Mia lag ziemlich lange in der Wanne und grübelte. Zocker. Sie hasste es. Natürlich war es toll in den schönen, alten Kasinos zu flanieren, etwas zu essen und ein wenig Roulette zu spielen, aber Zocker-Zocker? Sie wollte nicht darüber nachdenken, sicher hatte sie heute Abend eine Menge Geld gewonnen, doch es fühlte sich nicht gut an. Spätestens wenn sie in den Louis Vuitton Laden einlaufen würde um sich eine Handtasche zu kaufen würde es sich gut anfühlen, doch im Moment tat es das noch nicht.
Als sie fertig war und ins Schlafzimmer ging, lag Jihoon bereits im Bett und hatte ihr den Rücken zugedreht. Seufzten legte sie sich dazu, doch kaum lag sie, da klingelte das Telefon.
Sie ging ran und sah dass es Tyler war.
„Hi Mia, I hope I don’t bother you?“
„No, no it’s okay, what’s up?“
„Shincho don’t want to sleep in his bed, the twins made something but he won’t talk about it.“
„I’ll be right there.“
„Thank you.“
„No problem, that’s what I’m here for.“
Sie setzte sich seufzend auf, heute blieb ihr irgendwie nix erspart.
„Wer war das?“, fragte Jihoon. Irgendwie hatte sie gewusst dass er nicht am Schlafen war.
„Die Arbeit“, entgegnete Mia. Auch wenn Kyuhyun ja spekulierte das J.Tunes in SME eingegliedert wird, so hatte sie keine Ahnung wie viel er wusste und die Ansage war ‚Geheimhaltung‘.
„Noch mehr Geheimnisse?“
„I’m afraid that you got way more secrets than I do.“ Ende.
Sie stand auf und zog sich um. Jihoon kam ihr nicht nach, auch nicht als sie die Treppe runter ging und schließlich das Haus verließ. Wirklich Sorgen machte sie sich nicht, sie hatten Knatsch, nichts Bedeutendes, vielleicht war sie auch einfach nur zu streng, vielleicht war es aber auch der ‚evil seed‘ den Kyuhyun in ihrem Herzen gesät hatte. Vielleicht war sie nur paranoid und bildete sich das alles ein. Jedenfalls war es nichts Gravierendes, nichts Beziehungsbrechendes. Sie lernten sich erst noch kennen, wie kann man erwarten nach 2,5 Monaten jemanden zu kennen? Reichte es um ihn zu heiraten? Keine Ahnung. In diesen Tagen wusste sie gar nichts mehr, doch wann wusste sie schon was sie fühlte? Seit der ersten Woche in Korea war sie emotional instabil gewesen.
Eine halbe Stunde später trudelte sie in der Wohnung von M81 ein. Da sie ja Co-Managerin war hatte sie auch einen Schlüssel für die Wohnung.
Shincho saß auf der Couch, die Knie angezogen, das Kinn darauf gelegt und schaute Fernsehen.
„Hi du.“
„Was tust du hier?“
„Ach, ich dachte ich schau mal vorbei.“
„Einer hat dich angerufen?“
„Tyler hat sich Sorgen gemacht.“
Shinchos Blick wand sich zurück zu dem Fernseher.
„Braucht er nicht.“
Die Frau setzte sich neben ihn und legte den Arm um seine Schultern.
„Wieso bist du nicht im Bett?“
„Bin nicht müde“, entgegnete er trotzig.
„Und wieso bist du wirklich nicht im Bett?“
„Ist egal.“
Sie wuschelte ihm durch die Haare und ging dann in das Schlafzimmer, welches er sich mit den Zwillingen teilte … teilen sollte … wie auch immer. Mia schnappte sich sein Kissen und fing an abwechselnd die Zwillinge damit zu verprügeln, die seelenruhig am Schlafen waren. Schützend hoben sie die Hände vor das Gesicht und beschwerten sich lauthals über die Prügelattacke.
Eine Minute später saßen die Zwillinge, die ziemlich zerrupft aussahen, vor Mia auf dem Boden im Schneidersitz.
„Also, was habt ihr mit Shincho gemacht?“ Sie sprach ganz ruhig und hatte ein zuckersüßes Lächeln auf den Lippen, was nichts Gutes bedeutete.
„Wir haben ihn nur etwas geärgert“, räumte Jaesun ein und versuchte dabei seine Haare zu richten. Ihr Blick sagte dass ihr die Antwort nicht reichte.
„Ehrlich Noona, so schlimm war es nicht, wir haben schon viel schlimmere Streiche gespielt, wir haben ihn nur etwas aufgezogen weil er geweint hat“, ergänze Jaeyoung.
„Okay, you two better listen up. You are twins, right?” Beide nickten.
“You always have each other, no matter where you go; no matter what you do you always have each other. Be he doesn’t. He’s alone and 16 years old. He had to move out of his home – like all of you but as I said, you two are not alone and the others are older. He’s your little brother now, treat him like that. He’s scared and this here doesn’t fells like home – yet. Help him, make it easier for him. I know you two are smart, so be smart enough to be good Hyungs – alight?”
Die Zwillinge tauschten einen Blick aus und ließen gleichzeitig die Schultern hängen.
„Er hat Angst?“
„Sure, aren’t you also scared, just a little?“
“Ja, ein wenig …aber ich hab meinen Bruder”, meinte Jaeyoung und schaute zu seiner besseren Hälfte.
„Das meine ich, werdet die Brüder die ihr füreinander seid.“
Wieder tauschten die beiden einen Blick aus. Sie wollten Shincho nicht ernsthaft verletzen, sie hatten Spaß gemacht, wie sie es immer taten, sie hatten nur nicht weit genug gedacht.
„Tut uns leid“, kam es im Chor.
„Ich weiß.“
Also tigerte sie wieder rüber ins Wohnzimmer, wo Shincho noch immer den Fernseher anstarrte.
„Na komm, ab ins Bett.“
„Ich will nicht, ich will nach Hause.“
„If you want to you can go home – tomorrow. I’ll stay with you and I promise if you doesn’t feel better tomorrow night dann kannst du nach Hause.”
“Wirklich?”
“Wirklich.”
Kyuhyun hatte zwischenzeitlich auch wieder bei seinen Eltern gewohnt, ebenso Siwon, sie hatten auch nicht immer alle im Dorm gelebt. Natürlich schweißte es zusammen wenn man sich eine Wohnung teilte, als Band, aber es musste eben auch funktionieren.
„Und du bleibst heute Nacht?“
„I’m wearing a penny and a shirt, do I look like I’m going anywhere?“
“Du siehst aus als wärst du gerade aus dem Bett gekommen”, stellte Shincho fest.
„Tue ich und es ist mitten in der Nacht, ich fahr nirgendwo mehr hin.“
„Tut mir leid dass ich dich geweckt habe.“
„You didn’t – it was Tyler and don’t worry about it, I’m glad he called.“
Also stand sie auf, reichte ihm die Hand und schleifte ihn ins Schlafzimmer. Die Zwillinge saßen noch immer nebeneinander und schauten zu dem Jüngsten.
„Hey Shin … tut uns leid…“
Der Jüngste sagte nichts, sondern nickte nur. Mia stieg zu ihm ins Bett und schüchtern legte er sich neben sie.
„Gute Nacht“, sagten die Zwillinge und machten das Licht aus. Shincho suchte von sich aus die Nähe, er war wie ein Baby und Mia fuhr ihm mit den Fingern durch die Haare bis er eingeschlafen war.
Um 7 Uhr wurde Mia aus dem Bett geworfen. Müde schaute sie sich um als ihr Handy klingelte, es war definitiv nicht ihr Wecker.
„Whosit?“, fragte sie müde in das Telefon, noch gar nicht wirklich wach.
„Good moooorining sunshine!“
„Hey Hae …“
„Where you at?“
Stimmt ja – englische Wochen.
„At the new Dorm…“
Sie hatte sich aus dem Bett geschlichen und saß nun im Wohnzimmer.
„Why?“
„I was supposed to spend the night over Jihoons house, but we got in a fight … not really, we were just … pissed off and then Tyler called that they had some probs, so I stoped by. Are you already home?”
“Yes and you not here.”
Sie seufzte und fuhr sich durch die Haare.
“I’ll be home soon, make breakfast.”
Das stimmte ihn dann doch glücklich.
Dongmin kam gerade aus dem Bad raus.
„Du bist aber schon früh wach“, stellte sie fest und er sah schon so gut aus, während sie sich füllte wie ein von der Katze ausgekotztes Wollknäul.
„Du auch, Shincho schläft noch?“
„Like a baby.“
Der angehende Sänger setzte sich neben sie.
„Danke … dass du vorbei gekommen bist. Wir vertrauen dir, du … kümmerst dich um uns.“
„Yeah, just because I’m not used to treat you like Koreans“, erwiderte sie grinsend.
“Well … I like it.”
Und so fuhr sie wieder nach Hause. Vielleicht sollte sie nach Kilometern bezahlt werden. Die Hälfte war irgendwie schon wieder unterwegs, obwohl es gerade mal 8 Uhr war. Uni, Shootings, Interviews, Meetings. Doch Donghae tigerte im Flur auf und ab bis Mia nach Hause kam, nur um sie dann in die Arme zu schließen.
„Heeeey girlfriend“, sagte er mit spitzbübischem Grinsen.
„Hey boyfriend“, ahmte sie ihn nach. Siwon kam angejoggt und umarmte Mia ebenfalls. Sie drückte ihn fest an sich.
„I really missed you two.“
Sie hatten hier gefehlt, nun war das Bild wieder komplett.
„You’re coming with me?“ Siwon ging joggen und um ehrlich zu sein war Mia in der Hinsicht etwas faul geworden. Sie hatte so wie so noch ihre Jogginghose an.
„Yep.“
Donghae wollte auch mitkommen, aber Mia erklärte ihm dass es ihr Ritual war und dass sie genug Zeit noch mit ihm verbringen würde.
Gefrustet saß Donghae mit Yesung am Frühstückstisch, sie wollten auf die anderen beiden warten und schlürften nur ihren Kaffee.
„Das ist nicht fair, ich bin ihr offizieller Freund, mit mir sollte sie erwischt werden, nicht mit Siwon“, jammerte Hae.
„Sie hat nicht einmal angerufen! Wo steckt sie die ganze Zeit?“
„Aber ich habe mir für heute Abend etwas überlegt, ich geh das jetzt richtig an.“
„Was habe ich eigentlich falsch gemacht? Es ist doch ganz gut gelaufen.“
„Jasmin und Aladin, die beiden waren schon sehr auffällig auf der Feier.“
„Vielleicht sollte ich Zoey anrufen, aber Shindong sag dass Frauen erobern wollen, wenn ich jetzt den Schoßhund spiele, dann nimmt sie mich gar nicht mehr ernst.“
„Sie hat gesagt sie hat sich mit Jihoon gestritten, das ist gut.“
„Vielleicht ruf ich sie doch an.“
Donghae schaute auf, zu Yesung.
„Ich glaub wir reden gerade total aneinander vorbei.“
Stutzig schauten sie sich ein paar Sekunden an und tranken dann weiter ihren Kaffee, schweigend.
Siwon und Mia liefen eine große Runde. Mia war ja fit, sie hatte halt nur mehr getanzt als gejoggt. Siwon erzählte von dem Dreh, was sie alles gemacht hatten, wo sie überall eingeladen gewesen sind und womit sie ihre Freizeit verbracht hatten. Alles auf Englisch – brav. Er stolperte ab und zu mal, aber das war okay, zumindest verstand Mia bei ihm den Kontext.
Wieder zu Hause saßen Donghae, Yesung, Kibum und Hangeng schon am Frühstückstisch, doch Mia ging erst mal duschen. Die Haare bereiteten wirklich viel Arbeit, sie hatte sie erst halb geföhnt, da verlor sie die Geduld und verließ das Bad. Donghae war gerade auf dem Weg in sein Zimmer und lächelte Mia an.
„I like your hair.“
Sie fuhr sich durch die Haare.
„Wanna trade?“
„No way!“
Beide lachten fröhlich.
„I want to give your presents!“
An der Hand zog er sie in sein Zimmer, wo sein großer Koffer stand. Er hatte ihr viele Kleinigkeiten mitgebracht, Ohrringe, Armreifen, Tücher und eines musste sie ihm lassen: Geschmack hatte er. Es waren handgemachte Sachen, nichts was es auf den großen Märkten gab, sondern Dinge die mit Liebe ausgesucht wurden.
„But this is main present“, sagte er und reichte ihr eine kleine Schachtel. Darin versteckt war eine Silberkette mit einem wunderschönen, schwer zu definieren aber schönen, Anhänger daran. Buddhistische Schriften waren darin zu sehen und Türkissteine waren eingesetzt.
„It‘s beautiful…“
„It’s a … a … talisman? Yeah a talisman, it is to protect you.”
Er setzte sich neben sie und legte ihr die Kette an.
„I know you have stylist now and you change cloths more, but please wear it much so I am not so worry.”
Mia wusste nicht was sie sagen sollte, er war so unglaublich liebenswürdig. Sie nahm ihn in den Arm und atmete seinen Geruch ein.
„Thank you …“
„You welcome…“, sagte er grinsend und Mia fragte sich seit wann sein Englisch so gut war. Bevor sie jetzt anfing los zu weinen musste sie sich ablenken.
„Hey, have you seen my new room yet?“
„New room?“, fragte er verwirrt.
„I’ll show you.“
Grinsend stand Donghae in ihrem ELF Zimmer und schaute sein Poster an.
„Aaaaahhhhh … I know you love me!“
Mia boxte ihn leicht in die Seite. Dann gab sie ihm die Sachen aus den Niederlanden und Deutschland. Die Clogs mussten natürlich sofort angezogen werden und die Pralinen ließ er richtig auf der Zunge vergehen. Mia hatte ihm auch ein Pullover geholt, den musste er natürlich auch gleich anprobieren. Mia drehte sich weg, auch wenn sie eigentlich gerne hingeschaut hätte, Hae bemerkte das mit einem Grinsen, zog sie damit aber nicht auf. Danach wurden die anderen Sachen im Zimmer betrachtet. Die Fotowand fand Donghae cool, es waren alle möglichen Bilder darauf, auch von Eunhyuks Geburtstagsparty. Auf einem Bild waren Mia und Hae alleine, Donghae betrachtete es lange und grinste vor sich hin. Bei dem ELF-Stick Mobilee rastete der junge Sänger komplett aus und machte alle Leuchtstäbe an.
„This is so cool!“
Sie wusste genau dass er Ryeowook später bitten würde ihm auch so eins zu machen.
Das Wiedersehen wurde unterbrochen, als Cinna klopfte und in das Zimmer kam.
„He … HE is your stylist?!“
Cinna war ja in der Firma bekannt wie ein bunter Hund, da er mit DBSK zusammen gearbeitet hatte. Donghae begrüßte ihn freudig. Manchmal erinnerte er Mia an Marcel. Marcel und Mia waren ein Kopf und ein Arsch. Sie waren nicht immer einer Meinung, respektierten die des anderen aber – okay, meistens. Marcel war generell ‚sozialer‘ als Mia. Er kannte viele Leute und jeder mochte ihn, er war nett, er half Leuten, wenn man ihn brauchte und jeder war gerne mit ihm befreundet. Er machte auch mal unangenehme Sachen, die Mia von sich aus nie mitgemacht hätte.
Einmal waren sie in einem Club gewesen, Marcel, Mia, Chris und Andi. Mia war gefahren, da Marcel und Chris kein Auto damals hatten. Es war ziemlich viel Absinth im Spiel gewesen, natürlich nicht der illegale von dem man Halos bekam. Jedenfalls war Andi noch bevor es 0 Uhr war sturzt-besoffen gewesen und ist aus dem Club geflogen. Es war Sommer, es war warm, Mia hätte ihn draußen seinen Rausch auskurieren lassen, aber nicht Marcel. Er überredete sie und Chris Andi nach Hause zu fahren. Mia hatte ihm schon gedroht, dass wenn Andi sich im Auto übergeben würde, sie ihn dafür verantwortlich machte. Mitten auf der Autobahn fing Andi dann zu würgen, sie musste eine Vollbremsung machen, doch sie schafften es gerade noch ihn aus dem Auto zu halten. Mia empfand so richtig betrunkene Leute als anstrengend, wie konnte man sich SO gehen lassen? Als sie bei Andi zu Hause ankamen wollten sie seine Eltern nicht wecken und Marcel und Chris schleppten Andi ins Haus. Das war gar nicht so einfach, denn Andi war ein kleiner Fettsack, während Chris ein magerer Philippine war und Marcel ein durchtrainierter, aber dünner Deutscher. Der Abend war gelaufen gewesen und sie setzten auch Chris zu Hause ab. Marcel lud sie noch auf den Markt ein. Da standen sie, aufgestylt, mitten in der Nacht und aßen Bratwürstchen mit Pommes. Mia hatte ihren Freund gefragt wie er immer so nett sein konnte und er hatte gesagt, dass sie sich gar nicht so schlecht dabei anstellen würde.
Donghae würde das auch für einen Freund machen.
Während Cinna ihre Haare machte, brachte Donghae ihr eine Schale mit Müsli hoch, damit sie wenigstens irgendwas gegessen hatte, bevor sie zu dem Radiointerview musste.
„Do we want to hang out today? You know Kim want to.”
“After the interview I’m meeting Boa, I get my ears pierced – wanna join?”
Donghae verzog das Gesicht.
“Ear pierced, where?”
„Does Kim knows about that?“, fragte Cinna.
“Tragus AND conch and yep, Kim knows – he think it’s modern and stylish.” Dabei musste selbst Mia das Gesicht verziehen, den sie hatte nicht gedacht dass es so einfach wäre den Manager zu überreden. Donghae sah zwar noch immer nicht begeistert aus, sagte aber zu.
Obwohl es nur ein Radiointerview war, hatte Cinna sie durch und durch gestylt, Klamotten, Schuhe, selbst die Handtasche hatte er ausgesucht. Sie mochte seinen Style und hatte bisher nichts auszusetzen.
Sie fuhr alleine zu KBS und wurde von der Aufnahmeleiterin begrüßt. Es war das gleiche Studio was auch Eunhyuk und Leeteuk für ‚Super Junior kiss the Radio‘ benutzten, es fühlte sich fast schon komisch an einen anderen Moderator dort zu sehen.
Eine Stunde war Mia Gast in der Sendung. Eigentlich tat sie nicht viel, sie kommentierten Lieder, sagten ihre Meinung dazu und sprachen ein wenig über die ‚Idol Football League‘ und das damit verbundene Cheerleader-Training. Sie lachten viel, stellten witzige Vergleiche auf und nahmen ein paar Zuschaueranrufe an und dann war die Stunde auch schon vorbei. Wow. Mia war noch nicht mal aufgedreht, es war fast als würde sie sich daran gewöhnen, an alles. Nach Japan fliegen oder Malaysia oder China, Fotoshootings haben und Interviews, es wurde so normal. Wie konnte so etwas normal werden?
Sie fuhr weiter zu SM wo Cheerleader-Training auf dem Programm stand. Die beiden SM-Programme hatten sie mittlerweile fertig, was nicht bedeutete dass sie nicht weiter probten, denn Mia fand immer wieder etwas, was ihr nicht gefiel, irgendwelche Arme oder Beine, die nicht da waren, wo sie sein sollten. Doch dann begannen sie mit dem neuen Programm. Der Anfang machte ‚Girls on the dancefloor‘, Mia erklärte dass sie hier am Anfang ein paar Liberties bauen wollte und setzte die Stuntgroups als Platzhalter ein. Dies würde ein normales Cheer-Programm werden, mit Stunts und Pyramiden. Am Freitag würden sie in der Halle auch versuchen die Pyramiden dazu zu bauen – zumindest das was sie schon konnten. Sie mussten lernen Pyramiden mit Zeitdruck zu bauen, die Musik würde nicht auf sie warten und sie müssten alle gleichzeitig oben sein.
Als das Training fertig war, hatten sie die Hälfte an Tänzen schon durch und Donghae stand an der Wand um den Mädels zuzugucken.
Boa und Mia zogen sich um und fuhren dann in Donghaes Auto zu dem Piercingstudio. Es gab nicht viele Piercingstudios in Seoul oder Korea allgemein. Mia fand es etwas komisch, denn es gab viele Leute die Piercings hatten, Piercings am Ohr und im Bauchnabel waren nichts Ungewöhnliches. Während die Europäer sich irgendwie alles piercen ließen, was irgendwie nach Haut aussah, beschränkte sich der Piercingwahn in Korea meistens wirklich nur auf Ohren und Bauchnabel. Bauchnabel wahrscheinlich weil man ihn gut verstecken konnte und die Ohren wahrscheinlich weil es noch als ‚Ohrring‘ galt und nicht wirklich als Piercing. Ansonsten hatte sie noch nicht viele Piercings gesehen, zweimal hatte sie jemanden mit einem Augenbrauenpiercing gesehen, aber dann hörte es auch schon auf. Stimmt nicht, Jaejoong hatte auch ein Piercing an der Brust … jetzt wo sie drüber nachdachte bekam sie kurzzeitig einen Hitzeschwall. Sie fuhren in das ‚NaNa‘-Studio, was gerade unter Promis sehr bekannt war, denn sie hatten vielen außergewöhnlichen Schmuck.
Die Assistentin war froh Boa dabei zu haben, sie hatte selbst einige Ohrpiercings und erklärte dem Piercer was Mia wollte. Dann ging es um den Schmuck, die Stecker waren aus Titan, aber die Kugel konnte ja anders sein. Grübelnd stand Mia vor den Schmuckkästchen. Einfach silber? Schwarzmetallic? Mit einem Steinchen? Oder ganz glitzernd?
„I can choose?“, fragte Donghae und stellte sich neben sie.
„Sure.“
Also schaute jetzt Hae sich die ganzen Kugeln an.
„Okay, for this one“, er deutete auf sein Tragus, „I would choose the white glitter and for the other one this blue glitter.“ Natürlich Blau, was auch sonst? Super Junior Blau – Donghae Blau.
Während Mia dem Piercer erkälte was sie wollte, stellte sich Boa neben Donghae, der vor ein paar Piercings stand.
„Weißt du was total süß wäre?“, begann sie und grinste den Sänger an. „Wenn du dir auch ein Piercing machen lassen würdest, an der gleichen Stelle wie Mia.“
„WAS? Nein, nein, nein, das kannst du vergessen! Durch meine Haut wird nichts gestochen!“ Donghaes Körper war noch total jungfräulich was solche Sachen betraf, selbst Sungmin hatte eine Tätowierung, Leeteuk trug Piercings als Ohrringe, ebenso Ryeowook. Ansonsten waren Piercings und Tätowierungen mittlerweile gut verbreitet, SNSD, Wonder Girls und andere Mädchengruppen hatten oft Piercings in den Ohren, 2PM trugen Piercings als Ohrringe, Key und Jonghyun hatten beide ein Conch Piercings, Key hatte ein zweites, Jaejoong hatte etliche Tätowierungen, Junsu hatte auch eine, doch Hae hatte ja noch nicht mal normale Ohrlöcher.
Die Sängerin zuckte mit den Schultern.
„Ich mein ja nur, also MIR würde das total imponieren und du magst sie doch … offiziell seid ihr jetzt sogar ein Pärchen – also wenn man euch erwischt … Ich dachte nur es wäre ein netter Beweis deiner Gefühle“, sagte sie beiläufig und schaute sich weiter um, ließ Donghae schmollend zurück.
Dann war es so weit, Mia lag hab auf dem Stuhl und machte Atemübungen als wenn sie bei einem Schwangerschaftskurs wäre. Eigentlich war es Blödsinn. Mia hatte Tattoos, was bei weitem ein längerer Schmerz war als ein kurzer Piercing-Pieks, abgesehen davon hatte sie rechts 5 Ohrlöcher, links 2, sie hatte mal die Nase gepierct und die Brustwarze und wenn es etwas gab was wirklich, so wirklich, wirklich weh tat, dann war es die Brust und auch das hatte sie überlebt … irgendwie.
Donghae betrachtete sie grinsend.
„Sure you want to do?“
„Positive.“
Er hielt ihre Hand fest und zwang sie dazu ihn anzugucken – allein schon damit er sie angucken musste und nicht auf die Arbeit des Piercers. Das Tragus wurde als erstes gepierct und Mia kniff die Augen zusammen, kein Pieps, kein Zucken. Der Mann reichte ihr einen Spiegel und grinsend schaute sie ihrem Piercing entgegen.
„Major cool!“
Donghae schaute es sich auch ganz genau an.
Dann ging es weiter mit dem Conch, was nicht so schlimm war wie das Tragus. Kleine, verwinkelte Stellen zu piercen war immer schlimmer, denn man musste vorsichtig sein, dass man nicht aus Versehen zu weit piercte und das halbe Ohr aufspießte, beim Conch konnte er einfach zack und durch. Da war die Hae-Kugel rauf. Grinsend betrachtete Mia ihr ‚neues‘ Ohr. Es war rot, es war warm, es pochte wie bekloppt – und es war ihr egal, sie fand’s toll.
Sie setzte sich auf und der Piercer reichte ihr ein Glas Wasser. Donghae schielte zu Boa und wendete sich dann zu dem Piercer.
„Okay, ich möchte auch so ein Piercing in der Ohrmuschel.“
„Was?“ Ungläubig schaute Mia zu ihm, dass war nichts ein Ernst, oder?
„Ich finde das sieht cool aus und dann haben wir etwas gemeinsam.“
„Besides everything else we got in common?“
Sie wohnten zusammen, hatten die gleichen Freunde, waren sie gleiche Art von Kindsköpfen, fanden Kaninchen cool …
„Yep.“
„You need to ask Kim.“
“Ach, was soll er machen? Mein Vertrag läuft frühestens in drei Jahren aus …“
Der Piercer schaute zwischen den beiden hin und her.
„Also, willst du?“
„Yep.“
Drei Minuten später lag das Nervenbündel namens Donghae auf der Liege. Mia saß neben ihm und hielt seine Hand, während Boa das Ganze mit etwas Entfernung genoss. Er verzog das Gesicht als würde man ihm ein Bein abnehmen, danach folgte das verdutzte Gesicht, weil es schon vorbei war.
„Das war’s?“
„Das war’s“, bestätigte der Piercer. Donghae schien darüber nachdenken wieso er so einen Schiss davor gehabt hatte, so schlimm war es nun auch nicht – er wusste ja aber auch noch nicht wie lange es dauern würde, bis es abgeheilt war. Knorpelpiercings dauerten ewig zum Abheilen.
Der Mann gab ihnen noch etwas zum Reinigen mit und erklärte wie es anzuwenden war.
Grinsend saß Mia im Auto auf dem Beifahrersitz und betrachtete Donghaes erstes Piercing.
„What?“, fragte er irgendwann grinsend, weil er merkte wie sie schaute.
„Nothing I’m just … surprised, you know that was really crazy.“
“It is about time me be a rebel”, entgegnete er.
Zu Hause war das Thema ‘Pärchenpiercing’ ganz hoch im Rennen und die Jungs schienen sich fast schon zu ärgern die ‚englische Woche‘ eingeführt zu haben, weil ihnen einfach zu viele Begriffe fehlten um ihre wahren Emotionen auszudrücken.
„Maaaaaan you just lost part of ya manilty!“ Mia war sich sicher das Heechul versuchte das Wort ‘Männlichkeit’ ins Englische zu übersetzen, doch jeder schien zu verstehen auf was er hinaus wollte.
„No, I think it’s cute“, wand Ryeowook ein, der seit geschlagenen 10 Minuten neben Mia saß und ihr Ohr anstarrte.
„Totally cute! I don’t know nobody who got a couple-piercing“, meinte Sungmin und schien dabei zu überlegen ob er Yoani auch zu so was überreden könnte.
„She got a ‚teuk-ball‘ soooooooooooooooooo cool.“ Leeteuk interessierte sich für Donghaes Piercing erst einmal herzlich wenig, Mia hatte eine weiße Kugel. Weiß = Leeteuk, also fühlte er sich geehrt, sicher würde es Thema bei ‚Sukira‘ werden. Das Boa eigentlich hinter der ganzen Sache steckte sagte Donghae keinem.
Doch genug geschwärmt, es war ja nicht so als hätten sie nichts zu tun. Donghae, Leeteuk, Shindong, Yesung und Hangeng waren bei einer Fernsehsendung eingeladen. Mia wusste den Namen nicht mehr, irgendwie saßen sie mit zwei Moderatoren um einen Tisch. Es war nur eine Aufnahme, nicht live und ihre Stylisten werkelten lange an ihnen. Es war Hangengs erster, wirklicher Fernsehauftritt, bei der Promotion zu ‚Let the beat drop‘ machte er ja noch nicht mit und auch wenn er schon mal hier und da einen Satz gegenüber der Presse gesagt hatte, war es nun das erste Mal das er wirklich sprechen musste. Das war so ein wichtiges Ereignis das sogar Kim und Yun in das Studio kamen und mit der Band darüber sprachen über was sie reden durften und über was nicht. Donghaes Piercing fiel ihnen gar nicht auf – zum Glück, Mia wollte so kurz vor der Sendung kein Drama haben.
Das kam etwas später. Das Interview sollte ca 30 Minuten sein, aufgenommen wurden ungefähr 40. Sie waren ungefähr bei der Hälfte, da gab es eine Großaufnahme von Donghaes rechter Gesichtshälfte. Kim hatte nur kurz aufgeschaut, senkte den Blick und schaute dann panisch wieder auf.
„Was hat er da?!“
Nun reagierte Yun, der ebenfalls nur halbherzig das Geschehen verfolgte. Yun schaute zu Hae, dann zu Mia, dann zu Kim.
„Er hat das gleiche Piercing wie Mia.“
Diese versuchte hingegen sich heimlich weg zu schleichen, was ihr nicht so wirklich gelang. Beide Manager richteten ihren Blick auf die Deutsche.
„Es ist nicht meine Schuld“ , war der erste Satz der ihr instinktiv in den Sinn gekommen war.
Danach folgte eine minutenlange Diskussion, die Mia aber nicht so ernst nahm, weil die beiden es erstens gar nicht so schlimm als solches fanden und zweitens sie es für eine gute Idee ihrer ‚Pärchen-Aktion‘ hielten. Was sie eigentlich störte war, dass Hae nicht gefragt hatte, Mias Einwände dass er ein erwachsener Mann war der selbst entscheiden konnte durch welche Körperstellen er sich Nadeln stechen möchte, wurde einfach übergangen.
Wenig später durfte Donghae sich das Gleiche auch noch mal anhören, sah aber fragend zu Mia und sein Blick fragte ‚Regen die sich auf wegen ihrem Prinzip, oder wegen dem Piercing?‘. Mia musste sich wegdrehen um zu grinsen, die beiden Männer sollten nicht auch noch das Gefühl bekommen, dass mindestens zwei Leute in den Raum sie gerade nicht für ernst nahmen.
Auf dem Weg nach Hause holten sie sich etwas zu essen. Es war knapp 20 Uhr, Kyuhyun hatte noch ein Meeting mit einem Songwriter, weil er zu einem Soundtrack ein Lied singen sollte, Heechul ging zu seiner Freundin und Yesung und Sungmin beschlossen dass sie Hangeng die neusten Kneipen zeigen mussten. Teukie und Hyukie müssten irgendwann zu ‚Sukira‘ los und Siwon war zu seinen Eltern gefahren.
Mia arbeitete zu Hause noch etwas, wurde bald darauf aber von Hae gestört.
„Hey girlfriend … you know what we do?“
“Do I want to know?” Immer wenn er so ankam wusste sie dass etwas geschehen würde, was ihr nicht so ganz passte.
„We go walking!“, sagte er begeistert und meinte spazieren gehen. Gut, sie sollten ja erwischt werden und es war ein schöner, milder Abend. Also gingen sie spazieren. Donghae fuhr an einen Park etwas außerhalb des Stadtzentrums – es sollte ja nicht zu auffällig sein. Es war eine schöne Parkanlage. Sie schlenderten eine Zeit lang nebeneinander her, als Donghae ihre Hand schnappe und seine Finger in ihren vergrub. Es war ihr fast unangenehm, als würden sie etwas Verbotenes tun.
Die meiste Zeit redete Donghae, Mia war viel zu verwirrt um etwas zu sagen. Er erzählte von seinem Bruder und seiner Mutter, von seiner Heimatstadt und wie er aufgewachsen war. Mia machte es Spaß ihm zuzuhören und mehr über ihn zu erfahren, von seiner Vergangenheit. Sie lehnte sich an ihn und hörte ihm zu, ihre Hände ineinander vergraben. Einen Moment dachte sie darüber nach wie schön es wäre, wenn es echt wäre, aber war es das nicht irgendwie?
Zwei Stunden verbrachte sie in dem Park, sie holten sich an den Automaten etwas zu trinken und benutzten die Spielplätze und Fitnessgeräte, die es in jedem Park gab. Sie waren ausgelassen und hatten Spaß und für diese Zeit vergaß Mia Jihoon, den Streit und das Glücksspiel, sie war der Schwamm und Donghae der, den sie in sich aufsog.