Skye war sauer gewesen und enttäuscht, doch das Schlimmste war, dass sie sich keinen Kuchen mitgenommen hatte! Wie hatte das passieren können? Bis sie zurück in Manhattan war, war es fast 20 Uhr gewesen und auch wenn New York die Stadt war, die niemals schlief und man morgens um 4 Uhr noch tolle Burger bekommen konnte, so war Kuchen ab einer gewissen Uhrzeit ein Problem. Das Pomme Palaise hatte um diese Uhrzeit auch schon geschlossen.
Nach dem dritten Laden hatte sie es aufgegeben und war nach Hause gefahren. Dort angekommen hatte sie mit dem Abend schon abgeschlossen und dann kam sie in die Küche und sah eine Erdbeertorte. Sarah, ihre Köchin schlug gerade die Sahne.
„Wha-what?!“
„Jason texted me when you’ve got in the car. He said you needed some sugar“, erklärte sie grinsen. Und wie Skye den brauchte!
Drei Stücke aß sie und fühlte sich dann auch schon besser. Ein wenig. Aber diese Sache war noch nicht vorbei. Wie pflegte eine Freundin von ihr zu sagen: I don’t start shit but I quit the finish.
Es war fast Mitternacht, als EXO in das Penthouse kamen. Alle waren am Reden, bis der Fahrstuhl aufging und sie Skye im Foyer auf einem Stuhl, genau gegenüber des Fahrstuhls, sitzen sahen.
„Skye …“ Mia kam schon auf sie zu, doch Skye hob die Hand.
„No Mia, this stops. Tonight.“
Als Skye aufstand wischen alle zurück. Sie war klein und niedlich, doch in diesem Moment kam keiner von ihnen auf die Idee sich ihr in den Weg zu stellen.
„Du bist sauer auf mich, weil ich dir die Wahrheit gesagt habe“, stellte sie fest, als sie vor Jongin stand. Es war eine recht neue Erkenntnis. Er hingegen hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit und das sah man ihm an.
„Ich … nein. Natürlich will ich wissen, wenn das Kind nicht von mir ist!“
„Nein, nein, nein, du hattest dich damit abgefunden. Du hast dich damit abgefunden, dass du und Krystal ein Kind bekommt, das ihr es großzieht, egal was es mit deiner Karriere oder die deiner Bandkollegen macht. Du hast dich gefreut. Und ich habe dir das weggenommen.“
Sein Brustkorb hob sich, als er tief einatmete.
„Welche Wahl hatte ich denn, nachdem du weg warst?“
„Was hätte ich denn tun sollen? Sie hat gedroht das Kind abzutreiben, denkst du ich wollte diese Entscheidung auf meinen Schultern haben? Stell dir mal vor es wäre andersherum. Jiyong und ich wären getrennt gewesen, er hätte sich als Stalker und Psychopath erwiesen und du wärst zu mir gekommen und hättest gesagt ‚Hey, komm, wir tun so als sind wir zusammen, damit er dich endlich in Ruhe lässt‘. Ich wäre total glücklich gewesen, dass du mich unterstützt. Dann, ein paar Tage später, gehe ich feiern im Club, treffe Jiyong, der schon denkt, dass wir zusammen sind, er flirtet mit mir, gibt mir einen Drink nach dem anderen aus, bis ich total betrunken bin. Er nimmt mich mit nach Hause. Vier Wochen später stelle ich fest, dass ich schwanger bin – von Jiyong, denn wir haben damals noch nicht miteinander geschlafen. Ich behalte es für mich, denn die ersten drei Monate sind oft kritisch, doch dann erzähle ich es ihm, weil er der Vater ist und verdient es zu wissen und dir erzähle ich es auch. Du kannst nun also entscheiden, ob du mit mir zusammenbleibst, um Jiyongs Baby groß zu ziehen, aber wie erklären wir das den Fans, dass ich schwanger bin? Nachdem wir so kurz zusammen waren? Und dann kommt auch noch Jiyong um die Ecke und sagt er veröffentlicht alles, unseren Beziehungsvertrag, dass er der Vater des Babys ist, wenn wir beide zusammenbleiben. Was würdest du tun?“
Jongin lief eine Träne über das Gesicht.
„Wie würdest du dich fühlen?“, fragte Skye.
„Betrogen“, sagte er durch zusammengepresst Zähne.
„Was würdest du tun?“, fragte sie wieder.
„Mit Sicherheit nicht das Land verlassen!“
„Du kannst das Land nicht verlassen, du bist EXO. Also, was würdest du tun?“
„KEINE AHNUNG!“, rief er.
„Ich habe das getan, was vernünftig war. Ich bin gegangen. Weder wollte ich dafür verantwortlich sein, dass sie das Kind abtreibt, noch wollte ich sehen wie dieses Kind deine und die Karriere all deiner Bandkollegen potentiell zerstört, noch hätte ich es ertragen euch zusammen zu sehen. Ich bin der Außenseiter, der Eindringling und ich bin gegangen. Und glaube mir, wenn ich einen Weg gesehen hätte, wie ich um dich hätte kämpfen können, dann hätte ich es getan. Doch selbst wenn sie geblufft hätte, wenn sie nicht abgetrieben hätte, dann hätte ich nie zwischen dir und deinem Kind gestanden und wenn wir nicht damals Schluss gemacht hätten, dann vielleicht in drei Monaten oder nächstes Jahr, doch irgendwann wäre es so weit gekommen. Alles was ich getan habe, war dich zu beschützen und mich, denn anders hätte mein Herz es nicht verkraftet.“
Skye weinte nicht, sie hatte viel zu viel geweint. Es hatte sich angefühlt, als hätte man ihr das Herz aus der Brust gerissen.
„Aber jetzt ist alles anders“, begann er. „Ich bin nicht der Vater! Wir können zusammen sein, alles kann wieder werden wie es war. Du kannst nicht sagen, dass all die Liebe weg ist. Ich liebe dich!“
„And I love you. And I always will but that doesn’t mean I’m in love with you. Und das heißt nicht, dass ich Taehyung liebe, aber … wir beide haben es verdient glücklich zu werden, also bitte stehe mir dabei nicht im Weg.“
Skye beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich umdrehte und nach oben ging. Keiner der anderen hatte sich bewegt, bis Skye weg war, erst dann trauten sie sich wieder richtig zu atmen.
„Scheiße … ich brauche einen Drink“, kam es von Chanyeol als erstes.
„Language!“, mahnte Mia, schloss sich bei dem Drink aber an.
Chen war der Mutigste und traute sich irgendwann hoch zu Skye. Er klopfte leise an der Tür, für den Fall, dass sie schlief, doch um ehrlich zu sein ging er nicht davon aus.
„Komm rein“, hörte er von drinnen und machte die Tür auf.
Da stand sie, in einem Minikleid und Highheels, geschminkt und zog sich gerade Ohrringe an.
„Ehm, Entschuldigung, ich suche Skye Jones. Sie ist ungefähr so groß … große, grüne Augen … gebrochenes Herz…?“
„Nein, nein, mein Herz war vor 2 Monaten gebrochen – ich habe es geflickt“, erklärte sie und schenkte ihm durch den Spiegel ein Lächeln.
„Willst du wirklich noch weg?“ Sie alle hätten es verstanden, wenn sie mit dem Abend abgeschlossen hatte. Tatsächlich lagen schon die ersten von EXO im Bett.
„Willst du mich verarschen? Natürlich gehen wir aus! Sag nicht, ihr seid noch nicht fertig?!“
„Wir brauchen … 15 Minuten“, sagte er und verschwand direkt wieder.
Skye gab ihnen 20 Minuten. Als sie die Treppe runterkam, standen Sehun, Chen, Baekhyun und Chanyeol abfahrbereit im Foyer.
„Wow! So ziehst du dich in Korea aber nicht an!“, kam es von Chanyeol. Das Minikleid war um die Brust grau, dann folgte eine Art Kummerbund und er untere Teil war schwarz und hochgerafft, um die Illusion zu geben, dass das Kleid mehr Stoff hatte, als tatsächlich da war. Dazu hatte sie schwarze Pumps und eine silberne Clutch. Nach Chanyeol Kommentar schauten selbst Suho um die Ecke vom Wohnzimmer.
„In Seoul gehe ich mit euch auch nicht auf eine Party … immer nur auf irgendwelche Galas“, erklärte sie. Im Vorbeigehen sah sie Jongin, der am Fenster stand. Ihre Blicke trafen sich und ihr Herz stockte kurz.
„Ich habe euch Karten für das Jimjilbang dagelassen“, erklärte sie Suho, der zur Wellnessgruppe gehörte.
„Hier gibt es ein Jimjilbang?“, fragte er verwundert.
„Ja klar. Sagt am Empfang Bescheid, sie stellen euch einen Fahrer.“
Das Badehaus lag in Koreatown. Natürlich war es nicht so groß, wie einige in Seoul und vor allem war es erheblich teurer. Skye ging in Seoul gerne in das Siloam an der Seoul Station und im Nachttarif kostete es, soweit sie sich erinnern konnte, denn dieses Jahr war sie noch nicht dort gewesen, 12$. Der Tagtarif war etwas günstiger. Das Badehaus hier kostete 40-50$ Eintritt, je nach Promotion, aber es war eben schon eine Rarität in New York City in ein koreanisches Badehaus zu gehen.
Jason fuhr sie quer durch die Stadt. Die Sänger waren noch nie auf einer richtigen Party in New York, mit normalen Menschen gewesen und waren ziemlich hibbelig im Auto. Dann merkte man, wie die Stimmung sich änderte. Chen schaute aus dem Fenster.
„Sag mal, wo sind wir?“
Sie hatten Manhattan hinter sich gelassen, keine funkelnden Hochhäuser mehr, sondern eher renovierungsbedürfte Häuser.
„Wir gehen auf eine Party in Bushwick, das ist in Brooklyn und ein Graffiti Viertel.“
„Du fährst mit uns ins Ghetto?“ Baekhyun schaute sie entsetzt an.
„Das ist kein richtiges Ghetto, es ist ein … Szeneviertel and like they say: Ain’t no party like a bushwick party!“
Skyes Optimismus schien nicht auf die anderen überzuspringen. Sie hatten einen Security dabei, nicht genug um die vier ständig zu beobachten.
Die Tatsache, dass die Party in einer alten Lagerhalle stattfand, machte das Ganze nicht besser. Tatsächlich war es so, dass viele Clubs recht früh schlossen und es war schon 1 Uhr gewesen, als sie losgefahren waren. Um 1 Uhr machten viele Clubs schon zu, noch mehr um 2 Uhr. Nur wenige Clubs hatten wirklich lange auf und man durfte nicht vergessen, dass Montagnacht kein beliebter Tag zum Ausgehen war. Doch wer in New York eine Party suchte, der fand sie auch und wenn es in einer Lagerhalle in Bushwick war.
Bushwick war ein etwas heruntergekommenerer Teil von Brooklyn. Einige Teile von Brooklyn waren inzwischen gut integriert, modern und in Reiseführern ausgeschrieben, wie Williamsburg, was direkt auf der anderen Seite der Brooklyn Bridge lag. Bushwick hingegen war viele Jahre keine Gegend gewesen, in der man sich gerne aufgehalten hat. Doch vor einigen Jahren kam ein Sprayer und führte ein Graffitiprojekt ein, mit geplanten Graffitis. Inzwischen war Bushwick dafür bekannt, Sprayer aus der ganzen Welt kamen hier und verewigten sich – für zwei, drei Jahre. Das zog Künstler in das Viertel und auch Touristen. Bushwick hatte sich super entwickelt. Es gab viele Bars und Restaurants, die Kriminalität war gesunken. Bushwick war cool, doch für ihre guterzogenen Koreaner musste es aussehen wie ein Ghetto aus einem Notorious BIG Song.
Jason hielt im Innenhof eines Lagerhallenkomplexes. Einige Autos standen hier, doch vorne am Tor hatte man sie auch nur reingelassen, weil der Mann Skye kannte.
Unsicher stiegen sie aus dem Auto.
„Na kommt schon! Alles gut, habt Spaß – und versucht ‚Du bist‘ und ‚Ich bin‘ zu vermeiden.“ Naega und Niga konnten leicht verwechselt werden und plötzlich würden sie sich in einer Schlägerei wiederfinden und wussten gar nicht wieso. Das Youngjun zu erklären wäre auch schwer geworden.
Sie gingen an die Tür und Skye klopfte lauft. Eine Klappe öffnete sich.
„Das ist wie im Film“, flüsterte Sehun zu Chen.
„Who’s there?“
„Liz, it’s me.“
Die Klappe schloss sich und die Tür wurde geöffnet. Fast schon dachten die Männer, dass sie angegriffen werden würden, doch es war nur Liz, die anfing zu schreien und Skye in die Arme fiel.
„What. Are. You. Doing. Here??“
„A little party never hurt nobody“, meinte Skye grinsend.
„And who are these gentlemen?“ Liz Blick fiel auf die vier Sänger.
„These are friends of mine from Korea, they said they wanted to party.“
„Then I’ll guess you’re in the right place.“
Liz hielt die Tür für sie offen und gut erzogen verbeugte Chen sich leicht, nur um von Chanyeol einen Klaps auf den Hinterkopf zu bekommen.
„Trottel, die verbeugen sich hier nicht.“
„Aber sie war nett!“ Chen wusste nicht was er falsch gemacht hatte.
Im Innenraum der Halle war es laut und warm. Ein DJ stand in der Mitte auf einem Podium und in zwei Ecken gab es eine Bar. Es gab auch eine Galerie, die rund um die Halle führte.
„Was wollt ihr trinken?“, rief Skye über die Musik hinweg und ging in Richtung Bar. Chanyeol mogelte sich an ihr vorbei.
„Ich bezahle“, sagte er grinsend und lehnte sich zur Kellnerin.
„Oh-kay, ich nehme einen Vodka-Maracuja“, erwiderte sie. Kurz darauf stießen sie gemeinsam an und mischten sich unter das Volk.
Es war 8 Uhr, als sie wieder im Penthouse waren und sie hatten auf dem Weg Frühstück geholt.
Singend und tanzend kamen sie aus dem Fahrstuhl, als Suho sie entsetzt anschaute. Tatsächlich war er davon ausgegangen, dass sie alle schon brav im Bett gelegen haben – von wegen.
„Wo kommt ihr denn her?!“
„Wir waren feiern!“, rief Chen.
„Ain’t no party like a Bushwick party!“, kam es fröhlich von Chanyeol. In dieser Nacht war alles Mögliche passiert. Baekhyun war kaum noch von der Tanzfläche wegzukriegen gewesen. Chen hatte mit einem schnuckeligen Typen geknutscht. Sehun war von zwei Afroamerikanerinnen belagert worden und hatte anscheinend viel Spaß dabeigehabt und Chanyeol hatte sich super mit Skyes Freunden vom College verstanden und seine Liebe zu Anis-Schnaps entdeckt.
Baekhyun und Sehun sangen Lieder und Skye stürzte sich auf die Kaffeemaschine.
„Ihr seid total betrunken!“, stellte Kyungsoo fest. Skye legte den Zeigefinger auf die Lippen.
„Wir müssen sie vor Youngjun verstecken!“ Suho schaute sich panisch um, jeden Moment könnte der Manager aufwachsen.
„Ihr müsst nach oben.“
„Ihr müsst nach oben“, äffte Sehun ihn nach und die anderen fingen an zu lachen. Es war kacke, wenn alle betrunken waren, nur man selbst nicht.
„Wir haben Hunger“, jammerte Skye.
„Sarah bringt euch Frühstück hoch … und ich Klamotten, ihr müsst hier weg, wenn Youngjun euch sieht bekommt der Ticks.“
Das sahen sie zumindest ein. Spielverderber Youngjun bräuchten sie jetzt nicht und so landeten sie alle bei Skye im Zimmer.
„Es ist voll schön hier“, bemerkte Chanyeol. „Ist das die Tiffanyfarbe?“
Die Amerikanerin hatte wirklich zwei Wände in Tiffany-Blau gestrichen und die anderen Wände waren Hellgrau mit einem weißen Schnörkelmuster. Am Fenster hingen schwere, weiße Vorhänge, die auch tagsüber das Licht gut abschirmten, doch hinter den weißen Vorhängen waren weitere, dicke Vorhänge, ebenfalls in Tiffany-Blau. Hey, irgendein Konzept hatte sie gebraucht, an dem sie sich austoben konnte und welches Thema passte besser in New York als Tiffany? Das Bett war hoch, mit vielen Decken, Überdecken und Kissen – wie es in Amerika eben so üblich war. Bevor sie schlafen ging, musste sie die ganzen Sachen aus dem Bett werfen. Vor dem Bett stand eine Bank, die an den Seiten gebogen war. Neben der Tür zum Flur war Skyes Schminktisch, mit Beleuchtung und am Fenster hatte sie einen grauen Ohrensessel mit einem Beistelltisch. An den Wänden ließen sich drei große Bilder finden. Über Skyes Bett hing ein riesiges Bild in Schwarz-Weiß, dass sie vom Rockefeller Center in Richtung Empire State Building geschossen hatte. Der Himmel war sicherlich blau gewesen, doch war er durchzogen von Wolken, die ein schönes Schattenspiel bildeten. Die Wand, die Decke und die Wand gegenüber, wo es ins Badezimmer ging, waren in dem Tiffanyblau und die Schwarz-Weiß-Fotografie war ein schöner Kontrast dazu. Links und rechts neben der Badezimmertür hing je ein Bild. Das eine war ein Bild von der Brooklyndridge im Sonnenuntergang und auf der anderen Seite ein Bild, dass wohl in einem Helikopter entstanden war, denn der Blick ging gerade nach unten in die Häuserschluchten Manhattans. Beide waren ebenfalls schwarz-weiß.
Es klopfte an der Tür und Suho kam mit dem Arm voller Klamotten rein. Alle waren froh aus den Partyklamotten rauszukommen und Skye zog sich einen Pyjama an – ihr Ankleidezimmer war ja erreichbar. Mit Shorts und Tanktop schlüpfte sie ins Bett und als wäre es völlig normal, legten sich Chen und Baekhyun zu ihr.
„Hey, sucht euch euer eigenes Bett.“
„Ich suche heute gar nichts mehr“, murmelte Chen und schloss die Augen. Chanyeol machte es sich auf dem Ohrensessel mit Fußteil bequem und Sehun landete in der Wanne – keiner hatte mehr die Kraft in ein richtiges Bett zu wandern, denn Chen, Chanyeol und Baekhyun schliefen eigentlich hier oben, während Suho und Youngjun sich unten ein Zimmer teilten, Mia hatte eines alleine und in den anderen beiden Schlafzimmern unten schliefen Jongin, Sehun und Kyungsoo und Chen – eigentlich. Jetzt war es egal und es dauerte nicht lange, da waren sie eingeschlafen.
Gegen 12 Uhr ging Mia mal hoch, um nach den Nachtschwärmern zu gucken. Heute Morgen hatte sie die Ruhe im Haus genutzt, um ein langes Gespräch mit Jongin zu führen und sie hatte ein gutes Gefühl, dass er und Skye es irgendwann hinbekommen würden normal miteinander umzugehen. Ihre beiden Herzen waren gebrochen, auch wenn es von keinem die Intention gewesen ist. Sie beide mussten lernen damit umzugehen, doch Mia glaubte, dass Jongin Skye nun etwas besser verstand.
Nun stand sie in der Tür zu Skyes Schlafzimmer. Chanyeol hatte wohl im Sessel geschlafen, doch war er runtergerutscht und versuchte jetzt seinen kompletten Körper auf die Sitzfläche und den Fußhocker zu quetschen. Sehun sah sie durch die Tür in der Wanne liegen, mit Kissen und Decken. Okay.
Im Bett lagen Chen, Baekhyun und Skye, wobei Skye halb auf Baekhyun lag und Chen halb auf Skye. Süß. Natürlich machte sie Bilder. Eines Tages würde sie die für irgendetwas brauchen können.
„Kinder …“, murmelte sie. Die wenigsten Idols waren echte Partyhengste, weil sie meistens so viel Termine hatten, dass es so etwas wie ‚Ausschlafen am nächsten Tag‘ gar nicht gab. Viele schauten mal für ein, zwei Stunden in einem Club vorbei, doch da sie meistens sehr eingeschränkt in ihrem Bewegungsfreiraum waren, hatten sie oft keinen Spaß am Feiern.
Hier kannte sie niemand, in Bushwick schon mal gar nicht und sie konnten feiern, wie alle anderen jungen Leute.
Als Skye aufwachte musste sie kurz überlegen wo sie war und zu wem all diese Arme gehörten. Baekhyun lag neben ihr und atmete noch ruhig und Chen hatte sie von hinten umarmt. Wenn sie einmal wach war musste sie aufstehen, mal abgesehen davon musste sie auf die Toilette. Sie wählte also den Ninja-Modus, in der Hoffnung die beiden nicht zu wecken und stieg über Bae aus dem Bett, nur um dann festzustellen, dass sie nicht auf Toilette konnte, weil Sehun noch in der Badewanne lag. Die Amerikanerin schnappte sich ihren Morgenmantel und lief in ein anderes Badezimmer. Heute Morgen hatte sie sich nur halbherzig abgeschminkt und genau so sah sie aus. Sie musste dringend duschen, was sie in Jamals Bad direkt erledigte. Die Uhr zeigte 13:34 – das ging ja noch!
Die Dusche tat auf jeden Fall gut. Nun brauchte sie noch etwas zum Anziehen, also ging sie über den Flur in ihr Ankleidezimmer und schloss die Tür zum Bad. Sie suchte sich eine Haremshose und ein trägerloses Oberteil – sie war noch nicht bereit für Upper Eastside Prinzessin und sie hatte Hunger.
Gerade in dem Moment, als sie ihren Bademantel fallen ließ, kam Sehun die Tür rein. Der Schrei von Skye sorgte dafür, dass nun alle wach waren.
„Du hast nicht abgeschlossen“, verteidigte sich Sehun wenig später, als sie es sich auf dem Roofgarden gemütlich machten.
„Was hast du in meinem Ankleidezimmer verloren?“
„Ich dachte es wäre das Schlafzimmer, ich war gerade erst aufgewacht … und habe direkt einen sexy Engel gesehen, wirklich, du musst dich nicht verstecken und diese Tattoos sind wirklich sexy!“
Skye schmiss eine Orange nach ihm, während die anderen sich köstlich über den Vorfall amüsieren. Jongin, Kyungsoo und Youngjun waren irgendwo in der Stadt unterwegs. Für Chen, Chanyeol, Sehun und Baekhyun kamen solche Aktivitäten völlig außer Frage – sie waren froh, als sie sich den Roofgarden hochgeschafft hatten. Sarah machte ihnen gerade Sandwichs, das Frühstück hatten sie gekonnt übergangen.
Skye hatte angeboten gehabt etwas zu unternehmen, doch die Motivation hielt sich in Grenzen und so chillten sie den Nachmittag auf der Terrasse.
Für abends hatte Skye einen Tisch in einem Steakhouse reserviert. Bevor es nach Korea ging wollte sie noch einmal richtig Steak essen. Es gab zwar Steaks in Korea, aber es schmeckte überall etwas anders und die Amerikanerin freute sich auf die Pfeffersoße und Kräuterbutter.
Kurz bevor sie zum Restaurant fuhren, kam Mia zu ihr. Skye war gerade am Packen, wobei sie nur einen Koffer mitnahm. Als sie Seoul verlassen hatte, hatte sie nur die Sachen dabeigehabt, die sie mit am See hatte, mehr nicht. Dazu kamen jetzt Sommerklamotten und ein paar Sachen, die sie in Korea vermisste hatte.
„Alles okay?“ Die Deutsche setzte sich auf den Sessel, der im Ankleidezimmer stand.
„Ja“, erwiderte Skye, mit dem Wissen, dass diese Aussage Mia nicht genügen würde.
„Fühlst du dich besser seit gestern Abend?“
Sie faltete einen Pullover zusammen und legte ihn in den Koffer, bevor sie sich zu Mia umdrehte.
„Ja, ich mag es nicht, wenn er anfängt Dinge auf mich zu schieben. Es ist nur bedingt seine Schuld, aber meine Schuld ist es halt gar nicht und dann will er nur einen Grund suchen, wieso ich unsere Pressebeziehung nicht aufrechterhalten will. Hat er wirklich gedacht ich würde das weiter durchziehen wollen?“
„Er hatte Hoffnung“, gab Mia zu.
„Die hatte ich auch mal.“
Das Restaurant lag in Laufweite, am Südende des Central Parks. Sie war damals aus Zufall auf das ‚Quality Meats‘ gestoßen und sich von Anfang an dort wohl gefühlt. Skye brauchte nicht jeden Tag Fleisch und war auch etwas penibel, wenn es um Fleisch ging, doch vor allem nach einer durchgetanzten Nacht tat ein Steak gut.
Sie hatten einen langen Tisch für sich, das Restaurant war modern eingerichtet und hatte tolles Essen – eine Kombination, die nicht so häufig vorkam. Vor allem wollte Skye bei Steaks genügend Beilagen haben und hier gab es hausgemachte Pommes, Brokkoli in der Pfanne mit Knoblauch angebraten, Kartoffelgratin, Gemüse, Spinat, Gnocchi – was Skye nun nicht als Beilage bezeichnen würde, aber gut. Und für alle die, die kein Steak wollten gab es auch Burger und verschiedene Fisch- und Hühnchengerichte. Hier würde jedenfalls keiner hungrig rausgehen.
Die Amerikanerin saß zwischen Chen und Chanyeol, während Sehun ihr gegenübersaß und öfters grinsen musste. Sie trat ihn dann unter dem Tisch.
Nach dem Essen bestellte Skye eine Runde Cocktails, denn hier gab es ‚rauchende‘ Cocktails. Das war schon seit ein paar Jahren sehr trendy in New York. Ihre Party-Gang wehrte sich zuerst gegen den Cocktail, weil sie gestern so tief ins Glas geschaut hatten, doch als sie dann kamen, holte natürlich jeder sein Handy raus und es entstanden unendlich viele Bilder.
Das Skye-Sehun Thema kam irgendwann wieder auf.
„Ich habe eigentlich gar nichts gesehen! Es ging viel zu schnell! Ich mache die Tür auf und auf einmal fing diese Sirene an.“ Er meinte damit Skye.
„Ach, wie war das vorhin ‚Deine Tattoos sind so sexy, du musst dich nicht verstecken‘?“, neckte Mia ihn.
„Wir haben sie alle schon im Bikini gesehen, wir wissen, dass sie Tattoos hat!“
„Hör auf dich zu beschweren und genieße es lieber – ich habe sie geküsst und kann mich daran nicht mehr erinnern“, kam es von Chanyeol.
„Dann bin ich wohl der Sieger, denn ich habe sie geküsst und kann mich daran noch erinnern!“, kam es von Baekhyun und alle hörten auf zu reden, weil sie zu entsetzt waren, um weiterzusprechen. Leider saß er zu weit weg, um ihn unter dem Tisch zu treten.
Nach einem Moment fing er fröhlich an zu lachen und winkte ab.
„Oh man, euch kann man so leicht hochnehmen!“
Und dann fingen alle an zu lachen, weil sie es wirklich für einen Scherz hielten. Skye war das Herz weggerutscht.
Ein paar Minuten später ging sie raus um zu rauchen, Chen folgte ihr.
„Dieser Kerl…“
„Ich weiß, dass es wahr ist“, erwiderte Chen nur und zündete sich auch eine an. „Auf Korsika, nach dem Fallschirmsprung“, erklärte er weiter, als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck sah. „Keine Sorge, ich erzähle es keinem.“
Na schließlich hatte sie gesehen, wie er mit einem Kerl rumgeknutscht hat … mit zwei meinte sie sogar.
„Aber keine Sorge, ich glaube nicht, dass er wirklich auf dich steht.“
„Und du? Auf wen stehst du?“, fragte sie. Sexualität war kein normales Gesprächsthema in Korea, vor allem nicht, wenn es so etwas wie Schwulen und Lesben ja eigentlich gar nicht gab. Chen zuckte mit den Schultern.
„Im Moment? Ich habe eine tolle Beziehung in Korea – mit einer Frau. Ich stehe auf den, bei dem ich mich wohl fühle, ob Mann oder Frau spielt da primär keine Rolle.“
Sie fand das war eine gesunde Einstellung. Chen war süß, fürsorglich, witzig, etwas frech. Eigentlich war er ein wirklich toller Kerl.