Am Morgen war Mias schlechte Laune noch nicht ganz verflogen, doch in ihrem Zimmer hatte ein Umschlag mit der Deutschen Vogue auf sie gewartet und das beschäftigte sie zumindest. Mit den anderen saß sie am Frühstückstisch und blätterte konzentriert in der Zeitschrift.
„Mia, nehm es mir nicht übel, aber besteht die Vogue nicht nur aus Bildern?“, fragte Yesung vorsichtig. Mias Kopf schnellte hoch.
„Die Vogue ist ein Ratgeber über Mode und Trends, sie informiert über Neuerscheinungen und Modeentwicklung, … und ich brauche diese Schuhe … die Vogue ist der Börsenteil der Zeitung für modebewusste Leute“, erklärte sie ihm ernst – so ernst dass er das Thema fallen.
„Ich mag die Schuhe“, sagte Donghae da Mias Finger noch immer auf der Werbung von Dior ruhte.
„Thank you.“
Die anderen machten sich los zu der Kleingartenchallenge, Mia und Donghae hatten keine Ahnung wie der Garten mittlerweile aussah, weil sie letzte Woche nie mit durften, wenn die anderen dort vorbei gefahren waren. Vielleicht hatten sie den Garten mittlerweile zu einem Steingarten umgewandelt oder zum Madison Square Garden – Garden bleibt Garten, oder nicht?
Mia würde Siwon mit zu seinem Videodreh vom neuen Galaxy begleiten, doch da hatten sie noch zwei Stunden Zeit. Eine halbe Stunde später öffnete sie Zoey die Tür und staunte nicht schlecht.
„Don’t you got classes?“
„I got more important things to do, how are you?“
Zoey war einfach ein Unikat. Die beiden Frauen setzten sich in die Küche.
„I need to talk to you.“
“Oh-kay”, erwiderte Mia.
“I heard about you and Jihoon…”
Ach so, die Sache, die Mia zwar ausgeplappert hatte, über die sie sich aber noch nicht ganz so sicher war.
„Jup, we are engaged.“
„But what about Donghae?“
Immerhin hatte Mia ihrer Freundin von dem ganzen Dilemma erzählt.
„I don’t know Z, I just don’t know. We were in L.A., at the beach, he asked me, if I had said ‘no’ that would have been the end of our relationship and I don’t know if that’s what I want.”
“But this is getting serious now, you have to decide.”
“It’s not like it’s that easy. I even made a pro and contra list. Donghae: Good shoulder to cry on. Jihoon: Good shoulders.”
Zoey rollte mit den Augen.
“Just do what your heart tells you to do and just so you know: I’m team Donghae.”
Verblüfft zog Mia die Augenbrauen hoch.
„So is this getting Twilight now? I was always team Edward … who is who?”
“Donghae is definitely Jacob, he’s shorter but cute, not so creepy and he makes you laugh. While Jihoon is a total Edward.”
“Vegitarian Vampire?”
“You know what I mean”, entgegnete Zoey genervt.
Siwon hatte die beiden Frauen heimlich beobachtet und beschloss dass sie eine Fernsehsendung bräuchten. Er verstand nur die Hälfte der Metaphern die sie an den Tag legten, aber er war davon überzeugt dass die beiden die Welt amüsieren könnten.
Videodrehs waren immer entspannt. Zumal Mia nur einen Welpen dabei hatte, um den sie sich kümmern musste. Sie suchte seine Umkleide, holte ihm etwas zu trinken und zu essen, scheuchte die Stylisten umher und sprach kurz mit dem Regisseur des Werbespots und dann stand Siwon vor der Kamera und tat das, was er am besten konnte: gut aussehen. Verdammt gut aussehen. Wenn Mia ihn nicht kennen würde und wenn er nicht so ein verdammter Christ wäre, würde er wirklich in ihr Beuteschema passen, aber so? Sie hatte ihn sehr gern, er war aufrichtig und witzig, er war für jeden Blödsinn zu haben, war aber auch oft die Stimme der Vernunft und das obwohl er noch so jung war. Als Künstler war er professionell, er war souverän und selbstbewusst, er nahm seine Arbeit ernst und versuchte immer die nächste Stufe zu erreichen. Mia hatte bisher nur Ausschnitte aus Athena gesehen, aber er war einfach nur wow gewesen. Es machte Spaß ihm zuzugucken, er kam mit jedem gut aus und hatte keine Scheu. Natürlich war er verwöhnt, sie waren alle verwöhnt – selbst Mia war mittlerweile verwöhnt, doch Siwon ließ es nicht so raushängen.
Bevor Mia nach Korea gegangen war, hatte sie ein Buch gelesen von einer Deutschen die nach Korea ging. Anfangs nur für ein paar Wochen, in den Semesterferien, doch dann hatte sie einen Mann kennen gelernt. Sie war kurzzeitig zurück nach Deutschland gegangen und hatte dann beschlossen ein Jahr nach Korea zu gehen. Sie hatte geschrieben dass die ersten Wochen noch toll waren, alles war neu, man war fasziniert von dem fremden Land, doch wenn man erst mal in Korea lebte, musste man mit einigen Problemen kämpfen. Wohnungssuche, Bruchbuden für viel Miete und Integrationsprobleme. All das hatte Mia nie kennen gelernt, sie lebte nicht in der normalen Schicht der Bevölkerung und manchmal fragte sie sich, ob Korea nicht so faszinierend für sie wäre, wenn sie einen ganz normalen Job hätte, in einer Ein-Zimmer-Wohnung über einem Schnellimbiss leben würde und wenn sie keinen Kleinzoo hätte.
Die Zeit des Dreh nutzte sie um Kims Emails zu bearbeiten. Sie buchte Hotels und Flüge für Osaka und Bangkok, schrieb den Securityfirmen mit denen SM bereits zusammen gearbeitet hatte Emails und kündigte ihr Kommen an.
„SM Travel how can I help you?“ Mit diesen Worten begrüßte sie Donghae am Nachmittag als er anrief.
„Ich wusste nicht dass es eine neue Abteilung gibt“, sagte er lachend.
„Jup, Mia Martin, Supervisor of SM Travel Agency and you will loooooooove me for the hotel I booked us in Bangkok.”
“One room, king size bed?”
“Stop kidding!”
“I’m not!”
Beide fingen an zu lachen.
„Wo bist du?“
„Wir sind gerade bei M Countdown eingelaufen, wenn du und Siwon fertig seid kommt ihr nach Hause? Die anderen wollten zusammen essen.“
„Oh that’s great, may I plan dinner?“
Donghae stockte, normalerweise bestand Mia nicht darauf zu kochen.
„Diese Kochsendung hat einen guten Einfluss auf dich.“
„I said I’d plan dinner, not that I would cook“, stellte sie klar.
Der Dreh ging bis 18 Uhr, alle waren zufrieden mit dem Material und Siwon ging in seine Umkleide um sich andere Klamotten anzuziehen.
„Siwon, wir müssen einkaufen gehen.“
„Jetzt?!“
„Jup, wir essen heute Abend alle zusammen.“
Sie fuhren in einen großen Supermarkt in dem Mia alles bekommen würde, was sie brauchte, doch den Security nahmen sie mit.
„Was gibt es zum Abendessen?“
„Raclette.“
„Raclette?“
Doch zum Raclette brauchte man erst einmal ein Raclette-Set – oder in diesem Fall zwei. Zum Glück hatte Mia sich emotional darauf eingestellt und zwei Sets schon vor Wochen bestellt – sie kamen bisher nur nicht dazu sie auszupacken.
Siwon hatte eine Kappe tief ins Gesicht gezogen und schob den Einkaufswagen, den Mia mit Pilzen, Zwiebeln, Paprika, Shrimps, Kartoffeln, Mais, Salami, Schinken und Käse füllte. Sie war gespannt wie ihre Koreanischen Jungs auf das französische Essen reagieren würden, zumindest Siwon machte einen neugierigen Eindruck. Es gab zwei Arten von Supermärkten in Korea: 1. Ganz klein, 2. Ganz groß. Überall gab es kleine Supermärkte die 24 Stunden offen hatten und die Menschheit mit den Wichtigsten versorgten, es gab Snacks, Reis, Grundlebensmittel, aber auch Knabbersachen, natürlich Getränke und Zahnbürsten – ein ähnliches Sortiment wie bei einer gut gerüsteten Tankstelle, nur eben zu normalen Preisen. Jede Ecke gab es so einen Laden, bei dem man um jede Uhrzeit einkaufen konnte. Dann gab es die Ikea-Supermärkte, die meistens über zwei oder drei Etagen gingen und in denen man alles kaufen konnte. Haushaltsgeräte, Küchenutensilien, sogar CDs, Klamotten und natürlich auch Lebensmittel. Mia fand große Supermärkte lustig. In Shanghai war sie zwei Stunden in so einem Supermarkt verloren gegangen und seither meisterte sie jeden Supermarkt, egal wie groß er war, sie hatte keine Angst mehr.
Schließlich kamen sie irgendwann doch an der Kasse an und das ohne gravierende Vorfälle. Ein paar Leute hatten angehalten und getuschelt, doch in der Regel waren Koreaner eher die heimlichen Folger als die schreienden ‚Auf den Schoß Springer‘.
Zuhause schleppten sie die ganzen Sachen nach oben und alle schauten neugierig bei all den Tüten. Mia holte die zwei Raclette-Sets aus ihrem Zimmer und baute alles auf, füllte alles in Schälchen und ließ sich von Ryeowook dabei helfen.
Es klingelte an der Tür und Mia sprang auf.
„That’s Boa, I open the door!“
“Boa?”, fragten manche und streckten den Kopf in den Flur. Die beiden Frauen begrüßten sich fröhlich und drückten sich.
„Ich habe sie zum Essen eingeladen, ich hoffe das ist okay, wir müssen später noch trainieren.“
Eunhyuk verbeugte sich schüchtern.
„Es ist komisch, ich kenne sie seit Jahren und gehe nicht so locker mit ihr um wie Mia“, flüsterte er zu Leeteuk als die beiden Frauen in der Küche verschwanden. Da Mia Morgen nach Beijing flog wollte sie Boa drei kleine Tänze beibringen, die sie den anderen beibringen sollte. In weniger als zwei Wochen war der Samsung-Dreh und Mia wollte dass sie genug Tänze hatten.
„Ich liebe Raclette“, gestand Boa und klaute sich ein Stück Paprika.
Und auch die Jungs waren vom Essen beeindruckt. Jeder saß da, mit seinen Pfännchen und überlegte, welche Zusammenstellung wohl am besten schmeckte. Oben auf der heißen Platte lagen Gemüse, Shrimps und Kartoffeln, vor allem die Shrimps kamen super an. Raclette war ein Gemeinschaftsessen, ebenso Fondue – man mag über die Franzosen sagen was man wollte, aber zumindest diese beiden Sachen haben sie toll hinbekommen.
Mia versuchte sich nicht zu sehr vollzustopfen, was man so sehr vergessen konnte wie Vorsätze bei Neujahr.
„Übrigens, wir haben alle über den Urlaub gesprochen“, begann Leeteuk irgendwann. Erwartungsvoll hob Mia den Kopf.
„Also Shindong und Nari würden gerne alleine Urlaub machen, eine nachträgliche Hochzeitsreise sozusagen, aber wir anderen sind dabei, selbst Heechul und Miyon.“
Beeindruckt schaute Mia zu Heechul.
„Aaaaaaah, du hast gesagt dass Leeteuk und ich deine zwei Bezugspersonen sind im Interview, da kann ich dich doch nicht hängen lassen.“
War das Magazin schon draußen? Mia musste unbedingt Exemplare nach Deutschland schicken.
„Ich freue mich sehr, ich werde euch nicht enttäuschen.“
„Ihr plant einen Urlaub?“, fragte Boa in die Runde.
„Ja, wir haben ein Quiz gemacht und Mia plant alles ohne uns zu sagen wohin es geht“, erklärte Sungmin und der Sänger bließ die Backen auf.
„Ich will auch Urlaub … du planst alles und dafür darfst du mitkommen.“
„Sounds great, SM Travel will contact you“, sagte Mia lachend.
“I would book us a flight to Bora Bora…” In Gedanken lag Mia gerade an einem Strand, weißer Sand, klares Wasser …
„Bora Boa? Great idea, you’re a natural!“
„No, I’m a travel management assistant, that’s what I’ve learnd“, korrigierte sie lächelnd.
Die Männer waren so glücklich gesättigt, dass sie den Abwasch übernahmen … okay, Sungmin, Hangeng und Ryeowook übernahmen den Abwasch. Donghae, Eunhyuk und Leeteuk fanden es viel lustiger Mia und Boa bei der Tanzstunde Gesellschaft zu leisten. Sie stellten sich zu den beiden und lernten die Tänze mit, Mia störte sich nicht daran, solange sie kein Blödsinn machten und es gab Mia die Möglichkeit sie zu viert tanzen zu lassen, wenn sie selbst sich das mal anschauen wollte.
„Eunhyuk, your arms need to be straighter … Teukie, hello? Some power in the motions please … again.“
“She is a cheertator”, flüsterte Eunhyuk, der den Durchblick durch die ‘Cheersprache’ gefunden hatte.
Niemand fand das Klingeln an der Tür merkwürdig, Mia erwartete niemanden mehr.
„Miaaaaaaaaaaaaaaa … Bambis!“, rief Heechul, der die Tür aufgemacht hatte. Da stockte Mia und schaute erwartungsvoll um die Ecke. Ihre Bambis tapselten in die Wohnung nachdem sie sich die Schuhe ausgezogen hatten, stellten sich brav auf und begannen zu singen.
Das reichte um alle aus ihren Zimmern zu kommen. Sie sangen ‚It’s hard to say I’m sorry‘ von Chicago. Gut, es war eigentlich ein Liebeslied, doch wie viele Lieder handelten schon von der Entschuldigung einer Band in ihren Manager? Mia war immer noch sauer, doch die Gänsehaut verriet sie, sie waren so gut und dabei hatten sie noch nicht einmal angefangen. Verboten sollte so etwas werden, verboten.
Als das Lied zu Ende war verschränkte sie die Arme und Tyler ging auf sie zu.
„Mia, we are really sorry and we don’t wanna lose you, really. We’ve been up all night and we understand what you’ve told us and you are right, please, give us another shot…”
“Was haben die angestellt?”, fragte Kyuhyun flüsternd zu Ryeowook.
„Keine Ahnung, aber es scheint schlimm gewesen zu sein.“
„Hm.“ So ganz passte es Kyuhyun nicht dass er ausnahmsweise mal nicht wusste was los war.
Mia schwieg und betrachtete ihre Bambis bis sie schließlich nachgab und die Arme öffnet. Das führte zu einem Group-Hug der sogar Super Junior beinhaltete.
„Sag mal, was machen die eigentlich ohne dich?“, wollte Boa wissen als sie sich von Mia verabschiedete.
„Keine Ahnung.“
Die Bambis hatten sich auf den Rest vom Raclette gestürzt und das Ding wieder angeworfen. Mia hatte sowieso zu viel geholt, das der Hunger Jungs schwer einzuschätzen war. Als Mia die Tür für Boa öffnete stand Jihoon davor, als Pizzabote verkleidet.
„Schatz?“
„Hey beautiful, hungry?“
Er hielt ihr eine große Packung entgegen in der sich wahrscheinlich eine Pizza versteckte.
„Naw, I’m stuffed.“
Sie zog ihn in die Wohnung und Boa ging, hob zum Abschied noch einmal die Hand und verschwand dann.
„Was tust du hier?“
„Du fliegst Morgen nach Beijing, ich dachte ich bleib heute Nacht hier.“
Ihre Gedanken waren bei den Bambis, die in der Küche saßen und von denen niemand wissen sollte.
„Sounds great.“
Als sie an der Küche vorbei gingen, was sich leider nicht vermeiden ließ, schaute Jihoon fragend die sechs Kerlchen an.
„Hi … wer sind die?“
„Ehm … them? They are students from Kyuhyuns Moms school, you know she got an art school. They’re having some architecture project and asked if they could visit the dorm to do some sketches.”
“Ah”, sagte Jihoon nur, vollkommen paralysiert, doch die anderen fanden Mias Vorstellung extreme gut.
In ihrem Zimmer angelangt machte Mia mit der Ablenkung weiter, bevor Jihoon anfing zu viele Fragen zu stellen und küsste ihn.
„Wie geht es deiner Schwester?“
„Gut, sie ist wieder in Busan.“
„Super.“