Irgendwie war die Nacht ziemlich kurz gewesen. Alle waren ausgelassen und genossen den freien Abend unter einem sternenklaren Himmel. Es war selbst nachts noch fast zu warm und deswegen kamen das Meer und der Pool als Abkühlung genau richtig. Mia fühlte sich nicht danach, sie blieb zwar wach um auf die Welpen und Küken aufzupassen, doch hielt sie sich von den Aktivitäten fern.
Donghae spielte mit den anderen Wasserball, gedankenverloren schaute Mia zu ihm. Sollte sie ihm glauben? Oder nicht? Wieso hatte er das gemacht? Wie kam es das er sich in so eine Situation katapultiert hatte – beabsichtig oder nicht?
Mia hatte gewusst das es ein Risiko gab, wenn sie Jihoon wegen Donghae verlassen würde, sie hatte damit gerechnet das etwas passiert.
Der Flieger nach Hause ging bereits um 9 Uhr morgens und entsprechend geschlaucht sahen alle aus. Vor allem von Kyuhyun hielten sich alle fern, denn er wirkte, als würde er nicht davor zurückschrecken zum Kannibalen zu werden. Mia saß am Flughafen mit dem Laptop auf dem Schoß. Der Flug dauerte keine Stunde, wenn sie gelandet war würde sie direkt zu seinem Friseur fahren um sich dort mit Cinna zu treffen. Danach musste sie ein Geburtstagsgeschenk für Ryeowook besorgen. Es würde ein ruhiger Geburtstag werden, es war der zweite Tag in Tibet und alle wären noch etwas gaga in der Birne. Mia hatte die Dachterrasse ihres Hotels reserviert, aber sie waren ja auch nur ein kleines Team.
Nachmittags hatte sie dann das finale Training mit ihren Cheerleadern und Jiyong hatte ihr eine SMS geschrieben und fragte ob sie heute Abend essen gehen wollten. Sie würde heute in Jaejoongs Wohnung schlafen – sie hatte immer noch ein Problem damit es als ‚ihre Wohnung‘ zu bezeichnen.
Leeteuk setzte sich neben sie.
„Pssssst, was kann ich Ryeowook zum Geburtstag holen?“, fragte sie flüsternd.
„Also wir haben ihm eine neue Anlage für sein Auto geholt, mit Boxen und allem möglichen Kram. Wir lassen das einbauen während ihr in Tibet seid … er bekommt sogar zwei Monitore zum Fernsehgucken…“
Wieso fragte man sie nicht ob sie sich beteiligen wollte? Mist.
„Aber du weißt doch wie er ist, er mag niedliche Sache, hol einen riesigen Teddy und er wird eine Woche lang strahlend durch die Gegend laufen.“
„Ja, aber er gibt sich bei mir immer viel Mühe“ – ob Mia das wollte oder nicht lassen wir jetzt mal so stehen, „Ich will ihm auch etwas Besonderes machen.“
Da saßen sie nun beide da, grübelnd.
„Es ist wirklich nicht einfach. Wir haben alle irgendwie schon so viel, wir bekommen so viele Geschenke, Klamotten, Schuhe, Schmuck, darum müssen wir uns wenig Gedanken machen … zieh doch los und such nach etwas Niedlichen.“
Mia seufzte, sie hasste es so planlos zu sein.
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Die Super Junior Gruppe war die erste die heute nach Hause flog, der Rest würde über den Tag hinweg eintrudeln. Cinna holte Mia vom Flughafen ab. Er hatte ein kleines Schild gebastelt auf dem ‚Rapunzel‘ stand. Jaejoong. Arschjoong …. Oder Jaeloch … hmmm… darüber müsste sie sich noch Gedanken machen.
Die beiden schlichen sich durch einen Seiteneingang raus und Cinna fuhr mit ihr zu dem Friseur.
„What will it be this time?“
„Oh nothing bad, I promise. We will get rid of the extensions, I think your hair is long enough and you will be a brunette again.“
„What?! All of a sudden?“
„Yeah well, Kim figured that you are not the ‚blonde-German-type‘, so he said I can do what I want and I want you darker.“
„Well … thank you.“
Von ein auf die andere Sekunde hob sich ihre Stimmung, sie würde wieder normal aussehen! Yay!
Extension rein machen war viel Arbeit, sie los zu werden leider auch. Knapp drei Stunden saß Mia auf dem Stuhl, bekam nebenbei noch die Augenbrauen gezupft und die Wimpern gefärbt. Das mochte sie nicht, es juckte und das Zeug kam immer irgendwie in die Augen. Als Mia den Laden verließ sah sie zwar wieder ziemlich normal aus, fühlte sich aber auch ganz schön gebeutelt – und das schon mittags um 13 Uhr.
Cinna setzte sie bei Mijoongs Wohnung ab und sie schloss die Tür auf. Alles war aufgeräumt, die Putzfrau war wohl da gewesen. Mia verdunkelte alles und legte sich auf die Couch. Ihrem Kopf ging es gar nicht gut, aber irgendwie musste sie später ins Training. Etwas Ausruhen würde helfen. Es war warm und trotzdem murmelte sie sich in eine leichte Decke ein, das musste sein, es war nicht richtig sich nicht zu zudecken und ausnahmsweise war sie froh alleine zu sein. Sie machte leise Musik an, Placebo – Running up that hill. Die Deutsche erinnerte sich daran wie sie Donghae gesagt hatte, dass sie ihn liebe. Damals lief dieses Lied. ‚Damals‘ war gerade mal einen Monat her. Manchmal schien die Zeit in Korea zu stehen, manchmal kam es ihr vor als wären erst ein paar Tage vergangen.
Es schien ewig her zu sein dass sie hier gelandet war. Sie hatte so Panik im Flugzeug gehabt. Es war kalt gewesen und manchmal hatte es geschneit. Kyuhyun hatte ihr im Park aufgelauert und seinen ersten richtigen, aufrichtigen Kuss von ihr bekommen. Sie dachte an Tokyo zurück, das Love Hotel und den Streit, die Nacht im Spielzeugladen. Damals hatte sie die Jungs erst noch kennen gelernt, sie war sich oft unsicher gewesen und fühlte sich fremd. Das schien alles schon so lange her zu sein.
Dafür kam es Mia vor wie gestern dass Kim ihr gesagt hatte, dass sie Trainer der Blizzards werden sollte. Die Zeit war nur so an ihnen vorbei geflogen. Es war über zwei Monate her, glaubte Mia und die Zeit war an ihnen vorbei gerast. Zeit war eine komische Sache, sie war dehnbar und lag manchmal in Falten eng zusammen, wie ein Vorhang.
Verloren in ihren Gedanken an das letzte halbe Jahr schlief sie ein.
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Zur gleichen Zeit hatte Zoey keine Kopfschmerzen, war aber ebenfalls in einer leicht unangenehmen Situation. Früh am Morgen hatte sie sich in das Super Junior Dorm geschlichen – was heißt geschlichen, sie kannte den Zahlencode für die Tür. Sie wollte Yesung überraschen und hatte sich deshalb in seinem Zimmer breit gemacht. Nackt. Mit Sushi bedeckt. Samantha hatte das auch bei Sex and the City gemacht und Zoey war begeistert von der Idee. Allerdings hatten beide ein ähnlich unglückliches Ende. Die Vorbereitung hatte etwas gedauert – versucht mal Sushi auf eurem nackten Körper anzuordnen, sobald man sich ein wenig bewegte kullerte alles runter. Ab und zu hatte sie auf die Uhr geschielt, sie war gut in der Zeit. Total motiviert lag sie da, stolz auf sich selbst auch mal etwas sexy-romantisches für Yesung zu machen und einigermaßen zu ihren Gefühlen dem Mann gegenüber zu stehen.
Was Zoey nicht wusste, war das Yesung direkt nach der Landung ins Tonstudio fuhr, weil er mit Jang Hye Jin einen Song aufnehmen wollte.
Die Kanadierin hörte wie sich die Tür öffnete und setzte ein Lächeln auf. Gleich würde er sie essen! In dem Stimmengewirr machte sie seine Stimme nicht aus, darum machte sie sich aber erst mal nicht so viele Gedanken.
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Sungmin rollte seinen Trolley hinter sich her, Zuhause war es doch immer irgendwie am Schönsten. Sie waren gerade zu Hause angekommen ging er hinter zu seinem und Yesungs Zimmer und öffnete die Tür.
Und was geschah? Zoey brauchte ein paar Millisekunden um zu begreifen, dass da nicht Yesung vor ihr stand und fing an zu schreien. Sungmin brauchte ebenfalls ein paar Millisekunden um zu begreifen, dass da eine nackte Frau mit Sushi in seinem Zimmer lag und fing ebenfalls an zu schreien. Die anderen erschreckten sich natürlich und rannte den Flur entlang, als Sungmin mit einem lauten Knall die Tür schloss und sich vor die Tür stellte, mit einem hochroten Kopf, um die anderen nicht in das Zimmer zu lassen.
„Was ist los?“, fragte Leeteuk panisch.
„Zoey wolle Yesung überraschen“, erwiderte Sungmin und schlussfolgerte zumindest richtig. In manchen Gesichtern war jetzt die Verwirrung der Neugierde gewichen.
„Nein, keiner darf da rein!“, motzte Sungmin und ein paar ließen die Schultern hängen.
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„Yesung!“
„Sungmin, hi wie geht’s?“
„Du musst dich besser mit deiner Freundin absprechen! Sie lag nackt, nur mit Sushi bedeckt auf deinem Bett!“
„Wa-was?! Wie sexy …“
„Hallo? Ich habe Stellen von ihr gesehen, die ich niemals sehen wollte!“
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Zur gleichen Zeit erholte sich Zoey im Zimmer von dem Schock und fragte sich, wie sie sich unbemerkt verschwinden konnte. Das war alles so peinlich. Ihr Handy fing an zu vibrieren und mit hasserfülltem Blick schaute sie auf das Display.
„Wo bist du?!“
„Schatz, ich bin im Studio, das weißt du doch…“
„Weiß ich nicht!“
„Doch, ich hab dir das gesagt!“
„Hast-du-nicht!“
Nun grübelte Yesung kurz.
„Okay … kann sein dass es dir nicht gesagt hatte …“
„Ich komme nie, nie, nie wieder zu dir nach Hause! NIE WIEDER!“
Sauer legte sie auf und zog sich die Schuhe an. Langsam schlich sie den Flur entlang, die Jungs saßen alle in der Küche und drehten gleichzeitig den Kopf zu ihr. Zoey blieb stehen und selbst ihr konnte auch mal etwas unangenehm sein. In diesem Fall sogar sehr unangenehm.
„Hi guys“, sagte sie während alle sie anstarrten.
„Hi Zoey“, erwiderten sie im Chor.
„Bye guys.“
„Bye Zoey“, riefen sie ihr nach und fingen dann an zu lachen.
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Mia hatte sich den Wecker gestellt um das Training nicht zu verschlafen. Ihr ging es ein wenig besser, wenn auch nicht wirklich gut. Sie stieg in ihr Auto und fuhr zu der Halle. Sie hatte allen eine SMS geschickt dass sie heute in ihren Uniformen trainieren würden und als sie in die Umkleide kam standen da ein Haufen Cheerleader, das sogar Mia in ihrem Zustand es schaffte zu grinsen.
„Hey Cheergirls!“, rief sie fröhlich.
„Hi Cheercaptain“, kam es von Boa die einen Arm um Mias Schulter legte. Die Deutsche kam sich vor wie Gandalf, einen Abend vor der Schlacht auf dem Pelennor – oder zumindest so wie sie vermutete dass er sich gefühlt hätte. Sie hatte sich vorher ein paar Kopfschmerztabletten eingeworfen um das Training zu überleben. Beim letzten Training vor dem ersten Spieltag musste sie voll da sein.
Die Pyramiden klappten ganz gut, sie bauten zwar noch keine ‚Wolf wall‘, aber sie tossten ihre Flyer in die Höhe und sie kamen runter ohne sich etwas zu brechen, sie bauten 2-2-1’s und Libertys, machten verschiedene Auf- und Abgänge, twists und rebounds. Mia war zufrieden, nach drei Stunden Training aber ziemlich platt.
Der Plan war es nur kurz zu SM zu gehen und die Emails zu checken, doch schon auf dem Weg war es Mia irgendwie komisch. Sie war alleine, die anderen hatten alle zu tun und mussten nicht ins Headquarter und vor Mias Augen tanzten schon kleine Feen. Den Hintereingang erreicht nahm sie sich fest vor sich irgendwo hin zu setzen und etwas zu trinken. Es war nicht weit bis zu dem einen Aufenthaltsraum, das würde sie noch schaffen. Gerade auf der Treppe angekommen hörte sie Donghae nach ihr rufen. Seine Stimme war gedämpft, als wenn sie unter einer Käseglocke stehen würde und sie verstand nicht so recht was er sagte.
„Not now“, war alles was sie sagte und wollte gerade die erste Stufe nehmen, als ihr schwarz vor Augen wurde und sie umkippte.
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20 Minuten später kam Mia vom Kreislaufschock in den Zuckerschok und leerte gerade eine heiße Schokolade, als Donghae ihr ein Patbingsu (das lustige Ding was sie mit Jong bei Eunhyuks Halloween-Birthday-Party gegessen hatten, nachdem sie Jonghyun in einen Elb verwandelt hatten) reiche.
„Hae!“, beschwerte sie sich und wollte eigentlich gar nicht mehr.
„Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“
Er klang sauer und besorgt.
„Heute Morgen!“
„Klar, zweimal in ein Brot beißen nennst du essen.“
„In some kind of way …“, meinte sie grübelnd.
„Und gestern Abend hast du auch nicht viel gegessen!“
„What are you? My daddy? My stalker? My Jaejoong?“
„Your boyfriend!“
Darauf konnte sie nichts mehr sagen, er war offiziell ihr Freund.
„Du musst besser auf dich aufpassen! Du trainierst und bist den ganzen Tag unterwegs, du musst ab und zu etwas essen!“
„I’m trying!“
„Try harder!“
Sie schrien sich schon fast an und dann nahm Mia einfach den Löffel und begann ihr Patbingsu zu essen. Sie saßen oben in dem einen Aufenthaltsraum. Eigentlich wollte sie die Mails checken und dann mit den Bambis trainieren, doch Donghae hatte ihren Kollaps schon Kim gepetzt was dazu führte dass er Mia ins Krankenhaus stecken wollte, was sie ihm gerade noch so austreiben konnte. Dennoch hat der Manager Ruhe und Nahrung verschrieben und Donghae zur Krankenschwester (er selbst bevorzugte ‚Krankenpfleger‘) ernannt, da er heute ohnehin kein Schedule mehr hatte.
Nach der halben Schüssel Patbingsu war Mia fertig mit der Welt und stellte die Schüssel auf den Tisch.
„Ich bin satt“, jammerte sie, weil sie befürchtete das Donghae sie weiter nötigen würde zu essen oder sich am besten noch Verstärkung von Ryeowook holte.
„Dann können wir ja jetzt los.“
Der junge Mann stand auf und reichte Mia die Hand. Meistens hatte er ja gute Ideen was ihre Freizeitgestaltung betraf – außer er kam auf die Idee Mia im Sky X um die Ecke zu bringen – also nahm sie seine Hand und folgte ihm zum Auto. Sie fuhren in Richtung nach Hause, über die Brücke auf die Nordseite, doch dann schlug er einen anderen Weg ein und fuhr in Richtung Dongdaemun.
„Wohin gehen wir?“
„Warst du schon mal auf dem Seoul Tower?“
Die Assistentin verzog das Gesicht.
„Nein.“
Letztes Jahr war ihr Hotel eigentlich gleich um die Ecke vom Namsan gewesen. Woran war es gescheitert? Ganz einfach:
Also, Mia hatte gesehen, dass in der Querstraße es hoch zu der Seilbahn ging. Ganz so einfach war es aber doch nicht. Man lief bergauf, was an sich schon mal unsympathisch war. Schon dort bildete sich eine Schlange für den Fahrstuhl, der die Leute bis zur Seilbahnstation brachte. Mia hatte sich das damals exakt 3 Minuten angeguckt und sich dann für die Alternative entschieden: Stufen. Es war machbar, vor allem wenn man vier Monate vorher den Potala hochgekrackselt war. So, dann kam man bei der Station der Seilbahn an, ein hohes Gebäude und schon vor dem Gebäude war eine ca. 50 Meter lange Schlange in die man sich einreihen musste. Wenn man es dann bis zum Gebäude geschafft hatte, stand man in einem Treppenhaus das unzählige Etagen hatte (ich denke es waren drei Etagen bis man zur eigentlichen Ticketbox kam). Nach einer Stunde hatte sie es aufgegeben. Selbst wenn man bei dem Ticketschalter war, waren es immer noch zwei Etagen und Mia machte einen großen Haken an den Namsan Tower.
„Man kann doch nicht nur die Seilbahn nehmen!“, klärte Donghae sie auf und für Mia war das in diesem Moment eine vollkommen neue Information.
„Es fährt ein Bus nach oben, aber wir dürfen ja nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, also nehmen wir das Taxi.“
„Aha.“
Taxis durften also den Namsan hochfahren, wenn sie Touristen beförderten, die sie oben raus schmissen, denn da oben gab es keinen richtigen Parkplatz. Aber hochfahren, raus lassen und runterfahren ging also. Donghae parkte sein Auto in der Nähe und winkte ihnen dann ein Taxi herbei. Seilbahnausblick hin oder her, auch wenn man mit dem Wagen hoch fuhr hatte man auch einen tollen Ausblick.
Ganz vorbei mit dem Anstehen war es nicht, denn man brauchte ja ein Ticket um hoch zu fahren, doch es ging sogar relativ schnell und Hae fand es lustig Mia in den Fotoladen zu schleifen, wo man Bilder in verschiedenen Szenen von sich machen lassen konnte. In Mias Augen war es eher etwas für Jugendliche, doch sie ließ sich überreden und einige Bilder von ihnen wurden geschossen.
Hätte Mia gewusst wie schön es im Tower war, hätte sie sich letztes Jahr wahrscheinlich auch 2 Stunden dort angestellt, wobei die Taxi-Info natürlich unbezahlbar war. Es gab Läden, Cafés, man konnte spazieren gehen, es gab sogar eine Kunstausstellung. Überall um den Tower fand man Schlösser mit Herzen dran, auf denen Pärchen eine Nachricht geschrieben hatten. Sie fragte sich wie viele von diesen unzähligen Paaren tatsächlich noch zusammen waren, aber eigentlich war es egal.
Dann ging es mit dem Fahrstuhl nach oben. Die Deutsche war froh das es nicht so ein Fahrstuhl war, der gläsern war, auch wenn man auf einer Anzeigetafel ihre Position angezeigt wurde. Donghae nahm Mia bei der Hand und führte sie zuerst in ein Café um ihnen etwas zu trinke zu holen und führte sie dann in einen Aussichtsraum. Alles war verglast und es gab Sessel die an der Decke befestigt waren und in denen locker Platz für zwei Personen war. Mia wanderte an den Fenstern entlang und schaute über die Stadt. Es war einfach wow. Da lag diese riesige Stadt zu ihren Füßen, man konnte alles sehen und von hier oben, was immerhin ca. 500 Meter höher war als unten, selbst der Hangang wirkte total winzig, nicht auszudenken dass man fast eine Stunde brauchte um ihn zu überqueren. An den Scheiben standen Städtenamen, die in der jeweiligen Richtung lagen und es stand dabei wie viele Kilometer sie entfernt waren. Berlin war über 8.100 Kilometer entfernt und mal wieder fiel ihr auf wie weit weg sie von Zuhause war. Shanghai war nur gute 800 Kilometer weg.
„Hey Mia!“
Sie drehte sich um und fand Donghae winkend auf einem der Sessel. Es war schon ziemlich eng, Körperkontakt war nicht zu vermeiden und eigentlich war sie ja noch sauer auf ihn. Unschlüssig stand sie vor ihm, doch er schnappte sich ihre Hand und zog die Deutsche zu sich. Erst mal neben ihm fiel es ihr bald leicht sich zu entspannen. Er legte den Arm um ihre Schultern und Mia zog die Beine an. Und in dieser Position schauten sie sich den Sonnenuntergang an.
„Es tut mir wirklich leid was passiert ist. Ich wollte dich eifersüchtig machen, aber so war das nicht geplant.“
„I kissed Daesung.“
„Bitte?“, er hörte sich eher amüsiert als sauer an.
„I was angry and hurt and I needed somebody that I could kiss too.“
Sie verschwieg das es nicht bei einmal küssen geblieben war, aber Mia hob ihre Priorität auf die Tatsache an sich, nicht auf wie oft.
„Na ja, es ist schon etwas unreif … und wirklich gut finde ich es nicht, aber in Anbetracht der Umstände würde ich sagen wir sind quitt.“
Donghae hielt ihr die Hand hin und sie schüttelte sie, er nutzte diesen Moment aus sie mit seiner freien Hand zu sich zu ziehen und zu küssen. Wie hätte sie sich wehren sollen? Sie vergaßen nicht das sie in der Öffentlichkeit waren und küssten sich nur kurz.
„Mia?“
„Donghae?“
„Ich will …“, er schien nach Worten zu suchen und fing an mit ihren Haaren zu spielen.
„Seid wann sind deine Haare braun? Die waren heute Morgen noch blond!“
„Seid heute Mittag“, erklärte sie grinsend, verwundert dass er es jetzt erst wahr nahm.
„Ich mag den Pony.“
„Ehm … thanks … didn’t you wanted to say something?“
„Oh ja!“
Seine Verpeiltheit war niedlich, doch sie hatte das Gefühl, als wollte er ihr etwas Wichtiges sagen. Er nahm ihre Hände in seine, Mia fiel auf das aus den Lautsprechern das Lied ‚Love is‘ von 4Men drang, die Titelmusik von Siwons Drama ‚Oh! My Lady‘.
„Mia, ich würde gerne das du meine richtig, wirkliche Freundin wirst. Nicht nur für die Presse, ich weiß du willst es langsam angehen lassen, aber ich würde gerne den nächsten Schritt machen. Ich liebe dich … egal wie langsam wir sind, wie viel Zeit wir uns lassen, es ändert nichts daran, ich liebe dich.“
Mit großen Augen schaute sie ihn an, sie dachte dass sich das irgendwann von alleine entwickelt hätte – wenn er nicht mehr mit anderen Frauen rumknutschen würde. Eines war klar, Donghae wollte Mia für das was sie war. Er hatte nie versucht ihr an die Wäsche zu gehen, hatte sie nie zu etwas gedrängt, was sie nicht wollte, er mochte sie als Mensch, nicht für das hübsche Gesicht, nicht als Trophäe.
„I’d like that“, meinte sie und er fing an zu strahlen, was sie auch zum Lächeln brachte. Ohnehin benahmen sie sich seid … eigentlich seid immer wie ein Paar.
„Schatz, du brauchst das Iphone 4.“
Wie kam er denn jetzt da drauf?!
„Was? Ich habe das 3GS.“
„Ich weiß aber du brauchst das 4er.“
„Quatsch, das 5er kommt im September.“
„Aber ich habe uns Pärchenhüllen bestellt!“
Mia fing an zu lachen und er verstand nicht was so witzig war.
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Nachdem sie noch eine Weile so sitzen blieben und die Stadt betrachteten, gingen sie hoch in das ‚N Grill‘, das Hauptrestaurant des Towers. Es gab tolle Tische, die im Halbkreis genau vor den Fenstern waren. Es war ziemlich voll, aber der Promi-Status verschaffte ihnen tatsächlich ein Tisch direkt am Fenster. Grübelnd saß Mia vor der Speisekarte.
„Steak?“
„Ich weiß nicht.“
„Wie du weißt nicht?“, überrascht schaute er zu ihr, sonst ließ sie doch auch nichts über ein Steak kommen.
„Hummer klingt auch gut …“
Wie oft bekam man schon einen guten Hummer? Und ja, sie verdrängt den Gedanken dass das Vieh jetzt wahrscheinlich noch am Leben war und sich dachte ‚Iss mich nicht‘.
„Wieso bestellen wir nicht einen Hummer und ein Steak und teilen?“, schlug er vor und so machten sie es dann auch, immerhin hatte Kim ja Nahrung angeordnet. Das Essen war hervorragend und Mia hatte Probleme sich daran zu erinnern wann sie das letzte Mal so fett-glücklich war wie in diesem Moment. Donghae saß dicht bei ihr, sie aßen von einem Teller, tranken aus einem Glas, es war sehr süß. Die Sonne war untergegangen und unter ihnen lag ein Lichtermeer.
„I’d like to live here“, sagte sie irgendwann und schaute auf die Stadt.
„Es ist wie als wenn man aus einem Flugzeug guckt.“
Da hatte er Recht. Oft, wenn Mia nachts flog, fragte sie sich über welche Stadt sie flogen. Meistens konnte ihr das niemand beantworten, selbst die Stewardessen nicht. Kairo erkannte sie, die Außengrenze der Stadt war ziemlich gradlinig und einzigartig, es sah aus als hätte jemand einen Zaun um die Stadt gezogen. Bei den Flügen die über Nacht ging, wie von Deutschland nach Korea, musste man irgendwann die Rollläden an den kleinen Fenstern zu machen, denn man flog der Sonne entgegen und die Nacht war deshalb kürzer. Um den Passagieren dennoch ihre Zeit zu geben ihre Nachtruhe einzuhalten und durch den frühen Sonnenaufgang nicht ganz so zu verwirren, wurden die Fensterläden geschlossen und man hatte das Gefühl gar nicht mehr über den Wolken zu sein, sondern kam sich vor wie in einem Flugsimulator.
Gegen 22:30 Uhr fuhren sie wieder runter und gingen zu Donghaes Auto.
„Ehm … I wanted to spend the night at Jaejoongs apartment.“
„Jaejoongs Jaejoong-Apartment or your Jaejoong apartment?“
„My Jaejoong apartment.“
„Okay, anders wäre es auch merkwürdig gewesen … gut, dann fahr ich dich dorthin.“
Jetzt wo sie tatsächlich ein Paar waren – und Mia hatte selbst das noch nicht ganz begriffen – fingen sie an komisch miteinander umzugehen. Bei JJs Wohnung angekommen hielt er unten vor der Tür.
„Willst du mit hoch kommen?“, fragte sie ihn. Es war psychologisch betrachtet total süß. Normalerweise hätte sie ihn noch nicht mal gefragt, er wäre einfach mit hoch gekommen und sie hätten noch etwas gechillt. Doch nun wo sie sich in einem Beziehungsverhältnis befanden, wussten beide, dass wenn sie jetzt alleine waren, sie die ‚Berechtigung‘ hatten ‚mehr‘ zu tun als vorher und beide fragten sich ob der andere das wollte.
Donghae ließ ein paar Sekunden verstreifen und lächelte dann.
„Ja, sehr gerne.“
Sie fuhren runter in die Garage und gingen zum Fahrstuhl. Sie wusste noch wie Kyuhyun sich einmal im Fahrstuhl auf sie gestürzt hatte, Donghae machte das nicht. Er stand ganz ruhig neben ihr und hielt ihre Hand, drückte sie leicht und streichelte ihren Handrücken mit seinem Daumen. Er war nicht so öffentlich, er war privat und nun war er wirklich privat. Sie genoss es wenn sie alleine waren, wenn sie ihn mit niemand teilen musste.
Mia ging durch die Wohnung und machte ein paar Lichter an. Es war noch immer ziemlich warm und schwül und sie öffnete die Tür auf den Balkon. Auch von hier aus hatte sie einen tollen Ausblick, nicht wie auf dem Namsan, aber trotzdem toll. Donghae lag schon auf der Couch und breitete die Arme aus, grinsend legte sie sich zu ihm.
„I am very happy“, murmelte er in ihren Nacken.
„Me too.“
Er begann sie zu küssen, diesmal beendete keiner von beiden nach ein paar Schocksekunden den Kuss, keine Fragen, keine Zweifel, nur Genuss und es macht so unglaublich viel Spaß ihn zu küssen. Donghae war ihr unglaublich nah, hielt sie fest in seinen Armen und küsste sie nur, nicht mehr, nur küssen, doch allein schon das schien Mia zu reichen, sie brauchte gar nicht mehr, zumindest heute nicht.
Irgendwann hatte er beschlossen bei ihr zu schlafen.