Als Mia aufwachte waren es nur noch zwei Stunden Flug. Jihoon saß auf ihrem eigentlichen Platz mit seinem Laptop und machte irgendwas.
„You know that’s not fair, I had to leave everything behind“, meinte sie verschlafen und streckte sich. Er reichte ihr einen Orangensaft, den sie dankend entgegen nahm.
„Du hast einen ganz schön festen Schlaf“, stellte er fest.
„My body is like a machine, it works and works and works but as soon as my body figures that I can actually sleep it just takes it all.“
Mia liebte schwachsinnige Metaphern, traf damit aber meistens ins Schwarze und auch Jihoon lachte.
Die kommenden zwei Stunden verbrachte Mia damit die ausgefallenen Mahlzeiten aufzuholen, zumindest Ryeowook würde auf sie stolz sein. In ihren Gedanken fragte sie sich was die anderen jetzt wohl trieben. Wahrscheinlich gingen die anderen gerade Schlafen, bei ihnen ist es vielleicht 4 Uhr morgens, Mia wusste es nicht genau. Diese Zeitzonen waren eine ganz schon verwirrende Sache, doch da Mia jahrelang in der Flugdisposition gearbeitet hatte, wo man alle Zeiten nur in UTC bekam und dann auf Lokalzeit umrechnen musste, blickte sie meistens durch. In Deutschland war es zum Beispiel jetzt später Abend.
Es war das erste Mal das Mia nach Amerika flog. Dementsprechend hibbelig war sie bei der Einreise, all diese komischen Fragen. Normalerweise würde Mias Sarkasmus es zulassen bei der Frage ob sie Terrorist sei ‚ja‘ anzukreuzen, doch Jihoon schielte zu ihr rüber als würde er wissen was sie dachte und gewissenhaft machte sie ihr X bei ‚no‘. Nicht auszudenken wie der Anruf bei Kim enden würde:
„Hi Kim, ich wollte nur sagen ich werd ne Zeit lang nicht da sein.“
„Wieso?“
„Weil ich im Gefängnis bin.“
„Du bist doch nicht schon wieder Bus gefahren?!“
Und im Hintergrund würde man Kyuhyun hören ‚Beuka Mecker, beuka mecker‘ – ja meckern konnte er toll. Sie schüttelte unmerklich den Kopf und füllte das Formular fertig aus. Und dann betrat sie amerikanischen Boden.
„URLAUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUB!“, rief sie fröhlich und sprang hoch, alle drehten sich nach der verrückten deutschen die Koreanisch sprach um, doch Mia war es egal.
Jihoon betrachtete grinsend seine Freundin, schnappte sich dann ihre Hand und sie holten den Mietwagen. Da sie beide nicht viel dabei hatten – besser gesagt nichts bis wenig – fuhren sie in ein Outlet. Jihoon war schon öfters in Los Angeles gewesen und kannte sich aus. Also gingen sie shopppen. Klamotten, Dessous, Badesachen, Pflegeprodukte. Jihoon kannte die Läden, Mia die Produkte. Sie hatte schon immer viele amerikanische Freunde gehabt, die mit ihr in die amerikanischen Einkaufzentren in Deutschland gefahren waren, in denen offiziell nur Amerikaner einkaufen durften. Besonders bei Victoria Secret tobte Mia sich aus, von den Preisen her war es wie H&M in Deutschland und in der ‚Pink‘ Kollektion gab es viele süße Pullover, Jogginganzüge und Pyjamas.
„Schatz, du musst nur das kaufen, mehr musst du nicht anhaben“, sagte Jihoon spitzbübisch als er einen String aus ihrem Einkaufskorb zog. Mias schubste ihn leicht, lächelte verlegen.
Als sie aus dem Outlet raus kamen, war Mia sich sicher dass sie die drei Koffer ohne Probleme nun gefüllt hatten, sie mussten sich also für die kommenden Tage Hausarrest geben.
Als sie an dem kleinen Strandhaus an kamen war es bereits 20:30 Uhr. Das Haus gehörte einem Freund von Jihoon, der es nur als Ferienhaus nutzte. Es war nicht groß. Man kam hinein und stand praktisch im Wohnzimmer. Links war eine offene Küche und das Bad, rechts war das Schlafzimmer. Geradeaus war eine große Terrasse und eine Treppe führte direkt an den Strand – Mia liebte es.
Zuerst gingen sie duschen, während Jihoon noch im Bad war setzte Mia sich auf die Terrasse und beobachtete das Meer.
Der Tag im Super Junior Dorm hingegen war etwas stressiger. Leeteuk wurde geweckt, als Heechul anfing ihn mit einer Zeitung auf den Kopf zu schlagen. Es brauchte zwei Schläge, da zog Leeteuk die Decke über den Kopf, doch das hinderte Heechul nicht.
„Du – Trottel – du – bist – nicht – hilfreich – bei – meinen – Plänen – Jihoon – zu – zerstören!“ Mit jedem Wort verpasst Heechul einen Schlag mit der Zeitung. Eunhyuk öffnete die Augen, irritiert von der Situation.
„Wasisbassiert?“, brabbelte er und bekam von Heechul die Zeitung entgegen geworfen.
Auf dem Titelblatt waren Bilder von Leeteuk und Mia, wie sie sich umarmten und Händchen hielten.
„Wann war das?“
„WAS DENN?!“
Nun war Leeteuk wach und fragte sich für was er gerade verprügelt wurde. Er stand auf und schnappte sich die Zeitung aus Eunhyuks Händen. Ungläubig schaute er auf die Bilder.
„Das war gestern Abend … man sind die Journalisten schnell.“
Es waren Bilder vom Vorabend, als Mia Leeteuk auf dem Parkplatz gefunden und getröstet hatte.
„Kim rastet halt so aus! Erst dieses Telefonat und nun das!“, sagte Heechul genervt.
„Das Interview ist geklärt, SM hat veröffentlicht das es aus dem Zusammenhang gerissen ist“, meinte Eunhyuk.
„Klar, doch wer glaubt das schon? Und nun das?!“
Leeteuk wusste dass es Ärger bedeuten würde und fuhr sich durch die Haare. Das war doch alles Käse. Ihm war es schlecht gegangen und sie war da gewesen, hatte ihn aufgemuntert, wieso sollte einer von ihnen bestraft werden? Irgendwie hatte er auch Lust auf Urlaub.
Beim Frühstück waren ausnahmsweise mal alle da gewesen, in solchen Situationen war das Frühstück ihre Geheimratssitzung, bevor sie sich irgendjemand anderes stellen mussten.
„Also unten steht die Presse“, berichtete Ryeowook der sich kurz auf den Balkon getraut hatte und sich nun wieder zu den anderen setze.
„Nehmt es mir nicht übel, aber ich bin froh das ich nicht der Einzige bin, der für Skandale sorgt“, wand Hangeng ein und bekam von Eunhyuk eine Tomate entgegen geworfen.
„Das Eun-Teuk Telefonat, Hangeng, Mias Affäre mit Teukie – sagt was ihr wollte, auch schlechte Presse ist eben Presse. Wir sind so präsent in den Medien wie lange nicht mehr, ‚Let the beat drop‘ hat die Verkaufszahlen von ‚No other‘ gestern überholt und ‚No other‘ war ziemlich beliebt gewesen. Man kann also nicht von schlechter Werbung sprechen“, meldete sich Kyuhyun der auf seinem Laptop irgendeine Statistik aufgebaut hatte. Ryeowook und Eunhyuk lehnten sich rüber und versuchten daraus schlau zu werden.
„Was ist das?“
„Eine Statistik von Mia, die sie mal aus Langeweile gemacht hat. Alle unsere Singles, Alben, Tickets, Bücher, DVD und Homepageklicks, unterteilt nach Wochen, für die vergangenen zwei Jahre, damit man sehen kann wann wie so ein Schwung ist, um dann zu analysieren woran es lag.“
„Wahnsinn“, meinte Eunhyuk nur.
Kyuhyun war leicht genervt, es ging nicht um die Statistik.
„Was ich damit sagen will ist dass wir viel im Gespräch sind und das ist generell nicht schlecht – solang keine Fahrerflucht, Alkohol am Steuer oder Schlägerein im Spiel sind“, ein kleiner Wink an Kangins Vergangenheit „dennoch – Kim wird dich töten“, meinte er zum Bandleader.
„Gut dass ich Hausarrest habe“, grummelte Leeteuk und nahm sich noch mal die Bilder vor.
„Egal was passiert, Mia soll davon nichts erfahren, okay? Sie soll einfach mal ein paar Tage frei haben, der Stress wird am Sonntag auch noch da sein“, schlug Ryeowook vor. Die anderen nickten, ja, nur weil sie Stress hatten, konnten sie Mia trotzdem den Kurzurlaub gönnen.
Von all dem ahnte Mia nichts, kein Internet, kein Laptop, nur sie, der Ozean und Jihoons Lippen in ihrem Nacken, als er fertig mit duschen war.
„Wollen wir etwas essen gehen?“, fragte er sie und hob sie hoch um sie halb durch das Haus zu tragen.
Nicht weit weg von ihnen war ein Pier mit Restaurants und Shops. Mia war sich sicher, dass sie noch nie so viele Shrimps gegessen hatte wie an diesem Tag. Sie saßen draußen, tranken Wein und aßen sich den Wanst voll, Mia war so richtig zufrieden mit sich und der Welt.
„Was macht dein Finger?“
Mia betrachtete die Schiene um ihre Hand, das Andenken aus Amsterdam.
„Es wird besser“, und das musste es auch, denn ab nächste Woche würde sie um das Pyramidenbauen nicht mehr wirklich herum kommen und einen gebrochenen Finger brauchte sie so gar nicht.
„By the way, I forgot to thank you … for this trip.“
„You’re welcome“, entgegnete er lächelnd. In Momenten wie diesen stellte Mia ihre Beziehung nicht in Frage, verglich ihn nicht mit Donghae und fragte sich nicht ‚was wäre wenn…?‘, in Momenten wie diesen war alles in Ordnung. Und doch, jedes Mal wenn Mia raus auf den Ozean schaute und die Wellen hörte, hörte sie Donghaes Stimme in ihrem Kopf, der ihr sagte dass er sie liebte.
Zu Hause in Seoul wurde es Leeteuk und Eunhyuk schnell langweilig. Bis auf Ryeowook waren alle weg. Fotoshootings, Radiotermine, Radiosendungen, Fernsehsendungen, Zeitungstermine, sonstige Termine – selbst Hangeng war weg. Eunhyuk und Leeteuk hätten sich freuen sollen, die Zeit nutzen sollen für irgendetwas Sinnvolles, stattdessen langweilten sie sich ziemlich schnell.
„Wir müssen irgendetwas tun“, meinte Eunhyuk der nun schon dreimal durch das Fernsehprogramm gezeppt hatte und nichts fand was ihn interessierte.
„Ich hab eine Idee!“ Wie aus dem Nichts sprang Wookie auf und erschreckte die anderen beiden zu Tode.
Die beiden anderen tauschten einen fragenden Blick aus.
„Idee?“
„Wir dekorieren Mias Zimmer.“
Wieder schauten sich Teukie und Hyukie fragend an.
„Ja, wir ver …superjuniorisieren ihr Zimmer.“
„Super!“, kam es plötzlich von den anderen beiden.
„Warte … wieso?“ Es war Eunhyuk der auf dem Schlauch stand.
„Erstens, damit sie uns nicht vergisst, zweitens damit Jihoon nicht vergisst das wir immer da sind und drittens damit sie sich wie zu Hause fühlt. Sie bleibt jetzt hier und ihr Zimmer ist noch so kahl. Ich glaube sie hat es mit Absicht gemacht um sich nicht zu sehr wie Zuhause zu fühlen, weil sie ja dachte dass sie wieder weg geht. Deswegen müssen wir das Zimmer etwas … personalisieren.“
Das klang plausibel
Da die anderen beiden die Wohnung nicht verlassen konnten, musste Ryeowook sich alleine raus schleichen um in ein Kaufhaus zu fahren. Leeteuk und Eunhyukshi wühlten sich derweil durch die ganze Wohnung um alles Mögliche, was nach Merchandising aussah, zusammen zu tragen um dann später zu entscheiden was sie tatsächlich gebrauchen würden. Dabei wurden auch ziemlich viele Erinnerungen wach, wenn sie über alte Fotos und Bücher stolperten, Artikel noch einmal durchlasen und sich anschauten, was sich in den letzten Jahren alles zusammen gesammelt hatte.
Nach zwei Stunden kam Ryeowook wieder. Zuerst kam die Tür. Als Super Junior M das Lied ‚Me‘ rausgebracht hatten, hatten sie im Video ja mit überdimensionalen Buchstaben gespielt. Es hatte ein Fotoshooting gegeben mit allen Buchstaben, die später als Sticker rausgekommen waren. Damit formten sie erst mal ein Türschild. Siwon lehnte cool an dem ‚M‘, Donghae hatte einen Ball über dem Kopf und stellte selbst das ‚i‘ dar und Kyuhyun hatte sein Kopf durch die Mitte des ‚A’s gesteckt. Zufrieden betrachteten sie die Tür.
„Ich finde wir sollten für alle solche Namensschilder machen“, überlegte Eunhyuk der das wirklich lustig fand.
„Ich such die Adresse und bestell Nachschub“, erwiderte Ryeowook zuversichtlich. Dann ging es ins Zimmer. Zuerst wurden Bumpkin und Pancakes in einen neuen, blauen Käfig umgesiedelt. Das Problem dabei war, war das sie die Kaninchen kurz aus den Augen ließen und Bumpkin sich unter dem Bett versteckte, was nicht so gut war, weil es zu niedrig war um darunter zu kriechen. Leeteuk lag mit einer Karotte vor dem Bett und versuchte das kleine, pelzige Ding hervorzulocken. Das gab er aber nach zwanzig Minuten wieder auf und während Eunhyuk und Leeteuk das Bett an einer Seite anhoben, fing Ryeowook den Ausreißer wieder ein.
Wookie hatte Bilderrahmen geholt, in denen man Poster unterbringen konnte, die Frage war jedoch: Welche?! Sie saßen vor einem Stapel Poster der vergangenen sechs Jahre, es waren weit über hundert verschiedene, Einzelaufnahmen, Portraits, Gruppenbilder.
„Das ist unmöglich! Wir könnten die ganze Wohnung mit Postern tapezieren“, gefrustet blätterte Leeteuk durch einen Stapel.
„Wir müssen logisch vorgehen, also ich mag das Bonamana Gruppenbild auf der Treppe und dann könnten wir ja noch ein Bild von…“, begann Eunhyuk.
„Donghae! Wir müssen eins von Donghae nehmen“, unterbrach in Wookie.
„‘Mir‘ wollte ich sagen, aber gut, mit Donghae kann ich auch leben.“
Leeteuk haute Eunhyuk ein gerolltes Poster auf den Kopf. Schließlich einigten sie sich doch noch auf ein Bild von Donghae, das Eunhyuk provokant über Mias Kopfteil auf hing. Zur gleichen Zeit arbeitete Leeteuk an einer Pinnwand mit ganz vielen Bildern von ihr und der Band, von Mia mit SHINee und bei Auftritten, Erinnerungen die sie gesammelt hatten und die sich mit Hilfe eines Fotodruckers leicht verewigen ließen. Es waren nur private Bilder, die mit ihren Handys oder Kameras geschossen hatten.
Ryeowook hatte ein ganz eigenes Projekt. Er baute ein Mobilee aus Super Junior Leuchtstäben und hing es über ihrer Kommode mit dem Spiegel auf. Eunhyuk und Leeteuk standen vor dem Ding und betrachteten es.
„Man muss zwar alle Stäbe einzeln einschalten, aber ich find es hübsch.“
Sie wiedersprachen Wookie nicht und hängten stattdessen lieber einen SHINee Kalender auf. SHINee Kalender? Ja, sie wollten nicht zu besitzergreifend sein.
Dann holte er eine Tüte die voll und voll mit Sternen war die im Dunklen leuchten.
„Was machen wir damit?“, fragte Leeteuk und nahm einen Bogen in die Hand.
„Ich dachte wir könnten ‚M81‘ mit Sternen an die Decke machen.“
„Und ich dachte dieses Zimmer soll ein Tribut an uns werden“, warf Eunhyuk ein.
„Hast du eine bessere Idee? Die anderen kommen frühestens in drei Stunden“, gab Ryeowook zurück.
„Na gut“, sagten die beiden anderen gleichzeitig und besorgten sich Stühle und Leitern um an die Decke ran zu kommen.
In L.A. machten sich Jihoon und Mia auf den Weg nach Hause. Sie waren nicht wirklich müde, wollten aber die neu gewonnene Zweisamkeit ausnutzen. Mia ging in die Küche und machte ihnen Popcorn. Jihoon schlich sich von hinten an sie ran und begann ihren Nacken zu küssen. Grinsend drehte sie sich um und küsste ihn. Beide wurden aufgeschreckt als sie feststellten dass kein Deckel auf dem Topf war – das aber das Popcorn herzlich wenig interessiert.