In dieser Nacht schliefen sie beide wie Steine, doch auch dieser Tag sollte einiges bringen.
„Müssen wir echt schon aufstehen?“
Es war kurz nach 8 Uhr und Donghae jammerte schon jetzt.
„Hast du etwa gedacht, wir wären zum Vergnügen hier?“
„Sag bloß nicht wir gehen wieder Möbel einkaufen?“ Blanke Panik stand in seinem Gesicht, doch Mia lachte.
„Nein, keine Sorge.“ Beruhigt schnaufte Donghae.
„Und ich habe den Wecker etwas früher gestellt, damit wir vielleicht Zeit hätten für … aber wenn du nicht willst, dann können wir noch eine Stunde schlafen.“
So schnell konnte sie gar nicht gucken, da hatte er sich schon auf sie gestürzt.
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Zur gleichen Zeit saßen Zoey, Yesung, Sungmin und Yoani in dem Mihae Haus.
„Housesitting ist so lahm“, schnaubte Zoey. Eigentlich hatten sie nicht den Auftrag bekommen hier ewig rumzusitzen. Sie hatten den Auftrag ab und zu vorbei zu schauen. Yesung hatte es aber als Gelegenheit angesehen aus dem Dorm raus zu kommen und mal ein wenig mit seiner Freundin halbwegs allein zu sein und nun fand sie das doof – super Idee also.
„Versuchen wir das Beste draus zu machen. Wir können uns einen Film holen und etwas zu essen und einfach einen netten, ruhigen Abend haben…“
„Oder…“ und allein schon der Ton in diesem ‚oder‘ gefiel Yesung nicht, „wir machen aus dem Housesitting eine Houseparty.“
„Nein … nein, nein, nein, nein!“ Irgendwie wusste Yesung von vorn herein, dass er keine Chance gegen Zoey hatte, wenn die sich denn mal etwas in den Kopf gesetzt hatte.
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„Wo fahren wir hin?“
Allein schon die Tatsache, dass sie ihre Koffer dabei hatten, war ein Indiz dafür, dass sie wohl nicht in Frankfurt bleiben würden.
„You’ll see when we get there.“
Den ersten Rappel bekam er, als sie in Wertheim Village raus fuhren. Er stand da, mit seinen großen Kulleraugen.
„Das ist so hübsch!“
Von Wegen hübsch, Wertheim Village war in erster Linie teuer! Mia gönnte sich eine Handtasche bei Michael Kors, während Donghae den halben Bench Laden leer kaufte. Bench war aber auch cool und bisher gab es das noch nicht in Korea. Die bunten Farben und coolen Schnitte passten sehr gut zu ihm und er holte auch Sachen für Eunhyuk. Dann gab es natürlich noch Calvin Klein, Liebeskind, Pandora, Nike und Tommy Hilfiger, was für die beiden interessant war. Fast vier Stunden waren sie in dem Einkaufsparadies verschollen und Donghae lief sechsmal zum Auto, um die Sachen zu lagern.
„Wie sollen wir das alles nach Hause bekommen?“ Verzweiflung lag in seiner Stimme, als sie beim Mittagsessen saßen.
„Wir treffen uns Morgen mit meinen Eltern in München, meine Mama bringt zwei Koffer von mir mit, ich denke da passt das rein.“
„Wir treffen deine Eltern in München?“
„Jup.“
„Schatz, das ist so cool, ich wollte schon immer nach München! Wir machen Eunhyuks Deutschlandtour Konkurrenz!“
Und schon war er wieder fröhlich.
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Nun hatte Mia die Saat gelegt, dass sie nach München fuhren, doch ihre tatsächliche Fahrzeit betrug gerade mal eine Stunde und dann fuhren sie in das verträumte Städtchen Rothenburg ob der Tauber ein. Es sah aus wie ein mittelalterliches Dorf und es drehte sich alles um Weihnachten.
„Was-was ist das?“
„Das ist Rothenburg. Deutschlands Weihnachtsdorf.“
Donghae drehte sich zu ihr mit riesigen Kulleraugen.
„Weihnachtsdorf?“ Allein schon wie er das sagte, brachte sie zum Lachen.
„Ja, Weihnachtsdorf.“
Ab diesen Moment konnte Donghae sich gar nicht mehr ein kriegen. Er war wie diese Rennautos, die man aufzog und warteten los gelassen zu werden, doch bevor sie die Stadt erkunden konnten, mussten sie erst einmal im Hotel einchecken. Mia war kein Fan der Kirche, dennoch hatte sie im ‚Klosterstüble‘ ein Zimmer reserviert. Es war zwar kein Kloster mehr, aber Mia war der Meinung, dass man das schlechte, christliche Karma noch immer spüren konnte. Nichts desto trotz war es als Hotel sehr schön. Es sah total altertümlich aus, mit Steinbögen und Holzbalken. Sie hatten eines der Falkennest-Zimmer im Dachstuhl und es war einfach bezaubernd.
Die Deutsche machte sich kurz frisch und als sie wieder kam, fand sie Donghae weinend am Fenster sitzen.
„Cupcake, what’s wrong?“
Sie eilte zu ihm hin, doch Donghae umarmte sie wie ein kleines Kind um die Hüfte.
„Das ist alles so schön“, jammerte er und zumindest Mia fiel ein Stein vom Herzen. Ihr kleines Sensibelchen. Mia setzte sich zu ihm auf die Fensterbank.
„Ich… ich kann gar nicht sagen wie glücklich du mich machst. Nicht nur wegen Deutschland, ich bin einfach glücklich dich in meinem Leben zu haben“, meinte er und wischte sich die Tränen weg.
„Ich bin auch froh dich zu haben.“
Mia hatte diese ständige Angst ihn nicht glücklich genug zu machen. Er hatte so viel mit ihr durch gemacht und hatte ihr so viel gegeben, dass sie manchmal nicht wusste, wie sie ihm zeigen konnte, was er ihr bedeutete.
Als sie sich dann beide beruhigt hatten, waren sie bereit Rothenburg zu erkunden.
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Übrigens, heute war der letzte Tag von Heechuls Strafe ihr jeden Tag ein Kompliment zu machen. Seine Nachricht heute war ‚Danke dass du auf meinen kleinen Bruder so gut aufpasst‘. Mia hatte alle Nachrichten gespeichert, sie würde jede einzelne als Foto entwickeln lassen und sich eine Gedenkwand daraus machen. Ohne Mist.
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Wenn man durch Rothenburg ging, konnte man glatt vergessen, dass man sich im Jahre 2011 befand. Leider hatten sie keinen Schnee, aber immerhin auch keinen Regen. Der Himmel zeigte sich in einem satten Blau, befleckt mit ein paar Wolken. In Rothenburg bekam man alles, was das Weihnachtsherz begehrte. Es gab hier so viele Handwerksbetriebe, mit Schnitzereien und Glasbläsereien, Schneebällen und anderen Dekoartikeln. Hier gab es auch das Deutsche Weihnachtsmuseum, in das Mia ihren Mann erst mal schleifte.
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„Was ist denn hier los?!“
Jihoon stand vor Mias angeblich neuen Adresse. Er hatte mitbekommen, dass Donghae wohl ein Haus gebaut hatte. Zugegeben, er wollte sich davon überzeugen, dass es keine Bruchbude war und ja, er war etwas enttäuscht, als er das tolle Haus entdeckte – aus dem Musik dröhnte. Mit skeptischen Blick ging er die Stufen zur Tür hoch, nur um sich in einer Party wieder zu finden. Überall lagen Becher rum und Flaschen, Essen und Klamotten. Irgendwie war das nicht typisch Mia.
Er ging also weiter und bekam aus dem Nichts einen Drink ins Gesicht. Mit offenem Mund stand er vor Zoey.
„Was soll das denn?!“
„Das ist meine Art dir zu zeigen, dass du hier nicht willkommen bist! Also, verschwinde!“
Zoey war nachtragend und sie hatte nicht vergessen, was damals alles passiert war.
„Wo ist Mia?“
„In Deutschland, du kannst als verschwinden.“
Doch dann änderte sich etwas in seinem Blick, es wurde … böse.
„Ich schätze sie weiß also nicht, was ihr mit ihrem Haus anstellt?“
Zoey schaute sich unschuldig um.
„Wir machen Housesitting und es ist voll okay ein paar Freunde einzuladen!“
„Ein paar Freunde?“ Jihoon schaute ungläubig an Zoey vorbei.
„Was tust du überhaupt hier?!“
„Urlaub.“ Und somit hatte sie ihn an der Backe, ob sie wollte oder nicht.
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„Bratwurst ist sehr lecker“, sagte Donghae begeistert zu dem Verkäufer am Stand, der nur grinste.
„Schatz, wieso haben wir Bratwurst nicht in Korea?“
„Ich weiß nicht … ich habe von einem Laden in Itaewon gehört, der welche haben soll, aber ich bin immer etwas kritisch bei deutschem Essen in Korea.“ Denn meistens ist es einfach nur widerlich. Sie gönnten sich ein Nachmittagshäppchen, bevor sich Mias Kreislauf verabschiedete. Wertheim Village und Rothenburg an einem Tag waren echt anstrengend. Wieso hatte sie überhaupt Klamotten mitgenommen? Das war völlig sinnloses Gepäck geworden.
Und dann nahm der Tag eine drastische Wende …
„Oh mein Gott! Ist das, ist das Donghae?!“
Mias Alarmglocken gingen sofort los. Da standen drei Mädchen, unweit von ihnen und schauten sie mit dem gleichen Blick an wie Donghae Wertheim Village angeschaut hatte – nur das Donghae kein kaufbares Outletcenter war.
„Elf…“, murmelte Mia und natürlich fing Donghae an sich um zu gucken.
„Odi?“ (Wo?)
Das war dann natürlich die Bestätigung. Sie gingen schnell an die Kasse und dann raus aus dem Laden, denn sie wollten nicht noch mehr Aufmerksamkeit. Natürlich folgten die drei ihnen, bis sie sich wohl endlich ans Herz fassten und sie ansprachen.
Okay, sie waren ganz nett. Sie fragten nach einem Bild und wollten sogar Mia mit drauf haben und Donghae unterschrieb alles, was er zwischen die Finger bekam, fleißiges Bienchen.
„Aber bitte, bitte postet die Bilder nicht vor Morgen Nachmittag. Wir wollen ein paar Tage Urlaub in Ruhe machen“, bat Mia die drei.
„Klar, gar kein Problem. Es ist so cool das ihr nach Deutschland gekommen seid“, meinte die eine.
„Bratwürstchen sind sehr lecker“, steuerte Donghae bei und die drei bekamen einen quietschhysterischen Anfall.
„Habt ihr schon viele Weihnachtssachen gekauft?“
„Frag nicht … ich glaube wenn er könnte würde er die ganze Stadt einpacken und mitnehmen“, antwortete Mia grinsend.
„Wird die Super Show 4 nach Deutschland kommen?“
„Das kann ich nicht sagen, aber ein Termin ist in Europa geplant.“
„Ist nicht nächste Woche die Super Show in Osaka?“
„Ehm … ja, ich bin vorher noch in Osaka mit 2PM und dann vier Tage Zuhause und dann wieder nach Osaka.“
„Wow, das klingt aber stressig.“
„Ach, es ist halb so wild“, beruhigte Mia die drei. Viel länger blieb ihnen auch nicht, denn sie hatten nur einen Klassenausflug gemacht und kamen eigentlich aus Nürnberg und der Bus würde bald abfahren.
„Frohe Weihnachten!“, rief Donghae ihnen hinterher und brachte die Fans wieder zum Giggeln.
Okay, das hätte auch anders ausgehen können und wenn sie nicht ihr Versprechen hielten und schon heute verbreiten würden, dass Donghae hier war, dann wäre Morgen früh der Ort mit den deutschen ELF geflutet.
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Sie nutzten die Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr vollkommen aus und oh mein Gott – was sie nicht alles kauften. Donghae hatte es fertig gebracht einen Karton Schokolade zu kaufen, mit allem möglichen Zeug. Die Händler hier waren ja auf alles vorbereitet und so hatte man die ganzen Sachen in einem Karton gut eingepackt. Das Ding würden sie als ‚vorsicht: zerbrechlich‘ aufgeben. Ebenso hatten sie zwei Kartons mit Weihnachtskugeln aus einer Glasbläserei, die ein Vermögen gekostet haben und von denen Mia für die Lufthansa hoffte, dass nichts davon zu Bruch gehen würde.
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Danach gingen die in das Restaurant des Klosterstübles. Beide waren ziemlich fertig, aber irgendwie auch ziemlich glücklich.
„Ich glaube ich werde nie wieder etwas kaufen“, sagte Donghae erschöpft und nippte an seinem Humpen.
„Ich weiß was du meinst.“
Die vergangenen 36 Stunden hatten sie knapp 7.000 Euro gekostet – man gönnt sich ja sonst nichts. Um ehrlich zu sein war der Betrag okay, für das, was sie alles davon gekauft hatten. Allein schon im Kontrast hatte Mia 3.000 Euro gelassen, doch das war für’s Haus. In Wertheim hatten sie auch knapp 2.000 auf den Kopf gekloppt und der Rest war für Weihnachtszeug drauf gegangen. Immerhin würde dieses Jahr jeder ein Weihnachtsgeschenk bekommen.
Jetzt wollte Mia nur eins: Geschnetzeltes mit Spätzle und nichts und niemand würde sie davon abhalten. Außer Donghae. Er hatte sich einen Braten bestellt und der war auch lecker, aber sie waren so erschöpft, dass sie sich grad noch eine Porzion Geschnetzeltes nachbestellten.
„Diese Spätzle sind voll lecker!“
Und da wusste Mia, dass sie in München noch einen Supermarkt plündern mussten.
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Zur gleichen Zeit war es in Seoul schon deutlich später und noch immer war die Party in vollem Gange. Jihoon lehnte an der Wand und beobachtete das Schauspiel und Zoey verlor immer mehr die Kontrolle über die Meute.
„Oh, es wird mir so eine Freude sein dich auflaufen zu lassen…“
„Du mich? Du weißt ich könnte Mia alles Mögliche über dich erzählen!“
„Aber du hast für nichts Beweise. Erzähl ihr doch, dass ich sie aus SME auskaufen wollte – würde es sie jetzt noch stören? Sie hat den Mann ihrer Träume geheiratet und ein wundervolles Haus – was du gerade auseinander nimmst.“
Zoey hasste es machtlos zu sein, aber er hatte Recht, sie konnte ihm nichts nachweisen. Sie überlegte ihn zu bluffen, doch in diesem Moment hörte sie etwas klirren und ihr Herz erstarrte.
„Okay, help me out.“
Jihoon ließ sie zappeln.
„Oh come on for heavens sake!“
„Okay … aber ich tue das für Mia und nicht für dich.“
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Jihoon schaffte es innerhalb von zehn Minuten das Haus leer zu räumen, bis auf Super Junior und Zoey. Das Haus sah echt katastrophal aus.
„Also, zugehört! Ihr werdet kein Reinigungsservice kommen lassen, ihr werdet das alles selbst sauber machen!“ Jihoon began G.I. Joe zu spielen.
„Okay“, murmelte die müde Truppe.
„Das heißt SIR, JA SIR!“, bellte Jihoon und plötzlich waren alle wieder wach.
„Also, werdet ihr das selbst sauber machen?!“
„Ja, Sir ja!“, riefen die Jungs zurück. G.I. Joe war ihnen lieber, als wenn er sich plötzlich in den Ninja Assassin verwandeln würde.
„Ich werde um 800 hier erscheinen und bis dahin will ich Resultate sehen! Verstanden?!“
„Ja, Sir ja!“
„Was heißt 800?“, flüsterte Ryeowook Sungmin zu.
„8 Uhr man.“
„Aber das ist in 4 Stunden!“, stellte Wookie fest und auf einmal war Jihoon direkt neben ihm, mit einem süffisanten Grinsen.
„Dann fangt lieber mal an…“ Damit drehte er sich um und verließ das Haus.
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In Deutschland lagen Mia und Donghae nichtsahnend in der Badewanne, mit Champagner und ließen den Abend ausklinken. Wenn die wüssten …