Baekhyun hatte sich schnell ein Zimmer ausgesucht und den restlichen Abend hatten sie mit den Katzen gespielt und Serien geschaut. In dieser Nacht hatte sie ihr Evoli im Pikachukostüm neben sich im Bett liegen und Pan legte sich direkt dazu. Neue Freundschaft.
Immerhin konnte Skye schlafen und sie redete sich noch immer ein, dass es daran lag, dass sie keinen Fernseher im Schlafzimmer hatte. Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass das Hirn ein Bett mit Schlaf in Verbindung brachte. Wenn man sich also in sein Bett legte, wusste das Gehirn ‚Aha, Schlafenzeit‘. Durch die Vermischung der Räumlichkeiten, zum Beispiel wenn man im Schlafzimmer einen Fernseher hatte, wurde das Gehirn verwirrt. Denn plötzlich war das Bett kein Ort mehr nur zum Schlafen, sondern auch zum Fernsehgucken, was dazu führte, dass man schlechter einschlief.
Und deswegen hatte Skye keinen Fernseher im Schlafzimmer. Im Bad hätte sie gerne einen, aber nicht im Schlafzimmer.
Pan lag immer noch bei Evoli, Artemis lag auf dem Kissen neben Skye und Apollon schlummerte im Körbchen. Eigentlich war er der einzige, der dieses Körbchen überhaupt betrat. Doch sobald Skye wach war, wachten die drei auch auf und verfolgten sie zuerst ins Bad, doch eigentlich hatten sie Hunger und wollten ihr zeigen ‚Frauchen, wir sind auch wach!‘. Morgens musste Skye sich immer direkt die Zähne putzen, die Haare kämmen und das Gesicht waschen und solange mussten sie warten. Man sollte meinen, dass so kleine Katzen Probleme mit den Treppen hätten – weit gefehlt. Mini-Katzen waren Mini-Ninjas und geschickt kletterten sie die Stufen hoch und runter. Bald würde Skye versuchen sie rauszulassen. Wobei, was hieß versuchen? Sie hatte keine Lust ständig darauf zu achten, ob sie eine Tür hat offenstehen lassen und sie war hier mitten in der Natur. Zwar konnten Katzen große Strecken laufen, doch sie hoffte darauf, dass ihnen das Gelände reichen würde. In zwei Türen im Haus würde sie eine Katzenklappe einsetzen lassen und die drei würden Halsbänder mit Peilsender bekommen. Falls doch mal einer über einen Baum über die Mauer springen würde, dass sie den Ausreißer finden würde. Die ersten Male würde sie ihnen eine Leine anlegen, damit sie die Terrasse schon etwas erkunden konnten, aber noch nicht zu weit wegkonnten.
Aber zuerst Frühstück.
Bae schien noch zu schlafen, so nutzte Skye die Zeit, um etwas zu arbeiten. Schließlich hatte sie nicht nur G-Next, um das sie sich kümmern musste, doch ihre Gedanken schweiften ab. War Taehyung gut gelandet? Wieso war sie nicht einfach nach L.A zu Jared Leto geflogen? Was würde sie überhaupt an Chuseok machen? Wie feierten Idols Chuseok? Chuseok war das Erntedankfest und neben Seollal der größte Feiertag im Jahr. Während Chuseok sah man eine Stadt wie Seoul, die sonst nie schlief, im völligen Stand-By Modus. Die meisten Geschäfte hatten tatsächlich geöffnet, zumindest in den beliebten Einkaufsvierteln, was aber nichts daran änderte, dass einfach kaum Einwohner da waren. Die meisten nutzten die Feiertage, um zur Familie außerhalb der Stadt zu fahren. Züge und Busverbindungen rund um Chuseok waren viel teurer als sonst und meistens Wochen im Voraus ausgebucht. Skye fand Seoul während der Feiertage total interessant. Typische Attraktionen wie Paläste, besondere Cafés und andere Freizeitattraktionen waren total überlaufen, aber die Stadt an sich war recht ruhig. Seollal hatte sie dieses Jahr gar nicht richtig mitbekommen, denn Idols kannten keine Feiertage. Skye behauptete sogar, dass sie an Seollal gar nicht im Land war, aber sie hatte keine Ahnung.
„Schläfst du mit offenen Augen?“, hörte sie auf einmal Baekhyun, der sie schon zweimal gerufen hatte.
„Huh?“ Sie drehte sich fragend zu ihm um. Wieso sah er schon so … angezogen aus?
„Mia ist gleich da und du starrst Löcher in die Gegend.“
Damit drehte er sich um und eilte irgendwo hin, während Skye gar nicht wusste, was los war.
„Mia?“
Und in diesem Moment klingelte es auch schon.
Skye ging zur Tür und überlegte, ob sie irgendetwas vergessen hatte. Irgendeinen Termin? Als sie dann die Tür öffnete und davor stand nicht nur Mia, sondern auch London, Blake, Kendra, Mi-Cha, Ryeowook, Henry, Wendy und Taeyeong. Skye zog die Augenbrauen zusammen und legte den Kopf zur Seite.
„Was tut ihr hier?“
Nun schaute Mia sie fragend an.
„Chuseok?“
„Chuseok?“, fragte Skye zurück.
„Wir feiern übermorgen Chuseok“, versuchte es Mia erneut.
„Jaaaaa … so wie alle Koreaner.“
„Wir feiern hier Chuseok.“
„Was?“
„Oh, habe ich dir das nicht gesagt?“ Nun fing Mia an sich selbst an zu zweifeln.
„Nein!“
„Na dann, herzlichen Glückwunsch: Wir feiern hier Chuseok!“
Mia breitete feierlich die Arme aus und setzte ihr bestes Lächeln auf.
„Wieso?“
Es war ja nicht so, als wäre Skye es nicht gewohnt bei solchen Dingen wirklich gefragt zu werden, aber irgendwie …
„Weil du ein großes Haus hast.“
„Wir haben hier schon gecampt“, stellte die Amerikanerin fest. Die anderen beobachteten die beiden Frauen wie ein Tennisspiel.
„Willkommen in meiner Welt.“
„Du bist nur froh, dass du ein anderes Opfer gefunden hast, der für diese Sachen herhalten muss.“
„Bingo.“
Skye überlegte und machte dann Platz. Immerhin hatte Mia vorher eingekauft, was dazu führte, dass ihr ganzes Auto voll war. Skye ging an den Kofferraum und als sie sich umdrehte, stand Taeyong direkt hinter ihr.
„Hey.“
„Hey.“
Ja okay, es war komisch.
„Komm, ich nehme das, es ist schwer“, sagte er mit einem Lächeln und nahm ihr die Tüte ab.
„Was starrst du an?“, fragte Mia.
„Taeyong.“
Doch Taeyong war schon längst drin.
„Hm?“
„Ich frage mich nur, ob Taeyong mein Jonghyun wird.“
Mia hatte erzählt, wie Jonghyun in sie verknallt gewesen ist und es hatte tatsächlich einen Kuss gegeben und manchmal fragte sich Mia, ob ihre Welt heute eine andere wäre, wenn sie Jonghyun eine Chance gegeben hätte.
„Vielleicht. Vielleicht ist aber auch Taehyung dein Jonghyun – oder dein Donghae oder vielleicht beides.“
Sie zwinkerte Skye zu und nahm sich noch eine Tüte.
„Ich weiß nicht was besser ist!“, rief Skye Mia nach, bekam aber keine Antwort.
Nachdem dann alle Sachen in der Küche standen und Frau Kim einen halben Herzinfarkt bekam, war es zumindest für Skye Zeit zum Frühstück, doch Mia stoppte sie, weil sie beim Kochen genug naschen würden.
„Aber du setzt mir hier nicht nur SM Leute hin, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen?“, fragte Skye die Deutsche.
„Natürlich nicht. Wir hatten vor vier Wochen einen Kochwettbewerb, ich wollte nur die besten Köche integrieren und das sind die, die übrig geblieben sind.“
„Du hast einen Kochwettbewerb für Chuseok gemacht?“ In solchen Momenten vermisste Skyes es Mias Assistentin zu sein.
„Hi, ich glaube wir kennen uns noch nicht.“ Henry kam mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu.
„Hi, Henry … also Skye … ich bin Skye“, stotterte sie und als Reaktion fingen Mia und Baekhyun an zu lachen.
„Ernsthaft, nach den letzten neun Monaten macht ER dich nervös?!“ Baekhyun bekam sich gar nicht mehr ein, doch Henry lächelte nur.
„Ein wirklich tolles Haus hast du.“
„Danke“, erwiderte Skye und versuchte Bae so heimlich wie möglich zu treten, damit er endlich aufhörte zu lachen.
Vier Stunden später waren sie fast fertig. Frau Kim half natürlich und Skye würde ihr heute einen Bonus geben. Tatsächlich waren alle sehr gut in der Küche, wobei jeder seine Stärken hatte. Mia, London, Blake und Kendra brachten ein internationales Flair in Skyes Küche. Manche machten einen Mischmasch zwischen koreanisches und einer deutschen/ amerikanischen Küche und da kamen echt interessante Sachen bei raus. Skye war zumindest satt. Bae übrigens auch, der nicht wirklich hilfreich war, aber super darin war Leute durch die Gegend zu scheuchen.
„Wieso machen wir das eigentlich heute?“, erkundigte sich Skye. Schließlich begann Morgen Chuseok, um morgen das Essen für übermorgen, dem Haupttag, vorzubereiten.
„Morgen wäre die Hälfte nicht da. Heute musste ich nur Changmin einbüßen“, erzählte die Deutsche.
„Wer ist denn alles eingeladen?“ Nur so eine unwichtige Information für sie, als ungewollten Gastgeber.
„Keine Ahnung, alle die nicht bei ihrer Familie sind … so dreizig sind wir in der Regel.“
Immerhin erklärte das die Masse von Essen, die sie vorbereitet und in Skyes Speisekammer im Keller gebunkert hatten.
„Hast du einen Tisch?“, wollte Mia wissen. Skye schaute sich verunsichert um. Sie hatte überall Tische!
„Definiere.“
„Für das Ahnenritual.“
„Fragte die Deutsche die Amerikanerin nach einem Tisch für ein koreanisches Ahnenritual …“ Skye versuchte nur nicht den Überblick zu verlieren, doch ihre IDOLLs fingen fröhlich an zu lachen.
„Wir brauchen doch nur einen Tisch! Nicht zu hoch … breit …“
Daraufhin zog Skye los zum ‚Personalhaus‘ in der Nähe der Scheune, als sie rennende Schritte hinter sich hörte. Verwundert drehte sie sich um und sah Taeyong auf sie zu eilen.
„Ich wollte dir beim Tragen helfen“, erklärte er sich, weil Skye wohl so überrascht schaute.
So liefen sie gemeinsam nebeneinander her.
„Wie geht es dir so?“
Einen Moment hatten sie geschwiegen, doch nun erkundigte er sich vorsichtig. Ihr Date war noch keine zwei Wochen her gewesen. Es war ein schöner Abend gewesen.
„Gut, sehr gut … und dir.“
„Auch gut … und du und Taehyung…?“
Skye blies die Wangen auf und trat nach einem Stein auf dem Weg.
„Wir … arbeiten dran. Zuerst war Big Hit das Problem, dann er und jetzt irgendwie ich.“
Taeyong grinste amüsiert.
„Das hast du dir auch verdient.“
„Huh?“
„Na ja, er soll nicht das Gefühl haben, als wärst du immer verfügbar. Das wäre wie, wenn du jetzt mich anrufen würdest, dass du noch eine Chance möchtest. Ich würde dich auch etwas zappeln lassen.“
Nun musste sie grinsen.
„Ist das so?“
„Ja klar. Ich will doch nicht so wirken, als würde ich kein Leben haben und nur darauf warten, dass du dich bei mir meldest.“
„Ich glaube das diese Kiste mit Taehyung doch etwas komplizierter ist und ich denke es war nicht seine Absicht mich zu verletzten. Und ich bin einfach skeptisch, immer. Wenn ich einmal auf die Nase falle, tue ich mich schwer darin der Person wieder zu vertrauen.“
Er nickte und sie erreichten das Haus. Das Problem war, dass es im Moment renoviert wurde und jeden Tag wurden die Sachen von A nach B geräumt. Die Bauarbeiter machten gerade Pause und saßen draußen.
„Wir sind fast fertig, Morgen sollten wir durch sein. Deswegen haben wir alle Sachen in die Scheune geräumt. Ihre Architektin sagte, sie wollte sich die Möbel anschauen, um das Haus dann einzurichten“, erklärte der Vorarbeiter und die beiden machten sich auf zur Scheune. Um die Scheune war schon ein Gerüst aufgestellt worden. Die war als nächstes dran, hoffentlich inklusive Pool. Skye hatte ja die Hoffnung, dass das Ganze fertig sein würde, bevor das Jahr zu Ende war.
Taeyong blieb vor der Scheune stehen und zögerte. Skye schaute ihn fragend an, doch dann erinnerte sie sich an die Geburtstagfeier von JK und wie einfach es da noch zwischen ihnen gewesen ist. Da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, ging sie in die Scheune, nur um festzustellen, dass sie keinen Strom hatte. Super. Sie schnappte den Schalter ein paar Mal hoch und runter, nur für den Fall, dass das des Rätsels Lösung wäre.
„Warte, ich habe eine App.“ Taeyong zückte sein Handy und bewaffnet mit der Taschenlampen-App machten sich die beiden auf die Suche nach einem Tisch, der Mias Vorstellungen entsprach.
„Die beiden sind ganz schön lange weg“, meinte London skeptisch.
„Ist die nicht mit ihm ausgegangen bevor Taehyung ihr so theatralisch seine Liebe gestanden hat?“, fragte Kendra nach. Henry und Ryeowook schauten sie schockiert an.
„Hupsi …“
„Die Jugend von heute“, kam es von Wookie und da musste Henry laut lachen und klopfte seinem ehemaligen Bandkollegen freundschaftlich auf die Schulter.
„Nur weil du deinen Armeedienst hinter dir hast, musst du nicht so altklug tun.“
„Aber du glaubst nicht …?“ Kendra ignorierte die beiden ‚älteren‘ Herren.
„Nein, sie und Taehyung … sie … sind so ekelhaft niedlich zusammen.“
Die anderen Mädels lachten fröhlich, inklusive Wendy.
„Ohne Spaß, ich überlege im Moment nicht ob ich bei SME bleibe oder zu G-Next gehe, die wichtige Frage ist: Würde ich Skye als Bandmitglied in einer Beziehung mit Taehyung ertragen!“
Laute Gelächter bei den IDOLLs, generelle Verwirrung bei den anderen.
„Was ist G-Next?“, fragte Wendy.
„Mein Label“, erwiderte Skye, die in diesem Moment mit Taeyong und einem Tisch durch die Terrassentür kam.
„Wie meinst du das ‚mein‘ Label?“, fragte Taeyong und ließ den Tisch fast fallen.
„Ich habe ein Label gegründet.“
Das waren alles nur halbe Lügen. Zum einen wollte sie das mit Jiyong noch nicht so an die große Glocke hängen. Er musste erst seinen Vertrag mit YG kündigen und sie mussten das Label tatsächlich gründen. All das würde die nächsten Tage passieren. Die IDOLLs sagten dazu auch nichts, was für Skye wieder ein Zeichen war die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Eine Stunde später schloss Skye die Tür hinter ihren Besuchern und ließ sich mit dem Rücken an der Tür hinuntergleiten.
„Puh.“
So hatte sie sich den Tag nicht vorgestellt. Bae kam um die Ecke.
„Dein Handy dreht durch“, sagte er, als er ihr das Handy reichte. Okay Taehyung hatte wohl ein Mitteilungsbedürfnis.
‚Ich wusste das du ihn magst‘, kommentierte er Skyes Selfie. Sie kommentierte es ‚Vielleicht mag ich ihn ja mehr als dich‘, nur um ihn etwas zu ärgern. Doch neben der Nachricht, hatte er auch noch Bilder geschickt. Vom Auto. Vom Parkplatz. Vom Duty Free und von all seinen Essen. Wow. Wenn das die nächsten zwei Wochen so weitergehen würde, müsste sie ihn auf stumm schalten. Jungkook hatte ihr auch geschrieben.
‚Habe gehört Bae wohnt jetzt bei uns. Wehe er nimmt mein Zimmer.‘
Skye fing an zu grinsen.
‚Doch und all deine Sachen!‘, schrieb sie ihm zurück. Es kam eine Reihe von entsetzten Smilies zurück.
Danach schnappte sie sich ihre Katzen und verzog sich ins Bett für ein Nickerchen. Nach all dem Kochen hatten sie sich das verdient. Vor allem die Katzen …
In Neuseeland schaute Jimin fragend zwischen Jungkook und Taehyung hin und her.
„Schreibt ihr jetzt beide mit Skye?“
Tae und JK schauten auf, ihre Blicke trafen sich.
„Ich habe etwas wichtiges mit ihr zu klären!“, verteidigte sich Jungkook.
„Ich auch!“, kam es sofort von Tae.
„Ach ja, was denn?“, wollte Jungkook wissen. Taehyung schien nach Worten zu suchen. Sein Mund schnappte auf und zu.
„Sie hat geschrieben, dass … dass sie Evoli vielleicht lieber hat, als mich.“
Er versuchte das so ernst wie möglich vorzutragen, doch alle fingen an zu lachen.
Kurz darauf saß Jungkook neben Namjoon im Auto. Mal wieder durften sie selbst fahren. Jin hatte heute die Ehre und bevor es losging, musste er die Funktion jedes Knopfes wissen und durchblätterte die Bedienungsanleitung, die natürlich auf Englisch war und nicht auf Koreanisch, also hatte er gleichzeitig noch den Googletranslator offen.
„Du hast sie wirklich gern“, meinte Namjoon zu dem Jüngeren.
„Ja, sie … sie versteht mich. Ich weiß nicht … wir ticken ähnlich. Manchmal reden wir den ganzen Tag nicht und dann gibt es Tage, da hören wir nicht auf zu reden. Es ist total entspannt und ich meine jetzt nicht, weil das Haus riesig ist. Ich denke selbst in einer zwei Zimmer Wohnung würden wir klarkommen.“
So wie er es erzählte, schien es, als würde er sich selbst darüber wundern. Namjoon grinste fröhlich.
„So ist es, wenn man einen besten Freund hat.“
Verwundert schaute Jungkook, der die ganze Zeit auf sein Handy geschaut hatte, zu seinem Bandleader.
„Huh.“ Das musste er verarbeiten.
Was Skye sehr süß fand war, dass sich die Katzen einfach so catnappen ließen und sich nicht beschwerten. Solange Skye schlief, schliefen die drei mit. Als gäbe es sonst nichts zu tun. So schliefen sie ein Stündchen, doch sobald die Kätzchen wach waren, wollten die auch gefüttert werden.
Die Amerikanerin ging runter, noch immer etwas benommen vom Schlaf, auch wenn sie diesmal keinen komischen Traum hatte. Während sie das Futter machte, begann sie ‚When the party’s over‘ von Billie Eilish zu singen. Ihre Gedanken hingen noch an Taehyung fest und das Lied passte so traurig-schön zu ihnen.
Bae stand im Türrahmen, doch sie sah ihn gar nicht. Auch sah sie nicht, wie er sie filmte. Er hatte gehört, wie Skye von hinten die Treppe runterkam, doch als sie in die Küche kam, bemerkte sie ihn gar nicht. Um ihr zu zeigen in welchem Zombie-Modus sie unterwegs war, fing er an sie zu filmen, doch dann fing sie an zu singen und wie so oft hielt er die Luft an, beeindruckt von ihrem Talent. Sie konnte so viel Emotion mit ihrer Stimme rüberbringen. Als läge das Schicksal der Welt in ihrer Stimme. Und das obwohl sie gar nicht darauf vorbereitet war, schließlich machte sie nur Katzenfutter! Er kannte wenige Menschen mit dieser Gabe. Kyuhyun gehörte dazu. Bae wusste, dass er ein guter Sänger war, vielleicht wusste er es manchmal zu sehr, doch ihr könnte er zuhören, für die Ewigkeit. Doch würde er es ihr sagen? Pah, im Leben nicht.
Verwundert schaute Skye auf.
„Hey! Was tust du?“ Es hörte sich nicht wirklich vorwurfsvoll an.
„Ich wollte dich ärgern, weil du praktisch schlafwandelst, doch dann fingst du an zu singen.“
Ihre Augen wurden groß und sie eilte auf ihn zu, um ihm das Handy abzunehmen.
„Gib mir das Handy!“
Noch rannte er von ihr weg und lachte fröhlich.
„Ich hatte eigentlich nicht vor gehabt das direkt hochzuladen, aber wenn du so ankommst…“
Und dann fing er an zu tippen. Skye blieb stehen, was ihn nun mehr überraschte, als wenn sie ihn angesprungen hätte.
„Du bluffst.“
„Was?“
„Du bluffst. Du kannst es schlecht auf deinen Social Media Accounts hochladen“, erklärte Skye und war etwas stolz auf sich.
„Ja, deswegen habe ich es Big Hit geschickt.“
„Was?!“ Damit hatte sie nicht gerechnet.
„Sie haben ja schon ein Video von dir hochgeladen.“
Na sie verstand schon wieso er es an Big Hit geschickt hatte, sie hätte ihn nur nicht für so gerissen gehalten.
Schließlich ergab sich die Amerikanerin ihrem Schicksal. Was sollte sie auch sonst machen?
„Was machst du da?“ Baekhyun schaute ihr über die Schulter. Sie hatte alles möglich an Kameraequipment vor sich ausgebreitet.
„Ich wollte auf den Namhansanseong – willst du mit?“ Ein Idol würde sie schon durchschmuggeln, ohne eine Massenpanik hervorzurufen. Wahrscheinlich. Hoffentlich … Skeptisch schaute er sie an.
„Du gehst wandern?“
„Nein, da oben gibt es einen Parkplatz. Von dort aus ist es nicht mehr weit.“
Noch war er nicht ganz überzeugt, doch als sie dann anfing Pudding und Getränke einzupacken, wurde er wieder zutraulich.
„Hast du Insektenspray dabei?“
„Ja.“
„Hm…“
„Na komm schon, so wie du hier rumlungerst musst du auch nicht ins Studio.“
Man sah ihm völlig an, dass er mit Freizeit gar nicht umzugehen wusste.
„Na gut, dir zu Liebe.“
So drehte er den Spieß wieder um, dass er Skye eigentlich einen Gefallen tat. Sie ließ es so im Raum stehen, sollte er denken, was er wollte.
Und so wartete sie, dass er sich umgezogen hatte. Sie selbst hatte eine Hotpans an und ein tunikaartiges, weißes Shirt, mit bunten Stickereien. Die Tunika war recht groß, so dass sie sie vorne in die Jeans steckte.
Bae hingegen hatte eine lange Jeans an, einen langen schwarzen Pullover, einen Schlapphut und einen Mundschutz.
„Es wird dir zu warm sein.“
„Genieß deine Freiheit solange du sie noch hast!“
„Mit einem Shirt würden sie dich auch nicht erkennen“, wand Skye ein, was dazu führte, dass er wieder nach oben stapfte und sich umzog – in ein schwarzes Shirt. Wow. Grinsend ging sie los.
„Was?“, fragte er.
„Nichts“, erwiderte sie und stieg ein.
„Was?!“
Der Namhansanseong war einer der Berge, die Skye niemals vergessen würde. Während ihres Studiums sagte eine Freundin, dass sie auf den Berg wollte. Skye hatte gefragt, ob er nicht ziemlich hoch wäre, doch ihre Freundin sagte, dass es einen Bus gäbe, der oben anhalten würde. Einen Tag bevor sie auf den Berg wollten, sagte ihre Freundin ihr ab, weil sie noch etwas für die Schule zu machen hatte. Skye war niemand, der nicht auch alleine losziehen konnte und so hatte sie im Internet geschaut, wie sie zum Namhansanseong kommen würde. Die U-Bahn nahm sie bis an die Grenze von Seoul und dort stieg sie in den Bus ein. Kennt einer den Night Bus aus Harry Potter? Exakt so war die Fahrt gewesen! Die Straße hatte keine Schlaglöcher, aber der Bus holperte und rüttelte als würden sie auf einem Acker fahren. Neben Skye waren noch zwei weitere Ausländer im Bus gewesen und angsterfüllt schauten die drei sich an. Skye war noch nie ein Fan von Bussen gewesen, in diesem Moment wusste sie wieso. Sie hatte keine Ahnung an welcher Haltestelle sie rausmusste, doch sie waren schon recht lange unterwegs gewesen, als sie an einem Platz ankamen, der einen hübschen Vorhof hatte auf dem ‚Namhansanseong‘ stand. Nur waren sie irgendwie unten und nicht oben. Die anderen Ausländer schauten fragend zu Skye, doch sie wusste es ja auch nicht besser, sie wollte nur aus dem Bus raus! Also stiegen sie zu dritt aus.
Nach einem kurzen Fußweg erreichten sie den Berg und schauten nach oben. So hatte Skye sich das nicht vorgestellt. Und so begann der Aufstieg. Es war heiß und schwül und sie wurde im frühen Sonnenuntergang unter dem Schatten der Bäume praktisch von Moskitos bei lebendigem Leib aufgefressen. Dafür gab es auf dem Weg nach oben kleine Tempel, die man sich anschauen konnte. Schließlich kam sie oben an, total verschwitzt und verstochen und fand sich der alten Stadtmauer gegenüber. Doch dann klang ein Geräusch in ihre Ohren, was hier oben eigentlich nichts zu tun hatte. Waren das Autos? Sie lief zu dem Tor und fand einen Parkplatz, einen Supermarkt und auch eine Bushaltestelle. Skye hatte auf niemand anderen kotzig sein können außer auf sich selbst. Zuerst war sie eine rauchen gegangen, denn der Berg, als Park, war rauchfrei, der Parkplatz und die Straße gehörten jedoch nicht zum Park. All die Mühe umsonst! Wäre sie nur blöde fünf Minuten länger hocken geblieben! Nein, sie musste den Berg ja erklimmen und sich zerstechen lassen.
Danach folgten 2-3 gute Stunden. Sie erkundete etwas den Berg, fand einen Eisverkäufer und ein schönes Plätzchen zum Fotografieren. Irgendwann kam ein anderer Fotograf und stellte sich nicht weit weg von Skye auf. Wie das so mit Fotografen war, kamen sie irgendwann ins Gespräch. Vor allem als er merkte, dass Skye halbwegs Koreanisch beherrschte. Es war ihr erstes Semester gewesen und teilweise hakte es damals noch. Irgendwann war es dann zu dunkel geworden. In der blauen Stunde zu fotografieren war schön, aber wenn der Himmel dann nur noch schwarz war, waren die Bilder auch nicht mehr hübsch. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Parkplatz. Der Mann war vielleicht Mitte 40 und fragte Skye, wie sie nach Hause kommen würde. Sie sagte, sie würde den Bus nehmen, doch er bot an sie mitzunehmen. Wenn man in Amerika oder in Europa aufgewachsen war, war es normal nicht zu Fremden ins Auto zu steigen. Man hatte das einfach so drin. Egal ob man wusste, dass die Koreaner eigentlich ein sehr freundliches und hilfsbereites Völkchen waren. Skye lehnte also ab und setzte sich an die Bushaltestelle. Laut Plan sollte der Bus in 10 Minuten kommen. Doch er kam nicht. Und kam nicht. Nach gut 20 Minuten kam der Mann vom Parkplatz gefahren und es war schon wieder so suspekt, weil was hatte er denn so lange auf dem Parkplatz gemacht? Hatte er ihr aufgelauert? Wieder fragte er, ob er sie mitnehmen sollte. Skye fühlte sich nicht wohl, gab sich aber einen Ruck. Wer wusste schon wie lange sie hier warten müsste und schließlich hatte sie ihr Stativ dabei. Ihr kleiner Todschläger.
Tatsächlich fuhr er sie nur runter an die U-Bahn Station, die sie ihm gesagt hatte und wünschte ihr einen schönen Abend. Skye stieg aus und fühlte sich so doof. Aber hey, hätte auch ein Serienmörder sein können!
Skye und Baekhyun fuhren auf den besagten Parkplatz. Es war kurz nach Sonnenuntergang. Noch war es für Skye zu hell, also konnten sie sich entspannen.
„Willst du ein Eis?“
„Bin ich 5?“
„Oh…kay…“ Skye stieg aus und nahm sich schon ihre Ausrüstung. Gerade war sie auf dem Weg zum Supermarkt, als sie Bae hörte.
„Doch! Ich will doch!“, rief er ihr nach.
„Bist du 5 oder was?!“
Er konnte ihr nicht die Zunge rausstrecken, weil er ja einen Mundschutz aufhatte. Spätesten als sie mit dem Eis zurückkam, musste er den Mundschutz abnehmen. Keiner achtete auf sie, da die Dämmerung eingesetzt hatte, verließen die Leute eher den Berg, als dass sie weiter hinaufgingen. Bae sprühte sich, nach dem Eis, mit so viel Insektenschutz ein, dass Skye nichts anderes tun musste als in seiner Nähe zu bleiben. Sie merkte ihm an, wie er ungeduldig wurde. Er wollte nicht wandern, doch dann bogen sie um eine Ecke und ein atemberaubender Ausblick über Seoul zeigte sich.
„Wow….“
„Ich habe doch gesagt, dass es schön ist“, erwähnte Skye am Rande.