder seien zu oberflächlich, sie würde sich ‚zu wenig‘ dabei denken. Mias Antworten darauf waren meistens von der Art ‚Wenn ich etwas Deprimierendes sehen möchte, dann gehe ich in ein Waisenhaus oder lese Lord oft he Flies‘. Wieso durfte Kunst nicht mehr einfach dazu da sein um Menschen zu erheitern? Allein schon deswegen hatte sie schnell beschlossen dass sie beruflich niemals in die Kunst gehen würde. Sie malte keine Sachen die ihr nicht passten, Dinge die sie nicht vertreten konnte.
Doch all die anderen Dinge, für die man sie manchmal beneidete hatte sie erlernt. Lernen. Sie hatte immer lernen müssen um so gute Noten zu schreiben. Es gab Leute mit einem natürlichen Talent Dinge zu verstehen oder sich zu merken. Ihr Stiefbruder war so ein Mensch. Er hatte mit Leichtigkeit ein Abi von 1,2 erzielt – und das mit Physik und Mathe als Leistungskurs. Nein, Mia musste immer lernen für gute Noten, wenn sie nicht lernte half es nichts darauf zu hoffen dass es schon irgendwie klappte, nein, sie bekam dann einfach schlechte Noten. Mit dem Tanzen war es nicht anders. Mit 14 Jahren war Mia noch ein Bewegungslegastheniker. Erst durch das Feiern gehen mit ihren amerikanischen Freunden lernte sie zu tanzen. Im Cheerleading war es genau so. Sie hatte hart trainieren müssen um nicht dämlich bei den Tänzen auszusehen. Anfangs war sie kein guter Cheerleader gewesen, es hatte Zeit gebraucht und manchmal hätte sie am liebsten alles hingeworfen. Es hatte lange gedauert bis sie was das Tanzen betraf selbstbewusster geworden war, bis sie eigene Choreos entworfen hatte und schließlich Captain geworden war. Es war ein harter Weg gewesen.
Sprachen. Mia liebte Sprachen. Wenn man sie Englisch sprechen hörte, dachte man, man redet mit einem waschechten Amerikaner. Aber auch das war Arbeit gewesen. In der Schule hatte sie das nicht gelernt, sondern von ihren Freunden. Sie mochte die amerikanische Mentalität und fing irgendwann an mit Amis rum zu hängen, da die meistens wenig Deutsch sprachen, hatte sie zwangsläufig Englisch lernen müssen. Es war ein Prozess der viele Jahre dauerte. Sie war lange mit einem Amerikaner zusammen gewesen, daher hatte sie zu Hause nur noch englische Filme geguckt – etwas was sie beibehalten hatte. Sie schaute alle Serien und Filme auf Englisch, hatte irgendwann angefangen alle Bücher auf Englisch zu lesen und hatte sich manchmal dazu gezwungen in Englisch zu denken. Durch das Englische war es ihr möglich gewesen Koreanisch zu lernen, weil Deutsche Lernbücher gab es so gut wie keine. Koreanisch sprach sie auch nur so gut, weil sie sich zu Hause gut vorbereitet hatte und nun seit vier Monaten 24 Stunden am Tag von dieser Sprache umgeben war. Stunden und Stunden hatte sie in Deutschland damit verbracht sich Karteikarten zu schreiben, ein Vokabelheft anzulegen und Dinge nachzugucken um einigermaßen vorbereitet nach Korea zu kommen.
Nach außen hin war Mia sehr gut darin selbstbewusst zu wirken und so zu tun als könnte sie alles, doch in Wirklichkeit hatte sie bis hier her einen langen Weg gehabt. Ihre Eltern hatten sich meistens nicht für das interessiert was sie tat und hatten es meistens nicht ernst genommen. Natürlich gefielen ihrer Mutter ihre Bilder, doch im Endeffekt schaute sie nur kurz drauf und sagte ‚Schön‘, ohne wirklich das Bild zu betrachten. Sie hätte wahrscheinlich ein zerstückeltes Kind malen können und ihre Mom hätte es immer noch als schön empfunden. Mias Mutter fehlte das Verständnis für Kunst und Musik, doch sie hatte es ihrer Mutter nie vorgeworfen. Während ihr Stiefvater jahrelang zu fast allen Handballspielen seiner Söhne gefahren war, hatte Mias Mutter nur zwei oder drei ihrer Cheerleaderauftritte besucht – und sie hatte sicher über Hundert Auftritte gehabt. Nie war ihre Mutter zu einem Basketballspiel der Mannschaft gekommen, für die sie gecheert hatte. Genau so wenig hatte ihre Mutter Gedichte von ihr gelesen, vielleicht ein paar, aber nicht viele. Mia wusste das ihre Mom sie über alles liebte, sie teilten nur nicht die gleichen Interessen, doch als Teenie, der versucht sich in diese komische Welt einzufinden, war es nicht einfach gewesen. Immer hatte sie gedacht nicht gut genug zu sein, denn wenn sie gut genug gewesen wäre, hätte man ihren Aktivitäten mehr Aufmerksamkeit geschenkt. In Korea war es anders, hier schaute man auf sie und erwartete dass sie gut war, man stellte sie nicht in Frage, sondern unterstützte sie und versuchte sie immer noch ein Stück weiter zu pushen, in der man ihr immer mehr Aufgaben gab. Einerseits war das auf lange Sicht ein Selbstmordkommenado, andererseits war es die Anerkennung dafür, dass sie ihre Sache wohl gut machte.
Dies gab ihr wirkliches, tatsächliches Selbstbewusstsein und keine aufgesetzte Fassade um in Ruhe gelassen zu werden. Nun traute sie sich, blühte auf, denn nun hatte sie Erwartungen zu erfüllen, sie wollte niemanden enttäuschen – vorher war niemand da den sie hätte enttäuschen können außer sich selbst. Mia fragte sich wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie Korea schon vor ein paar Jahren ‚entdeckt‘ hätte. Vielleicht wäre sie tatsächlich Sängerin geworden. Sie war keine große Sängerin, aber um in einer Gruppe sie SNSD mit 9 Mitgliedern zu überleben, brauchte es nur ein paar Gesangstalente und der Rest musste den Ton halten können. Bei Super Junior war es nicht anders. Heechul, Leeteuk oder Shindong waren auch nicht die besten Sänger, hatten aber dafür andere Talente.
„Und? Ist die Welt schon untergegangen?“
Leeteuk kam in das Zimmer und setzte sich neben die Deutsche. Seine Haare waren noch nass und er roch nach seinem Badezusatz.
„Not yet. They working on it.“
„Schon was Neues vom Flughafen?“
„Not yet.“
„Und von den anderen? Haben sie dich noch mal erreicht?“
„Not yet!“
„Sag mal sitzt du hier nur rum und machst nichts?!“ Natürlichflachste er nur, doch Mia schaute finster zu ihm rüber.
Manchmal hatte Teukie echt Angst vor Mia, wenn sie so guckte.
„Wir wollen etwas Essen, kommst du mit?“
Essen, das magische Wort.
„Jup“, sagte sie, nachdem sie vergessen hatte wieso sie sauer auf Leeteuk war und schmiss sich die Decke von den Schultern. Das Peninsula hatte eine erst-klassische Küche, egal wie doof die Situation war, in der sie sich befanden, zumindest bekamen sie ein tolles Abendessen. Mitten im Dessert klingelt dann ihr Handy. Es war die Frau von China Southern um ihr zu sagen, dass für heute alle Flieger nach Hanoi gestrichen waren und der nächste für Morgen um 15:50 Uhr eingeplant war. Teile des Flughafens standen wohl unter Wasser, die Decke im Terminal war wohl undicht und es tropfte überall rein, komplette Chaos also. Die Assistentin fragte ob es andere Airlines gäbe, die vorher nach Hanoi fliegen würden, aber auch das sah nicht gut aus.
Genervt legte sie auf und erzählte es den anderen. Die waren genau so gefrustet und der Appetit war ihren vergangen.
„Wir können hier nicht so rumhängen“, meinte Heechul nachdem er sich das Trübsalblasen ein paar Minuten angeschaut hatte. Er hatte Recht und alle wusste es, es brachte nichts jetzt hier doof rum zu sitzen und in Pudding rumzustochern.
Also was tun? Zuerst stürmten sie die Hotelshops und gingen etwas einkaufen. Da sie nicht auf die Idee kommen konnten das Hotel zu verlassen, war das alles was ihnen an Shoppingmöglichkeiten bleib und schöpften das aus. Sie kauften ein paar Kleinigkeiten die es dort gab, waren jedoch schnell gelangweilt. Danach gingen sie zur Massage und ließen sich 1,5 Stunden durchkneten – es war ja nicht so, als hätten sie keine Zeit. Völlig fertig stolperten sie in Mias Zimmer und bestellten sich einen Film aus der Videothek des Hotels und kaum war es 23 Uhr, da schliefen sie alle tief und fest während draußen der Sturm noch immer tobte.
In Ho Chi Minh kehrte keine Ruhe in die Gruppe. Kim telefonierte ständig mit Flughafen, doch er bekam auch kein anderes Ergebnis als Mia.
„Ich hoffe nur dass der Flieger keine Verspätung hat, wir müssen sicher stellen, dass sie gleich jemand abholt, wenn sie landen.“ Yun schien genau so gestresst zu sein wie Kim und wer konnte es ihnen verübeln?
Bei den Jungs sah es nicht anders aus.
„Ich wette sie werden sich genau so Sorgen machen und Ruhelos sein, kein Auge werden sie zu machen …“, Ryeowook glaubte tatsächlich an das Gute in den Menschen.