Sie aßen, bis sie praktisch platzten. Dazu tranken sie Bier, dann Wein und dann Soju. Nate und Jamal sollten ja schon wissen, wie es in Korea so ablief. Andererseits waren sie gefühlt mehr betrunken als nüchtern. Irgendwann würden sie sich vielleicht gar nicht mehr nach Korea trauen.
Skye wachte am nächsten Morgen mit drei Katzen und einem Eichhörnchen im Bett auf. Sie hatte es nicht über sich gebracht Snickers alleine zu lassen und so hatte sie ihn im Körbchen mit zu sich genommen. Ein Katzenklo hatte sie eh im Bad stehen. Sie vertraute hier auf die Intelligenz von Eichhörnchen und hoffte, dass Snickers nicht ins Bett machte. Als sie dann aufwachte lag Snickers zwischen Kinn und Schulter, Apollon lag über ihrem Kopf und spielte Turban, Artemis lag in Snickers Körbchen und Pan lag in ihren Kniekehlen. Super. Wenn sie morgens mit irgendwelchen Schmerzen aufwachen würde, müsste sie auch nicht lange überlegen, woher sie kamen.
Kaum bemerkten die Kätzchen, dass ihr Frauchen wach war, schon fingen sie an nach Futter zu maunzen.
„Ich bin so ein Opfer“, murmelte sie auf dem Weg in die Küche. Snickers trug sie, doch die Kätzchen kamen mit den Stufen schon gut zurecht. Für das Eichhörnchen machte sie eine Flasche, während die Katzen sich über das Futter hermachten. Nur Artemis musste man etwas im Auge haben. Essen war wohl nicht so wichtig, sie machte dann auch mal Pause, schaute durch die Gegend und dachte über’s Leben nach. Da musste Skye immer schauen, dass Pan sich nicht auf den Rest stürzte.
„Guten Morgen.“
Jiyong lehnte noch verschlafen gegen den Türrahmen. Er hatte so viel getrunken, dass Skye ihm ein Zimmer gegeben hatte. Sie könnte bald eine Pension aufmachen.
„Hey, fit?“
„Geht so, sag mal, hast du eigentlich schon mit deinen IDOLLs gesprochen?“
„So … halb. Ich wollte ihnen erst mal einen Vertrag vorlegen können, bevor sie entscheiden müssen bei welchem Entertainment sie ihre Zukunft verbringen sollen.“
Skye war klar, dass nicht alle wechseln würden. Bei SM Town unter Vertrag zu sein war schon eine große Sache und sie würde es ihnen nicht übelnehmen, wenn sie nicht zu G-Next kommen würden, auch wenn sie London, Kendra und Blake auf jeden Fall wollte. Sie waren tolle Künstlerinnen. Die anderen waren auch gut, doch an die drei hatte Skye sich in den vergangenen Wochen am meisten gewöhnt.
„Wie sieht es mit Blackpink, Ikon und Winner aus?“, fragte sie zurück. Ji rieb sich den Nacken und verzog das Gesicht.
„Sie wollen nicht? Keiner?“
Sie hatte nicht gedacht, dass alle G-Next in Erwägung ziehen würden, aber doch zumindest eine Band.
„Sie fühlen sich YG gegenüber verpflichtet, vor allem jetzt in den harten Zeiten.“
Was, wenn sie am Ende niemanden hatten? Big Bang musste sich erst einmal wieder ein Image aufbauen, nach all den Skandalen und Nachrichten. Und bis Skye, mit welcher Band auch immer, debütieren könnte, würden noch Monate vergehen.
„Hey, wir schaffen das, noch ist nichts entschieden“, beteuerte er. „Erstmal muss diese Firma stehen.“
Wahrscheinlich war Skye nur zu ungeduldig. Es gab noch Tausend Dinge, um die sie sich kümmern mussten.
„Was hältst du davon, wenn du deine Girls einlädst? Am Freitag?“
Skye nickte grübelnd. Sie schrieb zwar viel mit Blake und London, doch zusammen essen und kochen wäre schon mal wieder schön.
„Wie kommst du auf Freitag?“, fragte die Amerikanerin verwundert.
„Am Donnerstag ist deine Gerichtsverhandlung. Ich bezweifle, dass du danach wirklich Lust auf Gesellschaft hast.“
Er schaffte es immer wieder sie zu überraschen. Jiyong war wie Mia, er hatte alles möglich in seinem Kopf und zog die richtigen Fäden, wenn man gar nicht damit rechnete.
Skye fuhr Nate und Jamal an den Flughafen und drückte sie fest an sich.
„Thanks for being here.“
„You’re welcome but I better start with ‚Basic Korean‘ before I’ll come back“, scherzte Jamal.
Recht schnell war sie wieder auf dem Weg zurück nach Seoul. Diesmal würde sie Bewerbungen lesen! Gestern war es okay und sie hatte während der Gespräche über die Unterlagen geschaut und war auf einzelne Punkte eingegangen. Sie konnte gut bluffen.
Und dann rief Mia an.
„Hey Mia“, ging Skye ans Telefon.
„Hey, hast du einen Bikini dabei?“
Das war keine Frage, mit der Skye gerechnet hatte.
„Ehm … ja …“
Skye hatte ganz wenig Regeln, doch eine besagte: Sei auf alles vorbereitet. Zu ihrer Jugend waren sie oft nachts ans Meer gefahren und seither gab es eine Grundausstattung, die sie immer im Auto hatte: Handtuch, Bikini, Wechselklamotten, eine Bürste, Wechselschuhe warm, Wechselschuhe halbwarm – also Flipflops und Sneaker.
„Okay, dann komm in die Fabrik.“
Mia wartete gar nicht auf Skyes Antwort und legte auf. Was würde sie in der Fabrik mit einem Bikini machen? Und eigentlich musste sie auch noch sechs Bewerbungen lesen, bevor der erste Bewerber um 17 Uhr kam. Jetzt war es 9 Uhr. Noch acht Stunden, das war unheimlich viel Zeit … Skye kam sich vor wie in der High School, wenn man eigentlich lernen musste und man suchte nur nach etwas anderem, was irgendwie wichtiger war. Und eigentlich lag die Fabrik ja auch auf ihrem Heimweg. Eigentlich.
Sie parkte in der Bathöhle und ging nach oben. Stutzend blieb Skye stehen und versuchte zu begreifen, was sie da sah. Es war ein Aquapark aufgebaut, mit Becken und Rutschen aus aufblasbaren Elementen und waren da auch Schaumkanonen? Der Innenhof war mit einer blauen Folie ausgelegt worden, wahrscheinlich um die aufblasbaren Teile zu schützen. Was sie nur nicht verstand war: Wieso?
„Skye!“ Mia winkte ihr von einem der Becken aus zu. Die Wände waren ungefähr 1,5 Meter hoch, doch es waren in dem Sinne ja keine stabilen Wände.
„Will ich wissen, was wir hier tun?“, fragte sie die Deutsche, als sie zu ihr lief.
„Wir machen eine Probe für Chens Geburtstag.“
„Chens Geburtstag ist am Samstag. Heute ist Dienstag.“
„Ich habe auch etwas zu tun, deswegen machen wir das heute. Er hat sich eine Schaumparty gewünscht. Also schmeiß dich in deine Badesachen und komm rein.“
Skye drehte sich um, da sah sie Jongin, Chanyeol, Sehun, Suho, Donghae, Leeteuk und Eunhyuk aus dem Gebäude kommen, in Badeshorts.
„Okay“, gab sie sich Mias Befehl hin. Hey, sie war auch nur eine Frau.
„Hey Skye“, sagten die Männer nacheinander, als Skye an ihnen vorbei ging. Wenn sie unters ich waren, machten sie auch nicht ein Quatsch wie ein T-Shirt anziehen und sie musste zugeben, dass es ein bißchen was von einem Porno hatte. Es war eine gute Entscheidung gewesen her zu fahren, anstatt nach Hause zu den Bewerbungsunterlagen.
Skye ging in eine der Besenkammern auf dem Flur, um sich umzuziehen. Als sie die Tür wieder öffnete, lief sie geradewegs Siwon in die Arme, der ebenfalls nur eine Badeshorts an hatte. Nackte Haut stieß auf nackte Haut und als Skye drohte zu fallen, doch seine Arme waren sicherlich schneller als sein Gehirn gewesen, als er sie auffing. Er hielt sie einen Moment länger als nötig und schaute sie erschrocken an.
„Ist alles okay?“
„Ja, danke.“
Es gehörte verboten, dass er halbnackt durch die Gegend lief. Sie rappelte sich auf und schaute sich unsicher um.
„Wo ist Cara?“, erkundigte sie sich höflich. Eigentlich war sie froh, dass Siwons Super-Freundin nicht da war. Skye hatte zwar keine Probleme mit ihrem Selbstbewusstsein, doch Cara war schon … wow.
„Arbeiten. Wo ist Taehyung?“
„Neuseeland“, erwiderte sie locker. „Noch leben sie wohl.“
Siwon fing an zu grinsen und gemeinsam gingen sie raus.
„Oh wow, siehst du das?“ Eunhyuk schaute über den Rand des einen Beckens, umgeben von Schaum. Donghae war direkt neben ihn.
„Sie reden miteinander, das ist ein Fortschritt.“
Keiner wurde so richtig aus Siwon und Skye schlau. Selbst Heechul und Kyuhyun hatten aufgegeben die beiden zu analysieren. Erst flirteten sie, dann wieder nicht, dann verprügelte Siwon Jongin für Skye, dann wollte er nicht mehr mit ihr zu tun haben, nun hatte er Cara und die beiden schienen wie das perfekte Paar, als hätte man sie füreinander gebacken und doch konnte Siwon immer noch nicht richtig mit Skye umgehen.
„Schau dir seine Körpersprache an, er fährt noch total auf sie ab“, bemerkte Eunhyuk.
„Bist du sicher, dass sie nie miteinander geschlafen haben?“, fragte Donghae schmunzelnd.
Hinter ihnen räusperte sich Jongin, der mit verschränkten Armen dastand. Eunhae drehten sich um und fingen verlegen an zu lächeln.
„Ah, du auch hier!“
Nach 10 Minuten hatte Skye verstanden, wieso BTS zu ‚Anpanman‘ auch solche Hüpfburgen mitten auf der Bühne aufbliesen ließen: Es macht super Spaß! Mia hatte die Musik noch aufgedreht und alle tanzten fröhlich – und das am frühen Morgen! Es würde eine super Party werden.
Honey gesellte sich auch zu ihnen, was Skye nur gelegen kam.
„Hey, wie geht es dir?“, kam sie auf die junge Frau zu.
„Super soweit und bei dir?“
Honey kletterte über die Brüstung und tastete vorsichtig, wo das Wasser anfing und ließ sich dann hinein gleiten.
„Immer was los hier“, bemerkte die Koreanerin und schaute sich um. Ja, das vermisste Skye etwas. Langweilig wurde es nie. Wobei man nun auch nicht sagen konnte, dass es bei ihr im Haus sonderlich langweilig war.
„Du Honey, ich wollte dich mal etwas fragen.“
Die Koreanerin wand sich zu Skye und schaute sie fragend an.
„Du hast bestimmt mitbekommen, dass Jiyong und ich ein Label aufziehen.“
Als Antwort erhielt sie ein Nicken.
„Ich möchte eine Band gründen, wahrscheinlich mit einigen von den SM Town Trainees.“
„Oh wow, ihr sagt der Industrie wirklich den Kampf an.“
„Na ja, Trainees wechseln ständig. Jedenfalls wollte ich dich fragen, ob du generell noch Interesse an einer Karriere als Idol hast und ob du nicht vorsingen möchtest.“
Honey schien nach den richtigen Worten zu suchen.
„Wenn du nicht möchtest ist es okay, ich dachte nur ich frage dich, weil ich dich noch nie singen gehört habe.“
Sie musste aufhören den Leuten zu sagen, dass es okay war, wenn sie nicht zu G-Next wollten. Sie musste ihr Label loben, es als exklusive Chance verkaufen bei ihnen vorsingen zu dürfen. Wieso hatte Skye nicht mehr Selbstvertrauen in die Geschichte? Ihre Geschäftsideen zahlen sich in der Regel aus, was man an ihrem Kontostand sehen konnte. Auch Bang Shi Hyuk hätte nicht in G-Next investiert, wenn er es für eine Schnapsidee gehalten hätte.
Skye strafte ihre Schultern.
„Vergesse es, es ist nicht okay. Du hast eine einmalige Chance dich einem zukunftsorientierten Label anzuschließen, dass von hochprofessionellen Leuten geleitet wird. Komm Morgen zu mir und sing vor, ich werde dich nicht noch einmal einladen.“
Nach dieser Ansprache stapfte sie, etwas unelegant, davon. Honey schaute ihr sprachlos nach, doch dann fing sie an zu grinsen.
Es war viel, viel, viel zu spät, als Skye nach Hause kam. Es war fast 15 Uhr und um 18 Uhr würde der erste Bewerber da sein, was bedeutete, dass die anderen in ungefähr zwei Stunden kamen und sie musste nach der Schaum-Party auf jeden Fall duschen, sich umziehen, fertig machen und nebenbei sechs Bewerbungen lesen. Skye war durchaus bewusst, dass ihr Zeitmanagement im Moment Lücken aufwies.
Sie stürmte die Haustür rein und wollte nur nach den Katzen und Snickers sehen, als sie Jiyong im Kaminzimmer saß. Die Amerikanerin stockte, vorbei schleichen war ohnehin sinnlos.
„Was tust du hier?“
„Mit dir die Bewerbungen durchgehen“, sagte er gelassen und stand auf. „Wo bist du so lange gewesen?“
„Es war Mias Schuld!“ Wenn Mia nicht angerufen hätte, wäre sie vor fünf Stunden wieder hier gewesen. Jiyong setzte einen Blick auf, der sagte ‚Don’t bullshit me‘.
Es endete damit, dass Skye zwar duschen ging, doch Jiyong saß vor der Tür und las ihr die Bewerbungen vor. Sie überlegte, wie Jongin reagiert hätte, wenn er die beiden so gefunden hätte und wahrscheinlich wäre er vollkommen ausgetickt. Wenn sie daran dachte, wie Taehyung auf diese Situation reagieren würde, so stellte sie sich vor, dass er wahrscheinlich gar nichts dazu sagen würde. Weil er ihr vertraute. Oder nicht? Sie musste es wissen. Skye schaute auf die Uhr, theoretisch sollte er wach sein, also startete sie einen Videoanruf, wobei sie darauf achtete, dass er sie nur bis zu den Schultern sah.
Es dauerte nur einen kleinen Moment, da ging er ans Telefon und grinste fröhlich in die Kamera, doch dann fiel ihm alles aus dem Gesicht.
„Bist du in der Dusche?!“
„Jup.“
Seine Augen wurden groß.
„Ehm … ich kann dich gar nicht richtig sehen, ich sehe nur deinen Haaransatz. Kannst du die Kamera etwas runter stellen?“
Skye schaute genervt in die Kamera. Sie sah ja ihr eigene Aufnahme und ließ sich nicht von ihm als blöd verkaufen.
„Oh, jetzt ist es viel besser“, sagte er sogleich und grinste in die Kamera. An ihrer Kameraeinstellung hatte sich nichts getan.
„Taehyung ich muss dich etwas fragen und ich will, dass du mir eine ernsthafte Antwort gibst, eine ehrliche, nicht die mit Filter, sondern deine wirkliche Meinung.“
Nun schaute er verwundert, so ernst kannte er sie kaum.
„Oh-kay“, sagte er leicht verunsichert.
„Also, ich bin alleine Zuhause, unter der Dusche und Jiyong sitzt vor der Badezimmertür und ließt mir Bewerbungen vor. Was hältst du davon?“
„Warte, du hast gesagt du bist alleine Zuhause, aber wenn Jiyong bei dir ist, dann bist du gar nicht alleine.“
Taehyung dachte es ist eine Art Trick und sie versuchte nur zu testen, ob er ihr wirklich zuhörte. Vor der Tür hingegen fing Jiyong fröhlich an zu lachen.
„Okay, ich bin mit Jiyong Zuhause, wir haben nicht mehr viel Zeit, weil die Bewerber kommen, ich habe noch keine Bewerbung gelesen, aber ich muss duschen. Also sitzt Jiyong vor der Badezimmertür und liest mir die Bewerbungen vor. Was hältst du davon?“
„Wovon genau? Wieso hast du noch keine Bewerbung gelesen? Normalerweise bist du mit solchen Sachen ordentlicher“, stellte er fest und schmunzelte in die Kamera.
„Meine Rede!“, rief Jiyong.
„Weil Mia eine Probe für Chens Schaum-Geburtstagsparty gemacht hat und das hat meinen Zeitplan durcheinander geworfen“, erklärte sie ihm. Nicht dass, das auch nur irgendetwas mit ihrer Fragestellung zu tun hatte.
„Eine Schaumparty?!“ Enttäuschung stand in seinem Gesicht, doch dann hellte es sich auf.
„Warte, am Samstag?! Wir sind am Samstag wieder da!“
„Am Freitag“, sagte Skye nur um ihn zu ärgern und sein Gesicht fiel wieder zusammen. Gut, dass konnte sie doch nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.
„Spaß, am Samstag ist die Party.“
„Lala!“
„Kannst du dich mal konzentrieren? Ich: Dusche. Jiyong: vor Tür. Du: Reaktion?“
Taehyung starrte in die Kamera, als würde er sich jetzt wirklich konzentrieren.
„Hm, also eigentlich ist es sehr nett von Jiyong, dass er dir dabei hilft. Immerhin sind die Bewerbungen wichtig, da geht es um die Abteilungsleiter, richtig? Und du kannst da ja nicht so unvorbereitet rein gehen. Ich hätte wahrscheinlich das Bedürfnis ihm etwas Süßes zu holen.“
Die Amerikanerin schaute regungslos in die Kamera und wartete darauf, dass er seine Aussage änderte, doch das tat er nicht.
„Behalt ihn, er ist zu gut um wahr zu sein“, rief Jiyong ihr zu. Tae fing breit an zu grinsen.
„Bekomme ich jetzt eine Belohnung?“ Er schaute nach unten, als könne er über den Rand der Kamera schauen.
„Am Samstag, auf der Schaumparty“, erwiderte sie, warf ihm eine Kusshand zu und beendete den Videoanruf.
Die Bewerbungsgespräche liefen super, doch wie am Tag zuvor wurde es recht spät, bis sie sich danach besprochen hatten. Draußen hatte es angefangen zu regnen. Regen in Korea setzte alles unter Wasser, doch es war gut für die Natur und es änderte nichts daran, dass es heiß war. Abkühlung brachte der Regen an sich wenig, doch das war Skye von Fiji gewohnt.
Auch Jiyong verabschiedete sich und Skye war alleine. Endlich alleine. Schließlich hatte sie sich kein Haus gekauft, um immer Leute hier zu haben. Selbst Bae war nicht da und würde heute wohl im Dorm schlafen, weil er morgen früh für ein paar Tage nach Taiwan fliegen würde. Es war ungewohnt für die Amerikanerin, dass sie den Terminplan von EXO nicht mehr im Kopf hatte.
Zuerst schaute sie nach Snickers und fütterte die Kätzchen. Sie fand es so interessant, wie jedes Tier einen eigenen Charakter hatte, wie bei Menschen. Artemis war ein richtiges Mädchen, etwas zickig, aber Snickers hatte sie total adoptiert. Apollon war der sanfte Riese und war total verschmust. Am liebsten lag er auf Skyes Brust oder auf ihrem Kopf. Pan hingegen hatte den Schalk schon im Auge und er ärgerte die anderen beiden auch ständig und er war ein Vielfraß.
Nachdem dann alle Tiere versorgt waren, hatte Skye die verrückte Idee sich selbst zu versorgen, als es an der Tür klingelte. Genervt schloss sie den Kühlschrank, wer kam denn um diese Uhrzeit, wenn es draußen in Strömen schüttete?
Die Frage beantwortete sich, als sie die Tür öffnete: Jongin. Er war total durchnässt.
„Wo kommst du denn her?!“
„Vom Olympia Park.“
„Bist du gelaufen?!“
Unsicher nickte er.
„Du hast gesagt, dass laufen befreit.“
„Ja, aber doch nicht im strömenden Regen!“
Sie zog ihn rein, dachte dann aber doch darüber nach und ließ ihn auf dem Teppich stehen. Schließlich hatte sie Holzdielen und er fing an zu tropfen.
„Bleib“, sagte sie und eilte nach oben. Als sie ihr Loft in der Fabrik geräumt hatte, hatte sie irgendwie einiges an Männerklamotten in ihrem Schrank gefunden, manches davon gehörte sogar zu Jongin. Sie nahm ein Shirt und eine Jogginghose und zwei Handtücher und eilte wieder zu ihm runter. Er stand auf dem gleichen Fleck, auf dem sie ihn abgestellt hatte.
Jongin fing an zu grinsen.
„Sind das meine Klamotten?“
„Kann sein …“, sagte sie unschuldig und legte ihm das kleinere Handtuch über dem Kopf, um ihn abzurubbeln.
„Was hast du dir nur gedacht …?“
Sie stand direkt vor ihm, die Klamotten hatte sie über die Schulter geworfen. Er roch nach Regen. Es war nicht so, dass sie ihn körperlich nicht anziehend fand, das tat sie und das würde sie wohl auch immer, doch es weckte keine tieferen Gefühle in ihr.
„An dich“, erwiderte er.
„Hm?“
„Ich habe an dich gedachte.“
Skye schaute zu ihm hoch, ihre Blicke trafen sich. Diesmal küsste er sie nicht, auch wenn sie das fast erwartet hätte.
„Jongin …“
Nichts würde sie sich mehr wünschen, als das er Glück finden würde. Nur nicht mit Jennie.
„Ich habe wirklich keine Chance gegen ihn, oder?“
Seufzend rubbelte sie ihm das Handtuch über die Haare.
„Zieh dich um, ich mache uns etwas zu essen.“
Sie hatte riesigen Hunger und ging schon mal in die Küche, schnibbelte Zwiebeln, Pilze und Paprika klein während sie die Nudeln aufsetzt – jetzt natürlich etwas mehr als vorher. Jongin kam in die Küche, als sie gerade die Soße machte, mit Schlagsahne und dem Gemüse.
„Das riecht gut“, sagte er und stellte sich direkt hinter sie, um Skye über die Schulter zu gucken. Sie konnte sein Grinsen gegen ihre Wange spüren.
„Keine Spielchen Comrade, du weißt körperlich hatten wir noch nie Probleme.“
„Was hat Taehyung dann, was ich nicht habe?“
„Vertrauen“, erwiderte sie und pfefferte der Soße ordentlich ein.
„Vertrauen?“ Verwundert ging er einen Schritt zurück, um sich neben sie zu stellen.
„Also, folgende Situation: Wir zwei sind zusammen. Du kommst nach Hause und findest Jiyong vor dem Badezimmer sitzen, bei einer offenen Tür, während ich drinnen dusche. Was tust du?“
Jongin nahm sich einen Moment, um zu überlegen, es gab einmal die Antwort, die sie gerne hören würde und einmal die Wahrheit.
„Ich würde wahrscheinlich an die Decke gehen.“
„Und wenn ich dir sagen würde, dass Jiyong da nur sitzt, weil er mit Bewerbungen vorliest?“
„Würde ich … immer noch an die Decke gehen“, gab er zu.
„Weißt du, was Taehyung gesagt hat?“
Langsam schüttelte er den Kopf.
„Er hat gesagt, dass es voll nett von Jiyong wäre mir dabei zu helfen, weil die Bewerbungsgespräche schon wichtig waren.“
Nun starrte er sie an.
„Nicht dein Ernst.“
„Mein voller“, erwiderte sie und rührte die Nudeln um. „Und darin liegt der Unterschied. Ich weiß nicht wie der Sex wird, wir haben noch nicht miteinander geschlafen, aber das zwischen uns stimmt einfach. Und du musst lernen zu vertrauen, nur so kannst du jemals wieder glücklich werden.“
Die Amerikanerin pustete auf eine Nudel auf dem Löffel und hielt sie ihm dann hin.
„Und, gut?“
„Noch 2 Minuten würde ich sagen“, erwiderte er und versuchte sich nicht den Gaumen zu verbrennen.
Als Baekhyun nach Hause kam fand er Skye und Jongin in der Küche sitzen, vor ihnen standen Teller und sie hatten eine Rotweinflasche aufgemacht. Sie lachten fröhlich.
„Störe ich?“, fragte er vorsichtig.
„Nein, Quatsch – hast du Hunger?“
Bae schnupperte in die Küche und als Antwort erhielt sie ein Knurren im Magen. Grinsend stand Skye auf und holte ihm einen Teller. Baekhyun nutzte den Moment, in dem sie nicht schaute und blickte fragend zu Jongin.
„Alles gut“, sagte er leise, was Bae auch nicht wirklich weiterbrachte.