Skye hatte in der Nacht noch lange wach gelegen. Kurz hatte sie überlegt Seunghyun zu sich ins Bett zu holen, damit er nicht auf der Couch schlafen musste, aber nach ihrer Vergangenheit wäre das wohl nicht mehr angebracht. Sie war froh, dass ihre Freundschaft so funktionierte, wie sie es tat, dass sie sich nicht als Freunde verloren hatten – oder zumindest hoffte sie das.
Die Amerikanerin war niemand, der etwas bereute. Alles hatte seinen Sinn, irgendwie. In dem Moment hatte sie Seunghyun als mehr gebraucht, mehr als ihren Freund und sie waren immer offen miteinander gewesen. Er hatte gewusst, dass sie Taehyung in ihrem Herzen trug und sie hatte gewusst, dass er nicht bereit war für eine feste Bindung und das war okay. Alle Karten hatten offen gelegen, auch wenn sie nicht ganz abstreiten konnte, dass sie sich nicht gefragt hatte ‚was wäre, wenn‘. Frauen taten das wohl. Over-thinking.
Irgendwann hatte sie ihn dann schnarchen gehört und die Frage, ob er denn Ruhe auf der Couch finden würde, war vergessen und so schlief auch sie irgendwann ein.
Auch ein Sonntag stoppte den Alltag auf einem Bauernhof nicht und so standen sie, gezwungenermaßen, recht früh auf. Skye wollte zurück nach Seoul. BTS würden heute wieder kommen und sie wollte das Dorm etwas vorbereiten.
Seunghyun sah man an, dass er definitiv noch länger hätte schlafen können, doch spätestens als Skye fragte, ob sie fahren solle, war er richtig wach. Frau Lee ließ sie aber noch ohne Frühstück los.
So saßen sie noch einmal zusammen und dann war es Zeit sich von der Familie Lee zu verabschieden. Der Ausflug war ganz anders gewesen, als Skye es erwartet hatte und trotzdem war es irgendwie das, was sie gebraucht hatte. Andererseits fehlte nicht viel und sie würde Seunghyun dazu anstiften weiter nach Mokpo zu fahren. Nein, sagte sie sich bestimmt. Tae würde heute wiederkommen und alles, was sie wollte, lag in seinen Armen.
Nicht auszudenken, wenn sie wirklich nach Fiji geflogen wäre – Tae wäre so sauer gewesen und hätte wahrscheinlich die Katzen gekidnapped, um eine Lösegeldforderung zu stellen, in Form eines Flugzeugs oder so. Damit sie zurückkam oder er zu ihr – da war sie sich noch nicht so sicher.
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Seunghyun war ein entspannter Fahrer. Sie redeten nicht. Skye schaute aus dem Fenster und ließ die Landschaft an sich vorbeiziehen. Sie hatte seine Anlage gehijacked und hatte eine Playlist angefangen. Es dauerte fast eine Stunde, da merkte sie seinen Blick.
„Hm?“, fragte sie und drehte sich zu ihm.
„Was ist das für Musik?!“
„Country.“
Er lachte auf und schaute dann wieder auf die Straße.
„Du willst mir erzählen, dass du auf Country stehst?“
Eigentlich war Skye mehr das Hip Hop und R&B Kind. Sie mochte Bass und tolle Beats zu denen man tanzen konnte.
„Ich finde, zu einem Roadtrip gehört Country“, erklärte sie mit einem Schulterzucken. Allgemein fand sie das Prinzip, Musik in Genre zu unterteilen, doof. Wenn man ein psychologisches Gutachten aufgrund ihrer Lieblingslieder erstellen würde, würde sie nie mehr aus der Therapie kommen. Als nächstes Lied kam ‚The Bones’ von Maren Morris und sie liebte diesen Song. Sofort drehte sie auf und fang an mitzusingen. Seunghyun schaute grinsend zu ihr. Sie lebte durch die Musik. Sie war wie GD. Als er damals herausgefunden hatte, dass sie singen konnte, war in Jiyong etwas kaputt gegangen. Sie beide hatten so viel Liebe zur Musik und wenn er es früher gewusst hätte, hätte er Skye vielleicht nie gehen lassen. Er hätte sie eingesperrt, in einer hübschen Wohnung, mit einer Glitzerleine um ihr Fußgelenk. Vielleicht war es gut, dass Ji es erst später herausgefunden hatte … Sie war wirklich ein Einhorn. Eigentlich war sie gar nicht für all das hier geschaffen und doch war sie bisher nicht schreiend davongelaufen – außer, als sie mal zwei Monate das Land verlassen hatte, aber das war Krystals schuld gewesen. Er konnte nur hoffen, dass nicht irgendwann jemand daherkam und sie endgültig aufschreckte. Jiyongs Methoden waren nicht immer die sensibelsten, doch Seunghyun wusste, dass er im Moment nur Skyes Interesse im Sinn hatte. Zu groß war die Gefahr, dass sie daran kaputt ging und das war das Letzte, was sie wollten.
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Skye hatte das Gefühl, dass sie viel schneller wieder in Seoul waren, als es gebraucht hatte, um davon wegzukommen. Seunghyun setzte sie an der Fabrik aus. Frau Park hatte die Katzen unter Kontrolle und da sie gerade nicht wirklich mobil war, würde sie die Katzen erst holen, wenn sie wüsste, wessen Auto sie klauen würde.
In knapp drei Stunden würden BTS kommen und heute war Jimins Geburtstag. Skye hatte keine Ahnung, ob eine Party geplant war oder ob er mit L.A alleine feiern wollte, doch eines war klar: Sie würde einen Kuchen machen! Sie war mit Seunghyun kurz in einem Supermarkt gewesen. Gut, er war eher das Fluchtfahrzeug und Skye war reingegangen. Den Kerl konnte man wirklich nirgendwo hin mitnehmen.
Sie machte einen Biskuitboden und während der im Backofen war, schlug sie Sahne und schnippelte Erdbeeren und Himbeeren und rührte nebenbei einen Vanillepudding an. Obstkuchen war doch irgendwie immer besser, wenn Pudding involviert war.
Nach einer Stunde war der Kuchen fertig und sie stellte ihn in den Kühlschrank im BTS Dorm.
Geschafft ließ sie sich auf die Couch fallen. Einen Moment hatte sie ja noch Zeit und so nahm sie sich eine Kuscheldecke und schloss nur ganz kurz die Augen.
Skye schreckte auf, als sie Stimmen hörte und im ersten Moment war sie verwirrt, wo sie war. Ah Dorm. Kuchen. Jimin Geburtstag.
Die Jungs redeten alle durcheinander, dann stockte Namjoon, als er Skye auf der Couch fand.
„Überraschung!“, rief Skye verlegen, hätte sie sich doch gerne anders präsentiert, als der Einbrecher, der eingeschlafen war.
„Klopfer?“
Taehyung schob sich an den anderen vorbei und Skye fiel ihm in die Arme. Fröhlich drehte er sich mit ihr, bevor er sie wieder runterließ und sie sogleich in Jungkooks Arme stürzte. Taes genervten Blick ignorierte sie gekonnt.
Jimin freute sich riesig über den Kuchen und die Truppe stürzte sich direkt drauf.
„Feiern wir heute Abend eigentlich?“, fragte sie in die Runde.
„Es gibt so eine kleine Bar, nicht weit weg, da gehen wir heute Abend hin“, erklärte Jimin. Wäre auch komisch gewesen, wenn nicht irgendetwas geplant gewesen wäre.
Und kaum hatte sie ihr Stück Kuchen fertig, schnappte Tae sich ihre Hand und zog sie einfach weg.
„Bye Skye!“, rief die Truppe ihnen grinsend hinterher. Sie wehrte sich nicht und folgte ihm brav, bis er vor ihrer Wohnung stehenblieb, selbstbewusst den Pin eingab und dann in die Realität zurückgeholt wurde.
„Du hast den Pin geändert?!“, fragte er entsetzt.
„Ja, so macht man das. Das ist das, was ich hier jedem predige und welches Vorbild wäre ich, wenn ich immer den gleichen Code hätte?“
Das die anderen ihren Code nicht änderten, war so ein Sicherheitsrisiko! Skye tippte den neuen Code ein und nun zog sie ihn hinter sich her. Kaum fiel die Tür hinter ihnen zu, zog sie ihn zu sich, um ihn zu küssen. Er drückte sie gegen die Tür und zog ihr den Pulli aus.
„Ich finde es super, dass du wieder hier wohnst“, sagte er grinsend, als sie später auf der Couch lagen, aneinandergeschmiegt und nackt.
„Dir ist aufgefallen, dass ich ein ganzes Haus habe?“
„Ja, aber da ist immer jemand! Jungkook-shi, Frau Park und irgendwie habe ich das Gefühl, dass Apollon mich immer böse anschaut, wenn ich anfange dich auszuziehen“, grübelte er und brachte sie zum Lachen.
„Bambi, ich habe nachgedacht …“
Fragend schaute er zu ihr und brachte etwas Distanz zwischen sie, um sie anschauen zu können.
„Ich werde kein Idol werden.“
Er wollte gerade ansetzen, als sie ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen legte.
„Ich kann nicht so in der Öffentlichkeit stehen. Was, wenn jemand herausbekommt, wer ich wirklich bin? Und sind wir ehrlich, ich bin nicht toll mit Autorität – wenn man mich im Training zu oft anschreien würde, würde ich austicken. Und ich muss auch manchmal weg. Nach New York oder Fiji oder Dubai oder sonst wo hin und ich kann nicht erwarten, dass die Band das mitmacht. Und … wenn wir beide berühmt sind, können wir uns gar nicht mehr verstecken.“
Neckend biss er ihr in den Finger, der noch immer auf seinen Lippen ruhte.
„Vielleicht könnten wir irgendwann öffentlich werden, in ein paar Jahren.“
„Nein.“
„Nein?“, fragte er verwirrt. Er dachte immer, dass sie das wollte.
„Ich liebe, wie es ist. Für was brauchen wir den Rest der Welt? Wir haben unsere Freunde, unsere geschützte Umgebung. Wenn ich mit dir nachts am Hangang spazieren will, brauche ich nicht den Rest der Welt daran teilhaben zu lassen. Ich liebe dich.“
Einen Moment hielt er ihren Blick fest.
„Du gibst deine Karriere für mich auf?“ Niemals würde er das von ihr verlangen, sie hatte so eine wundervolle Stimme. Es wäre strafbar sie nicht auf die Welt loszulassen.
„Nicht für dich – für uns“, erwiderte sie und ihre Finger strichen ihm über die Wange.
„Ich werde Producer und Songwriter – dann singen eben andere meine Songs und vielleicht kann ich manchmal bei Noah auftreten oder ich kann bei Musicals mitmachen. Musicalsänger bekommen nicht so viel Aufmerksamkeit“, überlegte sie. Sie konnte ihre Freiheit nicht aufgeben, dafür war sie zu sehr Freigeist und BTS hatten noch so viel vor sich.
„Lala?“
„Hm?“ Sie suchte seinen Blick.
„Heirate mich.“
Ihr Herz stolperte.
„Bambi, wir sind seit 3 Wochen zusammen … nicht, dass das meine Schuld wäre…“
Grinsend biss sie sich auf die Unterlippe.
„3 Tage, 3 Wochen, 3 Jahre, es ist egal. Und ich sage nicht, dass wir nächste Woche heiraten – obwohl, Mia könnte das mit Sicherheit organisieren“, nun mussten beide lachen, weil es wohl wahr war.
„Noch nie hat etwas so richtig angefühlt. Ich will dein Mann sein.“
„Du bist doch schon mein Mann“ erwiderte sie grinsend. Sie hatte dieses Jahr schon mal geheiratet und auch wenn sie wusste, dass das hier etwas anderes war, so hatte sie eigentlich erstmal genug vom Heiraten. Im Moment fühlte es sich an, als wäre es für immer, doch sie kannte ihr Glück. Irgendetwas konnte immer passieren. Am Ende war sie schwanger von Jongin, nach dem One Night Stand in New York. Oder irgendeine andere Katastrophe. Die Welt könnte untergehen!
„Lala, heirate mich.“
„Eines Tages, hoffe ich.“
„Sag ja.“
„Nein“, erwiderte sie lachend.
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Als sie zurück ins Dorm kamen, um mit den anderen zur Bar zu fahren, war die Diskussion immer noch nicht beendet.
„Lala, das verletzt wirklich meine Gefühle!“
„Come on! Seriously?!“
Sie konnte nicht fassen, wie hartnäckig er war.
„Ich liebe dich, du liebst mich – das ist der logische, nächste Schritt.“
„Naw, that ain’t true. The next logical step would be moving together“, erklärte sie ruhig und ging an den Kühlschrank, um sich einen Saft zu holen.
„Wir wohnen praktisch zusammen!“
„Über was streiten die beiden sich?“, fragte Yoongi Jungkook, doch der zuckte nur mit den Schultern.
„Ich habe ihr einen Heiratsantrag gemacht und sie weigert sich!“, erklärte Tae seinen Bandkollegen.
„Was?!“, kam es nun von Namjoon, der am Schreibtisch saß.
„That’s not even true. You were just moved by me being a good girlfriend and you merely … suggested it“, stellte sie für die anderen klar.
„Wieso spricht sie Englisch?“, fragte Yoongi wieder Jungkook, der ihn genervt anschaute.
„Bro, how am I supposed to know?!“
„Bang asked me to speak more English to you, because apparently you suck at it.“
„Und du dachtest, dass jetzt der richtige Moment dafür wäre?!“, fragte Taehyung genervt.
„Sure, whatever. It doesn’t matter which language I speak – you don’t pay attention anyway. Bambi, wir sind seit drei Wochen zusammen! Ich liebe dich, ja, aber heiraten? Lass uns doch erstmal zusammen sein. Uns rennt doch nichts weg. Ich brauche keinen Ring an meinem Finger, um dein zu sein. Keiner nimmt mich dir weg.“
„Ich bin auf ihrer Seite!“, meldete sich Namjoon zu Wort und Skye nickte ihm zu.
„Das ist keine Abstimmung“, blaffte Taehyung. Es war kein wirklicher Streit, zumindest hoffte sie das. Es wäre doch irre jetzt zu heiraten. Vollkommen irre.
„Wer heiratet?“
Jimin und L.A kamen die Treppe runter und die beiden Frauen begrüßten sich. Viel zu lange hatten sie sich nicht mehr gesehen.
„Tae hat Skye einen Antrag gemacht“, fasst Yoongi zusammen.
Nun schaute Jimin fragend zu Taehyung, während L.A leicht genervt zu Jimin schaute, was Skye sah.
„Es macht keinen Sinn, wahrscheinlich erträgt er mich noch nicht mal bis Ende des Jahres“, erklärte sie eilig. Tae hingegen griff sich ans Herz, als wäre er von einem Pfeil getroffen worden.
„Du hast kein Vertrauen in uns! Und ich möchte hier mal erwähnen, dass ich immer an uns geglaubt habe! Schon im Frühjahr habe ich meine Gefühle zu dir beteuert.“
„Das ist korrekt – um nicht zu sagen, dass er uns ganz schön auf den Sack gegangen ist“, kam es von Yoongi und Jungkook fing fröhlich an zu lachen.
„Kannst du nicht einfach ‚ja‘ sagen?“, meinte Yoongi weiter.
Hilfesuchend schaute Skye zu Jungkook, der den Wink verstand und zu seinem Bandkollegen ging, um ihm den Arm um die Schulter zu legen.
„Schau mal, nach der Jiyong Geschichte braucht sie vielleicht noch etwas Zeit, meinst du nicht?“
Da war die Stimme der Vernunft! Und Tae schien darüber wirklich nachzudenken. Langsam nickte er.
„Okay, aber wenn wir uns bis Ende des Jahres ertragen, gehört sie mir.“
„Bin ich der Einzige, der Serienmörder Vibes bekommt?“, fragte Jimin ganz offen in die Runde.