Es war Mittwoch und ab 7 Uhr war Mia wach gewesen. Training würde erst in vier Stunden beginnen, also nutzte die Zeit um etwas am Strand spazieren zu gehen. Sie blickte raus auf den Pazifik. Irgendwo da hinten, ganz weit hinten, lag Korea. Morgen früh würde sie zurück fliegen, in ihre eigene, kleine Welt. Sie vermisste Donghae. Sie waren zwar schon länger voneinander getrennt gewesen, aber seit der Hochzeit hatte sich auch etwas in Mia verändert. Das war jetzt ihr Ehemann. Klingt komisch, ist aber so.
Bei dem einen Konzert hatte Donghae ihr noch gedroht dass er sie eines Tages zur Frau nehmen würde. Das ‚eines Tages‘ so schnell kam, damit hätte keiner rechnen können. Wo war das denn gewesen? Silly hatte sich den Knöchel verstaucht und Mia war eingesprungen. War es in Kuala Lumpur gewesen? Sie erinnerte sich noch an das Training mit Eunhyuk, wie unangenehm es ihm war dass sie ihm über den Hintern greifen musste. Bei der Erinnerung musste die Deutsche grinsen. So viel hatten sie schon zusammen erlebt.
Wisst ihr noch als sie wegen dem Sturm einen Tag in China fest saßen? Oder die Prügelei in Amsterdam bei der Sungmin und Kyuhyun halb zu Schaden gekommen waren? Das klärende Gespräch in der Flugzeugtoilette war auch interessant gewesen. Und sie hatte sich eine Louis Vuitton Handtasche kaufen können, weil sie Jihoon im Poker abgezockt hatte. Ha, ha, der Fisch (Pokerbezeichnung für Leute denen man leicht das Geld abnehmen konnte). Sie hatte sich mit halb SHINee in den Katakomben eines Einkaufszentrums eingesperrt und hatte Jonghyun im Riesenrad von Singapur geküsst. Was ein Arsch Jaejoong am Anfang war. Sie wusste noch wie sie zu diesem Interview im Coex waren und sie ihm einen nach dem anderen rein gedrückt hatte. Er hatte sich mit ihr bei Boa Party dann eingeschlossen und so getan als hätte er den Schlüssel weg geworfen. Ohne Zweifel hätte sie ihn getötet, wenn er das wirklich gemacht hätte. Auch die Winterspiele waren lustig gewesen und als sie in das Hanok gezogen war, weil Super Junior sie verwettet hatten. Noch immer sah sie Jaejoongs Gesichtsausdruck als er sie gefunden hatte … ‚Hanok … wirklich?‘.
Und ihre ganzen Verletzungen! Angefangen hatte es mit der Eunhyuk-Rettungsaktion, als sie in die Glasscherben gefallen war und dazu noch von den Leuten fast tot getrampelt wurde. Noch heute war es schwer zu glauben wie todesmutig sie sich in die wütende Masse gestürzt hatte. Dann war sie beim Blutspenden umgekippt, in Japan war ein Schrank auf sie gefallen. Was war noch? Sie grübelte darüber, aber irgendwie hatte sie ständig etwas. Und es war erst Juli! Wer konnte schon wissen was noch alles geschah. Mia wusste zumindest das sie drei Kreuze machen würde, wenn sie das erste Jahr überlebte. Und sie würde sich ein T-Shirt drucken mit der Aufschrift ‚I survived Super Junior 1 entire year!‘, ja, dass würde lustig werden.
Die ganzen Jungs nicht zu vergessen, erst Kyuhyun … nein, eigentlich erst Yunho. Oh man, wie doof sie gewesen ist. Schleppt sie Hauptsache mal jemanden von Dong Bang Shin Ki ab. Und Jihoon. Viele Sachen waren schief gelaufen, aber sie hatten viele, viele schöne Momente zusammen erlebt. Wenn Mias Herz damals nicht schon Donghae gehört hätte, wer weiß wie es gelaufen wäre.
Aber Donghae… Automatisch fing sie an zu lächeln. Ihr Herz war von ihm erfüllt. Wie ein Ballon den man langsam aufgeblasen hatte. Sie hatte so viel Liebe für ihn. Und wie sich sich am Anfang gewehrt hatte! Damals in dem Club, am zweiten oder dritten Tag. Schon damals hatte er mit ihr geflirtet und wenn die anderen an dem Abend nicht so früh nach Hause gekommen wären, vielleicht hätte sich die Kühlschranksituation anders entwickelt. Okay, sie hatten sich auch oft in den Haaren. Mia tat es fast schon leid ihn damals in den Fluß geschubst zu haben, nur weil er sich darüber lustig gemacht hatte, dass Jihoon sie doch nicht heiraten würde. Das Gesicht von den anderen hätte sie aber gerne gesehen. Und als es darum ging ihr einen offiziellen Freund zu verpassen, hatte er sich eingesetzt es zu werden, egal was die anderen sagten, egal was die Fans sagten. Er war bereit gewesen alles für sie aufzugeben.
In diesem Moment klingelte ihr Handy. In Seoul war es mitten in der Nacht, wieso rief Kim sie an?
„Hallo?“
„Ah, hallo Mia, wie geht es dir, wie läuft das Training?“
„Super, das Training macht viel Spaß und wir kommen gut voran.“
„Sehr gut. Die Band zahlt auch sehr viel dich als Trainer zu haben, blamiere uns nicht!“
Irgendwie kam sie sich vor wie eine Prostituierte.
„Nein Kim. Übrigens, ich hab eine Assistentin?“
„Ja, entschuldige, ich wollte dir das alles erklären wenn du wieder da bist, aber es konnte ja auch keiner damit rechnen das Jaejoong bei dir einbricht.“
Mia fing an zu lachen.
„Kaylee soll dich unterstützen, du kannst ihr die Aufgaben zuteilen, die du nicht machen musst, Botengänge, Essen bestellen und so weiter. Der Monat mit Dong Bang Shin Ki wird sicher anstrengend und dann steht noch die Nike Sportwoche an, das Tanztaining mit 2PM und ich habe eine Modelauftrag für dich und Joon bekommen.“
„Für mich und Joon?!“
„Ja, es ist eine neue Pflegekette, Tony Moly. Es gibt sie noch nicht lange und sie haben nach dir gefragt.“
Mia musste ein Quietschen unterdrücken. Tony Moly war toll, nur ob sie Zusammenarbeit mit Joon so klappen würde war fragwürdig.
„Oh und ich hab deine Visumunterlagen bekomme – du hast eine uneingeschränkte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung bekommen. Wie hast du das angestellt? Sag nicht du hast Jihoon doch geheiratet.“
„Nein!“, entrüstete sie sich.
„Ich kenne ein paar Leute dort…“
„Diese Leute solltest du auf jeden Fall zum Essen einladen, das sind großartige Neuigkeiten.“
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Mia war inzwischen wieder bei ihrem Haus angekommen und sagte Kim dass sie nun zum Training musste.
Heute hatte sie zuerst Training für 2PM und dann mit NKOTBSB. Die neun Männer hatten sich praktisch selbst zum BBQ am Abend eingeladen, praktisch als Abschiedsparty, doch bevor es los ging, wollte Mia mit Rino und Maryss noch mal in eine Mall. Wenn sie schon in Amerika war, wollte sie das auch etwas ausnutzen.
Um 18 Uhr machten sie heute Schluss. Die Arbeitszeiten hier in L.A. waren wirklich zum Aushalten und trotzdem kamen sie ziemlich weit. NKOTBSB hatten die Tänze schon verinnerlicht, sie hatte die 2PM Tänze verinnerlicht, alles war gut. Da konnte man auch mal shoppen gehen.
Sie gönnten sich nur zwei Stunden und Mia war vollgepackt mit Taschen. Die Hälfte davon war für Donghae. Sie hatte so viele coole Polos und Pullis gesehen, Westen und Hosen. Sie kannte die Größen von allen Welpen, deswegen war es nicht schwer die richtige Größe zu finden und es war ihr egal, dass Maryss und Rino sie ‚Wifey‘ nannten, nur weil sie für ihren ‚Freund‘ Klamotten kaufte. Sie kaufte ständig für die Welpen Klamotten.
„You two are amazing, I wish I could find a boyfriend so loveling and caring.“
„I’ve got a great husband“, meinte Rino und Maryss schubste sie leicht.
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Zuhause angekommen fing ihr Handy erst mal an wie irre zu klingeln – es hatte wieder Internet und musste über alles informieren, was geschehen war. Mitunter hatte Donghae ihr eine Email geschickt mit vielen Schnappschüssen vom Videodreh und kurzen Videos.
‚Hallo Schatzi, damit du denkst du bist dabei‘, war der Text der Email und Mia ging an den Laptop um sich die Sachen auf dem großen Bildschirm an zu gucken. Zumindest schienen sie Spaß zu haben und sie hatten nicht die Klamotten aus dem Fotoshooting an – sehr gut.
Dann machte sie eine Email auf deren Inhalt die Deutsche verwirrte, doch sie hatte eine Idee, wer ihr vielleicht eine Antwort geben könnte.
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„Hallo Mia!“, sagte Leeteuk fröhlich.
„Hallo Oppa, wie geht es dir?“
„Sehr gut und bei dir? Alles in Ordnung?“
„Yeah … well .. there is a thing you could might help me with …“
„Klar, schieß los.“
„See … I had a message from Lily, telling me that she need time to clear her head and I shouldn’t worry if I wouldn’t hear from her anytime soon … you have no idea why she would write something like that – wouldn’t you?“
„Ehm …“
„Was ehm? Was ist passiert?! Wir sind erst vor ein paar Tagen aus dem Urlaub gekommen! Was hast du gemacht?!“
„Es ist nett dass du voraussetzt das ich etwas getan habe …“
Teukie klang ein wenig eingeschnappt.
„Sind es nicht immer die Jungs die es versauen?“
„Nicht zwangsläufig.“
„Also hat sie es versaut?“
„Nein.“
„Also hast du es versaut?“
„Irgendwie schon…“
Wenn Mia jetzt vor ihm gestanden hätte, hätte er eine auf den Hinterkopf bekommen.
„Also habe ich Recht?“
„Ja, aber darum geht es nicht. Du bist ja gleich davon ausgegangen dass ich es war.“
„Und ich hatte Recht damit! Aish … Was ist denn passiert?“
Könnte der nicht einfach mal aufhören um den heißen Brei herum zu reden und sinnlose Diskussionen zu führen?
„Ich mag Lily, ich weiß im Moment nur nicht wo es hin führen soll. Ich habe kaum Zeit, sie hat kaum Zeit und wir leben auf zwei verschiedenen Kontinenten. Eine normale Beziehung kann das doch nicht werden. Ich war schon mit Sängerinnen zusammen und sie sind auch viel gereist und trotzdem wusste ich dass wir uns immer mal sehen konnten und sei es nur für ein paar Stunden. Sie kann ich vielleicht zwei oder drei Mal im Jahr sehen und selbst wenn ich nach Deutschland fliege, könnten wir uns dort nicht frei bewegen. Es würde auffallen alleine in einem Land aufzutauchen, die Fans würden mir folgen und das Risiko entdeckt zu werden wäre noch größer. Es würde aber auch auffallen, wenn sie immer hier wäre und wenn sie schon hier ist will ich sie auch nicht immer zurück lassen. Du kennst unseren Terminplan, ich kann ja schlecht nachts um 3 Uhr bei ihr im Hotel anklopfen. Mein Leben ist doch jetzt schon kompliziert genug, ich kann das ihr nicht zumuten. Ich kann auch nicht verlangen dass sie her zieht. Sicher, ich könnte ihr schon irgendwo einen Job besorgen, aber dann? Was wenn es nicht klappt? Dann hat sie alles aufgegeben, nur wegen mir. Und ihre Mutter braucht sie, ich kann sie von Zuhause nicht wegreißen genau so wenig wie ich gehen könnte, wenn sie von mir verlangen würde nach Deutschland zu gehen. Ach, es ist alles so kompliziert … Jedenfalls habe ich ihr gesagt dass sie sich nicht so in diese Sache rein steigern soll, um sie zu schützen. Ich weiß es tut ihr weh, aber nicht so weh wie es tun würde, wenn das noch weiter gegangen wäre…“
Mia seufzte, sie hatte geahnt dass es kompliziert werden würde. Immerhin lebte sie in Seoul. Donghae und sie hatten zwar nur ein bescheidenes Maß an Privatsphäre, aber wenn sie wollten konnten sie sich zurückziehen.
„Das musste jetzt mal raus, hm?“
„Ja“, gab der Bandleader zu.
„Okay, ich werde mich da raus halten, das ist etwas zwischen dir und Lily.“
Sie würde Lilys Entscheidung respektieren, wenn sie Zeit brauchte um sich Gedanken um die ganze Situation zu machen, dann sollte sie die Zeit nehmen die sie brauchte. Anders herum würde sie auch wollen dass ihre Freundin Verständnis zeigt, wenn sie ihre Ruhe bräuchte.
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Seufzend klappte sie den Laptop zu, es ging hier um zwei erwachsene Menschen, sie würden schon klar kommen.
„Miaaaaaaaaaaaaa!“, hörte sie Rino rufen und machte sich auf den Weg nach unten. Heute waren es nur Maryss, Mia, Rino und die neun Jungs … ehm, Männer. Während Mia als Teenie wirklich noch für sie geschwärmt hatte, hatte sie das Gefühl, dass sie sich den Titel ‚Oppa‘ wirklich verdient hatten. Selbst wenn sie jetzt nicht Donghae hätte, würde sie sich nicht zu einem von ihnen angezogen fühlen. Sie waren erwachsene Männer, die meisten hatten Familie, Kinder, Ehefrauen – manche auch schon Ex-Ehefrauen.
Heute hatten sie Essen bestellt, Fingerfood, Pizza, Burger, alles Mögliche und jeder aß durcheinander. Mia fühlte sich in diesem Moment sehr unbeschwert, auch wenn ihre Gedanken noch etwas um Leeteuk und Lily geisterten. Sie konnte ihn verstehen, alles was er gesagt hatte, hatte Sinn ergeben. Lily in Korea? Weg von ihrer Mama und ihrem Schaf (das in Wirklichkeit ein Hund war)? Natürlich, sie war erwachsen, sie konnte ihre eigenen Entscheidungen treffen. Auch für Mia war es schwer gewesen ihre Familie in Deutschland zurück zu lassen – wobei sie sich ja wohl gut damit abgefunden hatten, ihre Mutter schickte ihr ständig Bilder von Bergen und Landschaften die sie von ihrem neuen Haus sehen konnte – doch ihre Mama war nicht alleine gewesen und Mia war kein Bestandteil der Firma ihrer Eltern gewesen.
Doch konnte sie auch ihre Freundin verstehen, dass sie erst mal Abstand brauchte. Ihr würde es wahrscheinlich nicht anders gehen und so wie sie Lily kannte würde sie K Pop oder zumindest Super Junior erst mal komplett blocken und da Mia sie auch an Super Junior erinnerte, wunderte sie ihre Email auch nicht weiter.
„Hey, would like to have a walk at the beach?“
Nick riss sie aus ihren Gedanken und sie schaute auf.
„What … yeah, sure…“
Hinter Nick standen Rino und Maryss sie beide energisch mit dem Kopf schüttelten.
„Ehm … I mean … no, sorry I can’t“, verbesserte Mia ihre Antwort und die beiden Tänzerinnen nickten zustimmend. Nicks Gesicht hatte sich von heiter auf wolkig verändert und skeptisch schauend drehte er sich um. Maryss schaute abwesend in der Gegend umher und Rino schaute auf ihr Handy.
„Sorry, could we borrow her for a moment?“, fragte Maryss und zog am Arm in die Küche.
„What?“, fragte Mia als sie von den beiden Tänzerinnen nur tadelnd angeschaut wurde.
„You know you could just go upstairs with him and do the do“, schlug Maryss vor.
„What?! No!“
„She is so naiv …“, meinte Rino kopfschüttelnd.
„She’s so korean … a land where you can trust people…“
„No! I’m german! How could I know that? We don’t have a beach a boy would like to have a walk with a girl!“, verteidigte sie sich.
„Anyway: his is California. Never – Go – With – A – Boy – To – The – Beach – When – You – Don’t – Wanna – Have – Sex – With – Him.“
„Alright, I memorize that fort he next time“, versprach Mia … halbherzig.
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Der Abend ging recht lange, alle waren ausgelassen und am Plaudern. Die Sänger erzählten von ihrer bevorstehenden Tour und Mia musste versprechen zu einem Auftritt zu kommen, wenn sie ‚in der Nähe‘ waren, was bei manchen bis nach Singapur reichte. 8 Stunden Flug, pff, war ja ein Klacks. Doch Mia wollte ihre Vorstellungen nicht zunichte machen, dass würde sie ihnen schon noch mal erklären.