Am Morgen, oder um genau zu sein eher am späten Vormittag, begab sich Seungri auf die Suche nach Seunghyun und landete schließlich vor Jiyongs Tür. Er wusste, dass Ji und Laila sich ein Zimmer teilten und empfand es eigentlich als unangebracht sie zu stören. Die Alternative, dass jemand Seunhyun entführt hatte war allerdings schlimmer, als wenn er Jiyong bei einem Tete a Tete mit seiner Freundin erwischen würde, doch als er das Zimmer erreichte, sah er, dass die Tür nur anlehnte und offen war. Nun, wenn sie die Tür schon nicht schlossen, da war es wohl ihr eigenes Risiko, dass Seungri sich jetzt gerade zum eigenen Vorteil machte.
„ Hyung?“, rief er, bekam aber keine Antwort. Es war still, kein Wasser lief, keine Stimmen waren zu hören. Also entweder war das Zimmer verlassen oder sie waren noch am Schlafen. Leise schlich sich Seungri nach oben zum Schlafzimmer und hoffte schon fast Laila nackt zu sehen, schaute dann aber langsam um die Ecke, zog den Kopf dann wieder zurück und rubbelte sich die Augen. Doch auch als er das nächste Mal den Kopf um die Ecke steckte, war die Szene nicht anders geworden. Da lag ein Seunghyun in einem Giraffenpyjama und hatte den Arm um Jiyong im Drachenpyjama gelegt, welcher sich wiederum an das Einhorn Laila herankuschelte, deren Kopf an Gaho lehnte. Wie war es zu dieser Szene gekommen? Ich muss wohl eingeschlafen sein… (und hier eine kleine Aktion an meine Leser: Wie kam es dazu? Schreibt eure Ideen als Kommentar! Auflösung folgt im nächsten Kapitel).
„ Das gibt es doch gar nicht“, murmelte Seungri, dann nahm er Anlauf und schmiss sich ins Bett zu den anderen.
„ Ich will auch kuscheln!“ Und von drei Leuten bekam er ein Kissen über den Kopf gezogen.
Aus der Traum der Nachtruhe, an schlafen war jetzt auch nicht mehr zu denken. Laila zog sich um, um joggen zu gehen und Jiyong ging mit ihr.
„ Wollt ihr auch?“, fragte er seine beiden Bandkollegen, die ihn völlig perplex anschauten.
„ Welche Sprache spricht er da?“, fragte Seunghyun.
„ Ich weiß nicht Hyung“, erwiderte Seungri und sie zogen sich die Decke über den Kopf.
~~~~~~~~~~~~~
Laila liebte den Frühling und den Herbst in Korea. Alles begann jetzt zu blühen, sie fanden sogar schon Kirschblüten. Kirschblüten waren empfindliche kleine Dinger! Sie erinnerte sich, wie sie als Kind immer den Weg rund um den künstlichen See von Lotte World abgelaufen war, wenn die Kirschblüten blühten. Sie war 8 oder 9 gewesen und hatte sich unsterblich in einen Jungen aus ihrer Klasse verliebt – dabei wusste sie heute gar nicht mehr wie er überhaupt hieß. Jedenfalls fragte sie ihn, ob er mit ihr die Kirschblüten anschauen wollte und sie verabredeten sich am nächsten Tag. Doch in der Nacht hatte es fürchterlich geregnet und als die beiden am nächsten Tag nach der Schule dort entlang gingen, waren alle Kirschblüten vom Regen von den Bäumen gewaschen. Er fand das doof, eigentlich fand er Kirschblüten doof und Laila auch. Das war nicht der erfolgreichste Tag ihres Lebens gewesen.
Laila blieb stehen und ging zu den Kirschbäumen um an ihnen zu riechen. Sie waren ungefähr 40 Minuten schon unterwegs und auf einer großen Wiese gelandet, die von Bäumen eingezäunt war. Die Sonne strahlte und alles war warm und schön. Jiyong ließ sich auf den Boden fallen.
„ Wenn der Baum schon Kirschen hätte, würde ich ganz nach oben klettern, um die Besten für dich zu holen“, gab er an und grinste.
„ Ach, würdest du?“ Laila sah schon die Schlagzeile ‚G-Dragon nach Sturz von Baum in Lebensgefahr‘. Das wäre keine gute Schlagzeile.
Sie genossen das schöne Wetter und die Zeit zu zweit. Wie wäre es wohl, wenn Jiyong kein Musiker wäre? Wenn er einfach ein ganz normaler, junger Mann wäre? Konnte man ihn sich überhaupt so vorstellen? Für Laila war es schwierig, er war schon immer gewesen wie er ist, ein kleines Strahlekind, das aber auch ziemlich bestimmend sein konnte.
~~~~~~~~~~~~~
Nach dem Frühstück fuhren sie nach Hause und als Laila in ihrem Haus ankam, fand sie einen Dschungle aus Post-Its. Heechul hatte es sich zur Aufgabe gemacht, zu allem was ihm nicht passte, einen Post-It dran zu kleben und entweder hatte er zu viel Zeit hier verbracht oder er hatte wirklich viel auszusetzen. Manchmal hatte er sich nicht die Mühe gemacht auf die Post-Its zu schreiben, sondern hatte mit vielen Post-Its einfach ganze Wörter gebildet, wie ‚Farbe‘ an ihrer weißen Wand hoch zum Schlafzimmer. Immerhin freuten sich ihre Kätzchen ihr Frauchen wieder zu haben, auch wenn überall Spielzeug rum lag, leere Toilettenpapierrollen und Kartons, die schon völlig zerfetzt waren.
„ Na meine kleinen Tiger.“ Laila nahm sie hoch und streichelte die drei Kleinen und schrieb Heechul dann eine Nachricht, um sich zu bedanken – für’s Aufpassen, nicht für das Verteilen von geschätzten 80.000 Post-Its.
„ Kauf dir schönes Geschirr“, las sie vor und nahm den Post-It von ihrem Küchelregal. Sie wohnte hier noch nicht einmal zwei Wochen, was erwartete er?
~~~~~~~~~~~~~
Sie zog sich um und ging dann zu der Kampfschule. Laila musste zugeben ziemlich aufgeregt zu sein, auch wenn sie wusste, was sie tat, so war es doch ein neuer Anfang. Sie ging sich umziehen und als sie raus kam, fiel sie praktisch Fynn in die Arme.
„ Fynn? Was tust du hier?“
„ Trainieren.“
„ Ich wusste nicht dass du Taekwondo machst.“
„ Vielleicht sollten wir uns etwas mehr unterhalten, als nur … na ja, du weißt schon…“
Laila haute ihn auf den Arm.
Zwei Stunden später war sie ziemlich glücklich. Fynn begleitete sie nach Hause. Der Kampfsport war für Laila ein Ausgleich. Taekwondo und Yoga bildeten für sie ein Gleichgewicht, wie Ying und Yang. Bei Yoga kämpfte sie gegen sich selbst, gegen die Beherrschung ihres Körpers, bei Taekwondo kämpfte sie gegen andere und versuchte dabei ihren inneren Frieden zu finden.
„ Und, kommst du jetzt regelmäßig?“, fragte sie Fynn.
„ Ja, ich denke schon.“
Sie kamen bei ihrem Haus an und er lehnte sich gegen die Mauer.
„ Du weißt, das zwischen uns muss nicht komisch sein.“
Sie drehte sich zu ihm um.
„ Ich mein du hast einen Freund und wir haben ab und zu mal Spaß, alles cool, oder?“
Laila dachte kurz darüber nach. Alles war noch neu für sie, woher sollte sie wissen, wie man eine Beziehung innerhalb einer Beziehung führte? Sie glaubte noch nicht einmal das Jiyong ein Problem sein würde, immerhin nahm er auch andere mit nach Hause. Das einzige, bei dem Laila sich nicht sicher war, war ob es genug für sie wäre.
„ Alles cool.“
~~~~~~~~~~~~~
Mit Jiyong war sie erst gegen 22 Uhr in einer von Noas Bars verabredet und bis dahin war es noch eine lange Zeit. Sie beschloss etwas die Stadt zu erkunden und zog sich bequeme Sachen an. Seoul war eine Stadt wie keine andere. Laila kannte noch nicht viele Städte, sie war zwar in New York gewesen, in Philly und Atlanta, auch in Orlando war sie schon gewesen, doch in Amerika waren Städte anders aufgebaut. Man brauchte praktisch ein Auto. Man hatte in der Regel keine ganzen Stadtteile, die mit Läden und Restaurants gefüllt waren, vielleicht mal ein paar Straßen, doch ansonsten gab es eben Malls und Squares. New York war hier vielleicht eine Ausnahme, doch die anderen Städte, die sie in Amerika kennen gelernt hatte, zogen sich manchmal ewig hin, bis wieder etwas interessantes passierte.
In Seoul hingegen konnte man einfach drauf los laufen. Natürlich gab es hier auch Wohnviertel, in denen weniger los war, doch es gab auch großflächige Viertel, die so groß waren, dass man zwanzig Mal hindurch schlender konnte und noch immer nicht alles entdeckt hatte. Wie Myeongdong, wo sich unten auf der Straße nur ein Teil des Lebens abspielte, denn in den oberen Etagen fand man Cafés, Restaurants, Friseure, Massagestudios, Kosmetiker und alle möglichen Läden.
Sie lief von Zuhause los, quer rüber nach Namdaemun. Namdaemun war wie ein riesiger Markt. Es war anders als Dongdaemun, wo es einfach nur viele, riesige Einkaufscenter gab. In Namdaemun gab es viele Straßenhändler, man schlängelte sich den Pfad entlang und fand allen möglichen Plunder, wie T-Shirts und Korea-Fanartikel. Hier gab es aber auch viele Brillen- und Kontaklinsengeschäfte, wo man auch die Circle-Lenses bekam. Laila hatte Augen wie ein Adler, doch sie trug ab und zu gerne mal Circle Lenses und ihre Freunde hatten ihr Vorträge darüber gehalten, wie schädlich sie seien. Laila trug sie vielleicht mal einen Abend, was sie als absolut in Ordnung fand. Als sie Myeongdong erreichte, hielt sie sich leicht links und erreichte das Rathaus. Vor dem Rathaus war dieser riesige Platz und neben an war der Doeksu-gung, ein kleiner, schöner Palast. Die Sonne war gerade am untergehen und Laila stellte fest, dass sie ganz ein ganz schön weites Stück gegangen war. Doch bevor sie wieder nach Haus ging – oder eher fuhr – wollte sie etwas essen gehen, also drehte sie um und ging zurück nach Myeongdong. Es gab hier eine Vielzahl von Restaurant, aber auch viele Essensstände. Um diese Uhrzeit war Myeongdong brechend voll und es war dunkel geworden, Laila sorgte sich heute also mal nicht um ihre Sicherheit, auch wenn sie eine Mundschutz aufgezogen hatte, die sie zwar als lächerlich empfand, aber auch durchaus Vorteile hatte.
Sie wünschte sich mit Freundinnen solche Touren zu machen, doch wen hatte sie schon in Seoul? Sie kannte nur Idols, die schlecht einfach mal quer durch die Stadt laufen konnten. Und dann hatte sie Amelia, welche sie wahrscheinlich für verrückt erklärt hätte, wenn Laila sie gefragt hätte, ob sie in ihren Alexander McQueen’s einen Marathon laufen wollte. Sie brauchte normale Freunde, doch was war schon normal? Und die Tatsache, dass sie mit niemanden wirklich ehrlich sein konnte, machte es auch nicht einfach Kontakte aufzubauen.
~~~~~~~~~~~~~
Laila nahm die U-Bahn bis zur Seoul Station und lief das restliche Stück. Als sie ihr Haus erreichte, brannte Licht. Es war schwer zu sagen, irgendwie schienen zu viele Leute den Sicherheitscode zu haben und sie wusste nicht wie man ihn änderte.
Als sie die Tür aufschloss, sah sie Jiyong und drei Securitys nervös auf und ab laufen. Alle schauten gleichzeitig zu ihr.
„ Laila! Wo bist du gewesen? Geht es dir gut?“ Jiyong eilte auf sie zu und suchte nach offensichtlichen Spuren.
„ Ich war nur spazieren…“
„ Ich versuche dich seit drei Stunden zu erreichen, wo ist dein Handy?!“
Sein Ton wurde lauter und brachte Laila in die Position sich verteidigen zu müssen.
„ In meiner Tasche…“ Sie begann ihre Handtasche zu durchwühlen, aber da war es nicht. Verunsichert ging sie zu ihrer Sporttasche und zog es aus einem Seitenfach.
„ Ich habe es wohl nach dem Training vergessen …“
„ Vergessen? Vergessen?! Was hast du dir dabei gedacht?!“
Er wurde noch lauter. Laila stellte sich gerade auf, sie mochte es nicht, wenn man so mit ihr sprach. Bei ihrem Vater machte sie das ja noch mit, aber Jiyong war noch lange nicht ihr Vater.
„ Ich habe es vergessen, okay? Was soll das Drama? Du tust so als wäre ich die Tochter der Präsidentin!“
„ Du bist MEINE Freundin!“ Seine Stimme fegte wie ein Donner durch das Haus, gefolgt von Schweigen.
Laila wusste, dass er sich nur sorgte und wahrscheinlich hatte er allen Grund dazu. Er lebte schon länger in dieser verrückten Welt und er fühlte sich für sie verantwortlich und doch mochte sie diese Wutausbrüche nicht. Nur weil jeder nach seiner Pfeife tanzte, hieß das nicht, dass das auch für sie galt.
„ Ab jetzt an wirst du nur noch mit Securitys unterwegs sein, bis ich beschließe, dass es nicht nötig ist.“
„ Wie du meinst.“
Das war für eine Frau ein gefährlicher Satz und Jiyong wusste das, doch hier war die Diskussion für’s Erste beendet.
~~~~~~~~~~~~~
Jiyong verließ das Haus um irgendeinen Termin wahr zu nehmen. Sie hatte noch Zeit, bis sie sich in Noas Bar trafen und die Securitys pilgerten vor ihrem Haus auf und ab. Laila hätte sich fertig machen sollen, doch stattdessen legte sie sich ins Bett zu ihren Katzen, die das Bett-Kommando mal wieder an sich gerissen hatten.
Sie Kleinen legten sich zu ihr und fingen an zu schnurren. Das Geräusch hatte etwas beruhigendes und Laila schloss die Augen. Die Frau hatte gerade wenig Lust dazu heute Abend vor allen so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Sie mochte Ji, sehr sogar, aber er musste aufhören sich wie der König von Frankreich zu benehmen.
~~~~~~~~~~~~~
Mit ihren drei Securitys, die sie Tick, Trick und Track nannte, fuhr sie ins Cookies, Noas Bar. Sie lag im 7. und 8. Stock in einer Seitenstraße zur Karosugil und war, wie sie es von Noas anderen Bars gewohnt hat, modern, schick und hatte etwas Verruchtes. Die Möbel waren aus schwarzem Lack, als Trennwände hatte man Aquarien eingesetzt. Hinter der Bar war ein großes Aquarium, in welchem zwei Meerjungfrauen saßen – mit Luftversorgung versteht sich. Und wer war nicht da? Klar, Jiyong.
Nach ihrem zweiten Cuja-Mara Split gesellte sich Noa zu ihr.
„ Du bist zu hübsch um Trübsal zu blasen.“
Darauf wusste sie nichts zu erwidern und wechselte das Thema.
„ Wie geht es deinem Arm?“
„ Ach, so gut wie neu. Mein Doktor hat gesagt du hast das echt gut gemacht, in einer Woche bekomme ich die Fäden gezogen.“
„ Sehr gut.“
„ Was hat er gemacht?“ Noa hatte erahnt woher ihre Laune rührte.
„ Weißt du, es ist komisch. Wenn wir alleine sind, ist alles gut. Wir verstehen uns super und sobald andere dabei sind, führt er sich auf als wäre er … als wäre er …“
„ Dein richtiger Freund, der sich Sorgen macht.“
Laila schaute zu ihm und zog die Augenbrauen hoch.
„ Das Wort nach dem du suchst ist Verwunderung“, erwiderte Noa.
„ Ich denke er mag dich wirklich und sorgt sich und weil er nicht weiß, wie er damit umgehen soll, benimmt er sich gelegentlich wie ein Vollidiot.“
„ Das ist absurd.“
„ Ist es das? Wir werden sehen…“
Und damit verzog sich die Grinsekatze aus dem Wunderland mit ihren Rätseln und ließ Laila verwirrter als zuvor zurück.
~~~~~~~~~~~~~
Jiyong kam knapp zwei Stunden zu spät, dafür schien sich seine Laune deutlich gebessert zu haben, weswegen sie ihm jetzt keine Szene machen wollte, dafür das er sie erst aufscheuchte und dann zu spät kam. Er hatte Seunghyun dabei, der Laila zuzwinkerte, vielleicht hatte er ja geholfen klein Gollum im Kinderparadies abzugeben, damit Frodo sich wieder fröhlich austoben konnte und Frodo-Ji war Laila auf jeden Fall lieber als Gollum-Ji.