„Oh schaut, sie vermisst Taehyung-shi so sehr, dass sie in seinem Bett schläft.“
Das war Hoseoks Begrüßung am nächsten Morgen, als Skye runterkam. Jin, Yoongi und Jungkook waren auch schon wach. Tatsächlich war es auch schon fast 9 Uhr.
„So ein Quatsch. Ich habe mit Tae telefoniert und ich sollte für ihn etwas nachgucken und dann bin ich eingeschlafen.“
So ganz stimmte das auch nicht, denn sie hatte noch Zeit gehabt sich umzuziehen. Ihr Handybildschirm war auf die Wand gerichtet gewesen, während Skye sich hinter dem Handy umzog und ihre Klamotten in sein Sichtfeld schmiss. Er hatte sich übel darüber beschwert. Aber ja, sein Bett hatte nach ihm gerochen und Skye hatte es genossen.
„In seinen Klamotten“, stellte Jungkook fest und stellte schon mal ihre Butter raus. Jimin kam die Treppe runter und fing sofort an zu grinsen, als er Skye sah.
„Es ist nicht so wie es aussieht“, stellte sie klar, bevor er auch noch dachte sie wäre so love-sick, dass sie nicht mehr Zuhause schlafen konnte.
„Wo ist Maria?“, versuchte sie stattdessen abzulenken.
„Noch duschen“, erwiderte Yoongi.
„Sag mal“, begann Skye und rückte näher an ihn heran. Jimin fand es lustig und rückte mit. Skye versuchte ihn wegzuschubsen – ohne Erfolg.
„Ja, du kannst ruhig fragen“, meinte Yoongi mit einem wissenden Lächeln. Skye war viel zu neugierig, als es nicht zu tun.
„Welche Konstellation war zuerst da? Du und Maria oder sie und Jihoon oder du und Jihoon? Ihr werdet euch sicher nicht gleichzeitig kennengelernt haben.“
„Schau mal … neugierig…“, flüsterte Jimin ihr zu.
„Jihoon und ich waren ungefähr acht Monate zusammen, als wir Maria kennengelernt haben und es hat irgendwie gepasst. Am Anfang war es nur eine Nacht, dann zwei, dann drei und irgendwann ging es gar nicht mehr um den Kick oder um Sex, dann haben wir in Jogginghosen Fernsehen geschaut oder gekocht und so ist es jetzt seit einem Jahr. Maria ist zu Jihoon gezogen und meistens schlafe ich dort, doch wenn er nicht da ist, bleiben wir hier.“
Die Amerikanerin schaute ihn grübelnd an.
„Und … es gibt keine Eifersucht oder … einen Lieblingspartner?“
Grinsend schüttelte er den Kopf.
„Nein, so ist das bei uns nicht. Es kann auch mal sein, dass wir zu zweit etwas machen, aber das ist okay. Man muss ehrlich zueinander sein. Wir sind auch oft zusammen weg und Jihoon und Maria halten dann Händchen, damit jeder denkt, dass sie das Paar sind und ich bin einfach mit Freunden weg, aber es ist gut so, es gibt uns mehr Freiheit.“
Er war so völlig entspannt. Sie wusste nicht, ob sie damit so umgehen könnte.
„Könntest du dir vorstellen einen zweiten Partner zu haben?“, fragte Jimin grinsend.
„Nur mit dir!“, erwidere sie und kniff ihm in die Wangen.
„Also, wenn funktioniert das, glaube ich, sowieso nur mit zwei Männern. Ihr Frauen seid viel zu anstrengend“, kam es von Jungkook.
„Du traust dich das aber auch nur zu sagen, wenn Soojin nicht da ist“, bemerkte Maria, die gerade die Treppe runterkam und sich die Haare noch in einem Handtuch einpackte.
„Das ist wahr“, gab Jungkook zu.
Skye nahm sich einen Teller und schnitt sich Brot ab. Müsli, sie bräuchte noch Müsli. Sie hatte Zuhause welches, doch sie war definitiv zu faul jetzt hoch zu gehen, um es zu holen.
„Na, gewöhnst du dich an uns?“, fragte Jin.
„Ja … irgendwie. Morgen mache ich French Toast!“
„And bacon please“, kam es von Maria. „Koreanisches Frühstück ist immer noch nicht meins.“
Skye nickte zustimmend.
„Ich verstehe nicht, was an Brot so toll ist“, kam es von Jimin.
„Du, dass ist nicht nur Brot, das ist Walnussbrot.“
Skye schnitt ihm ein Stück ab, mit Butter, Käse und Tomatenscheiben und hielt es ihm hin. Skeptisch schaute er, nahm es aber dann und biss ab. Zuerst zog er die Augenbrauen zusammen, dann fing er an mit dem Kopf hin und her zu wackeln, als würde er abwägen, ob er es mochte oder nicht.
„Ja, okay … es ist in Ordnung.“ Es schien ihm körperlich schwer zu fallen das zuzugeben.
„Sag auf Wiedersehen zu dem Brot, wenn er schon so anfängt, ist es heute Mittag weg“, warnte Jin vor.
Namjoon kam die Treppe runter und sobald er Skye sah, fing er an zu grinsen. Wieso grinsten die so viel?
„Good morning.“
„Good morning“, entgegnete Skye und beobachtete Namjoon skeptisch, da er noch immer grinste.
„Why you’re smiling big man?“, fragte sie schließlich.
„Ich hatte einfach nur nicht gedacht, dass Taehyung einmal jemand wie dich sich so unterwürfig macht.“
Da fiel ihr aber der Kiefer runter.
„Ich bin überhaupt nicht unterwürfig! Und was heißt überhaupt ‚jemand wie dich‘?“
„Aufmüpfig, stur, hitzköpfig, badass“, beantwortete Jin diese Frage für sie, wobei er bei ‚Badass‘ versuchte ‚coole‘ Bewegungen dabei zu machen, die bei Jin alles andere als cool waren und die anderen damit zum Lachen brachte.
„Verstehe mich nicht falsch, ich finde es total süß wie du seine Klamotten anhast und wie du in seinem Bett schläfst und wie du ihm deine Brüste bei Facetime zeigst…“
„Was?!“, kam es nun von Yoongi. „Wieso machst du so etwas nie?“, fuhr er direkt Maria an.
„Ich habe ihm nicht meine Brüste gezeigt!“
„Was hast du ihm gezeigt?“, wollte Jimin wissen.
„Meine neuen Ohrringe.“
Vorsichtig schob Jimin ihre Haare zurück, um sich das Ohr anzuschauen.
„Oh, die sind aber hübsch.“
„Danke!“ Wenigstens einer, der sie verstand.
Wieder in ihrer Wohnung packte sie die restlichen Sachen aus dem Koffer. Irgendwie war sie noch nicht dazu gekommen. Es fühlte sich gut an wieder hier zu sein, sie mochte ihr Apartment. Um ehrlich zu sein, das Apartment in New York war wunderschön, doch eigentlich war es Skye zu groß. Sie mochte es lieber kompakt, gemütlich. Auf Fiji das Haupthaus war auch nicht riesig, es war nicht klein, nein, aber man verlief sich in der Regel darin nicht. In New York konnte das passieren.
Mit all den Blumen und Palmen in der Wohnung war es noch gemütlicher und es hatte etwas den Hall weggenommen. Bei großen Räumen, wo sich das Echo nirgendwo brechen konnte, war Hall normal. Skye hatte schon im Wohnzimmerbereich einen flauschigen Teppich und im Schlafzimmer hatte sie die Tatamimatten, doch es hatte trotzdem gehallt. Jetzt war das fast weg.
Und irgendwer hatte eindeutig ihre Wohnung geputzt. Sie ging davon aus, dass Taehyung die Haushälterin vom Dorm ab und an bei Skye vorbei geschickt hatte, denn es war kaum Staub zu finden. Ergo hatte sie jetzt nicht mehr viel zu tun.
Sie saß am Esstisch mit ihrem Macbook und versuchte etwas durch den Terminplan von Super Junior zu steigen. Sie waren zu zehnt, was noch mehr Leute als EXO waren und auch wenn sie im Ganzen betrachtet weniger Termine hatten als EXO, so musste man durch das Farbenkonzept erst einmal durchblicken. Es gab Kennungen dafür, ob jemand dabei sein musste – zum Beispiel fuhr Leeteuk zum Moderieren mit seinem Fahrer, da war Herr Kim und wohl auch Skye gar nicht mit dabei.
Irgendwann klopfte es an der Tür.
„Ist offen!“, rief sie und klappte den Laptop zu. Chen streckte als erster den Kopf durch die Tür, danach Kyungsoo und Sehun.
„Oh wow, seit wann hast du so viele Pflanzen?“, fragte Chen und schaute sich um.
„Seit Taehyung.“
Sie tauschten einen fragenden Blick aus.
„Habt ihr mich vermisst oder ist etwas passiert?“, fragte nun Skye.
Chen schaute hilfesuchend zu Sehun. Eben dachte er noch es wäre eine gute Idee gewesen hier her
zu kommen und Skye zu informieren.
„Was?“, fragte die Amerikanerin, die merkte, dass es hier irgendeine schweigende Kommunikation
gab, in die offensichtlich nicht integriert war.
„SME hat gleich das Gespräch mit Krystal.“ Es war Kyungsoo, der es Skye letztendlich sagte. Skye
wusste, was das bedeutete. Entweder würde sie fliegen oder SME würde Mitleid mit ihr haben. Für
Skye war die Zeit des Mitleids bei der Frau schon lange vorbei.
„Ist Jongin bei dem Gespräch dabei?“
„Ja, er will gleich losfahren.“
Und das war der Moment, in dem Skye anfing zu rennen. Die Sänger schauten sich noch fragend an,
da war Skye schon lange weg.
„Ehm … was war das?“ Sehun schaute verwirrt zu der Tür, aus der Skye verschwunden war. Chen
zuckte zwar mit den Schultern, doch nur einen Moment später, rannte er ebenfalls los.
„Wieso brauche ich eigentlich immer etwas länger, bis ich verstehe was los ist?“, beklagte sich Sehun.
„Schieb‘s auf die Frauen“, kam es von Kyungsoo, der ihm zunickte den anderen beiden zu folgen.
Chen würde Skye nicht einholen, sofern sie auf kein Hindernis stieß.
„SKYE!“, rief er. Skye hörte ihn, ließ sich aber nicht beirren. Sie erreichte das Dorm und schaute sich
um.
„Ist Jongin schon weg?“, fragte sie Suho. Sie hatte etwas Vorsprung zu Chen.
„Nein, er ist noch oben“, erwiderte der Bandleader, nichtsahnend. Sofort rannte sie weiter und
erntete nicht nur von Suho einen fragenden Blick, sondern auch von Baekhyun. Skye hatte schon
Jongins Tür erreicht, als Chen im Dorm ankam.
„Haltet sie auf!“, rief er, doch keiner wusste, was tatsächlich los war und bis irgendeiner auch nur
darüber nachdachte zu reagieren, war sie auch schon in seinem Zimmer. Er hatte den Schlüssel für
die Tür immer innen. Sie schloss die Tür, schloss ab und nahm dann den Schlüssel aus dem Schloss
und schmiss ihn aus dem Fenster – das zu ihrem Glück offenstand.
Jongin starrte sie mit offenem Mund.
„Was?! Bist du jetzt total durchgedreht?!“
„Skye!“, kam es von draußen und Chen versuchte die Tür zu öffnen.
„Ich kann nicht zulassen, dass du zu diesem Treffen gehst“, sagte sie und stützte die Hände, schwer atmend durch den Sprint, auf den Oberschenkeln ab.
„Und wieso nicht?“ Jongin verschränkte die Arme. Er wollte ihr wenigstens die Möglichkeit geben
sich zu erklären, denn der Gedanke, dass alle seine Ex-Freundinnen irgendwie verrückt wurden,
könnte drauf schließen lassen, dass es an ihm lag.
„Because I know you and sometimes you’re too good for your own good. Auch wenn es nicht dein
Kind ist, wirst du sie verteidigen. SM denkt in Zahlen und PR. Sie werden das nicht durchwinken. Sie
haben ihren Ruf als kaltherzige Schweine zu verlieren. Aber wenn du, derjenige der am meisten unter
ihrem Wahnsinn gelitten hat, versuchst das Ganze herunterzuspielen, werden sie sich vielleicht
etwas anderes einfallen lassen.“
Chen und Suho lehnten mit Gläsern an der Tür, um besser zu hören. Sie hatten eigentlich eher Angst,
dass die zwei sich die Köpfe einschlugen.
„Skye, wollen wir ihr wirklich jegliche Grundlage wegnehmen? Sie hat bald ein Kind zu ernähren und
du weißt wie schwer es Künstler haben, wenn sie von Label wie SME rausfliegen.“
„Jessica seems to be doing alright“, erwiderte Skye. „Jong, sie hat so viel kaputt gemacht, mich, dich,
uns. You told me that I’m a much nicer person than I take credit for und das ist der Moment, in dem
ich dir beweise, dass ich nicht so nett bin, wie du es gerne hättest. Ich kann ihr das nicht verzeihen
und ich werde nicht zulassen, dass du hier auf irgendeiner Weise für sie Stellung beziehst.“
Sie schauten sich an und man konnte die Spannung spüren.
„Was interessiert es dich noch? Wir sind nicht mehr zusammen und du hast es klargestellt, dass wir
auch nicht mehr zusammenkommen. Es könnte dir egal sein“, bemerkte er.
„Das hat damit nichts zu tun. Sie hat ihre gerechte Strafe verdient.“
„Und wer bist du, um zu entscheiden was gerecht ist und was nicht?“
Skye öffnete den Mund, um etwas zu sagen und schloss ihn dann wieder, um nachzudenken.
„Du konntest nicht mehr schlafen! Du wolltest bei deinem eigenen Konzert nicht auf die Bühne
wegen ihr! Und jetzt willst du mir sagen, dass sie ungestraft davonkommen soll?“
„Das habe ich nicht gesagt und glaube mir, ich bin weit davon entfernt dieser Frau in irgendeiner
Weise zu vergeben, aber dieses Kind kann nichts für seine Mutter und hat es nicht verdient zu
leiden.“
Die Amerikanerin verzog das Gesicht.
„Ach komm, was heißt denn leiden? Nur weil sie arbeiten müsste? Milliarden Frauen auf diesem
Planeten bekommen Kinder und haben einen Job und kein Label, was sie durchfüttert.“
Als wäre Krystal mittellos. Zum einen ging Skye davon aus, dass sie irgendetwas auf ihrem Konto
hatte und sie hatte Familie. Wie viele Großeltern auf dieser Welt passten auf ihre Enkel auf, damit die
Eltern arbeiten gehen konnten? Als wäre ein normaler Job unter ihrer Würde, nur weil sie ein paar
Jahre mittelmäßige Musik gemacht hatte!
„Und du bist dafür jetzt der Richter?“
„Nein, aber du?“, fragte sie zurück. Jongin stutzte.
„Entweder wir gehen beide zu diesem Meeting oder keiner, denn mein Leben war von ihr genau so
beeinflusst wie deins und wenn du denkst du hast ein Recht bei diesem Meeting zu sein, dann habe
ich es auch.“
Nun galt es abzuwägen, was für Krystal schlimmer ausgehen könnte: Wenn Jongin nicht kommen
würde oder wenn Skye dabei wäre. Resignierend setzte er sich auf sein Bett und fuhr sich mit den
Händen über das Gesicht.
„Ich will einfach nur, dass es vorbei ist.“
„Ich auch“, gab Skye zu und setzte sich neben ihn. Vielleicht war es besser, wenn sie nicht dabei sein
würden, für alle. Skye befürchtete, dass ihr Diplomatie-Filter aussetzen könnte. Nein, sie ging
eigentlich davon aus, dass er aussetzen würde. Sie wusste nicht, wie SME zu Kindern stand. Sie
wusste auch nicht, ob schon eine SM-Sängerin schon ein Kind zur Welt gebracht hatte. Wenn SES?
Aber sie wusste es nicht. Von der jüngeren Generation war bisher noch niemand schwanger gewesen
– oder vielleicht schon und hatte es nur nicht durchgezogen.
Es vergingen bestimmt fünf Minuten, in denen sie schweigend nebeneinandersaßen. Chen und Suho
waren inzwischen wieder runter gegangen, weil es ihnen zu langweilig geworden war.
„Ich hasse es mich mit dir zu streiten“, kam es irgendwann von Jongin. Skye nickte. Es war ja nicht so,
als wollten sie nicht unbedingt das Gleiche, Skye wollte nur Blut sehen. Sie hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und war der Meinung, dass man nur aus seinen Fehlern lernte, wenn man dafür bezahlen musste. Vielleicht war sie zu hart oder zu ungerecht, doch in ihren Augen dürfte jemand wie Krystal noch nicht mal ein Kind bekommen. Wenn es einen Führerschein für Babys gäbe, wäre das Problem mit der Überpopulation auch gelöst.
„Entschuldige das ich so rein gestürmt bin.“
„Schon gut, ich verstehe ja um was es dir geht. Ich bin auch wütend, aber ich bin auch müde. Ich will einfach nur, dass es vorbei ist und ich mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun habe.“
Es wunderte Skye, da Jongin eigentlich auch recht hitzköpfig war. Ihn so resignierend zu sehen, zeigte ihr, wie viel Kraft ihn die ganze Sache kosten musste.
„Ich würde ja sagen ich lade dich zum Essen ein, aber du hast ja den Schlüssel aus dem Fenster geworfen“, meinte er und fing an zu lachen, Skye lachte mit.
„Like I would throw the only key away, stupid“, erwiderte sie, noch immer lachend und zog den Schlüssel aus der Hosentasche. Da hörte er auf zu lachen.
„Was? Aber was hast …?“
„Ach, nur einen Imbusschlüssel – you can at least give me a little credit.“
Und so gingen sie tatsächlich etwas Essen. Oder zumindest so etwas in der Art. Skye war bei Mr Pizza. Es hatte angefangen zu regnen, was gut war, weil man so schlechter in das Auto schauen konnte. Jongin stand in einer Seitenstraße auf einem Parkplatz, mit Ausblick auf eine Hauswand.
Skye riss die Tür auf und sprang in den Wagen. Sie legte die Pizza auf die Ablage, um sich die nasse Jacke auszuziehen.
„Sag mal wie viele Knoblauch-Dips hast du geholt?“, fragte Jongin lachend, als er sechs Päckchen aus der Tür holte.
„Du willst dich nicht ernsthaft über Knoblauch beschweren?“
Er wägte kurz ab und schüttelte dann den Kopf. Knoblauch gehörte zu Korea wie Kimchi. Sie hatten die Sitze nach hinten geschoben und breiteten die Pizzaschachtel über die Mittelkonsole aus. Skye hatte auch im Supermarkt Getränke geholt und so machten sie es sich gemütlich, sofern dass in einem Auto möglich war, doch Jongin hatte auch einen SUV und somit hatten sie wenigstens Platz.
Sie redeten und lachten und hatten wirklich Spaß zusammen.
„Das ist wirklich schön“, bemerkte er irgendwann.
„Ich habe doch gesagt, irgendwann wird es besser.“
„In Anbetracht der Tatsache, dass wir uns vor zwei Stunden noch fast an die Gurgel gegangen wären …“
In Wirklichkeit war es doch so: Skye und Jongin waren immer super miteinander ausgekommen. Die Dinge waren einfach nur zu kompliziert geworden, bis Skye das Gefühl hatte nicht mehr atmen zu können. Kurz huschte der Gedanke ihnen noch eine Chance zu geben durch ihren Kopf, doch Skye verwarf sie recht schnell. Alles war noch zu wund, zu frisch und wenn sie wieder zusammenkommen würden, könnte sie manche Ängste nicht ohne weiteres abschütteln können. Und nur weil sie hier so gemütlich zusammensaßen, hieß das nicht, dass sie wieder EXOs Assistentin werden wollte. Jetzt in diesem Moment hatten sie ein gemeinsames Verständnis und alles war gut, doch in jeder anderen Situation wäre es wahrscheinlich anders. Mal abgesehen davon empfand sie etwas für Taehyung, dass sie nicht so richtig deuten konnte. Es verwirrte sie. Er verwirrte sie. Doch sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Tae war anders, als ihr typisches Beuteschema. Sie mochte starke Männer, die easy going waren, die aber auch eine natürliche Autorität ausstrahlten. Männer von denen sie wusste, dass sie sie verteidigen würde. Männer zu denen man aufschaute, die sympathisch waren. Taehyung war auch recht offen und machte schnell Bekanntschaften, doch eigentlich war er nach außen etwas ruhiger und war auch chaotischer, als sie es gewohnt war. Philippe hatte zwar auch Blödsinn im Kopf gehabt, aber er war erwachsen-erwachsen. Jiyong im Endeffekt auch und auch Jongin wirkte eigentlich sehr reif. Siwon war ihr zu erwachsen, zu sehr in seiner Rolle. Normalerweise wäre bei BTS eher Jimin oder Jungkook ihr Typ und doch war es Taehyung, der sich in ihr Herz geschlichen hatte und von dem sie wusste, dass er ihr wahrscheinlich die Sterne vom Himmel holen würde, wenn er könnte. Er ließ ihr Herz etwas schneller schlagen, als es ihr lieb war. Er machte sie nervös und das war etwas, was sie kaum noch gewohnt war. Die junge Amerikanerin war eher selbstbewusst und verbog sich auch nicht für einen Kerl. Take it or leave it. Doch bei Taehyung machte sie sich ständig Gedanken, fragte sich womit sie ihm eine Freude machen könnte.
Nachdem sie diese riesige Pizza bis auf zwei Stücke vernichten hatten, wollten sie eine rauchen – auch so etwas. Wenn Skye mit Taehyung zusammen war wollte sie gar nicht rauchen. Meistens zumindest nicht. Nun regnete es aber.
„Warte“, sagte Jongin und stieg aus, rannte ums Auto und öffnete den Kofferraum, der somit zum Dach wurde. Skye stieg nicht aus, sie kletterte über die Rückbank in den Kofferraum und lehnte sich an die Seitenwand, grinsend.
„Komm, wir hauen einfach ab“, schlug er vor.
„Was?!“
„Wenn wir alleine sind ist es immer so … gut. Wir hauen einfach ab, nur du und ich. Kaufen ein Haus auf Korsika oder fahren durch Afrika oder machen ein Café in Nepal auf oder Schweden. Wir könnten alles hinter uns lassen und einfach glücklich sein.“
Ihr stiegen Tränen in die Augen, denn sie hörte das er es ernst meinte. Wie damals auf Korsika. Wenn sie jetzt so zu ihm sagen würde, dass sie das machen würden, würden sie zum Flughafen fahren und nie wiederkommen. Es gab so viele Plätze auf dieser Welt, an denen sie niemand jemals finden würde. Sie könnten zusammen sein. Für immer.
„Ich denke wir wissen beide, dass es dafür zu spät ist. Und Jongin – keiner kann gänzlich aus seiner Haut.“ Sie versuchte zu lächeln, doch eine Träne betrog sie und lief ihre Wange runter. Jongin beugte sich zu ihr und wischte sie weg. Fast schon dachte sie, dass er sie küssen würde, doch diesen Schritt machte er nicht.
„Vielleicht eines Tages – vielleicht nach meinem Militärdienst, sonst wäre ich ein gesuchter Verbrecher, dass wäre auch nicht so gut.“
Die Amerikanerin fing an zu lachen und er stimmt mit ein.
Dann klingelte sein Handy.
„Das ist Youngjun“, sagte er und ging ran.
Es war schrecklich ein einseitiges Gespräch zu hören, wobei Jongin es auf das wesentliche reduzierte und sagte, dass er mit Skye kommen würde.
Die beiden fuhren zu SME. Skye hatte keine Erwartungen, man durfte nicht vergessen, dass f(x) zu SME gehörten und Skye war nur irgendwer, der hier nur kurz reinschneite. Jongin war hier ausschlaggebend, nicht sie. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl nach oben. Im Meetingraum wartete nicht nur Youngjun und Seunghwan auf sie, sondern auch der Manager von f(x) und weitere SME Mitarbeiter. Sie glaubte, dass zwei der Männer auch Anwälte waren.
„Also“, begann Youngjun, nachdem Jongin und Skye sich hingesetzt hatten. „Normalerweise besprechen wir bandinterne Angelegenheiten nicht mit anderen, doch die Geschehnisse der vergangenen Monate geben uns hier den Anlass euch über die Zukunft von Krystal zu informieren.“
Jongin schenkte ihnen beiden ein Glas Wasser ein, auch wenn Skye der Meinung war, dass sie etwas deutlich Härteres bräuchten.
„Wie ihr vielleicht wisst, laufen die f(x) Verträge dieses Jahr, nach 10 Jahren, aus. Krystal wird ihren Vertrag nicht verlängern, dass wird das offizielle Statement. Wir haben ihr angeboten sie drei Jahre finanzielle zu unterstützen – mit ein paar Auflagen versteht sich. Sie wird Korea verlassen und nach Amerika gehen, wo sie heimlich das Kind auf die Welt bringen wird.“
Super, und das konnte er ihnen nicht am Telefon sagen? Sie stand auf und lächelte.
„Schön, dass das geklärt ist, dann können wir ja wieder an die Arbeit.“
„Nicht so schnell“, kam es von Seunghwan. Sie drehte den Kopf zu ihm und schaute fragend. Was gab es denn noch?
„Das Projekt f(x) hat sich in den vergangenen Jahren nicht so entwickelt, wie wir uns das gehofft hatten, daher waren sie auch so lange nicht mehr als Gruppe aktiv, was nicht bedeutet, dass kein Talent in der Band steckt. Wir planen zu Ende des Jahres oder Anfang 2010 eine Sub Unity vorzustellen, in der sowohl Luna, als auch Amber, Yoona, Yeri und Sunny integriert werden. Wir hätten gerne, dass du für die Sub Unit vorsingst.“
Kennt ihr diese Situation, in der offensichtlich jemand einen schlechten Scherz gemacht hat und ihr wartet nur darauf, dass jemand anfängt zu lachen? In genau so einer Situation fand sich Skye wieder. Mit großen Augen schaute sie in die Runde, dass Problem war nur, dass keiner lachte. Somit fing Skye an zu lachen.
„Wow … fast hättet ihr mich dran bekommen! Ha, sehr lustig!“ Wieder stand sie auf.
„Skye, wir machen keine Scherze“, kam es von einem Mann, den Skye nicht mit Namen kannte. Sie verzog das Gesicht.
„Ja, ist jetzt gut. Ihr wisst alle, dass das nie funktionieren könnte.“
„Wir denken mit dem richtigen Marketing, könnte es funktionieren“, wand Youngjun ein.
„Welches Marketing? Hallo? Ich bin Amerikanerin! Das wird kein Marketing dieser Welt ändern. Amerikaner funktionieren in Korea nicht. Die Thais werden ja kaum akzeptiert.“
„Ja, weil es entweder sprachliche Probleme gibt oder sie afro-amerikanisch sind. Beides trifft bei dir nicht zu“, erklärte der f(x) Manager.
„Nein, danke. Wieso sollte ich es machen? Ich habe mehr Geld, als ich jemals ausgeben kann.“
„Wegen dem Gefühl auf einer Bühne vor 10.000 Fans zu singen? Um unsterblich zu werden?“, wand Jongin ein.
„Schatz, wenn ich unsterblich werden will bezahle ich die Nasa um meinen Namen mit Paintballs quer über den Mond zu schreiben. Ich mache nicht bei irgendeiner Recycling-Band mit – SM Oldies.“
Sie versuchte sich den Mond mit ihrem Namen vorzustellen. Wenn etwas sie unsterblich machen würde, dann das. Sie mochte keine Menschenmassen, sie mochte ja noch nicht einmal Menschen richtig.
„Ich habe doch gesagt sie kneift“, kam es von Seunghwan.
„Du brauchst keine umgekehrte Psychologie bei mir zu versuchen, das funktioniert nicht. Ich will nicht berühmt sein, ich will nicht auf Magazinen sein, dass jeder weiß wer ich bin. Ich bin nicht Kim Kardashian. Ich will mir nicht vorschreiben lassen was ich anziehe, wie ich meine Haare zu tragen habe, ich will nicht 18 Stunden am Tag trainieren für ein Hungergehalt. Ich will nicht nett sein, wenn ich nicht nett sein will. Ich bin kein Popstar.“
Seunghwan hob die Arme, als wollte er sagen ‚Okay, wenn du es so willst‘. Sie marschierte auf die Tür zu, verbeugte sich dann ab doch noch, bevor sie rausging. Sie ging raus zum Auto und rauchte ein. Kurz darauf kam Jongin. Man sah ihm an, dass er etwas sagen wollte, doch er tat es nicht.
Auch die ganze Fahrt nach Hause sprachen sie kein Wort.