„Kann mir mal jemand helfen?“, rief Skye in die Bar ohne Namen. Es war 1 Uhr und sie war gerade erst Zuhause angekommen. Jongin, Taehyung, Chanyeol und Chen sprangen sofort auf. Taehyung und Jongin tauschten einen Blick aus und daraufhin stand auch Jungkook auf, als müsste er Tae zur Seite stehen. Skye war es egal, solange ihr jemand half ihr Auto zu entleeren.
Zu sechs machten sie sich auf den Weg zur Bathöhle und Skye öffnete den Kofferraum.
„Was zum … wie ist das denn passiert?“, fragte Chanyeol entgeistert, als er sah, dass das Auto bis oben hin eingeräumt war.
„Es ist Daiso! So etwas passiert einfach!“, verteidigte sich Skye. Taehyung wuschelte ihr durch die Haare und nahm die ersten Tüten aus dem Auto.
„Oh Liebes, du hast Steine gekauft!“, sagte er begeistert und Skye gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Das sind Vasen und Gläser, wehe du lässt es fallen.“
Heimlich machten Taehyung und Jongin einen Wettbewerb daraus, wer am meisten tragen konnte. Skye fand es albern und hatte mehr Angst um ihre Sachen, als um die beiden. Nachdem alles im Wohnzimmer von Skye versammelt war, wollten sie auch wissen, was ihre Assistentin da alles geholt hatte und begannen die Sachen auszupacken – das Packmaterial musste ohnehin wieder mit runter in die Tonne. Sie hatte Gläser geholt mit Palmen drauf und passende Strohhalme dazu. Ja, sie vermisste Adavaci. Dann hatte sie noch zwei Decken geholt, einige Zierkissen und diese Sitzkissen für den Boden.
„Super, die mag ich total“, kommentierte Chen und setzte sich auf eins drauf.
„Ich hatte euch gefragt, ob ihr etwas braucht“, erwiderte Skye.
„Da wusste ich ja nicht, dass sie so etwas haben“, rechtfertigte sich Chen und Skye fing an zu grinsen.
„Drei sind für euch.“ Irgendwie hatte sie gewusst, dass die Kissen bei EXO gut ankamen, denn viele hatten die Angewohnheit auf dem Boden zu sitzen. Seine Augen wurden groß.
„Wirklich?!“ Skye grinste und nickte. So ein wenig verstand sie den Geschmack der Jungs jetzt auch. Jongin hielt eine kuschlige Decke in Türkis in den Händen.
„Ja, die ist für dich“, bestätigte Skye und ihre Hand glitt über den weichen Stoff. Cashmere Feeling. Nicht zu vergleichen mit ihrer Cashmere Feeling Decke, aber fast genauso gut.
„Danke…“
„Du magst sie nicht?“
„Doch, doch, nur nicht alleine“, erwiderte Jongin und legte die Decke Skye um die Schultern. Taehyung sah das, machte aber nichts.
„Ich verstehe dich nicht“, sagte Jungkook zu seinem Bandkollegen und beobachtete die beiden.
„Was soll ich tun? Ich will sie ihm nicht ausspannen. Sie muss alleine kommen, jemand anderen etwas zu stehlen bringt auf lange Zeit nichts.“
Jungkook betrachtete seinen Bandkollegen.
„Du weißt, dass deine Gutmütigkeit dir irgendwann das Genick brechen wird?“
„Jup.“
„Dann ist ja gut.“
Skye kam noch kurz mit in die Bar ohne Namen, aber eigentlich war sie total erledigt. Sie wollte sich vor allem von Mia verabschieden, denn nächste Woche würden Mia, Donghae und Siwon nach Portugal für die Dreharbeiten von Royal Vampires fliegen und sich somit mit der EXO Gruppe überschneiden.
„Hast du noch einen Rat für mich, bevor ich mit ihnen alleine bin?“, fragte sie die Deutsche.
„Bleib am leben … und schau das keiner von ihnen sich ernsthafte Verletzungen zuzieht.“
„Toller Rat …“
Soweit war Skye auch schon gewesen.
Am nächsten Morgen stand sie zeitig auf und fing an ihren Koffer zu packen. Bangkok war heiß und schwül, Korsika war angenehm, um die 20°C und sonnig, wobei man die Nächte nicht unterschätzen durfte, zumindest nicht im Mai. Also packte sie auch dünne und dicke Pullis ein und eine Regenjacke, lange Hosen und einen Poncho, den man sich abends schön überwerfen konnte.
Dann packte sie noch etwas Blei ein und ihre Maske, denn sie hatte vor etwas abzutauchen, wenn sie Zeit fand. Ein dünner Neoprenanzug durfte nicht fehlen, denn das Wasser würde schon noch frisch sein, wobei Skye da nicht sonderlich empfindlich war.
Sie war inzwischen schnell im Packen geworden, es war eine reine Übungssache und es dauerte nicht lange da verschloss sie ihren Koffer und ging gedanklich noch mal alles durch. Sie wollte gerade los zu EXO, da klopfte es an der Tür.
„Taehyung! Guten Morgen!“, sagte sie überrascht, als sie den Sänger vor ihrer Tür stand mit einigen Tüten in der Hand.
„Ich wollte, dass du noch ein richtiges Frühstück hast, bevor ihr weg seid“, erklärte er und Skye nahm ihm ein paar Sachen ab.
„Das ist total süß! Wäre es okay, wenn ich 15 Minuten verschwinde? Ich will EXO erklären, wie sie ihre Koffer zu packen haben und dann hast du meine ungeteilte Aufmerksamkeit.“
„Kein Problem, ich breite dann schon mal alles vor.“
Irgendwie bekam sie jetzt Angst, wusste aber nicht so recht wieso.
Mit eiligen Schritten ging sie zum Pit. Sie meisten waren schon wach, ob sie schon aufnahmefähig waren, war eine ganz andere Frage. Das Stylisten-Team würde die Klamotten für die Shootings mitnehmen, dazu noch alle möglichen anderen Sachen. Skye hatte 300 Kilo Übergepäck angemeldet für Kameraequipment, Kosmetik, Klamotten, Kleinigkeiten und sie hoffte, dass sie damit hinkamen. Das Kamerateam mit den Stylisten würden direkt nach Korsika kommen, Skye wäre also beim Einchecken oder vorher beim Wiegen nicht dabei. Demnach mussten EXO aber auch nur an ihre eigenen Klamotten denken.
Die Amerikanerin ging zu der Tafel an der Wand und schrieb Dinge auf wie:
Feste Schuhe
Regenjacke
Pullover
Lange Hose
Mütze
Schal
Denn es konnte auch windig werden und dann hätten sie ähnliche Verhältnisse wie auf Okinawa im März. Und wie sagte Mia: Schau das keiner schwerere Verletzungen bekommt. Eine Mittelohrentzündung wollte Skye jetzt nicht auf Korsika behandeln. Einmal hatte sie zum Arzt gemusst und ja, es gab Krankenhäuser, aber Skye hatte nur einen Schliffer im Zeigefinger gehabt, irgendein doofer Dorn, den sie sich bei keine Ahnung was reingehauen hatte und deswegen wollte sie nun nicht ins Krankenhaus. Also ging sie in Pianottoli zum Arzt. Ärzte auf den Dörfern waren alles, der Hausarzt, der Hautarzt, der Orthopäde und der Physiotherapeut, alles in einem. Manchmal auch der Metzger. Skye hatte sich zuerst an dem Dorn versucht gehabt, war aber gescheitert und nach ein paar Tagen, war der Finger dann so angeschwollen gewesen, dass sie wusste sie kam damit alleine nicht klar.
Der Arzt hatte noch irgendetwas vor sich hin gebrabbelt und ehe sich Skye versah, hatte er ihren Finger aufgeschnitten – ohne Betäubung, ohne Vorwarnung. So lief das auf Korsika. Sie stellte sich vor, wenn so etwas einem ihrer Schützlinge passieren würde. Nein, sie wollte es sich nicht vorstellen.
Suho stand von der Couch auf und ging an das Brett.
„Bitte zwinge mich nicht alle Koffer zu kontrollieren“, bat sie den Bandleader.
„Nein, das kann ich dir nicht zumuten“, erwiderte er grinsend. „Gehst du schon wieder?“
„Ja.“ Sie gab keine weitere Erklärung, denn sie sah Jongin oben auf der Galerie stehen und sie würde ihm nicht unter die Nase reiben, dass sie Taehuyng drüben sitzen hatte.
Zurück in ihrer Wohnung kam sie vor, als wäre sie in ein Restaurant reingestolpert. Der ganze Tisch stand voll mit Brot, Brötchen und Croissants. Im Kühlschrank hatte er Marmelade, Konfitüre und Nutella gefunden und er hatte noch Salami und Schinken mitgebracht – Skye hatte keine Ahnung woher er das alles hatte. Es gab westliche Supermärkte, doch irgendwie hatte sie nicht gedacht, dass ausgerechnet Taehyung wüsste, wo die waren.
Er selbst stand am Herd und machte … Rühreier? Skye stellte sich hinter ihn und schaute über seine Schulter. Ja, Rühreier. Er drehte den Kopf zur Seite und grinste.
„Na…“
„Wer kommt alles noch?“, fragte sie ohne sich zu bewegen.
„Das ist alles für dich, inklusive der Beilagen.“
„Welche Beilagen…?“ Doch da hatte er sich schon zu ihr umgedreht und geküsst. Gott, küsste er gut! Das war kein Kuss, das war Vorspiel! Skyes Finger vergruben sich in seinen Haaren. Als sie den Kuss beendeten, waren sie beide schwer am Atmen.
„Wie kann jemand so gut küssen?!“
„Naturtalent“, erwiderte er grinsend und drehte sich zurück zu den Eiern.
Rühreier konnte er machen, auch wenn Skye nachwürzte, was sie selbst machen musste, wenn ihr Koch für sie Frühstück machte und er wusste, dass sie gerne viel Pfeffer hatte.
„Und … du und Jongin?“, fragte Tae beim Frühstück. Skye winkte ab.
„Keine Ahnung …“
„Ich denke auf Korsika werdet ihr wieder zusammenkommen. Romantische Sonnenuntergänge am Meer, niemand von außen, der sich einmischen könnte…“
Skye stützte ihren Kopf auf die Hände und schaute ihn an.
„Wie kannst du mich küssen und dann sagen, dass ich wieder mit Jongin zusammenkommen?“
„Ich küsse dich immer, wenn du es willst, aber ich verstecke mich nicht vor der Wahrheit. Jeder kann sehen, dass zwischen euch etwas ist. Ich habe keine Angst davor, dass ihr wieder zusammenkommt, sondern davor, dass ihr zusammenbleibt.“
Skye schaute ihn grübelnd an und fragte sich, ob sie nicht beide behalten könnte. Taehyungs Gedankengänge waren nicht immer einfach zu verstehen, aber sie wusste was er meinte. Umso faszinierender fand sie, wie er mit der ganzen Sache umging.
„Du bist wirklich etwas Besonderes“, stellte sie fest.
„Besonders gut oder besonders schlecht – manche sind sich da nicht so ganz einig.“
„Besonders gut“, erwiderte sie grinsend und nahm sich noch ein Croissant.
Nach dem Frühstück verabschiedete sich Taehyung und Skye stellte traurig fest, dass sie keinen Abschiedskuss bekam. Sie stellte auch fest, wie sie sich an ihn gewöhnte und dass sie ihn mit Sicherheit vermissen würde.
Die Amerikanerin nutzte die freien Stunden, um noch mal die Mails durchzugehen. Den Plan hatte sie inzwischen auswendig gelernt. Und dann schrieb sie weiter an ihrer EXO vs BTS Alien Geschichte. Das würde so witzig werden. Wenn sie wirklich mal Seoul verlassen sollte, dann wäre das ihr Abschiedsgeschenk an die beiden Bands.
Der Flug ging um 17:30 und um 14:30 wurden sie abgeholt. Skye hatte seitdem auch nichts mehr von EXO gehört und schaute sich überrascht um, als sie in der Tiefgarage ankam.
„Wer fliegt alles mit?“, fragte sie und ließ ihren Blick über die Unmenge von Koffern gleiten. Die Sänger hingegen schauten ungläubig zu Skye.
„Du hast nur einen Koffer?!“, fragte Chanyeol, sichtlich überrascht.
„Ja, wir sind zwei Wochen weg … nicht … für immer.“ Dabei hatte sie schon gedacht, dass sie völlig zu viel eingepackt hätte. Sie Sänger tauschten fragende Blicke aus, hatten sie jetzt zu viel oder Skye zu wenig gepackt?
„Na auf Mädels, gehen wir“, sagte sie und ging auf den Van zu.
Am Flughafen angekommen waren einige Fans versammelt. Oder um es besser zu verdeutlichen: Fans hatten den Flughafen Incheon eingenommen.
Die Vans hielten vor der Abflughalle. Alle waren schon eingecheckt, der Weg zum Check-In Schalter war nicht nötig, doch um zu der Sicherheitskontrolle zu kommen, mussten sie durch die Horde von Fans und irgendwie machte es Skye Angst. Angst, weil ein Fan versuchte hatte sie zu töten. Angst, weil eine Massenpanik ausbrechen könnte. Sie dachte an Frau Choi und dass sie Skye als ‚geheilt‘ sah. Jetzt hatte sie Angst, dass die Psychologin falsch gelegen hatte.
Securitys vom Flughafen kamen zu den Vans und andere Mitarbeiter des Flughafens hatten Kofferwagen dabei. Skye schaute noch immer zu den getönten Scheiben nach draußen und zögerte, keiner der anderen sagte etwas, sie waren der erste Van, sie würden zuerst aussteigen und solange Skye die Tür nicht öffnen würde, würde nichts passieren. Schön und gut, aber man durfte nicht vergessen, dass das Schicksal Baekhyun in den gleichen Van gesetzt hatte und so, wie sie ihn vor ein paar Tagen vom Dach geworfen hatte, so dachte er nun, dass sie einen Schubs in die richtige Richtung bräuchte.
Er beugte sich vor und öffnete die Tür. Es war einer diese Slow-Mos, wo alle geschockt zu Baekhyun schauten, nur der grinste und stieg aus dem Auto.
„Okay … fuck it …“, murmelte die Assistentin und scheuchte alle anderen auch raus. Nun stiegen auch die anderen aus dem zweiten Van aus. Skye versuchte ihre Augen überall zu haben und bildete mit den Koffern das Schlusslicht. Vor ihr lief Jongin, der instinktiv die Hand nach ihr ausstreckte. Sie wollte sie nicht nehmen, denn im Moment war er Kai und Kai gehörte seinen Fans, doch schließlich blieb er stehen und grinste sie an.
„Es ist okay“, versicherte er ihr und sie nahm seine Hand. Tatsächlich fühlte sie sich besser und es hielt ihn auch nicht davon ab fröhlich in die Kameras zu grinsen. Langsam entspannte sie sich und hörte aus der Fanmenge ihren Namen. Sie richtete sich schon darauf ein, dass ihr jemand Eier oder Tomaten entgegenwerfen würde, aber ein paar Mädchen reichten ihr Schokolade und einen Plüschteddy, der ein Halstuch mit ihren Namen hatte. Skye verbeugte sich höflich und winkte ihnen zu, während sie weiterging.
Auch andere riefen ihren Namen und winkten ihr zu und sie sahen nicht böse aus. Das motivierte Jongin zusammen mit Skye für Bilder zu posieren. Er umarmte sie und grinste fröhlich. Sie wusste nicht, ob er den Bogen jetzt überspannte, aber alle fingen an wie wild zu fotografieren.
Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sie den Eingang zur Sicherheitskontrolle erreichten. Die Sänger winkten ihren Fans zum letzten Mal. Gerne hätte Skye sie etwas angeschoben, so langsam waren sie. Als sich die Glastür hinter ihnen schloss, atmete Skye durch und stützte sich an der Wand ab.
„Alles okay?“, fragte Chanyeol und tätschelte über ihren Arm.
„Ja, ja, geht gleich wieder“, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln, das noch nicht einmal Chanyeol überzeugte. Suho und Chen drehten sich nach den beiden um, doch Chanyeol bedeutete ihnen, dass sie weitergehen konnten.
„Es ist so albern.“ Skye blinzelte die Tränen weg.
„Nein, ist es nicht“, sagte er ruhig. „Du hast dich wacker geschlagen, die Fans in Bangkok steckst du locker weg.“
„Yay?“
Gemeinsam gingen sie durch die Sicherheitskontrolle. Skye hatte einen Handgepäckskoffer mit ihrem ganzen Fotoequipment. Zwei Kameras, verschiedene Objektive, Stativ, Unterwassergehäuse – Skye überließ hier nichts dem Zufall. Zum einen ließ sich auf Korsika super die Milchstraße fotografieren, zum andern wollte sie tauchen. An einem Tag würden sie mit einem Boot rausfahren und die Amerikanerin spekulierte noch, dass sie tauchen gehen könnte, mit Flasche.
„Are you … fotographer?“, fragte der Mann bei der Sicherheitskontrolle.
„Fast“, erwiderte sie grinsend und dachte daran, dass sie bald ihre Fotografien in einer Galerie verkaufen würde.
Sie wurden in einer privaten Lounge untergebracht bis zum Flug. Sehun und Jongin standen am Fenster und rauchten. Skye wusste nicht, ob das erlaubt war, aber im Zweifel würde man darüber hinwegsehen. Trotz der ganzen Nichtrauchermaßnahmen und angeblichen Strafen, rauchten immer noch sehr viele in Korea. Prozentual gesehen war Korea mal das Land mit den meisten Rauchern weltweit. Wieso das so war, wusste Skye nicht. In den vergangenen Jahren hatten sich die Zigarettenpreise verdreifach, dennoch waren sie immer noch recht günstig, im internationalen Vergleich. Es gab ganze Straßenabschnitte in Seoul, auf denen das Rauchen verboten war. Zum Beispiel beim Seoul Zoo begann das nicht-rauchen schon auf dem Parkplatz und auf dem kompletten Gelände gab es nicht einen Raucherbereich. Dann gab es oft Schilder, die das Rauchen verboten und auch betitelten, wie hoch die Strafe wäre, wenn man beim Rauchen erwischt werden würde. Meistens waren diese Schilder an Ecke, die eigentlich zum rauchen einluden und das wirklich witzige war, dass dort am meisten geraucht wurde. So gab es auch Cafés mit Raucherbereichen, in denen man aber nichts zu trinken mitnehmen durfte – man wollte es den Rauchern nicht gemütlich machen. Inzwischen juckte das aber kaum noch jemand und Skye sah oft Leute mit Getränken im Rauchbereich. Bei Terrassen konnte wohl jedes Café selbst entscheiden, ob sie rauchen ließen oder nicht. Das schönste waren aber die Raucherwürfel auf der Straße. Die Stadt wollte nicht mehr, dass ganze Menschentrauben am Rauchen waren und so stellte man Raucherwürfel auf. Die meisten Leute standen vor den Raucherwürfeln zum Rauchen, als würden sie denken, sie wären nur für schlechtes Wetter aufgestellt worden.
Doch wie gesagt, noch immer rauchten unheimlich viele Leute, potentiell mehr Männer als Frauen, weil es sich für Frauen ja nicht schickte. Es schickte sich aber Frauen zum Einkaufen zu schicken und so nahm Skye eine Bestellliste auf, die von Parfüm, über Zigaretten bis zu Whiskey und Schokolade reichte.
„Sonst noch was?“, fragte sie genervt in die Runde und wünschte sich einen Einkaufswagen mitgebracht zu haben.
„Oh, wenn du mir einen Milchkaffee von Starbucks … oh, Ironie, sorry“, kam es von Suho.
So zog sie los und plünderte den Duty Free. Das Gute war, dass die Sachen an das Flugzeug geliefert wurden und da sie Business flogen, hätten sie auch eine eigene Schlange für das Abholen. Koreaner waren Meister des Anstehens. Zuerst standen sie im Duty Free an und dann noch mal beim Boarding, um ihre Sachen abzuholen. So ganz verstand sie das Konzept noch nicht.
Skye schlenderte durch den Duty Free, holte sich selbst ein paar Sachen und verschwand dann in der offiziellen Raucherlounge – als gutes Beispiel. Und natürlich ging sie zu Starbucks, sehr zum Erstaunen der Sänger.
„Danke.“ Jongin nahm sein Getränk entgegen und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Im Flugzeug landete Baekhyun neben ihr. Jongin blieb stehen und schien wohl zu überlegen Bae zu fragen, ob sie Plätze tauschen wollten, entschied sich dann aber wohl dagegen. Neben Jongin saß Chanyeol und Skye wartete schon darauf, dass Chanyeol mit ihr tauschen wollte, aber auch das geschah nicht.
Baekhyun machte die Trennwand runter.
„Wollen wir zusammen einen Film schauen?“, fragte er sie. Skye suchte in seinem Gesicht nach dem Schalk oder einem Grinsen, doch er sah sehr ernst aus.
„Klar“, erwiderte sie nur. Sie entschieden sich für ‚Mord im Orientexpress‘ mit Johnny Depp, weil sie beiden den Film noch nicht gesehen hatten und so schlossen sie ihre Kopfhörer an und starteten gleichzeitig den Film.
Auch den anderen war aufgefallen, wie Bae und Skye sich zusammentaten und es rief ganz unterschiedliche Gefühle hervor. Manche hielten es für einen Spaß, andere fragten sich, was alles passieren könnte, wenn die beiden plötzlich Freunde werden würden und vor allem einer, war ziemlich eifersüchtig – vor allem nach Skyes Aussage über Baekhyun und dem Wehtun.
Skye wachte auf, als es Essen gab und schaute in ein genervtes Baekhyun-Gesicht.
„Du bist ein schlechter Filmpartner!“
„Nur im Flugzeug! Die haben eine beruhigende Wirkung auf mich“, erklärte sie und streckte sich.
„Wir waren noch nicht mal in der Luft und du hast schon tief und fest geschlafen!“
„Flugzeuge haben eine sehr beruhigende Wirkung auf mich!“, erwiderte sie, noch immer verschlafen und machte sich über ihr Essen her.
Die Assistentin dämmerte immer wieder ein. Die Zeit im Flugzeug verging anders, als auf der Erde und sie fragte sich, wie es auf der ISS seien würde. Sie hoffte nicht, dass sie dort ständig in einem Dämmerzustand wäre, sonst wäre es rausgeschmissenes Geld. Einen Platz auf der ISS zu bekommen, war nicht nur eine Frage des Geldes. Zum einen musste man verrückt genug sein, denn es gab genügend Leute mit genügend Geld, doch nicht jeder war verrückt genug und man musste Beziehungen haben – wie überall. Mal abgesehen davon, dass die NASA eigentlich keine Touristen mitnahm. Die Chinesen und die Russen allerdings schon. Für ein amerikanisches Mädchen war es gar nicht so einfach ausländische Raumfahrtkontakte zu bekommen und es dauerte auch eine Weile. Schließlich konnte man keine Email reinschicken und sagen man wolle mal ebenso auf die ISS. Es gab genug Momente, in denen sie geglaubt hatte, dass es nicht funktionieren würde, dass sie noch mit so vielen Leuten essen gehen konnte und es würde nichts bringen. Als Skye schließlich die Zusage bekommen hatte, realisierte sie nur langsam, was das tatsächlich bedeutete. Sie würde ins Weltall fliegen. Sie würde im Weltall bleiben. Das Weltall war scheiß gefährlich! Mal abgesehen von der Strahlung, der man fast ungeschützt ausgeliefert war, so gab es doch noch viel mehr gefährliche Dinge. Sie hatte Gravity gesehen, sie wusste genau, was sie erwarten konnte. Und die Raumstation war fast schutzlos. Noch gab es keine Abwehrschirme wie in Star Wars. Fast schon hätte sie wieder abgesagt. Doch dann sickerte es langsam ein und Skye sah danach den Nachthimmel nie mehr mit gleichen Augen.
Die Flüge zur ISS waren schon Jahre im Voraus koordiniert und natürlich könnte auch nicht auf jedem Versorgungsflug ein Tourist mit an Board. Einerseits hätte es Skye gar nicht schnell genug gehen können, andererseits hatte sie aber auch drei Jahre Vorbereitungszeit. Es gab eine Onlinedatenbank, auf die sie Zugriff hatte. Die meisten Weltraumtouristen wollten die ganze Technik gar nicht verstehen, aber wie gesagt, Skye hatte Gravity gesehen.
Irgendwann war sie halbwegs wach und klickte sich durch die Videos auf ihrem Handy, bis sie an ‚What is Love‘ von EXO hängenblieb. Damals waren sie noch so jung gewesen! So süß! Skye grinste fröhlich vor sich hin und suchte in den Babyfaces ihre Monster.
„Was schaust du dir denn für uralte Videos an?“, fragte Baekhyun und lehnte sich zu ihr rüber.
„Ich liebe dieses Lied“, gab sie zu.
„Ach, wirklich?“, fragte er und fing an zu grinsen – bevor er anfing zu singen. Skye schaute sich panisch um, Seunghwan hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich unauffällig verhalten sollten.
„Na komm, sing mit“, forderte er sie nach ein paar Zeilen auf. Skye schüttelte den Kopf, vergaß Seunghwan und stieg mit in das Lied ein.
Wie Lemminge tauchten immer mehr Köpfe von den anderen Sängern auf. Der Manager war entweder nicht da oder am Schlafen, Skye konnte nicht bis zu ihm schauen. Bald sang auch Chen mit und Sehun, dann Xiumin und zum zweiten Refrain sangen dann alle fröhlich mit. Jongin tanzte ohne Musik zwischen den Reihen und Skye vermutete, dass es später nicht nur ein Video davon auf Youtube geben würde.
Als das Lied fertig war, fingen alle fröhlich an zu lachen. Skye legte den Zeigefinger auf den Mund, um ihnen zu bedeuten jetzt etwas runter zu fahren, doch nicht nur die Assistentin hatte geschlafen und so war die Truppe jetzt recht ausgeruht. Super. Als nächstes kam ‚Call me Baby‘, doch Xiumin stand Wache und fuchtelte eilig mit den Armen, als Seunghwan auf dem Weg zurück auf seinen Platz war. Sie hörten sofort auf zu singen und alle sprangen förmlich auf ihren Sitzplatz, nur das Bae irgendwie bei Skye stand und sie jetzt gemeinsam auf ihrem Platz lagen. Panisch schauten sie sich an und Skye zog eilig die Decke über sie beide.
„Hi“, flüsterte Baekhyun. Es war zu dunkel um etwas zu sehen, doch Skye hörte ihn grinsen.
„Wehe du lachst“, warnte sie ihn.
„Ich? Niemals. Und jetzt tu nicht so, als würdest du es nicht genießen…“
„Ja, ist klar, ich wollte schon immer mit Dumbo kuscheln!“
„Dumbo?!“, sagte er etwas zu laut und Skye legte ihm ihre Hand auf den Mund. Sie hob die Decke leicht an und schaute, ob Seunghwan schon wieder auf seinem Platz war und lehnte sich über Bae hinweg. Nein, er stand da noch und machte Dehnübungen. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie ging wieder auf Tauchstation.
„Also noch mal: Dumbo?!“
„Hallo? Hast du schon mal in den Spiegel gesehen?!“
Er hatte wirklich große Ohren! Aber das war okay, man konnte nicht alles haben. Er hatte ein hübsches Gesicht und eine tolle Stimme, da konnte man nicht erwarten, dass er auch noch einen netten Charakter hatte … oder hübsche Ohren.
Schließlich landeten sie in Bangkok. Es war fast 23 Uhr, als sie am dem Gate andockten. In Korea war es schon mitten in der Nacht und alle waren eine Mischung zwischen aufgedreht und Zombie.
Auf dem Weg zum Hotel spielten alle mit ihren Handys und waren am Gähnen.
Sie checkten im Anantara Bangkok Riverside ein, doch alle fühlten sich zu erledigt, als das sie noch groß auf Erkundungstour gehen wollten. Seunghwan machte noch eine Zeit für das Frühstück aus und dann schlurften alle in Richtung Zimmer.