Er lachte mich aus. Er lachte mich einfach aus.
„ Schutzengel?!“, fragte er ungläubig und mein Blick wurde immer finsterer. Was war daran so witzig? Es ist ja nicht so, als hätte ich mir diesen Job ausgesucht oder ihn, also konnte er mal aufhören zu lachen?
Mittlerweile stand ich und hatte die Arme verschränkt, ich hätte ihm gerne eine Ohrfeige gegeben, doch das konnte ich nicht. Mal abgesehen davon dass es Tabu war seinem Schützling weh zu tun. Wieso eigentlich? Meiner Meinung nach hatten es auch Schützlinge manchmal verdient, dass man ihnen weh tat, oder nicht? Vielleicht sollten wir darüber abstimmen.
Als Kyuhyun sich wieder beruhigt hatte, schaute er mich wieder an.
„ Okay, ehrlich, wer bist du? Und wie kommst du hier überhaupt rein? Und wieso scheint dich keiner zu sehen?“
Ich war total irritiert, so funktionierte das nicht, man sah uns nicht. Wir konnten bedingt in das Geschehen eingreifen, aber man sah uns nicht, dem zu Folge sprach man auch nicht mit uns. Was war hier los?
„ Weil das so ist. Man sieht uns nicht und du solltest mich auch nicht sehen.“
Das war die einzige Erklärung die mir dazu einfiel. Ich fragte mich nie nach dem ‚Warum‘, dazu waren wir nicht da, wir machten unsere Aufgaben und das war alles. Kyuhyun stand auf und ging auf mich zu, ich wisch nicht zurück – wieso auch, ich war ja gar nicht da! Materienmäßig betrachtet. Seine Hand streckte sich nach mir aus und ich hasse es, wenn jemand durch mich durchgriff oder hindurchging. Nur weil ich nicht da war, materienmäßig, hieß das nicht, dass ich kein Empfinden hatte. Und natürlich glitt seine Hand einfach so durch mich hindurch.
„ Wow.“
Er fuchtelte wild mit seinen Händen, bis ich ein paar Schritte zwischen uns brachte.
„ Hey, das ist nicht nett!“
Konnte der auch mal Rücksicht auf andere nehmen?
„ Du bist ein Geist!“
„ Bin.ich.nicht!“
Ich hatte überhaupt nichts mit diesen Gruselgeistern gemeinsam, ich trug kein Nachthemd, meine Haare standen nicht wild ab und ich hatte keinen Mundgeruch, ich war kein Geist. Spirituell betrachtet.
„ Was bist du dann?“ Nun begann er mir zu folgen und irgendwann sah ich den einzigen Ausweg darin an die Decke zu fliegen. Ich hatte keinen Körper, ich hatte nichts mit der Erdanziehung zu tun.
„ Ich sagte doch, ich bin dein Schutzengel.“
Kyuhyun legte seinen Kopf in den Nacken und guckte nach oben.
„ Engel haben Flügel“, bemerkte er.
„ Ach, wie viele Engel hast du denn schon gesehen?“
Das brachte ihn zum Stutzen. Gut so.
„ Das ist einfach so.“
„ Und du bist ein Experte darin, weil …?“
Wenn er keine Ahnung hatte, sollte er vielleicht einfach ruhig sein. Kyuhyun wollte gerade ansetzen als die Haustür aufgeschlossen wurde und seine Bandkollegen wieder kamen. Er schaute zu mir und dann zu Tür, das Licht ging an und er kniff die Augen zusammen.
„ Kyuhyun? Was ist los? Wieso stehst du hier im Dunkeln?“
Yesung schaute ihn fragend an. Kyuhyuns Blick blieb noch kurz an mir haften und wand sich dann an seinen Bandkollegen.
„ Ich wollte mir nur etwas zu trinken holen …“
Damit drehte er sich um und ging zurück in sein Zimmer. So war er, niemand wunderte sich über seine mangelnde Kommunikation und ich folgte ihm, setzte mich auf seinen Schrank und schaute ihn an, während er mich anstarrte.
Noch nie hatte mich jemand gesehen, ich konnte überhaupt nicht damit umgehen.
„ Geh weg“, sagte er leise und schaute mich finster an. Gut, etwas konnte ich ihn verstehen, es hatte ja schon seinen Grund wieso man uns nicht sehen konnte. Es war zu hoch für die Menschen, sie hatten von Dingen wie uns keine Ahnung.
„ Ich kann nicht“, antwortete ich ihm ehrlich. Ich war an meinen Schützling gebunden, bis … ja, bis er entweder tot war oder ich es geschafft hatte ihn zu schützen.
„ Ich glaube nicht an Geister.“
„ Ich auch nicht!“, erwiderte ich leicht genervt und zog die Beine an.
„ Geh weg“, sagte er noch mal.
„ Geh schlafen!“ Langsam ging er mir echt auf die Nerven, doch er hörte einfach nicht auf mich anzustarren. Ich bekam ja schon fast Angst vor ihm.
„ Na gut.“
Ich sprang von dem Schrank und ging einfach durch sein Fenster, in die Nacht. Ich sah wie er entgeistert von seinem Bett aufsprang und aus dem Fenster gucke. Im Endeffekt war ich nur ins Zimmer nebendran gegangen, wie gesagt, Erdanziehung war nicht meine größte Sorge und bald merkte ich wie er tatsächlich zur Ruhe kam und einschlief.