Wenn ich anfangen sollte mein Leben zu erklären, müsste ich an dem Tag meiner Geburt anfangen. Ich weiß nicht viel darüber, sicherlich war ich noch zu jung um mich daran zu erinnern, wobei man sich fragen sollte, wer sich tatsächlich an seine Geburt erinnern möchte, noch kenne ich jemanden, der mir davon erzählen könnte. Ich habe meine leibliche Mutter nie kennen gelernt.
Ich war gerade erst ein paar Tage als, als mich das Ehepaar Lee Kyungsook und Park Jungho vor ihrem Haus in Mapo-gu in Seoul fanden. Am 13. April 1991. Niemand wusste woher ich kam, doch man sah eindeutig, dass ich nicht koreanisch war. Um so ungewöhnlicher war es ein Baby zu finden, dass nicht koreanisch war, denn es war ungewöhnlich für Nicht-Koreaner in Korea zu leben und heimlich ein Baby auf die Welt zu bringen, um dieses dann vor jener Haustür abzulegen, war noch ungewöhnlicher.
Ich denke wir können uns darauf einigen, dass die Umstände sehr mysteriös waren. Natürlich versuchte man meine leiblichen Eltern zu finden, doch es blieb erfolglos und Kyungsook und Jungho, welche selbst keine Kinder haben konnten, zogen mich auf, immer mit der Angst, dass eines Tages jemand kam und mich ihnen wegnahm.
Doch dieser Tag kam nie. So wuchs ich als ausländisches Mädchen in einer koreanischen Familie auf, ich bekam Cousinen und Cousins, Tanten und Onkel ja, sogar Großeltern. Ich ging in den Kindergarten und dann in die Vorschule, gefolgt von der Grundschule.
Eines ist jedoch klar: Kinder sind gemein. Ich war das einzige Kind in meiner Schule, das nicht koreanisch war, auch wenn ich koreanisch sprach, als wäre ich ein typisches, koreanisches Mädchen. Ich wurde gehänselt und ausgeschlossen, geärgert und manchmal auch verhauen. Oft kam ich weinend nach Hause und meine Mutter tröstete mich, sagte mir, ich wäre das hübscheste Mädchen auf der ganzen Welt und das die anderen nur neidisch wären. Es ist wohl die Pflicht einer Mutter so zu denken.
Mein Lieblingsfilm als Kind war das Dschungelbuch, ich war wie Mogli und die Koreaner waren wie die Wölfe, die versuchten mich als ihresgleichen aufzuziehen.
~~~~~~~~~~~~~
Mit 13 Jahren änderte sich mein Leben. Ich kam spät von der Schule nach Hause und fand meinen Vater weinend in unserer Küche sitzen. „Wo ist Mama?“, fragte ich und meine Großmutter eilte zu mir, um mich in den Arm zu nehmen. Es war ein Autounfall, erklärte mir meine Großmutter und ich wusste Mutter würde nie wieder nach Hause kommen.
Mein Vater versuchte stark zu sein, doch es wurde zunehmend schwerer. Es ärgerte ihn, dass ich solche Probleme in der Schule hatte, wegen meinem Aussehen. Ein Jahr später traf er eine Entscheidung, die unser Leben grundlegend ändern würde.
Die Schwester meine Vaters, demnach meine Tante, hatte einen US Soldaten geheiratet und war mit ihm nach Amerika gegangen. Ich hatte sie bis dahin nie kennen gelernt. Mein Vater war Mechaniker und arbeitete in einer Werkstatt. Eines Tages kam ich nach Hause und Vater sagte, wir würden nach Amerika ziehen, um dort ein neues Leben zu beginnen. Ich sprach fließend Englisch, meine Eltern hatte sehr darauf geachtet und da ich offensichtlich nicht koreanischen Ursprungs war, dachten sie, dass es ihre Pflicht sei mich zweisprachig aufzuziehen. Wenn ich ehrlich bin war ich nicht traurig über den Umzug, auch wenn ich meine Familie vermisste, welche mich akzeptiert hatten wie ich war.
~~~~~~~~~~~~~
Meine Tante besorgte meinem Vater einen Job in einer Werkstatt, um etwas mehr Geld dazu zu verdienen, half er bei Handwerksarbeiten aus. Amerika war anders. Dort galt ich plötzlich als hübsch. Ich schrieb gute Noten, denn im Vergleich zu Korea war das Schulsystem in Amerika sehr einfach gestaltet. In der High School war ich im Turnteam, leitete den Debattierklub, war Home Coming Queen, half meinem Vater in der Werkstatt. Ich lebte den typischen American Dream.
Alle zwei Jahre flog ich nach Korea um den Sommer bei meiner Familie zu verbringen. Ich bekam sogar ein Stipendium für Johns Hopkins University, wo ich 2009 anfing Medizin zu studieren.
Während ich mich gut in Amerika erholt hatte, ging mein Vater einen anderen Weg, wenn auch schleichend. Als ich ins College ging lernte er eine neue Frau kennen. Ich kann mir bis heute nicht erklären, was mein Vater an ihr findet. Sie trieb ihn in den Alkohol und zum Glücksspiel und fast hätte er die Werkstatt und das Haus verloren. Das war der Moment, als ich das College abbrach um meinem Vater zu helfen. Ich übernahm heimlich die Werkstatt, um den Ruf meines Vaters nicht zu schaden. Ich kellnerte nebenbei, um Geld nach Hause zu schaffen, um die Rechnungen zu bezahlen. Das liegt nun fast drei Jahre zurück, doch mein Leben ist wieder dabei sich zu ändern. Mein Weg wird mich zurück führen nach Korea und all die, die damals über mich gelacht haben, werden nun zu mir aufschauen.
~~~~~~~~~~~~~
Ich bin Laila Park.