„Home sweet home!“
Gleichzeitig ließen Mia und Donghae die Koffer im Flur fallen und seufzten. 14 Stunden Flug waren schon übel. Es war bereits 17:30 als sie die Tür zur Wohnung aufschlossen. Donghae und Leeteuk würden um 21:00 Uhr weiter fliegen nach Palau, auch wenn die beiden, nach diesem Flug, eigentlich schon gar keine Lust mehr hatten, in ein Flugzeug zu steigen.
„Irgendwie hätten wir das anders planen sollen“, meinte Donghae und Mia wusste, wovon er sprach.
„You gonna have a great vacation. When you’ll land in Palau you will feel releaved.“
Doch bis es soweit war, wollten sie erst einmal duschen. Donghae musste seinen Koffer für heute Abend packen und Mia nutzt die Gelegenheit in Vicoria Secret Dessous vor seiner Nase rum zu tänzeln. Was gemein war, weil er schlicht keine Zeit hatte sich damit zu beschäftigen, obwohl er wollte.
Seine Mama würde Morgen früh den Zug nach Mokpo nehmen. Mia würde sie abholen und an den Bahnhof fahren. Jetzt, wo sie seine Mama kennen gelernt hatte, war ein Großteil der Angst verflogen.
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„Also, ihr habt einen tollen Urlaub und meldet euch, wenn ihr gelandet seid.“
Mia drückte zuerst Leeteuk und dann Donghae.
„Ich werde dich vermissen“, flüsterte ihr Mann ihr zu.
„Ich dich auch.“
„Ja, ja, ist schon gut, ihr seht euch fünf Tage nicht – jetzt macht euch endlich los!“
Ach ja, sie hatten Heechul vermisst. Er machte etwas den Eindruck, als sei er angefressen, dass er nicht hatte mit nach New York kommen können und ließ das nun an den anderen aus.
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Als die beiden weg waren, besprachen die anderen, was sie nun mit den verbleibenden Stunden des Tages anstellen sollten.
„Psssssst ….“, kam es von irgendwo her und Mia schaute sich fragend um. Heechul schaute verwegen um die Ecke und winkte sie zu sich.
„Was ist mit dir?“
„Folge mir.“
Er nahm sie an der Hand, was das ‚folge mir‘ schon wieder überflüssig machte. Sie gingen in sein Zimmer und er schloss die Tür.
„Ich brauche deine Hilfe.“
„Was? Wieso? Nein!“
Wenn er schon so geheimnisvoll tat, dann führte er etwas im Schilde und im besten Fall würde es – wieder – im Gefängnis enden.
„Du bist meine Assistentin, du hast meine Befehle nicht zu missachten.“
Gerne hätte sie gesagt ‚Eigentlich nicht‘, denn er war zur Zeit ja kein aktives SuJu Mitglied und somit war sie nicht mehr seine Assistentin. Verwöhntes Balg.
„Jawohl mein Meister“, sagte sie stattdessen auf Deutsch und mit einem zuckersüßem Lächeln.
„Deine erste Aufgabe ist es dich souverän anzuziehen, ein Kostüm, ein Kleid, ein Business-Dress. Alles andere erfährst du dann.“
Na gut, das war ja noch zu bewältigen.
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„Hey Mia, wir gehen runter an den Hangang. Willst du mit?“, fragte sie Sungmin.
„Kann nicht, Heechul knechtet mich“, erwiderte sie lächelnd und verschwand.
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Zwanzig Minuten später klopfte es an ihrer Wohnungstür.
„Passabel“, war alles was er sagte. Mia verspürte den Drang ihn über’s Knie zu legen. Am liebsten hätte sie sich in den Totoro Schlafsack gekuschelt mit einem Film und einer Pizza.
„Also, was tun wir?“
Die Deutsche hatte lange überlegt, ob sie diese Frage stellen sollte, denn eigentlich war sie sich ziemlich sicher, das ihr die Antwort nicht passen würde.
„Wir fahren auf den Schwarzmarkt“, antwortete er und hielt ihr die Autotür auf.
Mia stieg zwar ein, wartete bis er auf der Fahrerseite einstieg und fragte dann:
„Was?!“
„Schwarzmarkt … ehm … black market.“
„Ich weiß was du meinst! Was tun wir da?!“
„Also, vor ein paar Tagen stieß ich in den geheimen Akten auf Informationen über einen Diebstahl von Samsung-Technologie, die im neuen S3 eingesetzt werden sollte. Man hat zwar einige Spuren, jedoch keine konkreten. Ich begab mich auf die Suche und rief ein paar alte Bekannte an, die mir erzählten, dass im Moment auf dem Schwarzmarkt mit einem neuen Telefon gehandelt wird, dass man sonst nirgendwo kaufen kann und völlig neue Technologie verwendet. Ich schlussfolgerte daraus, dass es sich wohl um die gestohlenen Samsung-Daten handeln muss. Mein Informant sagte mir, wo ich dieses Handy bekommen kann. Wenn wir also nun dort hingehen und dieses Telefon kaufen, können wir genug Beweise sammeln um die Täter zu überführen und aus Dank macht mich Samsung zu einem der Testnutzer des neuen S3. Damit der Plan funktioniert, benötigst du jedoch diese Mikrokamera, die in diesen Ohrringen versteckt ist.“
Mia starrte ihn völlig ausdruckslos an. War das sein Ernst? Das konnte nicht sein Ernst sein. Musste man in der Armee keine Drogentests machen? Kommentarlos stieg sie aus und ging zurück zum Fahrstuhl.
„Mia!“ Heechul kam ihr hinterher gerannt.
„Was passt dir denn jetzt schon wieder nicht?“, pflaumte er sie mit seiner netten, unkomplizierten Art an. Sie hingegen überlegte, ob sie die Gründe alphabetisch oder nach Priorität ordnen sollte.
„1. This plan is totally crazy! 2. You are a usual member of the Army and NOT Special Agent 007 Heechul Bond. 3. If something is secret it’s definatley not for you to read. 4. It’s not on you to serve problems like that. You know they have like special units. 5. This is actually dangerous. 6. I decided years ago that I do not help mentally unstable persons and last but not least I’m hungry.“
„Wie konntest du dir in dieser kurzen Zeit so viele Gründe überlegen?!“
Einen Moment standen sie sich nur schweigend gegenüber.
„Okay, ich lade dich danach zum Essen ein. Ich sage nur zwei Worte: Teppanyaki und Hummer.“
„Es geht nicht ums Essen!“
Es war echt zum Haareraufen mit dem!
„Ich bin fast erst gestorben, ich hatte nicht vor so schnell wieder eine Nahtoderfahrung zu haben.“
„Da irrst du dich.“ Tadelnd hob er den Finger. Was kam jetzt?
„Du warst nicht fast tot, du bist aus dem Reich der Toten wieder gekehrt. Du bist praktisch unsterblich wie … Gandalf!“
Okay, sie hatte damit gerechnet, dass er sagte ‚Wie die Katze aus Friedhof der Kuscheltiere‘, Gandalf war dann wohl die nette Version davon.
„Nein!“
„Okay … ich spreche mit Samsung, dass du auch ein S3 Tester wirst – mehr kann ich aber nicht tun.“
„Ich habe ein Iphone!“
„Denkst du nicht es wird Zeit langsam mal flexibler zu werden?“
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Um ehrlich zu sein, konnte Mia nicht mehr rekonstruieren, wie er es letztendlich geschafft hatte zu überreden mitzukommen. Wahrscheinlich war es ihr mütterliche Beschützerinstinkt, der sie glauben ließ, dass ihm weniger passieren könnte, wenn sie dabei wäre. Sie nahm sogar die doofen Geheimagenten-Ohrringen, von denen sie erst gar nicht wissen wollte, wie er an die dran gekommen war.
Sie fuhren in einen Außenbezirk von Dongdaemun und parkten vor einem großen Einkaufszentrum für Textilwaren.
„Das soll dein Schwarzmarkt sein?“ Ungläubig hob die Deutsche die Augenbrauen, als sie zwischen den enganliegenden Geschäften durchgingen, in denen man Decken, Kopfkissen, Bettwäsche und Handtücher kaufen konnte.
„Psssst … wenn draußen das dran stehen würde, dann wäre es sicher schon aufgeflogen oder? Komm, hier rein.“
Heechul ging in einen Laden mit der hässlichsten Bettwäsche, die Mia je zu Gesicht bekommen hatte und die mindestens genau so alt war, wie die Frau, die hinter dem kleinen Tisch saß. Heechul ging auf die Frau zu und verbeugte sich.
„Guten Tag. Unter der Lampe ist es dunkler.“
Hä? Unter der Lampe ist es dunkler? Was war das denn? Das koreanische ‚Nachts ist es kälter als draußen‘?! Welche Lampe überhaupt?
Die Ajumma schien damit jedoch mehr anfangen zu können, denn sie nickte und bedeutete ihnen weiter zu gehen. Weiter? Wohin denn?! Mia stand völlig auf dem Schlauch.
„Na komm“, sagte Heechul und skeptisch folgte sie ihm – wohin auch immer. Doch hinten in der Ecke, hinter einer alten, vergilbten Tagesdecke lag eine Tür, die Heechul quietschend öffnete.
Hinter der Tür lag eine Treppe, der sie in den wohl unbenutzten Teil des Kellergeschosses brachte.
„Unter der Lampe ist es dunkler?“, fragte sie trocken.
„Das ist ein Sprichwort … und in diesem Fall das Passwort. Es bedeutet, dass das Naheliegende meistens übersehen wird, obwohl es vielleicht direkt vor deiner Nase liegt.“
„Aha.“
Die beiden gingen den Flur entlang, der gesäumt war von unzähligen Türen. Sie alle waren zu, nur aus manchen konnte man Stimmen hören. So sah der Schwarzmarkt in Seoul aus? Egal wie dieser Abend ausgehen würde, eine interessante Erfahrung war es allemal. Nur Donghae durfte sie davon nichts erzählen, der würde ihr nur eine Standpauke halten.
Heechul blieb vor einer Tür stehen und klopfte. Der Schlitz in der Tür öffnete sich und zwei Augen schauten ihnen finster entgegen. Das war der Stoff, aus dem Thriller entstanden.
„Der Kuckuck klopft dreimal zur voll Stunden.“
Der Schlitz wurde zu geschoben.
„Wieder ein Sprichwort?“, kam es von Mia und Heechul rollte genervt die Augen.
„Nein – wo sollte denn darin ein Sinn liegen?“, erwiderte er. Sie hörten wie die Tür aufgeschossen wurde und sich dann öffnete. Der Raum der sich hinter der Tür verbarg war größer, als Mia gedacht hätte und es gab Türen, die offensichtlich in andere Räume führten. Der Raum war leer, bis auf einen Tisch mit Stühlen. Ein kleiner, schmächtiger Mann saß dort, bewacht von zwei koreanischen Hunnen.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Mann, nachdem man Mia und Heechul durchsucht hatte.
„Mir wurde zugetragen, dass man bei Ihnen ein besonderes Mobiltelefon bekommen kann, eines, dass es auf dem Markt noch gar nicht gibt.“
„Wie kann ich es haben, wenn es das Telefon noch nicht gibt?“
Die Assistentin fand die Frage gar nicht schlecht – sie hätte auch von ihr kommen können, nur das bei ihr Heechul wieder genervt die Augen gerollt hätte, um ihr dann etwas gemeines an den Kopf zu werfen.
„Nun, soweit ich gehört habe, haben Sie besondere Quellen, um der Zeit … sagen wir, etwas voraus zu sein.“
„Wissen Sie, alle machen sich Gedanken um die Zukunft, dabei ist es doch die Vergangenheit, die all diese Technik erst möglich gemacht hat. Die meisten Dinge die uns heute als technische Errungenschaft verkauft werden, wurden schon vor Jahren entwickelt. Heute entwickelt man die Telefone, die es erst in fünf Jahren zu kaufen gibt…“
Der Mann erinnerte Mia an den Schlüsselmacher aus Matrix. Sie hoffte nur, dass es nicht ausging wie bei Matrix, da wurde immer so viel gekämpft und sie hatte High Heels an und die waren zum Kämpfen nicht geeignet.
„Da haben Sie Recht und ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir helfen würden gute Technik, die nicht so weit in der Vergangenheit liegt zu erhalten.“
Der Mann schaute Heechul an für einen Moment, hob dann die Hand und einer der Hunnen verschwand durch eine Seitentür. Keine Minute später kam der Mann zurück und legte dem Schlüsselmacher einen Aktenkoffer auf den Tisch. Er machte es aber auch wirklich spannend! Der Mann öffnete den Koffer und schob Heechul und Mia jeweils ein Päckchen zu. Skeptisch öffnete Mia die Schachtel und holte ein Mini-Iphone heraus.
„Das? Das soll es sein?“, es war das erste Mal, dass sich Mia zu Wort meldete und Heechul schaute sie entsetzt an.
„Also entschuldigen Sie bitte, diese gefälschten Iphones bekommt man in Shanghai unter der Ladentheke jedes dritt-klassischen Handtaschenfälschers angeboten – ohne Passwörter und Bodyguards. Die Technik ist unbrauchbar. Wollen Sie mir sagen, dass wegen diesem Ding dieser ganze Aufwand betrieben wird? Komm, wir gehen.“
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Sie gingen nicht, sie flogen. In hohem Bogen auf die Straße! Natürlich hatte es angefangen zu regnen und sie landeten schmerzhaft in einer dreckigen Pfütze.
„Kommt wieder wenn ihr Respekt gelernt habt!“, waren die Abschlussworte der Bodyguards und die Tür fiel ins Schloss. Mia und Heechul rappelten sich auf und schauten sich an.
„Das ist alles deine Schuld!“, motzen sie sich gleichzeitig an.
„Heechul, das war nicht was wir gesucht haben. Das sind chinesische Fake-Iphones. Die gibt es schon ewig.“
„Wirklich?“
„Wirklich.“
Niedergeschlagen ließ er die Schultern hängen.
„Ich wollte doch helfen.“
Das bezweifelte Mia. Heechul hatte sicher nur vorgehabt mit hoch erhobenem Haupt das ganze Lob abzustauben und diejenigen, die tatsächlich dafür zuständig waren, doof aussehen zu lassen, aber gut …
„Mach dir keine Sorgen. Du hast es versucht und stell dir mal vor uns wäre etwas passiert …“
„Ja, da hast du recht.“
Selbst ihm war das alles irgendwann ziemlich gruselig vorgekommen.
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Immerhin hielt Heechul sein Versprechen und fuhr mit ihr zum Japaner – so eingesaut wie sie waren. Sie hatten sich so halbwegs zumindest die Gesichter gewaschen, doch ihre Klamotten waren komplett verdreckt. Egal, abends, kurz vor 23 Uhr, saß da eh kaum noch einer und sollte mal der Koch wagen sie auch nur schief anzugucken.
„Auf unsere gescheiterte Geheimagentenkarriere!“ Feierlich hob Heechul das Gläschen Sake und sie stießen gemeinsam an.