Gegen 1 Uhr war Skye Zuhause gewesen und war direkt in ihr Bett gefallen. Jetlag hatte sie in der Regel nicht und wehrte sich auch dagegen. Sich an eine neue Zeitzone anzupassen war gar nicht so schwer, man musste sich nur selbst etwas disziplinieren und nicht zu früh oder zu spät ins Bett gehen.
Um 7 Uhr wachte sie von alleine auf und streckte sich. Es fühlte sich komisch an, weil sie keine Aufgabe hatte. Die letzten Monate hatte sie auch keine richtige Aufgabe gehabt, doch jetzt war sie in Seoul, in der Fabrik und sie war es gewohnt aufzustehen und etwas zu tun. Skye würde sich von dem Gefühl nicht unterkriegen lassen. Sie zog sich Trainingsklamotten an und ging runter in die Halle um zu Turnen. Sie hatte sich auf’s Bodenturnen konzentriert und wurde dadurch oft an ihre Cheerleaderzeit erinnert.
Zwei Stunden später war sie wieder im Apartment. Gelangweilt. Sie machte sich fertig und ging rüber ins Super Junior Dorm. Gestern Abend war dort niemand gewesen, aber sie hatte die Sänger wirklich vermisst. Diesmal hatte sie mehr Glück und fand Eunhyuk, Leeteuk und Heechul.
„Skye!“ Eunhyuk stand am Herd und kochte irgendetwas, doch das war egal. Er ließ den Kochlöffel fallen und stürmte auf die Amerikanerin zu, um sie zu drücken.
„Deine Eier!“, rief Leeteuk fröhlich, wobei Eunhyuk zuerst zwischen seine Beine schaute, was Skye zum Lachen brachte.
„Nicht diese du Vollidiot!“, bemerkte Heechul und wurde von einem finsteren Blick gestraft.
Es endete damit, dass Skye French Toast für die Männer machte.
„Siehst du, wenn du unsere Assistentin wärst, wäre das alles nicht passiert“, interpretierte Eunhyuk.
„Ach so, wenn ich eure Assistentin wäre, hätte ich mich nicht in Jongin verliebt?“
„Wir hätten das gar nicht zugelassen, mit dieser Pressebeziehung und dann hättest du ihn weniger gesehen und hättest dich in Siwon verliebt.“
Leeteuk und Skye fingen an zu lachen.
„Ich weiß nicht, ob das wirklich so einfach ist“, bemerkte sie und aß weiter.
„Wirst du jetzt unsere Assistentin?“, fragte Leeteuk neckisch und Skye hob eine Augenbraue.
„Nein, ich glaube nicht.“
Doch damit gaben sich die Sänger nicht zufrieden und sie erzählte, was Mia vorgeschlagen hatte.
„Mia ist so eigennützig“, kam es von Heechul. „Sie gönnt uns noch nicht mal eine Assistentin.“
„Ich glaube eher, dass sie davon ausgeht, dass ihr keinen Assistenten braucht – ihr seid Profis.“
Da war sie wieder, die Diplomatie. Noch nicht einmal Super Junior kauften ihr das ab.
In diesem Moment ging die Tür auf und Siwon kam herein. Nein, nicht Siwon alleine, sondern Siwon mit einer Frau in seinem Arm. Sie war Koreanerin, bildhübsch und sie lachten fröhlich. Das fröhliche Lachen kam zu einem jähen Ende, als Siwon Skye sah.
„Skye? Was tust du hier?!“
„Yeah … really nice to see you again too, and thanks I’m fine…“, murmelte Skye, was Heechul zum Lachen brachte.
„Frühstücken, offensichtlich“, war die Antwort in normaler Lautstärke, wobei Siwon das vorher natürlich auch halb mitbekommen hatte.
„Hi, ich bin Skye“, stellte sie sich selbst vor, da Siwon das wohl nicht zu übernehmen schien.
„Freut mich, ich bin Cara“, erwiderte sie Frau lächelnd. Sie war Koreanerin, zumindest zum Teil. Skye konnte es schlecht einschätzen, aber irgendetwas steckte da mit drin. Siwon hingegen schien total mit der Situation überfordert zu sein. Er schien sich nicht mit sich selbst einig zu sein, was er tun sollte: Flüchten oder bleiben. Doch letztendlich nahm Cara ihm diese Entscheidung ab.
„Das richtig total lecker.“
„Ich kann euch gerne welche machen“, bot Skye an, einfach weil es höflich schien. Generell hatte sie kein Problem damit, dass Siwon sich verliebt hatte – im Moment sah es auch eher so aus, als hätte Siwon ein Problem damit – aber musste sie so gut aussehen? Sie war groß, bestimmt 1,75 und hatte lange, schlanke Beine, hübsche Brüste und ein hübsch-interessantes Gesicht, von dem Skye sich fragte, ob da nicht nachgeholfen worden ist. Sie sah nicht aus wie eine Puppe, sondern eben wie eine Frau. Skye schätze sie auch auf über 30. Für Amerikaner und Europäer sahen Korean, oder generell Asiaten, meistens jünger aus, was daran lag, dass sie andere Gesichter hatten. Deswegen sagten die Leute auch oft, dass alle Koreaner oder Chinesen oder Japaner gleich aussahen, weil man die Einzelheiten ihrer Gesichter nicht so aufnahm, wie von jemand aus seinem eigenen Land. Sie hatten weniger Gesichtsbehaarung, also die Männer, und zeigten andere Alterserscheinungen. Lustigerweise war es umgekehrt für Koreaner mit Amerikanern genauso und man schätze Skye auch oft jünger als 26 ein. Wenn man eine Zeit lang in Asien unterwegs war und man sich an die Gesichter gewöhnt hatte, konnte man sie zum einen so gut unterscheiden, wie alle anderen Nationalitäten und man konnte ihr Alter besser einschätzen.
In Amerika würde Cara vielleicht für Mitte 20 durchgehen, doch Skye schätze sie auf 31, 32, 33 Jahre. Eine erwachsene Frau eben, was auch besser zu Siwon passte, als zum Beispiel Traumtänzerin Skye.
Und da saßen sie nun, mit Siwon und seiner neuen Freundin und die Stimmung war komisch.
„Wann bist du wiedergekommen?“, fragte er.
„Gestern, mit EXO aus New York.“ Da schaute er verwundert.
„Ernsthaft? Hast du nicht mitbekommen, wie Skye EXO zur Hilfe gekommen war?“, warf Eunhyuk ein, doch Siwon schüttelte den Kopf.
„Bist du nicht Kais Freundin?“, fragte Cara. Skye wusste nicht so richtig, was sie dazu sagen sollte, denn eigentlich war sie es nicht mehr, doch die Presse dachte sie wären noch ein Paar, aber jetzt war das Siwons Freundin, die nun auch in dieser Sache steckte.
„War. Ich war Kais Freundin.“
„Und die Assistentin von EXO, was das Ganze so kompliziert gemacht hat“, erklärte Heechul.
„Und deswegen wird sie jetzt unsere Assistentin.“ Zumindest wohl in Eunhyuks Vorstellung.
„Was?!“, kam es sofort von Siwon.
„Nein, Eunhyuk träumt“, erwiderte Skye und war leicht verletzt bei seiner Reaktion. Sonst war er immer viel besser in Diplomatie.
„Aber wieso eigentlich nicht? Ich weiß, dass EXO dich immer noch wollen, aber ich verstehe, dass das mit Jongin zu kompliziert wird. A&R – willst du das wirklich? Eigentlich könntest du selbst Songwriter werden. Von dem was ich gehört und gesehen habe, bist du sehr talentiert und Englischlehrerin in der Akademie? Ernsthaft? Bei uns hättest du Spaß – und ich glaube das kann sogar Mia bestätigen. Wir haben nicht mehr ganz so einen stressigen Schedule, wir nehmen dich in die SJ Familie auf und vielleicht können wir zusammen an Songs arbeiten, die du dem A&R dann präsentierst“, kam es von Leeteuk. Skye hasste es, wenn er so vernünftig und plausibel war. Ja, Super Junior wären Spaß, doch allein schon Siwons Reaktion schreckte sie ab.
„Gebe uns vier Wochen, easy pease, wenn du dann keine Lust mehr auf uns hast, dann ist es so“, kam es nun von Heechul.
„Ihr könnt nicht etwas entscheiden, mit dem nicht alle einverstanden sind“, meinte Skye, ohne dabei zu Siwon zu schauen.
„Wir besprechen das mit den anderen und wenn alle einverstanden sind, dann bist du vier Wochen unsere Assistentin?“ Eunhyuk bekam praktisch funkelnde Sterne in den Augen.
„Meinetwegen.“ Sie sagte das so dahin, weil sie nicht damit rechnete, dass alle-alle damit einverstanden waren.
Nach dem Frühstück fuhr Skye in die Akademie. Man könnte ‚Macht der Gewohnheit‘ sagen, doch sie wollte auch mit Mia reden. Sie hatte gerade mit den Rookies Training. Skye setzte sich in das Studio dazu und wartete – bis jemand hinter ihr an die Scheibe klopft. Sie drehte sich um, um Taeyong zu finden, der sie angrinste.
Die Amerikanerin stand auf und ging vor die Tür.
„Hey unicorn, du bist zurück“, stellte der Rapper fest.
„Offensichtlich.“
Er hatte die Hände in den Hosentaschen, was Leute oft machten, wenn sie nervös waren, um nicht mit ihren Händen zu spielen.
„Wie geht es dir?“, fragte sie und legte den Kopf leicht schräg.
„Gut, ja, soweit … und du? Wieder hier, wieder EXOs Assistentin, wieder mit Jongin zusammen.“
„Ja, nein, nein.“
Das klang wohl doch interessanter und sein Gesicht hellte sich auf, nur um dann wieder finster zu gucken.
„Okay, was habe ich getan?“ Sonst war er so ein Sonnenscheinkind. Sie flirteten und alberten herum und er war viel zu frech, doch heute war er nichts davon.
„Du hast noch nicht einmal ‚Auf Wiedersehen‘ gesagt …“, erwiderte er bitter.
„Never say goodbye – because saying goodbye means going away and going away means forgetting.“
„Aber du bist weggegangen“, stellte er fest.
„Ich bin hier, oder?“ Ein Grinsen umschmeichelte ihre Lippen und er konnte nicht anders, als es nachzuahmen.
„Also, wenn du nicht mehr EXOs Assistentin bist, dann kannst du doch meine werden“, schlug er vor.
„Ach so, noch nicht mal von NTC-“
„NCT“, korrigierte er.
„- sondern ausschließlich für dich.“
„Ja.“ Da war es wieder, dieses Selbstbewusstsein.
Taeil und Mark kamen vorbei und begrüßten Skye fröhlich, bevor sie Taeyong von ihr wegzogen.
Als Mias Trainingsstunde vorbei war, kam sie zu der Amerikanerin.
„Huh, Langeweile, ja?“
„Ich? So ein Quatsch“, erwiderte Skye und stand auf. „Ich wollte fragen, ob du etwas Essen gehen willst.“
„Oh, so schlimm, ja?“, meinte die Tänzerin grinsend und ging sich umziehen.
Mit dem Auto fuhren sie etwas weiter runter nach Gangnam. Mia hatte ein zwei Stunden Loch, bevor sie wieder einen Kurs hatte. Der Grund wieso sie sich so weit von der Akademie wegbewegten, war ein chinesisches Restaurant, was total lecker war. Und es hatte eine Terrasse. Sie beiden Frauen setzten sich also nach draußen, in die Sonne. Unvorstellbar für die Koreaner, diese kauerten unter den wenigen Schirme und warteten darauf, dass Mia und Skye in Flammen aufgingen.
„Ich glaube ich habe Mist gebaut“, fing Skye an.
„Welchen Mist?“
„Ich habe Super Junior versprochen vier Wochen ihre Assistentin zu sein.“
Mia verzog das Gesicht.
„Aber nur wenn alle zustimmen!“ Das war Skyes Ass im Ärmel. Siwon würde nie im Leben zustimmen.
„Oh Schätzchen, du hast keine Ahnung.“
„Wieso? Siwon hat mich heute Morgen gesehen und er sah aus, als müsste er sich übergeben. Nie im Leben stimmt er zu mich vier Wochen an der Backe zu haben.“
Mia schüttelte nur den Kopf, doch dann kam ein Kellner und unterbrach die beiden.
„Dass Super Junior etwas speziell sind, sollte dir inzwischen schon bekannt sein. Sie haben für alles Regeln, die einen sinnvoller als die anderen. Jedenfalls haben sie eine Mehrheitsregel. Wenn bei einer Abstimmung ein einstimmiges Ergebnis verlangt wird, dann gilt die Stimme der Mehrheit – wie bei den Wahlmännern in Amerika, wo sie sich das übrigens abgeschaut haben.“
Wahlen und Wahlmänner in Amerika war für Außenstehende oft ein Mysterium. Jeder Bundesstaat hatte eine gewisse Anzahl von Wahlmänner, abhängig von der Größe und der Bevölkerung. Wenn Wahlen stattfanden und die Mehrheit war für Kandidaten A, dann müssen alle Wahlmänner für diesen Kandidaten stimmen. So kam es auch, dass manchmal Präsidenten gewählt wurden, die zwar weniger Stimmen hatten als die Konkurrenten, doch wenn sie in den richtigen Staaten die Mehrheit hatten, eben die Staaten mit vielen Wahlmännern, konnte das die Wahl noch umreißen.
Skye dachte darüber nach.
„I’m screwed!“, stellte sie fest. Siwon hin oder her, doch die anderen würden sich nicht beschweren eine Assistentin zu bekommen.
„Totally“, stimmte Mia zu.
„Kannst du mir solche potentiell wichtigen Dinge nicht vorher sagen?!“
„Entschuldige! Konnte ich wissen, dass du dich am ersten Tag schon auf den Präsentierteller legst?“
„Aber es sind ja nur vier Wochen.“
Das würde sie schon rumbekommen – trotz Siwon.
„Skye!“ Mia beugte sich über den Tisch und umfasste ihren Arm.
„Du lässt dich auf keinerlei Wetten ein, hast du verstanden? Keine Spiele um dein Leben, keine Wetten, keine anderen verhandelbaren Dinge. Sie tricksen dich aus und du merkst es erst, wenn es zu spät ist.“
Man hatte das Gefühl, als würde sie von der Mafia sprechen!
„Du weißt schon, dass du einen von ihnen geheiratet hast?“
„Ja, einen, nicht alle. Einzeln sind die alle sehr verträglich aber zusammen?“
Sie machte mit den Händen eine Explosion nach, die durch die passenden Geräusche unterstützt wurden.
Zurück in der Akademie kam auch schon ein Anruf von Herrn Kim, der fragte, ob sie rüberkommen könnte.
„Viel Glück!“, wünschte ihr Mia. Normalerweise wünschte man jemand Glück, dass er einen Job bekam, nicht dass man ihn nicht bekam. Skye hatte Respekt vor Herrn Kim, er war immer nett und freundlich zu ihr gewesen und hatte ihr am Anfang sehr geholfen. Eigentlich wollte sie gar nicht, dass er eine schlechte Meinung zu dir hatte.
„Oh Skye, was machst du hier?“
Youngjun kam gerade aus dem Fahrstuhl, in den Skye einsteigen wollte.
„Ich treffe mich mit Herrn Kim“, entgegnete sie. Der Manager stockte merklich.
„Mit Herrn Kim?“ Offensichtlich wollte er mehr Informationen haben, wobei sie selbst nicht wusste, in welche Richtung das Gespräch gehen würde.
„Vielleicht werde ich Super Juniors Assistentin – oder auch nicht, keine Ahnung um ehrlich zu sein.“
„Oh.“ Youngjun hatte es vielleicht geahnt, aber gewollt mit Sicherheit nicht.
„Ich kann verstehen, wieso du Abstand von EXO brauchst, wirklich. Ich finde es nur schade, sie hatten sich an dich gewöhnt und dich zu schätzen gewusst.“
Ihr ging es nicht anders, aber manchmal waren die Dinge eben wie sie waren.
„Habt ihr schon mit Krystal gesprochen?“
„Heute Abend.“
Skye nickte. Das war auch etwas, was nicht anders ging. Sie stieg in den Fahrstuhl und drehte sich um.
„Viel Glück“, wünschte sie ihm und ähnlich wie bei Mia konnte der Manager nicht richtig einschätzen, wie sie das meinte.
Noch im Fahrstuhl grübelte sie darüber. Es war nicht mehr ihre Angelegenheit, Jongin war nicht mehr ihr Freund, doch Skye mochte es generell nicht, wenn jemand persönlich wurde und das hatte nichts damit zu tun, ob sie mit Jongin zusammen war oder nicht. Sie wollte Krystal bluten sehen – im übertragenen Sinn. Noch einmal atmete sie tief durch und beschloss, dass wenn sie aus dem Fahrstuhl ging, das Thema hinter sich lassen würde. Sie war nicht hier wegen Krystal, sondern wegen Super Junior.
Der Fahrstuhl hielt an und die Amerikanerin schob die Gedanken beiseite. In dem Meetingraum war das Licht aus, was sie etwas irritierte. Sie stieß die Tür auf und plötzlich ging das Licht an und eine Herde von Super Junior sprang mit einem ‚Überraschung!‘ auf. Sie hatte fast schon mit so etwas gerechnet und war nur mittelmäßig überrascht. Witzig war, dass Herr Kim mit einem leicht genervten Gesichtsausdruck am Tisch saß.
„Hallo Skye, setze dich doch bitte“, sagte er zu ihr, als wäre nichts gewesen. Skye grinste und setzte sich zwischen Eunhyuk und Heechul.
„Also, ich habe erfahren, dass Super Junior dir angeboten haben ihre Assistentin zu werden.“
Skye hätte wohl eher das Wort ‚genötigt‘ oder ‚aufgezwungen‘ verwendet, aber gut, das waren nur Kleinigkeiten. Sie nickte.
„Für vier Wochen vorläufig“, fügte sie hinzu, nicht dass die Männer ihm erzählten sie würde für immer bleiben.
„Du warst EXOs Assistentin und hast die Band während deiner Vertragslaufzeit verlassen.“
„Das stimmt so nicht. Ich hatte einen Vertrag für drei Monate und habe vor Beendung des Verhältnisses meinen Resturlaub genommen. Die mir zustehenden freien Tage und Überstunden hingegen habe ich fast komplett verfallen lassen, was ungefähr 17 Tage gewesen wären“, korrigierte sie. Sie wollte nicht, dass jemand dachte, dass sie EXO einfach verlassen hätte ohne Rücksicht auf Verluste.
„Skye, es liegt mir fern dir Vorwürfe zu machen. Als Assistentin arbeitet man sehr eng mit den Künstlern zusammen und es ist ein einschneidendes Erlebnis einen Assistenten zu verlieren. Ich möchte nur, dass du dir darüber im Klaren bist. Es sind zwar nur vier Wochen, doch in diesen vier Wochen liegen zwei Konzerte und ein Comeback. Ich muss wissen, dass ich mich auf dich verlassen kann.“
Die Amerikanerin nickte und wollte gerade etwas erwidern, als sich Eunhyuk zu Wort meldete.
„Man sollte aber auch beachten, dass wir nicht EXO sind. Keiner von uns wird mit Skye rumknutschen oder zusammenkommen oder heiraten oder schwängern oder mit ihr zusammenkommen und dann die Ex-Freundin schwängern oder sie spontan in einem Akt voller Leidenschaft vor einer Show küssen.“
Alle, aber wirklich ausnahmslos alle Köpfe drehten sich in Zeitlupe zu Siwon. Skye musste sich zusammenreißen, um nicht zu lachen, zumal Siwon immer noch so aussah, als müsste er sich übergeben und so tat, als fühlte er sich gar nicht angesprochen.
Herr Kim tat es mit einem Kopfschütteln ab.
„Wie dem auch sei. Hier ist dein Vertrag, du arbeitest für einen Hungerlohn, aber du bekommst eine Firmenkreditkarte, mit der du Essen, Trinken, Einkäufe bezahlen kannst und natürlich kannst du mitessen.“
„Yay“, kam es von Skye. Herr Kim schaute auf, unsicher ob es ironisch gemeint war oder nicht. Im Zweifel immer: ja.
„Ich habe den Vertrag ab Montag gemacht, damit du noch ein paar Tage Zeit hast dich mental darauf vorzubereiten“, beendete er seine Ansprache und schob Skye den Vertrag zu.
„Wow, fremde Leute nehmen diesen Job in der Regel nicht an oder?“ Wirklich motivierend hörte sich das nicht alles an.
„Ich behaupte bis heute, dass Mia den Vertrag nur angenommen hat, weil ihr Koreanisch damals nicht so gut gewesen ist“, bemerkte Heechul.
„Das waren noch schöne Zeiten“, erinnerte sich Yesung. Damals hatte Mia noch nicht alles verstanden und konnte die Jungs auch nur halb so zusammenfalten, wie sie es gerne getan hätte, einfach weil ihr die Wörter fehlten.
Skye unterschrieb den Vertrag und nach und nach leerte sich der Meetingraum. Als Siwon aufstand ging sie auf ihn zu.
„Hast du gerade mal eine Minute?“
Er schaute sich um und seufzte, nickte jedoch dann.
Sie gingen um die Ecke, in ein leeres Büro und Skye schloss die Tür hinter sich.
„Siwon … ich weiß nicht so richtig, was mit uns ist. Manchmal bist du nett, verteidigst mich sogar und holst mir nachts Hotteok und dann tust du wieder so als wäre ich deine persönliche Hölle auf Erden. Irgendwie müssen wir das aus dem Weg schaffen.“
Egal was Siwon machte, er sah dabei immer aus wie ein Model – selbst, wenn er nichts machte. Er lehnte sich an einen Schreibtisch und stützte die Hände neben sich auf. Skye hätte am liebsten die Kamera ausgepackt.
„Du warst weg und es war okay.“
Autsch.
„Ich konnte mich wieder auf jemand anderes konzentrieren und wurde nicht ständig an dich erinnert. Mit Cara läuft es wirklich gut, ich will keine Ablenkung. Du … irritierst mich, wenn du um mich herum bist, mit … deiner Art und deinem Lachen und deinem Geruch …du hast keine Ahnung, wie sehr die Leute auf dich fixiert sind. Du stehst im Mittelpunkt ohne etwas dafür zu tun, ohne es zu wissen und das macht es so charmant. Und wahrscheinlich hast du mit allem Recht, was du über uns gesagt hast, dass wir nicht zueinander passen, dass wir zu unterschiedlich sind, dass du deine Freiheit genießt und bei mir alles sehr nach Protokoll läuft, doch es ändert nichts daran, dass ich mich zu dir hingezogen fühle und als du nicht da warst kam ich damit gut zurecht, doch heute Morgen war ich kurz geschockt gewesen.“
Der Witz war, dass so wie er Skye beschrieb, würde Skye eigentlich ihn beschreiben. Sie wusste nicht, ob sie dieser Mensch wirklich war, jemand der immer im Mittelpunkt stand, denn eigentlich war es nicht ihre Intention.
„Du jammerst auf hohem Niveau. Cara ist der Hammer! Sie sieht so gut aus – ihr seht zusammen gut aus. Ihr seht aus wie das koreanische Brangelina! Ich denke nicht, dass ich euch da irgendwie in den Weg komme.“
Das mit Taehyung wollte sie ihm nun auch nicht auf die Nase binden.
„Na ja, es sind vier Wochen, wir werden schon klarkommen“, sagte er schließlich. Das waren seine abschließenden Worte und er verließ das Zimmer.
„Good talk …“, murmelte sie.
Nach SME fuhr Skye nach Hause. Sie wollte, nein: sie brauchte Mittagsschlaf. Es war 15 Uhr, die perfekte Zeit, um sich ein Stündchen hinzulegen.
Im Flur kam ihr dann Taehyung entgegen.
„Hey Klopfer.“
„Hey Bambi“, begrüßte sie ihn grinsend. „Sag mal, was machst du gerade?“
„Ich wollte nur etwas in der Stadt abholen, wieso?“
Skye fing an zu grinsen.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“
Und da lagen sie, in ihrem Bett, aneinander gekuschelte.
„Also, als du mich um einen Gefallen gebeten hast, da dachte ich an eine Glühbirne oder … irgendwas zum Tragen, aber irgendwie nicht an Kuscheln.“
„Willst du lieber Glühbirnen tauschen?“, fragte sie mich geschlossenen Augen.
„Nein!“, kam direkt seine Antwort und er zog sie noch etwas näher zu sich. Es war warm, daher hatte Skye nur ein dünnes Tuch als Decke, denn sie musste sich immer mit etwas zudecken.
„Übrigens … ich liebe die Pflanzen“, sagte sie und merkte, wie sich seine Wange vom Grinsen anhob.
Ihre Hand lag auf seinem Brustkorb und sie spürte die Muskeln unter dem Shirt. BTS waren nicht so groß im Ausziehen, Jungkook und Jimin eher, doch sie wollten wohl nicht zu sehr auf ihre Körper reduziert werden. So viel zum Thema Fanservice. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie nicht trainierten waren.
„Betouchst du mich gerade?“, fragte er amüsiert und nahm ihre Hand in seine.
„Vielleicht“, gab sie zu. „Willst du das nicht?“
„Du hast keine Ahnung wie sehr ich das will, aber ich dachte du wolltest schlafen.“
„Spielverderber.“
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Fast zwei Stunden schliefen sie, was Taehyung selbst überraschte. Er streckte sich und versuchte dann seine Haare zu richten. Skye hingegen machte ihnen die Holunder-Limonaden fertig, die sie gestern Abend noch gemacht hatte.
„Du machst das selbst?“
„Ja, das ist total einfach“, gab sie zu und viel gesünder war es auch.
„Du bist eine gute Freundin.“
„Ich bin im Moment gar keine Freundin“, korrigierte sie ihn. Sie war gerade erst wieder angekommen und sie wollte es langsam mit Taehyung angehen lassen, was ihr manchmal ziemlich schwerfiel. Sie wollte, dass sie sich in Ruhe kennenlernten, doch noch immer beschlich sie die Angst, dass sie einfach kein guter Umgang für ihn war.
„Tae, ich glaube wir müssen uns unterhalten.“
Ihr Gesichtsausdruck störte ihn.
„Über was?“
„Über mich. Ich glaube du weißt vielleicht nicht so genau, auf was du dich einlässt, doch bisher ist nichts passiert, deswegen will ich dir die Möglichkeit geben hier noch rauszukommen. Ohne großes Drama, ohne Rechenschaft.“
Noch konnte er wegrennen ohne sich jemals umzudrehen und sie wäre nicht sauer, etwas verletzt, weil sie ihn sehr gern gewonnen hat, aber sie könnte es verstehen. Was sie nicht verstand war, dass er anfing zu grinsen.
„Lala, es ist schon alles passiert, ich lasse dich nicht mehr gehen und ich weiß, dass du dazu neigst Leute wegzuschubsen, die dir zu nahekommen, weil du Angst hast dich emotional zu binden, weil so ziemlich jeder, den du geliebt hast, gestorben ist. Du kommst gut alleine zurecht – das ist etwas, was ich an dir bewundere, aber ich glaube eigentlich willst du gar nicht mehr alleine sein. Und was in der Vergangenheit liegt, liegt in der Vergangenheit, mir ist es egal, dass du Jiyong geheiratet hast – betrunken. Und mir ist es auch egal, dass du zwei Lover gleichzeitig hattest. Das ist vergangen und alles, was du bis zu diesem Moment erlebt hast, Gutes und Schlechtes gleichermaßen, macht dich zu dem Menschen, der du jetzt bist und das ist die Frau, bei der ich mir sicher bin, dass ich sie heirate.“
Oh wow, sie hasste es, wenn andere sie so gut analysieren konnten und anscheinend kannte er auch schon ihre meisten Macken.
„Irgendwie macht es kein Spaß, wenn du so verständnisvoll und allwissend bist“, gab sie zu und brachte ihn zum Lachen.
„Ich verspreche, dass ich mich damit einschränke. Lala, ich sage nicht, dass wir nie Streit haben werden oder dass wir immer eine Meinung haben werden, aber ich verspreche dir, dass ich dich immer respektieren und auf Händen tragen werde.“
Es hörte sich alles so ehrlich an und er war so ernst dabei, als wäre ihre ganze Zukunft schon in Stein gemeißelt, als gäbe es daran nichts mehr zu ruckeln. Der Sänger stand auf.
„Ich bin über’s Wochenende in L.A. für eine Fashionshow, aber ab Dienstag bin ich wieder da.“
„Irgendwie hört sich das nach einem Date an“, meinte sie grinsend.
„Oh, darüber solltest du dich mit meinen Bandkollegen unterhalten, ich befürchte sie planen etwas.“
„Wie?“ Skye stand auf.
„So ein kleines Ritual, bei neuen Partnern.“ Er zwinkerte ihr zu und beugte sich zu ihr, um Skye einen Kuss auf die Wange zu geben, doch sie zog ihn zu sich und ihre Lippen berührten sich. Sofort änderte sich seine Haltung, seine Arme umschlossen sie und langsam liefen sie zur Wand, bis Skye sie in ihrem Rücken spürte. Er drückte sie gegen die Wand und vertiefte den Kuss. Das hatte sie nicht erwartet und ihr Körper reagierte von alleine auf ihn. Als er den Kuss beendete waren sie beide schwer am Atmen. Skye war heiß und sicher war ihr Gesicht gerötet.
„Du darfst mich nicht so überraschen“, sagte er nur halb tadelnd. „Irgendwann kann ich mich nicht mehr halten.“
„Oh, ich finde das gut“, meinte sie grinsend.
„Du hast keine Ahnung, was du mit mir machst…“
Manchmal wirkte er so schüchtern und introvertiert und manchmal so gar nicht. Skye ahnte schon, dass wenn sie sich besser kennenlernen würden, sie einige Fassetten von ihm sehen würde, die sie noch gar nicht erahnte.
** Sorry, dass das Kapitel so spät kommt. Corona hat etwas für Hektik gesorgt. Ich hoffe ihr seid alle gesund und passt auf euch auf 🙂