BTS vs. Stripclub – oder wie Noah immer betonte Burlesque Bar – war nicht die beste Kombination. Jin bekam irgendwann kaum noch einen geraden Satz raus, Namjoon sagte gar nichts mehr und Taehyung war damit beschäftigt Skye anzuhimmeln. Der einzige, der sich halbwegs normal verhielt war Yoongi. Immerhin.
Skye saß mit Taehyung an der Bar. Die anderen hatten sich verzogen, entweder um sich selbst zu amüsieren oder um dem Glück der beiden auf die Sprünge zu helfen. Sie saßen eng beieinander, weil die Musik recht laut war.
„Lala, du blühst so auf, wenn du auf der Bühne bist! Du bist dafür geboren! Hast du dir schon mal Video von dir angeschaut? Also letztens bei dem Charity Event warst du schon gut, aber heute? Du warst unfassbar.“
Es machte sie verlegen, wenn er so sprach, aber auch ein wenig stolz.
„Um ehrlich zu sein schaue ich mir ungerne Videos von mir an, aber ich bin mir sicher, dass ihr Video gemacht habt.“
„Ja, mit allen Handys – wir lassen das Jungkook professionell zusammenschneiden.“
Die Amerikanerin schüttelte den Kopf. Super, als nächstes hätte sie einen eigenen Youtube Kanal.
„Ich freue mich mit dir zusammenzuarbeiten.“
„Oh, wann geht es eigentlich los?“, fragte sie.
„Wann auch immer du willst, ich bin bereit.“
Skye musste den Schedule von EXO prüfen. Nächste Woche Freitag ging in der Musik Bank das Comeback los, davor hatte sie eigentlich wenig zu tun, denn Skye musste im Training kein Händchen halten.
„Wie wäre es mit Montagabend? EXO sind ohnehin bis spät in die Nacht beschäftigt.“
„Wir dann wohl auch.“ In Skyes Ohren hörte sich das doppeldeutig an, auch wenn sie wusste, dass Taehyung es höchstwahrscheinlich nicht so gemeint hat. ‚Höchstwahrscheinlich‘ weil er es manchmal doch ganz schön faustig hinter den Ohren hatte.
In dieser Nacht schlich sich Taehyung in ihren Traum. Sie standen auf dem Elefanten aus Moulin Rouge und sangen das Duett von Nicole Kidman und Ewan McGregor. Es waren ihre eigenen Stimmen, nicht die der Schauspieler und es war wundervoll. Taehyung war wundervoll. Er zog sie in seine Arme und Skye schmolz dahin, als er sie küsste.
Erschreckt fuhr sie hoch und fand sich in ihrem Bett wieder, allein. Jongin war nicht bei ihr gewesen, als sie mit BTS nach Hause gekommen war und es war ihr auch zu blöd gewesen im Pit nachzuschauen. Sie war durchaus in der Lage alleine zu schlafen … wenn sich da nicht Taehyung in ihre Träume einschleichen würde. Sie sollte von Jongin träumen! Blödes Unterbewusstsein.
Skye schaute auf ihr Handy. 05:34 Uhr. Auf gar keinen Fall würde sie jetzt schon aufstehen. Sie legte sich wieder hin und war auch fast sofort wieder eingeschlafen.
Um 8 Uhr klingelte dann der Wecker und murrend stand sie auf und ging duschen. Noch mit nassen Haaren, aber zumindest fertig angezogen, ging sie ins Pit und fand Jongin am Küchentisch.
„Wo bist du gewesen?“, fragte sie direkt, ohne irgendeine freundliche Einleitung.
„Ich hatte etwas zu erledigen und als ich nach Hause kam, warst du nicht da. Wo bist du gewesen?“
Er klang nicht ganz so unfreundlich wie Skye, aber er spiegelte schon etwas ihr Attitude wieder.
„Ich war mit BTS in einem Stripclub.“
Suho verschluckte sich ganz fürchterlich an seinem Kaffee, das hatte er nicht kommen sehen. Kyungsoo klopfte ihm leicht auf den Rücken.
„Du warst was?!“, hakte Jongin nach, noch unsicher, ob sie ihn flachste oder nicht.
„Ist doch egal, ich war dort nur, weil du nicht da warst.“
„Willst du damit sagen, dass ich dich zu Strippern treibe?“ Er hatte schon wieder dieses freche Grinsen auf den Lippen.
„Nein, aber keiner wusste wo du warst, dein Handy war aus und Krystal rennt mit einem strahlenden Lächeln durch die Gegend, dass mir das Blut in den Adern gefrieren lässt!“
Sie wurde immer lauter und lauter und alle anderen wurden immer ruhiger und ruhiger. Man sah selten, dass Skye die Beherrschung verlor. Sie war fies, gemein und manchmal unfair, doch eigentlich war sie immer sehr gelassen und ließ ihren Gefühlen oft keinen freien Lauf.
Sie starrten einander einen Moment lang an.
„Ich will wissen was los ist“, forderte sie. Mit seiner Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Er stand kommentarlos auf und verließ das Pit. Alle starrten ihm nach.
„W-was war das? Ich schwöre euch, wenn einer von euch etwas weiß und es nicht sagt …“ Sie brauchte die Drohung gar nicht aussprechen.
„Wir wissen nichts“, erwiderte Chen sehr ernst und die anderen nickten.
Jongin kam mit Verspätung ins Training. Skye sah es auf den Monitoren, denn sie wollte ihm nicht die Genugtuung geben im Training auf ihn zu warten. Selbst die duschenden Kerle gegenüber schienen sie nicht ablenken zu können. Es war doch alles gut gewesen, sie waren glücklich gewesen. Sie verstand nicht wie sich schlagartig alles ändern konnte. Einfach so. Am liebsten hätte sie Kolya angerufen, sie hatte das Bedürfnis etwas oder jemand zu verprügeln.
Als sie nicht zum Essen runterkam, ging Jongin zu ihr. Seufzend schloss er die Tür.
„Wenn du mir nicht sagst was los ist, dann brauchst du da gar nicht rumlungern“, meinte sie ohne sich umzudrehen.
„Krystal ist schwanger.“
Skye starrte aus dem Fenster, es duschte gerade keiner. Nach ein paar Augenblicken drehte sie sich um.
„What?! Who’s the father?“
„Ich.“
Sie atmete tief durch.
„How far is she?“
„14. Woche oder … 15. …“
Die Amerikanerin zog die Augenbrauen zusammen und fing an zu rechnen.
„Ich weiß es seit gestern und ich muss darauf erst einmal selbst klarkommen. Sie will das ich mich entscheide, du oder das Baby. Sie sagt, dass sie es nur mit mir großzieht und wenn ich mich nicht von dir trenne, dann lässt sie es abtreiben.“
*Boom*
Tränen liefen über sein Gesicht und es kostete Skye alle Kraft die sie besaß, um nicht auch zu weinen. Sie fixierte ihren Blick auf ein Nagelloch in der Wand.
„Skye, bitte … sag doch etwas.“
Sie sah seinen Schmerz, doch ihr eigener Schmerz war viel zu groß. Sie stand auf, ging zu ihm rüber und legte eine Hand im Vorbeigehen auf seine Schulter.
„Herzlichen Glückwunsch.“
Sie verließ das Zimmer ohne sich umzudrehen und er kam ihr auch nicht hinterher. Im Fahrstuhl merkte sie, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie musste hier raus, so schnell es ging. Ihr war sogar das Auto egal, sie stürmte aus der Tür raus und atmete frische Luft ein. Noch konnte sie die Tränen runterschlucken, aber Skye wusste, dass das nicht lange so bleiben würde.
Wenn sie in der 14. oder 15. Woche war, dann musste es während der Zeit passiert sein, als sie und Jongin schon ihre Scheinbeziehung hatten. Skye hatte sich darauf eingelassen, weil er weg von Krystal wollte und dann schläft er mit ihr? Sie war wütend und traurig und so wütend! Und wie konnte Krystal ihn vor so ein Ultimatum stellen? Wahrscheinlich hätte sie sich von selbst von ihm getrennt. Sie war zu jung um die Stiefmutter für ein Kind zu spielen. Krystals Kind. Wahrscheinlich würde es mit Hörnern geboren werden. Hellboy.
Skye nahm ihr Handy und rief Youngjun an.
„Hallo Skye, alles okay?“
„Ich kündige“, sagte sie tonlos.
„Du was?“
„Ich kündige. Wenn ich meinen Resturlaub und meine nicht genommenen freien Tage zusammenrechne, dann hat sich das ab heute erledigt.“
„Skye, was ist denn passiert?“
„Jongin hat Krystal geschwängert.“ Damit legte sie auf. Früher oder später würde er es herausfinden, sollte er sich also schon jetzt damit befassen. Als nächstes schaltete sie ihr Handy aus.
Sie überlegte was sie tun könnte. Fiji war kein wirkliches Versteck mehr, zu viele Leute wussten davon und irgendwie war der Amerikanerin auch gar nicht danach sich zu verstecken. Dabei wäre es so einfach. Sie könnte nach Hause fahren, ihren Pass holen und diesem Ort für immer den Rücken kehren. Sie würde ihre Nummer ändern und Korea nie wieder betreten. Sie könnte zu Philippe oder an jeden anderen Ort dieser Welt. Aber nein, das hatte sie die letzten Jahre gemacht. Immer war sie weggelaufen. Als ihre Familie gestorben war, hatte sie Amerika verlassen und immer, wenn sie anfing sich an einen Ort zu gewöhnen, hatte Skye die Zelte abgeschlagen und war weitergezogen, aus Angst etwas oder jemand zu nahe an sich heran zu lassen. So hatte sie ihr Zuhause verloren und endlich, nach all den Jahren, hatte sie hier ein neues Zuhause gefunden.
Ihr war schlecht und sie hatte Kopfschmerzen, ihr war nicht nach Myongdong und auch nicht nach einem anderen Ort, sie wollte nur nach Hause. Skye hielt sich ein Taxi an und fuhr nach Hause. Dort änderte sie den Code der Tür, schaltete die Klingel aus und setzte sich die Kopfhörer auf. In Dauerschleife lief Ushers ‚Confessions‘ und ‚Confessions Pt 2‘. Im ersten ging es darum, dass er seiner Freundin gestand sie betrogen zu haben und dass es das Schlimmste war, das er je getan hatte. Es traf nicht auf ihre Situation zu, doch es war ein wundervoll trauriges Lied. In Pt2 ging es darum, dass eben diese Frau nun schwanger war, im 3. Monat und dass sie es behielt und das er selbst unter Schock stand, nicht wusste was er tun sollte, ob es seins war und was nun passieren würde. Ihr Unterbewusstsein wusste, dass auch Jongin durch die Hölle gehen musste, doch sie war sehr weit davon entfernt Mitleid für ihn empfinden zu wollen.
So lange hatte sie nicht mehr geweint, doch jetzt liefen ihr die Tränen über die Wangen und sie schluchzte.
Nach Skyes Anruf war Youngjun ins Trainingscenter gefahren und fand EXO ohne Trainer im Kreis sitzen. Jongin sah fürchterlich aus und an den geschockten Gesichtern wusste er, dass er es ihnen gesagt haben musste.
Der Manager blieb vor dem Fenster stehen, keiner bemerkte ihn, doch er wollte ihnen diesen Moment lassen. Und dann Jongin umbringen.
Man hatte das Gefühl, als wäre die Temperatur gesunken. Keiner sprach, bis irgendwann Chen der erste war.
„Wie konntest du ihr das antun?! Wie konntest du das Skye antun?“ Er warf ihm die Worte entgegen.
„Ich … meinst du das war geplant? Ich liebe Skye-“
„Sprich nicht von Dingen, von denen du keine Ahnung hast! Du liebst nur dich selbst! Wann ist das mit Krystal passiert? Warst du schon mit Skye zusammen?“
„NEIN!“ Jongin war aufgestanden und lief unruhig umher. „Wir hatten schon die Scheinbeziehung und ich hatte einen schwachen Moment, okay? Wir waren auf dieser Party und ich hatte zu viel getrunken … um ehrlich zu sein konnte ich mich an den nächsten Morgen noch nicht einmal erinnern. Ich war bei ihr und …“
„Na das macht es besser“, kam es von Chanyeol.
„Was soll ich denn tun?! Das ist auch mein Kind! Soll ich sie zur Abtreibung bringen?“
„Vielleicht wäre es das Beste.“ Suho sprach ruhig. „Willst du mit dieser Frau wirklich ein Kind haben? Vielleicht blufft sie auch nur, du weißt nicht ob sie abtreiben würde, wenn du dich nicht für sie entscheidest, aber vielleicht kann SME mit ihr sprechen. Ihre Karriere wäre beendet und deine vielleicht auch. Du hast die Fans mit Skye wütend gemacht, doch inzwischen haben sie sich daran gewöhnt. Vor allem die internationalen Fans können sich mit ihr identifizieren, sie lebt einen Traum, den sie alle haben. Wenn jetzt rauskommt, dass du Krystal geschwängert hast, während ihr offiziell eine Beziehung hattet, kann dich keine Marketingaktion dieser Welt retten.“
Alles was er sagte machte Sinn, dass wusste Jongin. Doch ihm war es alles zu viel, er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er wusste nur das er zu Skye wollte und dass gerade sie ihn im Moment wohl für den schlimmsten Menschen auf Erden hielt.
Die Sonne war bereits untergegangen, doch Skye konnte nicht aufstehen. Sie konnte nicht aufstehen, um das Licht anzumachen. Ihr fehlte die Kraft. Noch immer lief Usher auf repeat. Sie hörte das stumpfe Pochen an der Tür durch die Kopfhörer, doch sie reagierte nicht.
Jongin schlug mit beiden Fäusten gegen die Tür, als ihn jemand wegzog. Es waren Yoongi und Taehyung, die gerade nach Hause gekommen waren. Sein Hämmern gegen die Tür hatte man im ganzen Haus gehört.
„Was ist denn los?“
Jongin schupste Taehyung von sich weg.
„Lass uns in Ruhe!“
„Okay, ich denke du solltest Skye in Ruhe lassen“, meinte Yoongi und zog Jongin am Arm Weg. Bestimmt eine Viertelstunde hatte er hier gestanden und er ließ sich von Yoongi wegziehen. Taehyung stand vor der Tür und wusste nicht was los war. Was war denn passiert? Er wusste nur, dass er auf sie aufpassen musste, also setzte er sich hin und nahm seinen Rucksack auf den Schoß. Er holte ein Blatt Papier heraus und schrieb ‚Ich passe auf dich auf‘ und schob es unter die Tür. Skye bekam davon nichts mit, sie starrte die Decke an und ließ sich von Usher berieseln.
Stunden vergingen. Skye versuchte sich das Familienbild von Krystal und Jongin vorzustellen, mit Baby am Strand, mit Baby am Hangang, mit Baby beim Wandern. Was würden die Fans denken? Würden sie es akzeptieren oder wäre es das Aus ihrer Karrieren? Jongin ohne Bühne? Er liebte die Bühne, er liebte seine Fans. Und sie? Würde sie es ertragen ihn ständig zu sehen? Sie beide zu sehen? Sie kannte Jongin noch nicht lange, doch verstand sie den Grundaufbau seines Charakters. Er würde sein Baby lieben und er würde sich mit Krystal arrangieren, er würde sich kümmern, auch wenn er sie nicht mehr liebte. Vielleicht würde er einen Weg finden wieder eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Ob Krystal das alles geplant hatte? Würde sie ihre Karriere dafür auf’s Spiel setzen? Wie lange wusste sie es schon? So viele Fragen und doch würde keine Antwort etwas an der Grundsituation verändern.
Taehyung hatte es sich inzwischen bequemer gemacht. Jin hatte ihm das aufblasbare Bett gebracht, Decken, Kissen, etwas zu trinken.
„Du ziehst das durch?“
„Solange es nötig ist“, bestätigte er dem Älteren.
Nach einer Weile kam Chen vorbei und Chanyeol. Sie schauten sich das Lager an und nahmen dann Platz.
„Was ist eigentlich passiert?“, fragte Taehyung, denn die beiden sahen so aus, als wüssten sie was los war. Youngjun hatte ihnen verboten darüber zu reden, andererseits waren BTS und EXO Freunde und wenn es wirklich alles wahr war, dann würde Krystal ihren Umstand nicht viel lange verstecken können.
„Na super, jetzt hat er sie kaputt gemacht“, war Taes Kommentar zu dem Ganzen.
„Kaputt?“, hakte Chen nach. Skye war keine Puppe, die kaputt ging.
„Mental. Erst kommen sie zusammen, große Hoffnung, Liebesschwüre und jetzt so etwas. Es wird ewig dauern, bis sie darüber hinweg ist … wer kommt jetzt?“
Er hörte Fußschritte und beuget sich vor.
„Die großen Geschütze“, sagte Chanyeol.
Skye konnte wütend sein wie sie wollte, doch die Sänger wussten, dass wenn nicht etwas passieren würde, sie sich wahrscheinlich zu Tode hungern würde. Sie brauchte jemand zum Reden und weder EXO waren dafür geeignet, weil sie Skye einfach an Jongin erinnern würden und BTS waren dafür auch nicht geeignet, zum einen wegen diesem ‚Ding‘ zwischen ihr und Taehyung und weil sie mit BTS zwar gut auskam, aber noch nicht auf dem Level angekommen war, um sich bei ihnen auszukotzen.
Natürlich bekam Skye mit, dass Tae vor ihrer Tür saß und sie hatte inzwischen auch seinen Zettel gelesen. Er war viel zu gut für diese Welt, aber sie konnte sich im Moment nicht mit ihm auseinandersetzen. Auch hörte sie Chen und Chanyeol, die gar nicht versuchten gegen die Tür zu klopfen, aber irgendwie hatte es etwas Beruhigendes, dass sie da waren.
Sie fühlte sich hundeelend und lag halb auf ihrem Esstisch.
„Skye, mach die Tür auf.“
Sie schreckte hoch.
„Oppa?“
Die Amerikanerin wusste, dass sie Seunghyun nicht los werden würde indem sie ihn ignorierte und so ging sie zur Tür. Chen, Chanyeol und Taehyung waren verschwunden, aber sie wusste nicht so recht, was das aufblasbare Bett vor ihrer Tür verloren hat.
„Bist du die Schulter zum Ausweinen?“
„Du verwechselst mich mit Mia, ich bin dein Drinking Buddy“, sagte er und holte eine Flasche Ouzo aus seinem Versace Rucksack. Skye öffnete die Tür nun ganz und machte eine einladende Bewegung.
Zuerst machte er Licht an und Skye ging ins Bad, um sich abzuschminken. Sie sah furchtbar aus. Von Wegen wasserfestes Make Up.
Seunghyun stellte zwei Schnapsgläser auf den Tisch und füllte sie.
„Okay, was ist das Schlimmste an der Situation?“, fragte er und hob das Glas an. Sie setzte sich ihm gegenüber.
„Das Schlimmste ist … das es passiert ist, als wir offiziell schon ein Paar waren. Ich habe so viel für ihn auf’s Spiel gesetzt, hell I almost lost my life because of this relationship und er vögelt mit der Frau, wegen der wir das Ganze angefangen haben.“
Sie stießen an und tranken. Seunghyun hatte auch Wasser auf dem Tisch stehen, doch zuerst füllte er die Gläser nach.
„Was ist das Schlimmste, was passieren kann?“
„Dass das Baby so aussieht wie sie?“, erwiderte Skye ziemlich ernst.
„Okay, du bekommst einen Extrapunkt für Galgenhumor!“
Wieder stießen sie an und tranken.
„Keine Ahnung. Ich will keine Ziehmutter für Krystals Kind sein – sehen wir den Tatsachen ins Auge, wenn wir der Polizei sagen, dass sie mit einer Abtreibung droht, die ja eigentlich immer noch illegal in Korea ist, dann würde man sie so lange in eine geschlossene Anstalt stecken, bis das Baby geboren wurde und dann stehen die Chancen gut, dass Jongin das alleinige Sorgerecht bekommt. Aber will ich das? Eigentlich nicht. Ich will aber auch nicht der Grund sein, wieso sie das Baby abtreiben lässt, illegal oder nicht, wir wissen beide das es Mittel und Wege gibt und eigentlich will ich mir aber auch nicht vorstellen, wie sie Hand in Hand mit einem Baby durch den Park laufen.“
Seunghyun stieß wieder an und sie tranken.
„Ich sehe, du hast dir ausgiebig darüber Gedanken gemacht“, bemerkte er und füllte die Gläser erneut.
„Was ist die bestmögliche Lösung?“
„Das ich aufwache und feststelle, dass es nur ein fürchterlicher Traum war, doch wenn das nicht zutrifft … keine Ahnung. Selbst wenn sie nicht schwanger wäre, wenn das nur einer ihrer dummen Streiche wäre, dann würde es nichts an der Tatsache ändern, dass er mit ihr geschlafen hat, als er sie eigentlich los werden wollte.“
„Aber ihr wart nicht zusammen, inoffiziell offiziell, wenn es eine andere gewesen wäre, würde es dich dann auch so fuchsen? Jetzt wahrscheinlich schon, denn jetzt hast du Gefühle für ihn, doch damals, als du noch mit Jiyong … verheiratet warst … wäre es dir wahrscheinlich egal gewesen und du darfst eines nicht vergessen: Er ist ein Mann. Wir sind schwache Geschöpfe, meisten ohne eigenen Willen. Es gibt Tausend Wege, wie sie ihn hätte ins Bett bekommen können.“
Skye schaute ihn finster an und beuget sich etwas vor.
„Mein Freund, ich bin noch nicht bereit in irgendeiner Weise Mitgefühl für ihn zu haben“, stellte sie klar. Für wen war er eigentlich hier?! Für Jongin oder für sie.
„Fair enough“, gab er zu und wieder stießen sie an. Das würde ein langer Abend werden.
„Was willst du essen?“
„Was hat das mit meinen Problemen zu tun?“
„Noch nichts, aber wenn wir so weiter trinken nimmt das kein gutes Ende, also: Was willst du essen?“
Sie waren total dekadent und bestellten Steak auf einem heißen Stein. Also eigentlich bestellten sie einen Caterer der alles vorbei bracht, bei Skye fertig machte, ihnen die heißen Steine auf den Tisch stellte und dann wieder ging. Skye wollte Knoblauchbutter und Pfeffersoße und handgemachte Kartoffeln. Manchmal musste man sich gönnen und sie war da wohl nicht die einzige, denn welcher Lieferservice hatte schon einen Ofen im Auto um Steine heiß zu machen?
„Wieso haben wir drei Steine?“, fragte sie verwirrt, doch in diesem Moment klopfte an der Tür.
„Sag nicht das du Jongin eingeladen hast.“
Der Rapper lachte.
„Nein, daran hätte ich im Traum nicht gedacht.“
Sie beäugte ihn noch kurz skeptisch, bevor sie an die Tür ging und Jiyong davor fand.
„Ernsthaft?“ Sie drehte sich zu Seunghyun um.
„Ich dachte bei der Ironie deines Liebeslebens wäre er die richtige Art von Unterstützung.“
„Ich habe Schichtnougat“, erwähnte Jiyong und zog drei große Schachteln von Lindt aus der Tasche, Nougat, Pralinen und Lindorkugeln. Woher auch immer er das in Seoul aufgetrieben hatte! Tatsächlich hatte er es in Deutschland geholt, als er für die Fashion Week in Paris war. Auf seinem Rückflug hatte er einen Zwischenstopp in München und er erinnerte sich daran, dass Skye mal erwähnt hatte, dass sie Lindt und insbesondere den Nougat von Lindt liebte.
Wieder öffnete Skye die Tür weiter und ließ auch ihn hinein.
Gemeinsam aßen sie und Skye fühlte sich zumindest körperlich um einiges besser.
„Ich verstehe das einfach nur nicht. Eben war noch alles vollkommen toll und dann … puff … totales Chaos.“
„Soll ich ehrlich zu dir sein?“, begann Jiyong.
„Go ahead“, der Tag könnte ohnehin nicht schlimmer werden.
„Ich wusste immer, dass wir zwei wahrscheinlich nie für die Ewigkeit bestimmt waren, dass wir nur vielleicht Schlüsselfiguren auf einem langen Weg sind, doch als ich gemerkt habe, wie ich dich an Jongin verliere … ich habe mich so hilflos gefühlt. Ich weiß, dass ich mich nicht immer richtig verhalten habe und dass meine Reaktionen sicherlich einen Teil dazu beigetragen haben dich in seine Arme zu treiben, aber es war furchtbar mit anzusehen, wie du dich in ihn verliebst.“
„You don’t wanna tell me that it’s karma what’s happening to me? Because I know Karma and I actually do like her.“
Die beiden Männer hatten keine Ahnung wovon sie sprach, aber sie kannten ja auch Karma nicht.
„Nein, ich will damit sagen, dass man manchmal nichts anderes tun kann, als dabei zuzugucken wie alles den Bach runter geht, ohne dass man eine Ahnung hat, wie man es aufhalten könnte. Alles was passiert ist liegt nicht in deiner Macht. Du hast ihn nicht zu ihr getrieben, du hast sie nicht geschwängert. Aber es liegt in deiner Macht zu entscheiden, wie es weiter geht. Du kannst zu ihm stehen oder all dem hier den Rücken kehren – egal wie du dich entscheidest, jeder hätte dafür Verständnis. Aber vielleicht hatte ich damals die Macht unsere Beziehung zu retten und habe es versaut.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen.
„Wieso bist du so vernünftig? Das ist meine Rolle.“
„Also mir fallen viele Wörter ein dich zu beschreiben, heiß, sexy, witzig, aber vernünftig gehört nicht dazu“, meinte Jiyong grinsend.
„Okay, sagen wir die weniger verrückte Person.“
„Damit kann ich leben.“
** Frohe Weihnachten meine lieben Leser <3 **