Skye hatte keine Ahnung wie spät es war, als sie aufwachte. Aber hey, immerhin war es ihr eigenes Bett, auch wenn sie keine Ahnung hatte wie sie hierhergekommen war. Sie setzte sich auf und ihr Blick ging nach draußen, dann auf das Handy. 11:33 Uhr. Was?! Was war aus den letzten 12 Stunden geworden? Sie konnte sich ja noch nicht mal daran erinnern, wie es 12 Uhr geworden war. Doch da war Jongin gewesen und Krystal und Siwon. Siwon …
Sie stand auf und sah den Musiker an ihrem Tisch sitzen, in den Klamotten von gestern. Sie selbst hatte eine Shorts an und ein Nachthemd – verkehrtherum, was sie ziemlich sicher machte, dass sie das selbst angestellt hatte.
„Warst du gestern mit mir Hotteok?“, fragte sie grinsend und er schaute auf. Irgendwo in ihrem Hirn hatte sie eine Erinnerung an Hotteok.
„Du hast nicht aufgehört davon zu sprechen. Vier Stück hast du gegessen.“
Sie lachte fröhlich und setzte sich zu ihm.
„Ich habe EXO verpasst, oder?“
„Du hast ziemlich viel verpasst. Sehuns Geburtstag, wie ich wohl nie den Friedens-Nobel-Preis bekommen werde und ja, so ziemlich alle von EXO standen heute Morgen hier mal vor der Tür.“
Ihr Gehirn funktionierte noch nicht auf Normalgeschwindigkeit.
„Was hat der Friedens-Nobel-Preis damit zu tun?“
„Ich habe vielleicht Jongin geschlagen“, erklärte Siwon, mit einer recht unschuldigen Miene. Skye hingegen riss die Augen auf und fing an zu lachen.
„You did what?!“
Siwon, der Ritter des Lichts, das Glücksbärchi, das laufende Gewissen.
„For me?“
„Als ich dich gesehen habe … wie verletzt du geschaut hast … ich habe nicht verstanden wie dir jemand so wehtun konnte.“
Sie senkte den Blick und griff nach seiner Hand. Er war so gut. Er war sogar so gut, dass er von seinem normalen ‚gut‘ abkam um für sie gut zu sein. Sie müsste ihn lieben und doch konnte sie es sich nicht aussuchen. Natürlich sah er gut aus, das wusste sie alles und doch kam sie sich immer wie ein Kind vor, wenn sie mit ihm zusammen war. Sie wusste noch nicht einmal wieso. Und doch war da etwas zwischen ihnen. Damals, als sie die Duschszene mit ihm für das Musikvideo gedreht hatte, als sie zusammen getrunken und wie sie so ziemlich unbekleidet zusammen gelegen haben, hatte nicht mehr viel gefehlt das Skye ihr Herz an ihn verloren hätte. Vielleicht wäre dann alles viel einfacher gewesen.
Skye wischte sich die trotzigen Tränen weg und lächelte.
„Mein Held hat einen Wunsch frei, wie kann ich mich bei dir bedanken?“
Siwon spielte gedankenverloren mit ihrer Hand, die er noch immer hielt.
„Ich will eine faire Chance, irgendwann, wenn du weißt was du willst, dann will ich eine Chance.“
Nachdem Siwon das Gefühl hatte, dass man Skye gut allein lassen konnte, verabschiedete er sich. Super Junior hatten am Wochenende die Super Show in Japan und würden heute Nachmittag ebenfalls wegfliegen.
Sie schaute auf die Uhr und rief Chen an.
„Na, ausgeschlafen?“, war seine Begrüßung.
„Tut mir leid, dass ich mich nicht verabschiedet habe.“
„Schon okay, wir haben mitbekommen was los war, auch wenn ich glaube das du die Situation falsch interpretiert hast.“
Nun stockte die Amerikanerin. Was gab es da falsch zu interpretieren?
„Wie kommst du da drauf?“
„Weil Krystal gut im Manipulieren ist und Jongin den ganzen Tag schon den Eindruck macht den nächsten Urlaub in einem Terroristen-Basislager zu verbringen. Er tippt auf seinem Handy wie ein Wahnsinniger und ich bezweifle das er eine Line-Debatte mit Siwon führt.“
Die Amerikanerin schwieg einen Moment.
„Wie sieht er aus?“, fragte sie. Sie wusste zwar, dass Siwon ihn geschlagen hatte, aber nicht welche Schäden er hervorgerufen hatte. Chen fing an zu lachen.
„Also dir hat das blaue Auge ja auch irgendwie gestanden … aber er … puh … wir haben es gecovert und gesagt wir waren Baseballspielen. Jetzt haben wir Ballverbot.“
Oh Skye konnte sich vorstellen, dass Youngjun außer Rand und Band war. Und wie Skye sich freute nicht dabei zu sein! Sie hätte gerne gejubelt, doch das hätte vielleicht die falschen Schwingungen übermittelt.
„Das tut mir leid“, sagte sie, so ernst sie konnte.
„Unterdrückst du ein lachen?“, wollte Chen wissen.
„Nein“, sagte Skye, konnte es aber kaum noch halten. „Muss arbeiten, gotta go“, sagte sie noch rechtzeitig und fing an zu lachen. Wie gerne sie das gesehen hätte!
Die Fanbriefe hatten sich natürlich nicht auf magische Art aufgelöst. Es war auch kein Feuer ausgebrochen. Schade, nie wenn man es braucht. Aber eigentlich war es für heute genau die richtige Arbeit. Ihr Hirn lief auf Sparflamme. Skye hatte sich Musik angemacht und saß auf dem Boden um einen Brief nach dem anderen zu lesen. Sie gehörte zu den reichsten Frauen dieser Welt und saß in einem Kabuff um Fanbriefe zu lesen – und dann noch nicht mal ihre eigenen! Aber gut, sie hatte es sich so ausgesucht und ihre Lage hätte auch sehr viel schlechter sein können. Zum Beispiel hätte sie ein Taipei sein können, mit Youngjun und Jongin Blue Eyes. Oder sie könnte in Taipei sein und Youngjun wüsste wieso Jongin das blaue Auge hatte.
„Hey Unicorn“, kam es ein paar Stunden später von Taeyong, der in der Tür stand. Skye seufzte, den hatte sie wohl jetzt an der Backe.
„War ganz schön verrückt gestern, was?“ Er kam auf sie zu und setzte sich vor zu. Abwesend nahm er einen Brief in die Hand.
„Taeyong-shi, hör auf …“ Sie konnte es gar nicht in Worte fassen. Er war süß, ja, mit seinen großen Augen sah er aus wie aus einem Manga gesprungen, aber er passte nicht in ihr Jagdgebiet. Eigentlich passte keiner mehr in ihr Jagdgebiet in Anbetracht der Tatsache, dass niemand aus dem Entertainmentbereich mehr dazu gehörte, dass aber die einzigen Männer waren, die sie kennenlernte. Sexy Russen-Ninjas ausgenommen. Allein schon diese ganze Promo-Beziehung mit Jongin machte es schwierig und auch wenn sie Streit mit ihm hatte, so hatte sie dennoch genug Respekt um sich nicht in der Kpop-Szene einen neuen Stecher zu suchen. Zumindest nicht in naher Zukunft und wenn Skye ehrlich zu sich war, so war sie etwas Kpop-geschädigt nach Jiyong und Jongin.
„Ich weiß“, sagte er und holte sie aus ihren Gedanken. „Ich weiß, dass du und Jongin … keine Ahnung, aber ich habe nicht das Gefühl als wäre es schon beendet. Ich weiß aber auch, dass ich dich cool finde und mich nicht davon abhalten lasse dich besser kennen zu lernen.“
Die Amerikanerin legte den Kopf leicht schrägt und schaute das Mangababy an.
„Okay.“
„Okay? Also sind wir Freunde? Vielleicht friends with benefits?“
Skye hob den Tacker.
„Was hast du gesagt?“
„Ich habe gesagt, dass wir essen bestellt haben und ich dich eigentlich nur fragen wollte, ob du nicht mit uns essen möchtest“, erwiderte Taeyong mit einem frechen Grinsen.
„Essen? Was sitzt du hier rum?!“
So schnell konnte er gar nicht schauen, da war sie aufgesprungen und aus dem Zimmer gerannt.
Eigentlich war es mit NCT ganz lustig. Skye versuchte durchzuzählen und kam auf 13, die gerade um sie herum wuselten. Nicht das sie deswegen wusste, um welche Subunit es sich handelte. Gab es eigentlich eine Main-Unit? Sie erkannte Jaehyun, Yuta, Mark und Johnny, dann hörte es aber mit den Namen auf. Jedenfalls hatten sie sehr viel mehr Respekt vor Skye als EXO. Einer holte ihr etwas zu trinken, ein anderer nahm ihren Teller und lud Essen darauf. Natürlich saß Tae neben ihr. Skye schaute sich um und stockte.
„Hm?“ Taeyong bemerkte wie sie in der Bewegung angehalten hatte, es sah lustig aus mit den Stäbchen auf halbem Weg zum Mund.
„Wieso fühlt es sich an, als wärst du Peter Pan und ich Wendy und die, die verlorenen Jungs?“
Tatsächlich saßen Skye und Tae am Kopfende gemeinsam und die anderem saßen um sie herum und sahen so jung aus. Tae fing an zu grinsen.
„Kannst du uns auch Geschichten erzählen?“
„Unendlich viele“, gab sie zu. Reisen war immer toll für Geschichten und Skye war ziemlich viel gereist.
Anstatt einer Geschichte, sang sie den verlorenen Jungs lieber ein Lied. Jemand hatte ihr eine Gitarre gebracht und sie sag von Khan ‚I’m your girl?‘. Die jungen Sänger, die selbst so talentiert waren, hingen an ihren Lippen und forderten eine Zugabe.
„Deine Aussprache ist wirklich gut“, lobte Yuta. „Wenn man dich hier in eine Band stecken würde, würde das nicht auffallen.“
„Hey, bringe hier bloß niemand auf die falschen Ideen. Ich bin zu reich um mich so zu quälen und ich bin zu gemein um Idol zu sein“, stellte sie klar. Noch war das hier ein Entertainment und wenn irgendwer von den wichtigen Leuten mitbekam, dass Skye singen konnte, würden irgendwelche Fantasien entstehen und plötzlich wäre sie Teil einer Girlgroup.
„So gemein finde ich dich nicht Noona“, kam es von Marc.
„Ja, weil du mich nicht kennst“, erwiderte sie und stand auf.
Sie las noch knapp zwei Stunden Brief um Brief, bis es ihr aus den Ohren kam. Sie beschloss für heute Schluss zu machen und die Mails von Zuhause aus machen. EXO waren weg, Super Junior auch und doch fand Skye keine Ruhe. Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen, da klopfte es. Entgeistert schaute die Assistentin auf die Tür. Irgendwo hier gab es Kameras und Skye wusste nichts davon.
Vor der Tür standen Taehyung und Jimin.
„Und wie kann ich euch helfen?“
„Wir wollen dich aufmuntern“, begann Tae.
„Braucht ihr nicht“, erwiderte Skye und wollte die Tür schon wieder schließen, doch Taehyung hielt die Tür fest.
„Ich denke schon.“ Damit war die Diskussion mit Taehyung beendet und Skye ließ die beiden rein.
„Ich mag sie“, kommentierte Jimin, der wohl eher Back-Up als tatsächliche Unterstützung war.
„Ich soll bitte was?“ Skye wollte nur sicher gehen, dass sie ihn richtig verstanden hatte.
„Mit mir auf den 50. Geburtstag meiner Tante gehen“, widerholte der Sänger fröhlich.
Verunsichert schaute Skye zu Jimin.
„Ist das eine Geheimsprache die ich nicht kenne?“
Jimin hob die Augenbrauen.
„Beachte mit wem du redest.“
Skye folgte seinem Blick. Okay, ja.
„Ehm … wieso?“
„Erstens, weil du hier raus musst, deine Herde ist nicht da um auf die aufzupassen und weil du mehr Freunde brauchst. Mal abgesehen davon sind die Freunde meiner Tante recht trinkfest und es ist lustig.“
Gut, das letzte konnte sie dann wieder nachvollziehen.
„Es ist wirklich witzig und Namjoon, Jungkook und ich sind auch dabei – wir ziehen das Durchschnittsalter runter. Sagt Taes Tante.“
Die Amerikanerin hatte immer noch keine Ahnung wie sie in diese Situation gekommen war, aber gut, die schönsten Erinnerungen entstanden aus den blödesten Ideen.
Es war kurz vor der Fernsehaufnahme, da rief Jongin bei Skye an. Sie spielte mit dem Gedanken nicht ran zu gehen, allein schon um einen weiteren Streit aus dem Weg zu gehen.
„Hallo?“
Schweigen.
„Skye?“
„Ja.“
„Oh, ich wollte dich gar nicht anrufen.“
Arsch, dachte sie sich und übte sich in Selbstbeherrschung es nicht auszusprechen.
„Okay.“
„Wie … wie geht es dir?“
„Gut, was macht das Auge? Tut es weh?“
„Nein, nicht sehr. Ich habe nur etwas länger in der Maske gebraucht“, sagte er und lachte leicht. Skye glaubte, dass er log und es doch wehtat, aber auch das verkniff sie sich.
„Wann geht es denn los?“
„In 10 Minuten. Was machst du am Wochenende?“
Also dafür, dass er sie nicht hat anrufen wollen, war er ganz schön gesprächig.
„Hmm… heute Abend treffe ich mich mit Nikolai und morgen gehe ich auf den 50. Geburtstag von Taes Tante.“
Nikolai irritierte Jongin, doch noch mehr irritierte ihn das mit der Familienfeier.
„Du … was?“ Er fing an zu lachen.
„Ja, irgendwas von Inspiration und Alkohol, keine Ahnung. Kookie, Jimin und Namjoon sind auch dabei“, fügte sie hinzu. Schließlich hatte er ja auch gesehen, wie sie mit Tae in eines der Love-Apartments verschwunden war. Was Skye jedoch nicht wusste war, dass Taehyung gestern schon ein Gespräch mit Jongin geführt hatte.
„Hört sich nach Spaß an.“
„Ja, ich denke auch“, erwiderte Skye. Sie sprachen fast normal miteinander. Vielleicht hatte Siwons Schlag irgendwas bei ihm wieder richtiggestellt, vielleicht war etwas verrutscht gewesen. Skye hatte mal so einen DVD Player, der ist manchmal gesprungen und dann hat sie draufgeschlagen und er ging wieder. Andererseits hatte sie auch mal einen Drucker gehabt, der manchmal nicht gedruckt hatte und dann musste man ihn zweimal streicheln und ein Küsschen geben und dann funktionierte er wieder. Ohne Spaß, wahre Geschichte.
Keiner sagte etwas, bis es Skye zu komisch wurde.
„Also, viel Glück bei der Show.“
„Danke. Viel Spaß Morgen.“
Die Amerikanerin saß bestimmt fünf Minuten grübelnd vor ihrem Handy. Hatte er sie wirklich aus Versehen angerufen oder war es nur eine Ausrede, falls sie schlecht drauf gewesen wäre? War es okay die Wahrheit wegen Nikolai zu sagen? Kurz hatte sie überlegt zu sagen es wäre nur Training, doch der Herr hatte sich ja beschwert, dass sie zu viele Geheimnisse hatte.
Nikolai holte sie um 21 Uhr ab. Sie hatte sich nicht zu schick gemacht, denn schließlich war es ja kein richtiges-richtiges Date. Oder doch? Zugegeben, sie war etwas aufgeregt. Im Training kamen sie toll miteinander aus und er sah gut aus, war höflich und liebenswürdig. Sie konnten nirgendwo schick hingehen und würden wohl eher Batman und Batgirl spielen. Nikolai war kein Mann der großen Worte. Er hörte Skye gerne zu, doch er selbst war niemand der reden musste, um Stille zu füllen. Skye fragte gar nicht wo sie hinfuhren und ließ sich überraschen. Vielleicht gab es ein russisches Lokal in Seoul. Russische Küche war lecker, auch wenn Skye oft keine Ahnung hatte was sie da aß. Doch ihr Weg führte sie überraschenderweise nach Bukchon. Verwundert schaute sie sich um, als er anhielt.
„Hier holen wir essen“, erklärte Nikolai und stieg aus, um ihr die Autotür zu öffnen. Skyes Blick fiel auf einen kleinen Paninistand. Sie liebte es wie manche Geschäfte den kleinsten Platz nutzen. In manchen Ländern würde niemand auf die Idee kommen in so einem Eck zwischen zwei Häusern ein Geschäft zu machen. In Großstädten, in denen Platz rar war, wurden die Leute erfinderisch. In Amerika würde man dort einen Blumentopf hinstellen und die Ecke Ecke sein lassen – außer in New York vielleicht.
„Paninis?“, fragte Skye amüsiert. Sie hatte kein Problem mit Paninis, nur irgendwie war sie von etwas komplett anderem ausgegangen.
„Nicht urteilen, bevor du es probiert hast“, erwiderte Nikolai grinsend und Skye hob ergebend die Hände.
„Ich vertraue dir da.“
Sie bestellten sechs Paninis, wobei Skye keine Ahnung hatte wer das essen sollte. Danach fuhren sie keine zwei Minuten mehr. In einer kleinen Straße mitten in den Hanoks blieb er stehen.
„Wohnst du hier?!“
„Leider nein. Ein Freund hat hier ein Hanok und wenn er länger nicht da ist, schaue ich nach dem Hanok.“
Skye fand Hanoks toll, doch darin leben würde sie nur, wenn sie etwas modernisiert waren. Mit Glasfenstern und gescheiten Wänden. Tatsächlich wurden rund um die Hanok Stadtteile viele neumodische Hanoks gebaut. Ihre Decken waren höher als traditionell und sie waren von innen mehr normale Häuser als Hanoks, doch den Touristen fiel das im Zweifel gar nicht auf. Skye hatte eine Freundin deren Eltern in einem Hanok wohnten und zweimal im Jahr wurde das ganze Haus umgestellt – auf Winter und Sommer. Im Winter war es oft ziemlich kalt, auch wenn man die die Fenster halbwegs vernünftig isolierte. Ein Hanok war mehr als eine Unterkunft. Man lebte mit dem Hanok, nicht in ihm.
Nikolai öffnete die Tür und machte das Licht an. Schnell wurde Skye klar, dass er vorher schon hier gewesen ist. Der Tisch war gedeckt mit Salat, Dips und Wein und in dem kleinen Innenhof war Holz gestapelt in einer kleinen Feuerschale. Skye stellt die Sicherheitsbestimmungen einfach mal nicht in Frage.
„Das ist wirklich schön“, sagte sie und schaute sich immer noch um.
„Alles für ein Idol-Date“, neckte er sie.
Dazu kam, dass die Paninis wirklich hervorragend waren. Ihr werdet jetzt denken, dass es hier nur um warme Sandwiches ging, aber hier ging es um viel mehr. Koreanische Geschmacksnerven funktionierten etwas anders als der Rest der Welt. Wenn ihr Beispielsweise in Portugal ein Knoblauchbrot esst, dann würde man das als herzhaft bezeichnen. In Korea sah das Knoblauchbrot perfekt aus und dann brauchte es nur einen Biss um heraus zu finden, dass irgendein Vollidiot es für eine gute Idee gehalten hatte ein Knoblauchbot mit Zuckerwasser einzupinseln. Anfangs denkt man noch, dass es sich hier um verwirrte Seelen handelt, doch irgendwann stellt man fest, dass es in Korea kein herzhaftes Knoblauchbrot gab. Selbst wenn man sich im Supermarkt kleine Knobibrote als Snack holt so war das Brot süß. Wenn man in das Cafe de One Piece ging und sich dort ‚spicy‘ French Fries bestellte, so waren sie etwas scharf – und süß. Chips, süß. Einmal hatte sich Skye ein Panini geholt mit Käse, Schinken und Rührei und dann sah sie, wie der Mann die Innenseite des Baguettes mit Honig einstrich. Skye verstand es nicht und sie hatte es inzwischen aufgegeben herauszubekommen wieso Koreaner süß und herzhaft mischten. Umso mehr freute sie sich über so eine Kleinigkeit wie ein Panini, wenn es genauso schmeckte, wie man es erwartete. Dazu etwas Salat, Cocktailsoße und ein Glas Wein.
Natürlich schafften sie nicht die ganzen Baguettes und als sie sich vollgegessen hatten, machte Nikolai das Feuer an. Vor der Feuerschale lagen auf einer Picknickdecke mehrere Kissen und Decken, denn noch kühlte es abends recht ab. Doch Skye ging zuerst auf Erkundungstour. Sie fand keinen Fernseher und an sich kaum elektronische Geräte, dafür Regale voller Bücher und Schriften. Die Küche war moderner Minimalismus, was etwas aus dem Konzept fiel, doch die Amerikanerin fand die Kombination interessant.
„Was macht dein Freund?“, fragte sie, als ihre Finger das Leder der alten Bücher streiften.
„Er ist Künstler“, erwiderte Nikolai. „Er genießt die Ruhe hier.“
„Das kann ich mir vorstellen“, meinte die Frau und dachte an ihre Insel. In gewisser Weise war ein Hanok auch eine kleine Insel, dass die Außenwelt abschottete. Auf Adavaci hatte sie zwar Fernseher, doch eigentlich waren sie nie an. Selbst wenn es regnete wurde sie der Insel nicht überdrüssig. Wenn es richtig schüttete setzte sie sich auf der Terrasse in die Hängematte mit einem Buch und lauschte dem Regen. Im Moment vermisste sie ihre Insel. Wenn der Weg nicht so weit wäre, würde sie über‘s Wochenende runterfliegen.
Sie schaute sich weiter um und stockte.
„Wo ist das Schlafzimmer?“
Nikolai hob amüsiert die Augenbrauen und bevor er ein freches Kommentar abgab, haute sie ihn auf den Arm. Nur zur Vorsorge.
„Zwei Höfe weiter.“
Skye starrte ihn an.
„Wie zwei Höfe weiter?“
Er nickte in Richtung einer Tür und es stellte sich heraus, dass sie sich weniger in einem Hanok und eher in einem Palast befanden! Skye kam gar nicht darauf klar. Selbst Mini-Hanoks kosten schon ein halbes Vermögen, sie wollte gar nicht wissen, nein, wahrscheinlich konnte man das gar nicht in Zahlen fassen. Die Anlage hatte einen schönen Garten und der Innenhof des Schlaftrakts war kein Hof, sondern ein Pool. Vorher hatte sie ein paar Bücher gesehen, doch hier gab es eine ganze Bibliothek!
„Ya! Ist dein ‚Freund‘ irgendwie Bill Gates oder … der koreanische Präsident?“
Nikolai lachte fröhlich.
„Du scheinst Hanoks wirklich zu mögen.“
Sie kehrten zu der kleinen Feuerstelle zurück und Skye murmelte sich in eine Decke ein.
„Es ist als wenn man ein paar Jahrhunderte in der Zeit zurückgereist ist“, sagte sie und schaute hoch zu dem Mond. Es war inzwischen nach 23 Uhr und die großen Beleuchtungen der Stadt waren ausgeschaltet worden. Um 23 Uhr ging Seoul praktisch in den Energiesparmodus.
Und wie die Stadt dunkler wurde, so wurde es auch kühler. Zumindest um diese Jahreszeit noch. Skye rückte etwas näher an das Feuer.
„Ist dir kalt?“
„Nur etwas“, erwiderte sie lächelnd. Nikolai öffnete seine Decke und Skye nahm die Einladung an und ließ sich von seinen Armen umschließen. Er war so warm und so durchtrainiert und dann roch er auch noch so gut. Sie drehte den Kopf zu ihm, um etwas zu sagen.
„Nikolai“, doch weiter kam sie nicht und er küsste sie. Zugegeben, Skye wusste schon welche Signale sie sendete und doch hatte sie der Anruf vorhin mit Jongin aus dem Konzept gebracht. All das war einfacher, wenn sie sauer auf ihn war und er nicht die ganze Zeit in ihrem Kopf umherschwirrte. Nikolai war grob und zärtlich zugleich. Irgendwann hob er sie einfach hoch und trug sie rein. Sanft legte er sie auf einer Ansammlung von Kissen ab und küsste sie wieder. Seine Hände begannen sie zu entkleiden. Kalt war ihr jetzt nicht mehr. Sie wusste, dass er einen tollen Körper hatte, doch ihn jetzt nackt zu spüren war noch mal etwas anderes.
Und so stand er vor ihr, perfekt und nackt und Skye konnte nicht. Sie wusste jetzt die Reißleine zu ziehen war mehr als unangebracht, doch sie konnte einfach nicht. Er holte gerade ein Kondom aus seiner Hosentasche, als Skye aufstand.
„Es tut mir leid.“
Verwirrung lag in seinen Augen, doch dann wurde sein Blick sanft.
„Es ist okay, es ist zu früh.“
Wie konnte er jetzt auch noch verständnisvoll sein? Skye hätte sich sofort auf ihn stürzen sollen. Jeder andere Kerl wäre sauer, mit so wenig Blut im Kopf und so großen Erwartungen, doch er nicht.
„Soll ich dich nach Hause fahren?“
„Nein, nein … ich nehme mir ein Taxi.“
Er versuchte nicht es ihr auszureden und die Amerikanerin warf einen letzten Blick unter die Gürtellinie. Sie hätten so viel Spaß haben können.