EXO trainierten bis kurz nach 22 Uhr und fuhren dann in ein Restaurant unweit des Dorms. Obwohl sie heute wenig gegessen hatten, hatte keiner übermäßig Hunger. Trotzdem stand der ganze Tisch voll. Sie redeten, lachten, tranken und aßen – es war ein schöner Abend.
Zwei Vans fuhren die Bandmitglieder zum Dorm und Skye verabschiedete sich bis Morgen, denn noch wussten sie nicht, dass sie wieder in ihrer Wohnung schlief.
Sie wartete also ein paar Minuten und fuhr dann in die gleiche Richtung, nur dass sie ihren Wagen in einer Seitenstraße abstellte.
Skye ging noch schnell in den Supermarkt um ein paar Dinge einzukaufen, als sie Noah begegnete.
„Will ich wissen wieso dein Auto in der Seitenstraße steht?“, fragte er und grinste verschmitzt.
„EXO denken ich wohne dort nicht mehr“, erklärte sie.
„Aber du wohnst noch hier?“
„Ja, aber auch erst seit gestern Nacht.“
„Wie kommt’s?“
„Probleme mit dem Nachbar.“
Noah fing an zu lachen ohne die Geschichte zu kennen.
„Und nun?“
„Breche ich in meine Wohnung ein. Wie ein Ninja.“
Für den Wachmann hatte sie Hühnchen besorgt. Rein kam sie ja, sie wollte nur nicht, dass es jemand anderes wusste.
Dann schlich sie im Schatten hinter das Gebäude, wo die Feuerleiter war. Fynn kam auch über diesen Weg. Nur Fynn war größer. Skye schaute zur Leiter hoch, die nicht bis ganz zum Boden reichte. Die Leiter war auch eher dafür gedacht aus dem Gebäude raus zu kommen, nicht umgekehrt und wenn es brannte, konnte man sich auch 2,5 Meter fallen lassen. Doch sie war Turnerin! Also nahm sie Anlauf und sprang, sie erwischte die zweite Sprosse der Feuerleiter und knallte gegen die Hauswand.
„Au…“, jammerte sie ganz leise und begann sich hochzuziehen.
Über das Dach gelangte sie in ihre Wohnung, denn sie hatte heute Morgen das Fenster ein Stück aufgelassen. Sie machte die Taschenlampe in ihrem Handy an und lief ins Bad um dort Handtücher zu holen um diese vor die Eingangstür zu legen.
Ihre Wohnung ging nach hinten raus, das EXO Dorm in den Innenhof und nach vorne. Das Dorm von Super Junior war auf der Straßenseite und Changmins Wohnung hatte ebenfalls den Blick nach vorne. Das einzige, was sie verraten könnte, wäre der Lichtstrahl vor der Eingangstür.
Erst jetzt traute sie sich das Licht anzumachen. Auf dem ersten Blick sah sie, dass sie wohl doch etwas härter an die Wand geknallt war und sich an der Hauswand den Oberarm aufgeschürft hatte und auf dem zweiten Blick erschreckte sich zu Tode, als sie Taehyung am Esstisch sitzen sah. Er konnte froh sein, dass sie ihn nicht mit ihren Ninjareflexen angegriffen hatte.
„Bist du völlig wahnsinnig?! Wieso sitzt du denn hier im Dunkeln?!“
„Das Fenster war auf.“
„Und wieso hast du nichts gesagt, als ich gekommen bin?“
„Ich dachte du wärst ein Einbrecher und habe mich zum Angriff bereit gemacht“, erklärte er ihr ruhig. „Du solltest nicht das Fenster auflassen.“ Nun tadelte er sie auch noch!
„Ich habe das Fenster für mich aufgelassen, nicht für dich!“
Es war unfassbar, was in diesem Irrenhaus los war.
„Was willst du eigentlich hier?“
„Ich habe auf dich gewartet.“
„Hier, im Dunklen?“
„Die Gedanken an dich haben mein Herz erleuchtet“, erwiderte er grinsend und hielt sich dabei das Herz. Skye fing an zu lachen.
„Süß … und jetzt raus hier.“
„Was?!“ Taehyung schaute sie schockiert an.
„Ernsthaft, ich habe Nikolai schon abgesagt, ich brauche Schlaf.“
„Aber … ich kann hier schlafen …“
„Raus!“, sagte sie wieder und deutete auf das Fenster – die Tür ging ja nicht, stellt euch mal vor jemand würde ihn sehen!
Und tatsächlich, Skye hatte den Rest der Nacht nur für sich gehabt. Sie war duschen gegangen und hatte sich dann direkt ins Bett gelegt – mit Rose und Dimitri. Sie war inzwischen an einer total spannenden Stelle und fieberte total mit. Schließlich überkam sie doch der Schlaf und sie schlief mit ihrem Kindle im Arm ein.
Heute war Freitag, tatsächlich war es sogar Karfreitag. Skye war so viel in der Weltgeschichte unterwegs, dass sie sich kaum noch an diese Feiertage erinnerte. Weihnachten hatte sie immer geliebt, doch ohne Familie machte Weihnachten ihr keine Freude und so hatte sie aufgehört den Feiertagen große Beachtung zu schenken. Zudem war es ja nicht so, als hätte Karfreitag irgendeine Auswirkung auf das Geschäftstreiben in Korea. An den großen, koreanischen Feiertagen, wie Chuseok und Seollal, merkte man, dass weniger los war. An Chuseok wurde es tatsächlich auch in einer Stadt wie Seoul etwas ruhiger. Es gab sogar Läden, die geschlossen hatten, doch die Einkaufsviertel, die großen Supermärkte und die Einkaufszentren hatten offen. Wahrscheinlich fiel es einem Touristen, der nichts von Chuseok wusste, noch nicht einmal auf.
EXO hatte heute gar nicht so viel auf dem Plan. Training, Fitness, Training. Übermorgen war Videodreh, bis dahin musste alles sitzen, auch wenn Skye sich da keine Gedanken machte. Die Agentur die das Video drehen würde, kümmerte sich um die meisten Sachen und gestern hatte Skye noch einmal alles abgesprochen, so dass es nicht viel für sie zu tun gab.
Bevor sie zu Exo ging, ging sie zu Super Junior. Sie hatte das Gefühl sie ewig nicht mehr gesehen zu haben, dabei lief man sich ja eigentlich ständig über den Weg.
Kyuhyun, Siwon und Eunhyuk waren wach und saßen im Wohnzimmer verteilt.
„Welch seltener Gast“, kommentierte Kyuhyun.
„Skye!“ Da war bei Eunhyuk schon etwas mehr Freude. „Bist du wieder da … also in deiner Wohnung?“
„Nein“, erwiderte sie lächelnd und ging auf die Kaffeemaschine zu.
„Willst du nicht wieder hier wohnen?“, bot er an.
„Sie ist ausgezogen, weil sie mehr Privatsphäre will, welche sie hier erst recht nicht hat“, meinte Siwon und kam zu den anderen an den Esstisch.
„Du hältst dich da raus, es ist deine Schuld, dass sie überhaupt bei uns ausgezogen ist!“, fuhr Eunhyuk Siwon an, der seinen Bandkollegen ungläubig anstarrte, während Skye und Kyuhyun anfingen zu lachen.
„Ich habe Jongin ein blaues Auge verpasst!“, verteidigte sich Siwon. Er hatte Kai gut erwischt, inzwischen war es eher Grün, die Make Up Artists gestern haben gut geflucht.
„Nur damit du dich als Held präsentieren kann! Immer nur du, du, du – denk doch auch mal an uns!“, machte Eunhyuk ihn weiter an und Skye streichelte ihm beruhigend über den Rücken.
„Tief durchatmen …“
„Wenn Eunhyuk sich nicht halten kann, kann es nur eins bedeuten …“, sagte Leeteuk und kam die Treppe runter.
„Oppa!“
„Ach und ich bin kein Oppa!“, beschwerte sich nun Eunhyuk direkt bei Skye. Die Amerikanerin schaute unsicher von Eunhyuk zu Leeteuk, bis Siwon kam und Eunhyuk wegzog.
„Komm, trink doch erst einmal ein Kaffee…“, redete Siwon ruhig auf ihn ein.
„Ich habe gehört du singst am Samstag auf der Versteigerung?“, erkundigte sich der Bandleader.
„Ja, ich weiß nicht auf wessen Mist das gewachsen ist, aber kneifen werde ich nicht.“
„Baekhyun“, erwiderte der Chor.
„Bitte was?“ Wie Baekhyun? Als sie ihn um Hilfe gebeten hatte, hatte er so getan, als wüsste er von nichts.
„Er hatte es vorgeschlagen“, erklärte Siwon. „Ich bin gespannt. Alle sagen immer wie gut du singst und ich habe dich noch nie singen gehört.“
„Das hätte sich auch anders regeln lassen können …“, erwiderte Skye. Sie wusste nicht ob sie sauer auf ihn war oder nicht – das kam wohl ganz auf seine Intention an. Wollte er, dass sie sich blamierte oder war er wirklich der Meinung, dass sie gut genug war um bei dem modernen Menschenhandel genug Geld für wohltätige Zwecke einzutreiben?
„Ich bin jedenfalls gespannt“, sagte Leeteuk lächelnd.
„Lass doch mal hören“, forderte Kyuhyun.
„Nein, ich kann vor dir nicht singen!“ Er war so ein toller Sänger, er sang mit so einer Leichtigkeit. Sie genierte sich etwas vor diesen Sängern, die schon so lange im Geschäft waren.
„Was?“, der Sänger lachte fröhlich. „Ich habe gehört du singst in Strip-Clubs und in Karaokebars und ICH mache dir jetzt Angst?! Wirklich Skye, du brauchst eine bessere Ausrede, auf, holt dem Mädchen eine Gitarre.“
Siwon sprang auf um seine Gitarre zu holen und die Amerikanerin ließ den Kopf hängen. Aus der Nummer kam sie wohl nicht mehr raus. Wenigstens hatte sie eine Gitarre. Es war ein bisschen wie ein Panzer. Alle waren etwas näher herangerückt. Sie hätte gerne gefragt, ob sie sich umdrehen könnten, doch Skye wusste es würde nichts nützen.
So begann sie ihre englisch-koreanische Interpretation von ‚Give me love‘. Anfangs noch nervös begann Skye sich etwas zu entspannen, als sie in die Gesichter der Musiker schaute. Als sie fertig war klopften die vier auf den Tisch.
„Also du darfst dich bitte nie mehr von irgendjemand einschüchtern lassen, das war der Wahnsinn“, lobte sie Kyuhyun. Skye war irgendwie warm geworden.
„Ja, du singst besser als Leeteuk – willst du nicht zu Super Junior kommen?“
Für diesen Spruch schubste Leeteuk Eunhyuk von der Bank.
Das Training fand in der Hall auf dem Gelände statt, also hatte Skye es nicht weit.
Exo waren gerade in die Halle gekommen und platzierten ihre Taschen an der Wand.
„Bae, hast du kurz?“
Der Sänger schaute fragend auf und auch Jongin hatte die beiden im Blick. Gemeinsam gingen sie zu den Umkleiden.
„Ich weiß was du getan hast.“
„Ich habe ziemlich viel getan, du musst schon etwas genauer werden“, erwiderte er cool.
„Du hast mich bei der Versteigerung angemeldet.“
„Ja.“ Er stritt es noch nicht mal ab, das machte Skyes Argumentation kaputt.
„Wieso hast du mir das nicht gesagt?“
„Weil du nicht gefragt hast“, meinte er. Die Assistentin verschränkte die Arme.
„Ist das so ein Ding wo du mir zeigen wolltest, wie Jongin sich wohl gefühlt hat?“ Jetzt versuchte er es tatsächlich mit Psychologie.
„Vielleicht – bist du sauer auf mich?“
„Weiß ich noch nicht, dass kommt auf deine Intention an.“
Baekhyun fing an zu grinsen.
„Was könnte man Intention gewesen sein?“
„Na entweder willst du, dass ich auf die Nase fliege – aber dann verstehe ich nicht wieso du mir geholfen hast oder du denkst, dass ich erfolgreich sein könnte.“
Sie schauten einander einen Moment lang an.
„Oder ich habe dich nur vorgeschlagen um dafür später die Lorbeeren zu ernten und ich habe dir geholfen, damit du nicht komplett versagst“, sagte er nach einer Pause.
„Ich glaube dir nicht.“
„Glaube was du willst.“ Und damit ging er zurück zu den anderen.
Skye saß mit ihrem Laptop auf dem Schoß und schaute mit einem halben Auge dem Training zu. Sie waren wirklich gut. Chaotisch, ja und manchmal würde sie sie gerne würgen, aber wenn es um die Arbeit ging, nahmen sie es schon ernst. Wahrscheinlich, weil SME sie auch sonst auspeitschen würde. Es gab nur eine Handvoll Bands die Jahre in diesem Business überlebten und sich von der Masse absetzten. EXO gehörten dazu, genauso wie BTS. Sicher, man hatte gute Chancen erfolgreich zu sein, wenn man bei einem der großen Entertainments unterkam, doch das war noch lange kein Freifahrtsschein. Allein schon die Castings bei YG, SME oder JYP waren viel härter, als bei kleineren Entertainments und es bewarben sich auch viel mehr Leute. Dazu kamen die Agenten, die nach Talenten suchten. Skye wusste nicht wie die Statistik war, wie viele Trainees freiwillig das Handtuch schmissen oder rausgeworfen wurden, aber sie wusste, dass SME über 100 Trainees hatte und nur alle paar Jahre wurde eine neue Band veröffentlicht. Das NCT Konzept hat die Hoffnung von so manchen Trainees gehoben, aber man wusste bei NCT nie wirklich wie lange man in der Band war und der Profit wurde unter ziemlich vielen Leuten aufgeteilt. Manche Leute verbrachten ihre komplette Jugend in diesen Trainingslagern und kamen nie groß raus. Es gab keine Garantie. Und wenn man dann in eine Band kam ging es erst richtig los. Kein Privatleben mehr, nicht mehr essen was man will, 28 Stunden am Tag unterwegs.
Sie schaute zu ihren Schützlingen. Im Endeffekt war Skye nur ein Tourist für drei Monate. Sie hatte knapp die Hälfte ihrer Zeit als EXO Assistentin hinter sich gebracht, doch sie lebten mit diesem Leben schon seit Jahren. Nein. Idol wäre auch nichts für sie.
Was passierte eigentlich, wenn ihr Vertrag auslief? Zumindest das mit Jongin würde einfacher werden, wenn sie nicht ständig aufeinander hockten. Und dann wäre sie wieder für Mia zuständig. Sie mochte Mia, wirklich. Nächsten Monat würden sie nach Portugal für die Dreharbeiten fliegen.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Hallentür aufging und Nikolai hineinkam. Er schaute sich in der Halle um und sah Skye, die den Laptop zuklappte.
„Hey, was machst du hier?“, fragte sie und kam vor ihm zum Stehen.
„Mia hat gesagt du hast heute nicht viel zu tun und ich dachte mir, wir könnten etwas trainieren.“
Mia … Skye schaute zum Training der Jungs. Das Mittagessen war mindestens noch drei Stunden entfernt.
„Klar, ich ziehe mich nur schnell um.“
Jongin beobachtete sie Skye und dieser russische Kampfsportler die Halle verließen und ihm fiel auf wie er seine Hand auf Skyes unteren Rücken legte. Es sollte ihn nicht stören, aber es war einer dieser wenigen Momente, wo er einen Schrittfehler macht und in Chanyeol reinknallte.
Skye dachte ja, dass ‚Training‘ nur ein Codewort war, doch als in ihrer Wohnung ankamen blieb er im Eingangsbereich stehen. Skye zögerte, was Nikolai auffiel.
„Was ist los?“
„Ich dachte … schon gut …“ Sie musste über sich selbst lachen und nun verstand er worauf sie anspielte.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Er kam auf sie zu und zog sie in seine Arme.
„Wer bringt dir so komische Sprichworte bei?“, fragte sie. Seine Lippen fanden ihre und für einen Moment versanken sie ineinander.
„Okay, umziehen, los geht’s“, sagte er als er den Kuss beendete. Unfassbar, normalerweise würde sich kein Kerl von so einer Situation losreißen können!
Zuerst gingen sie wieder joggen, wobei Nikolai begriffen hatte, dass Skye eine gewisse Motivation brauchte. Er hoffte nur, dass im Ernstfall ihr Leben Motivation genug war um wegzulaufen. Sie rannte bis zu einem Eisladen, der ungefähr 15 Minuten vom Dorm weg war.
„Ich zahle“, stellte sie direkt klar und Nikolai diskutierte bei Eiscreme auch nicht mit ihr.
„Schokolade und Vanille, ernsthaft?“ Skye schaute ihn fragend an. Der Eisladen hatte knapp 50 verschiedene Eissorten. Sie versuchte jedes Mal andere zu nehmen, bis sie alle durchhatte.
„Ich mag es klassisch“, erwiderte er. Die Amerikanerin schaute auf ihr Eis. Unicorn Strawberry mit Glitzer und Care Bear Melon, mit einem Regenbogen.
„I like it crazy“, gab sie zu, wobei das so nicht stimmte. Nichts ging über ein gutes Schokoladeneis, aber bei all den Sorten konnte man doch auch etwas experimentieren, oder?
Sie setzten sich für das Eis runter an den Hangang. Es wehte eine leichte Brise und die Tage wurden immer wärmer. Skye hoffte, dass wenn sie von Korsika wiederkamen, sie schon oben auf ihrer Dachterrasse sitzen konnte, ohne Heizdecke.
Nachdem sie zurück waren gingen sie in die Halle trainieren, denn genug Platz hatten sie dort. Was sie nicht so wirklich kalkuliert hatten war, dass sie EXO ziemlich ablenkten. Überwiegen Skye. Sie war recht gut geworden und natürlich war Nikolai größer und stärker, doch manchmal schaffte sie einen Überraschungsangriff und trat Nikolai die Beine weg oder schmiss ihn um. In diesen Momenten fing die Band an zu jubeln, was der Choreograf nicht so toll fand und irgendwann ließ er die Trennwand runter.
Als das Essen kam hörten alle auf zu trainieren, auch Skye und Kolya. Es war genug Essen für alle da und gemeinsam saßen sie draußen im Hof, in der Sonne.
„Und ich dachte immer Koreaner haben Angst vor der Sonne“, murmelte Skye, die ja gerne in der Sonne war.
„Wieso?“, wollte Xiumin wissen.
„Na ja, weil Vampire ja in Flammen aufgehen, wenn sie in die Sonne kommen“, erklärte Skye. „Deswegen hat ein guter Koreaner auch immer einen Schirm dabei. Entweder es regnet oder die Sonne scheint.“
Die Sänger protestierten. Tatsächlich waren sie gerne in der Sonne. Nun gut, dann waren es wohl eher die Frauen, die Angst hatten braun zu werden und die Männer hatten eben Daylight Rings. Wie bei ‚The Vampire Diaries‘.
Sie saßen zusammen und aßen. Chen und Chanyeol quetschten Nikolai aus und wollten nun auch Unterricht nehmen.
„Ihr dürft nicht vergessen, dass Skye sehr sportlich ist und eine sehr gute Balance hat und sie hat schon einmal Selbstverteidigung gemacht. Ihr könnt gerne zum Aikido vorbeikommen“, bot der Russe an. Die beiden Sänger tauschten einen Blick aus.
„Hast du eigentlich schon mal ein Konzert von uns gesehen? Skye und gute Balance …“, sagte Chanyeol und bekam von Skye einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Ich glaube ihr habt Skye noch nicht am Reck gesehen“, erwiderte Kolya und suchte Skyes Blick.
„Mach mich nicht verlegen, früher war ich gut, inzwischen bin ich alt und aus der Übung“, gab Skye zu. Turnen ging sehr auf die Gelenke, selbst wenn sie sich damals nicht die Schulter verletzt hätte, so hätte sie wahrscheinlich nie eine Karriere als Sportlerin angestrebt. Zum Spaß war es ein toller Sport, aber man durfte die Strapazen, die der Körper dabei ertrug nicht vergessen.
„Du tauchst mit Weißen Haien, du kannst Turnen, du sprichst – kleine Ahnung – 17 Sprachen, du kannst singen und jetzt kannst du auch noch Leute vermöbeln – was kannst du eigentlich nicht?“, fragte Suho.
„Reifen wechseln“, erwiderte Skye spontan und alle fingen an zu lachen.
„Ernsthaft, ich bekomme das Auto noch nicht einmal hoch. Und ich habe Angst vor Strom“, sagte sie weiter. „Die einzigen Limits die du hast, sind die, die du dir selbst setzt. Alles ist lernbar, man darf nur nicht gleich aufgeben.“
Wenn Kleinkinder nach drei Versuchen aufgeben würden zu laufen, hätten sich die Menschen nie zu den Zweibeinern entwickelt. Und auch der Spruch ‚Gut Ding braucht Weil‘, kam nicht von ungefähr. Man konnte nicht davon ausgehen alles sofort perfekt zu können. Alles brauchte seine Arbeit. Skye erinnerte sich noch an ihren ersten Tauchgang damals. Sie war gerade 18 geworden und bevor es mit dem Studium losging, war sie für drei Monate nach Ägypten als Animateur in einer Hotelanlage. Der erste Tauchschein, der Open Water, war nur eine Sache von 3 Tagen und Skye machte ihn recht am Anfang ihrer drei Monate in Ägypten, damit sie dann die freien Tage nutzen konnte um tauchen zu gehen. Alle großen Hotelanlagen hatten eine Tauchbasis oder die Tauchbasis lag ein Hotel weiter. Die Theorie war anfangs noch einfach, große Schrift, viele Bilder. Je mehr Scheine man machte, desto kleiner wurde die Schrift und desto weniger Bilder fand man in den Lehrbüchern. Dafür Rechenformeln und Tabellen.
Anfangs gingen sie noch in der Laguna tauchen, dort, wo man mit einem Flossenschlag wieder an der Oberfläche war. Doch am zweiten Tag fuhren sie mit dem Boot raus, mit all den Tauchern, für die das schon total normal war und zwischen drin saß die Gruppe von Anfängern. Bei den anderen sah es so einfach aus, ganz in Ruhe legten sie ihre Ausrüstung an und plauderten fröhlich, bevor sie ins Wasser sprangen. Die Anfängergruppe war erst dran, als alle anderen schon im Wasser waren. Sie durften auch noch am Seil abtauchen und Skye war die erste. Ihr Tauchlehrer sagte sie solle abtauchen und unten auf die anderen warten. Die hatten jedoch irgendwelche Probleme und als Skye am Meeresgrund ankam, vielleicht auf 5, 6 Meter, war sie die einzige. Alle anderen waren noch oben. Sie setzte sich auf das Sandplateau und schaute sich um. Nie würde sie diesen Moment vergessen. Sie betrachtete das Boot von unten, dann entdeckte sie die Fische und schaute in die Tiefen des Meeres. Ewig hätte sie dort sitzen können.
Bis dahin war noch alles gut gewesen, doch als sie dann anfingen sich unter Wasser zu bewegen, wurde es schon etwas schwerer. Man hatte all dieses Equipment, mit dem man noch nicht klarkam, man war in einer menschenfeindlichen Umgebung und musste gefühlt an 100 Dinge denken. Und dann auch noch tarieren! Man sollte schweben, weder sinken, noch aufsteigen und je nach Tiefe musste man das anpassen. Je tiefer man ging, umso mehr Auftrieb brauchte man, um nicht zu fallen wie ein Stein und wenn man wieder langsam auftauchte, wollte man ja auch nicht wie ein Sektkorken an Silvester nach oben schießen. Zumal das einem das Leben kosten könnte. Skye ging hoch und runter und hoch und runter. Sie schluckte Wasser, sie hatte Wasser in der Brille, der Bleigurt drückte auf ihren Beckenknochen und eigentlich war ihr auch schlecht gewesen.
Nach dem Tauchgang hatte Skye sich schrecklich gefühlt. Ihr Kopf schmerzte und es war reine Körperbeherrschung, dass sie sich nicht übergeben hatte. Zwei hatten sogar den Kurs danach abgebrochen, doch Skye fragte sich, was man denn erwarten konnte? Es war wie beim Autofahren, die erste Fahrstunde war ein Horror und irgendwann machte man alles unterbewusst. Tatsächlich haben Wissenschaftler herausgefunden, dass der Beifahrer mehr Gehirnaktivität zeigte als der Fahrer selbst, weil der Beifahrer viel mehr auf alles achtete, während der Fahrer das meiste unterbewusst machte.
Heute tarierte Skye mit der Lunge, die tauchte auch ohne Geräte, sie konnte auch technisches Tauchen, was einem ermöglichte tiefer zu tauchen, als mit normaler Pressluft, sie ging unter Wasser spazieren, legte Korallenfelder an und machte oft viel Blödsinn. Das Meer war nicht ihr Feind gewesen, nur ihr Können.
EXO trainierten weiter und Skye wollte duschen. Kolya ging mit ihr hoch und kaum war die Tür hinter den beiden zugefallen, stürzten sie sich aufeinander.
Jongin hingegen starrte in die Richtung, in der Skyes Wohnung lag und er vermutete schon, was da oben los war. Chen folgte seinem Blick.
„Du kannst ihr nicht alles vorwerfen was sie macht.“
„Ich kann machen was ich will“, erwiderte Jongin und ging in die Halle. Chen schaute ebenfalls nach oben, in Richtung von der Wohnung. Vielleicht war es besser so, wenn sie sich in jemand normales verlieben würde, jemand der mit all dem hier nichts zu tun hatte.
Skye hingegen war weit von Liebe entfernt. Sie mochte Kolya, aber wahrscheinlich auch nur, weil es eben so unkompliziert war. Sie unterhielten sich kaum, was nicht bedeutete, dass man sich nicht mit ihm unterhalten konnte, er war nur kein Mann der großen Worte. Mit Jongin war es anders gewesen, sie konnten sich über alles unterhalten, aber manchmal musste sie es auch nicht. Manchmal hatten sie nur zusammen gelegen und gekuschelt und keine Worte waren nötig gewesen.
Nein, sie durfte nicht an ihn denken, erst recht nicht, wenn sie in den Armen eines anderen lag. Nikolai war gut zu ihr, sie hatten tollen Sex und tolles Training. Das war mehr als genug für sie im Moment, sie brauchte keine große Liebe, sondern eher das, was sie davon ablenkte.