Die Stimmung im Najima war ausgelassen. Skye hatte Kookie gefragt, wo Tae war, doch er wusste nur, dass er im Studio war. An sein Handy ging er auch nicht, doch davon ließ sich ihre Stimmung nicht trüben. Skye fühlte sich toll und sie wollte feiern!
Jongin, Sehun und Chanyeol waren sofort dabei. Mia zeigte ihr einen Vogel, Jiyong war schon wieder weg, ebenso Jaejoong, Lisa musste früh raus, ebenso Jungkook – oder eher war er geschlaucht von der Woche und bis zu den Konzerten würde es auch nicht besser werden. Ryeowook und Kyuhyun waren am Überlegen, doch Ryeowook entschloss brav zu sein und nach Hause zu fahren. Kyu überlegte wohl, welche Rolle er in dieser Konstellation hätte. Die des Aufpassers, ganz klar, er wusste nur nicht, ob er das wollte. Kyuhyun war nun nicht dafür bekannt groß feiern zu gehen und vielleicht entschied er sich genau deswegen dafür mitzukommen. Und so zogen sie zu fünft los. Die anderen waren mit einem Fahrer gekommen, nur Skyes Auto stand unten.
„Ich kann fahren“, sagte Chanyeol und die Amerikanerin zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.
„Du willst mir erzählen, dass du noch nichts getrunken hast?“
„Nein, keinen Schluck.“
Sie war noch immer skeptisch.
„Er ist letztes Wochenende so abgestürzt, dass er geschworen hat nie wieder Alkohol zu trinken“, petzte Sehun und Chanyeol gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Die Gründe sind komplett irrelevant. Ich bin nüchtern und ich bleibe nüchtern!“
Und so hatten sie einen Fahrer, was nichts daran änderte, dass Skye etwas Angst um ihren Wagen hatte. Sehun checkte mit einem Kumpel in Itaewon die Lage. Dort gab es einen Club, bei dem sie ein Séparée bekommen könnten und so machten sie sich auf den Weg.
Allerdings ließ Skye Chanyeol noch einen Essensstand anfahren, denn der Salat vorhin hatte sie nicht glücklich gemacht, doch Dongdaemun erwachte jetzt erst zum Leben und hier gab es dutzende Stände. Natürlich musste Skye losziehen, denn ihr Auto war gefüllt mit A-Promis, die wohl kaum Hähnchenteile kaufen gehen konnten. Sie holte Hotteoks, Toppeoki, Mandus und frittiertes Hähnchen. Essstäbchen-freundliches Essen. Mit einigen Tüten bepackt kam sie zurück ins Auto und die Boxen gingen reihum.
„Manchmal erinnerst du mich so an Mia, die hat nachts auch immer so Fressattacken“, meinte Kyuhyun, der sich über den späten Snack aber auch nicht beschwerte.
„Ich hatte nur einen Salat!“, rechtfertigte sie sich. „Ich wollte ein Steak und Noah dachte Gewissen spielen zu müssen und gab mir nur einen Salat.“
Die anderen amüsierten sich darüber, es hielt sie aber auch niemand mehr auf. Das Einzige, worauf sie achtete war, dass ihr Kleid nichts abbekam. Ihr erstes Outfit war zum Partyoutfit ernannt worden. Es war ein kurzes, goldenes Cocktailkleid mit Fledermausärmeln. Fast schon etwas zu aufreizend, deswegen hatte sie auch einen schwarzen Mantel übergezogen, als sie das Essen geholt hatte.
„Es ist so Schade, dass es keine Aufnahmen gibt“, beklagte sich Sehun. Im Najima musste man die Handys abgeben. Skye hatte ihres in der Umkleide behalten dürfen, aber das war eine Ausnahme.
„Ein Videograf von Noah war aber unterwegs“, wand Jongin ein. Sicher war es Jiyongs oder Bangs Idee gewesen, damit sie Material für Youtube hatten.
Gestärkt kamen sie in dem Club in Itaewon an. Sehun rief seinen Kumpel, den Manager, an und ein Security öffnete ihnen ein Tor zum Innenhof, wo sie das Auto abstellten. Zwei weitere Securitys nahmen sie in Empfang und führten sie über einen Hintereingang in die Lounge, die zwar auf Höhe der Tanzfläche lag, aber anscheinend verspiegelt war, denn niemand schenkte ihnen Beachtung.
Wieder schaute sie auf ihr Handy und sie hatte tatsächlich eine Nachricht von Taehyung.
‚Lala, ich gratuliere zu deinem tollen Auftritt. Es tut mir so leid, wir waren bis eben im Studio. Ich fahre ins Dorm und Morgen erzählst du mir alles, ja?‘.
Sie war nicht sauer, nein, sie hätte ihn nur gerne dabeigehabt.
‚Gute Nacht Bambi, bin mit den EXO Jungs noch in einem Club – Kyuhyun Oppa passt auf uns auf. Das ist zumindest der Plan =)‘, schrieb sie ihm zurück und bekam einen lachenden Smilie zurück. Da zweifelte wohl noch jemand an Kyuhyuns Aufpasser-Funktion.
Die erste Runge Getränke kam und Chanyeol blieb brav bei einem Orangensaft – den Skye natürlich probierte. Hatte sie Vertrauensprobleme? Vielleicht. Die Jungs hatten noch ein paar Freunden Bescheid gegeben, denn zu fünft wäre es in so einem Séparée schnell langweilig und nach und nach trudelten immer mehr Leute ein. Irgendwann waren sie knapp 30 Leute in der Lounge – das war jetzt schon fast wieder zu viel. Skye stand am Rand und beobachtete das Treiben, als Jongin sich zu ihr durchboxte.
„Willst du tanzen gehen?“
Sie folgte seinem Blick auf die Tanzfläche. Konnten sie das wagen? Aber sie hatte schon Lust zu tanzen. Ihr Zögern deutete er als Zustimmung und er nahm ihre Hand, um sie aus dem Séparée zu ziehen. Der Club war ziemlich voll, doch er schleuste sie bis in die Mitte der Tanzfläche. Auch Jongin wollte einfach mal ein junger Mann sein, der ausgelassen feiern ging. Und es war so easy mit ihm. Sie tanzten vergnügt und als Chris Browns ‚No Guidance‘ kam, zog er sie zu sich und Skye schmiegte ihren Rücken an seinen Körper. Seine Hände wanderten ihren Körper entlang, nicht aufdringlich, nicht so, dass sie hier die Notbremse ziehen musste. Doch Jongin war wie ein Memory Foam Kissen, denn ihr Körper erinnerte sich daran, wie es war mit ihm zu tanzen. Mit Tae tanzte sie auch, aber ihn musste sie immer etwas motivieren, während Jongin ganz genau wusste, was er da mit seinem Körper anstellte. Sie drehte sich zu ihm um, als sie von hinten angerempelt wurde. Jongin hielt sie fest in seinen Armen, ihre Körper aneinander gepresst und ihre Lippen kamen sich viel zu nah. Sie schaute noch erschrocken zu ihm auf, als er sich zu ihr lehnte und küsste.
Eins … zwei … drei Sekunden, solange dauerte es, bis sie den Kuss beendete.
„Was sollte das?!“
Nachdem sie sich von der Tanzfläche gekämpft hatte, ging sie raus. Es war Skye egal, dass ihr in dem Kleidchen ziemlich kalt war und sie nahm ihm die Zigarette ab, um selbst daran zu ziehen.
„Es tut mir leid, deine Lippen sind wie diese Memory Foam Kissen. Ich sehe sie und meine Lippen wissen, was zu tun ist.“
Genervt drehte sie sich um. Wieso dachten sie voneinander, dass sie Memory Foam Kissen waren?!
„Du siehst ständig meine Lippen!“
„Ja, aber sie waren so nahe…“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Vorwurfsvoll schaute sie zu ihm auf.
„Wir können das nicht machen.“
„Ich weiß.“
Sein kleiner Finger umfasst ihren, so wie sie es früher so oft getan hatten. Es war so eine kleine Berührung, doch sie triggerte Erinnerungen. Memory Foam war scheiße.
Sie gingen zurück zu den anderen, mit so viel Sicherheitsabstand, wie möglich.
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Sie feierten bis kurz nach 5 Uhr und fuhren in die Fabrik. Da Chanyeol der Fahrer war und alle, außer Skye, in die Fabrik mussten, blieb ihr wohl nichts anderes übrig. Es war praktisch, dass sie überall ein Bett hatte. Sie sagte den anderen ‚Gute Nacht‘, als Jongin ihr folgte.
„Was wird das?“
„Ich bringe dich nach Hause.“
„Was soll mir denn auf den 50 Meter passieren?!“
Sie wollte schneller gehen, aber die Schuhe hielten sie auf und dann griff er nach ihrem Arm und bremste sie ganz aus.
„Es tut mir leid, okay? Aber ich kann nichts dagegen machen. Ich weiß, dass du mit Taehyung zusammen bist, aber meine Gefühle ändern sich nicht. Ich habe versucht dich zu vergessen, aber ich kann nicht. Willst du mir sagen, dass du gar nichts für mich empfindest?“
Sie schaute zu ihm auf und sie sagte nichts, denn Skye konnte nicht abstreiten, dass sie etwas für ihn empfand, auch wenn es ihr nicht passte.
„Geh schlafen Jongin, wir sind betrunken und aufgeladen von diesem ganzen Abend. In diesem Moment kann nichts Sinnvolles entstehen.“
Das konnte nun er wiederum nicht abstreiten. Einen Moment lang hielt er ihren Blick fest, dann beugte er sich zu ihr, um ihre Stirn zu küssen, bevor er sich von ihr löste und in den Pit ging. Sie schaute ihm nach. Wahrscheinlich war sie nur unschlüssig, wohin sie gehen sollte. Sie könnte zu Taehyung, doch sie wusste nicht, wann er aufstehen musste und sie wollte auf jeden Fall duschen und Jungkook schlief heute Nacht auch im Dorm und er war so ein Charakter, den man unter keinen Umständen wecken wollte und die beiden teilten sich ein Bad. Nein, sie konnte ihr schlechtes Gewissen nicht ausradieren, indem sie sich zu Taehyung kuschelte. Sie musste es ihm sagen, doch jetzt war wohl auch nicht der richtige Moment.
Und so ging sie zu sich in die Wohnung, ging duschen und legte sich dann um kurz vor 6 Uhr hin.
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Skye wachte um 11:30 auf und streckte sich. Nein, sie war definitiv noch nicht fit. Sie drehte sich zu ihrem Handy, um zu gucken, ob Tae sich gemeldet hatte und sah 127 verpasste Anrufe und mindestens so viele Nachrichten auf allen Kanälen, die ihr zur Verfügung standen. Was war denn passiert? Dabei war sie noch gar nicht aufnahmefähig. War ihr Haus abgebrannt? Sie entsperrte das Telefon und versuchte herauszubekommen, was diese Masse an Anrufen aufgelöst hatte. Sie hatte zig Anrufe von Jiyong, Mia, Jongin, Youngjun – wartet, Youngjun? Was wollte der EXO Manager von ihr? Herr Kim hatte angerufen und Bang Shihyuk. Ihr Nachrichtenverlauf war noch viel wilder. Die Kings hatten geschrieben, Jungkook, Lisa, selbst Nalia und Kyuhyun, Eunhyuk auch, was zur Hölle? Und dann sah sie ein Bild in einer der unzähligen Nachrichten. Ein Bild von ihr und Jongin. Auf der Tanzfläche. Küssend.
Sie sprang auf und schaffte es gerade rechtzeitig auf die Toilette, um sich zu übergeben. Fuck. Fuck. Fuck. Sie putzte sich die Zähne, nahm sich ihre Vape und setzte sich an das Fenster zur Feuerleiter, nahm sich ihr Handy und klapperte die üblichen K-Pop Seiten ab. Es war überall. Es hatte wohl auf Twitter seinen Anfang genommen. Es gab auch ein Video, wie sie tanzten und sie sich umdrehte und angerempelt wurde, was sie näher an Jongin brachte. Sie hatte ihre Arme um seine Schultern gelegt und er beugte sich runter, um sie zu küssen. Drei Sekunden. Drei verdammte Sekunden. Doch sie hatte ihn nicht geschupst, hatte ihm keine Ohrfeige gegeben, nichts, was darauf schließen ließ, dass dieser Kuss nicht das war, was er zu sein schien.
Und das Schlimmste war, dass sie in der Fabrik saß. Sie würde hier nie ungesehen rauskommen!
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Nachdem Mia Skye nicht erreicht hatte, lief sie im Pit ein. In der Tiefgarage hatte sie Skyes Wagen gesehen, doch das erste Hühnchen würde sie mit Jongin rupfen. Sie stürmte in das Dorm und fand Suho und Baekhyun.
„Er ist nicht da!“, kam es direkt von Bae, bevor er hier noch in etwas reingezogen wurde, in das er gar nicht rein gehörte.
„Wann ist er weg?“
„So vor einer Stunde.“
Und damit stürmte die Deutsche weiter und klopfte an Skyes Tür.
„Skye, ich bin’s.“ Als würde das helfen.
Skye war zu dieser Zeit schon auf dem Dach der Fabrik. Sie hatte Hunger! Da sie davon ausging, dass ihre Wohnungstür auf irgendeine Weise überwacht werden würde, hatte sie sich für die Flucht über das Dach entschieden. Mit der Feuerleiter ging wieder runter, auf Höhe von Changmins Wohnung, und klopfte an das Fenster. Sekunden vergingen, dann klopfte sie wieder. Nichts. Sie versuchte durch das Fenster reinzuschauen, doch er hatte die Jalousien runtergezogen und sie konnte nichts erkennen. Toll. Ihr Blick ging nach unten. Von der letzten Sprosse waren es so 2,5 Meter bis zum Boden. Sie war Turnerin, sie konnte das schaffen! Entschlossen ging sie die Leiter weiter runter. Irgendwann erreichten ihre Füße die letzte Stufe und von da an hing sie nur noch an den Händen. Wenn man denn nicht den Halt verlieren würde. Die Amerikanerin hatte keine Möglichkeit sich noch irgendwo zu halten und knallte schmerzhaft auf den Boden.
Mit schmerzverzogenem Gesicht umfasste sie ihren Knöchel. Würde gleich wieder gut werden.
Mühsam rappelte sie sich auf und humpelte los. Fuck. Es war ein Fuck-Tag.
Sie schaffte sich bis zum Café Bene und gönnte sich ein Honeybread und einen Kaffee, bevor sie den Mut fand Taehyung anzurufen.
Es klingelte ziemlich lange, bis er ans Telefon ging.
„Ich weiß“, war seine Begrüßung.
„Was weißt du?“
„Das er dich geküsst hat.“
Skye stutzte.
„Ja … das wissen anscheinend alle.“
Wie sonst würden sich 127 verpasste Anrufe erklären lassen?
„Ich weiß, dass es nicht deine Schuld war. Jongin war heute Morgen bei uns gewesen. Er hat sich zwar entschuldigt, aber irgendwie war es auch eine Kampfansage.“
„Eine …was?“ Dieses Gespräch wurde immer verwirrender.
„Er sagt, er will um dich kämpfen.“
„Aber ich bin doch kein Preis!“ Sie war etwas zu laut geworden und manche schauten sich nach ihr um.
„Wie auch immer, es ist aber an sich eine ziemlich blöde Situation. Es war sehr unvernünftig mit ihm auf die Tanzfläche zu gehen, Kuss hin, Kuss her.“
„Ich weiß.“
Aber mein Gott, sie hatte sich gut gefühlt, sie wollte doch nur etwas Spaß haben.
„Bang hat gesagt, dass du bis zum Krisengespräch Hausarrest hast.“
„Aha.“
Wenn sie einend er 127 Anrufe angenommen hätte, wüsste sie wahrscheinlich auch schon von diesem Krisengespräch.
„Wo bist du?“
„Zu…hause?“
„Lala …“ Der Tadel in seiner Stimme war eindeutig zu hören.
„Was? Ich habe eben erst erfahren, dass ich Hausarrest-whatsoever habe und ich hatte Hunger.“
„Hat dich niemand angerufen?“, fragte er ungläubig.
„Doch, 127 Mal, aber ich habe geschlafen und dann habe ich mich aus dem Haus geschlichen, habe mir eventuell den Knöchel verknackst, als ich die Leiter sehr unelegant runtergefallen bin und habe mich aus letzter Kraft ins Café Bene geschafft.“
Es war so lange Ruhe, dass sie schon dachte, er hätte aufgelegt.
„Bambi?“
„Ich hole dich ab.“
Und dann legte er auf.
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„Nein, nein, nein und noch mal: nein!“
„Lala, wirklich, dir gehört ein Krankenhaus! Du lässt das jetzt checken!“
Tae hatte sie abgeholt und zuerst hatte sie nicht verstanden, wohin er fuhr. Eigentlich hatte sie gedacht, er würde nach Hanam fahren, doch irgendwann fiel ihr auf, dass die Richtung nicht stimmte und dann hatte sie den Braten gerochen.
„Ich bin Turner! Meine Bänder sind so ausgeleiert, da kann nichts reißen!“
„Ja, Frau Jones, also das Außenband ist gerissen“, sagte ihr Arzt nach dem MRT. Verwunderlich, wie schnell man solche Untersuchungen bekam, wenn einem das Krankenhaus gehörte. Ihr Blick traf sich mit Taehyungs und ihr Blick sagte ‚Wehe ich höre auch nur einen Ton von dir!‘.
„Es ist aber wirklich gut, dass Sie so schnell gekommen sind. Sie bekommen ein paar Spritzen gegen die Schwellung und Sie bekommen eine Orthese – 4 Wochen lang und ich merke, wenn Sie sie nicht anziehen und ich schwöre Ihnen, dann gipse ich das ein.“
Geschockt schaute sie zu ihrem Arzt, der schon genau verstanden hatte, wie sie tickte.
„Und wenn Sie nichts machen, dann können Sie den Knöchel kühlen – können Sie mit Krücken laufen? Zumindest die ersten zwei Wochen zur Entlastung?“
Fuck-Tag, einfach ein Fuck-Tag und es wurde immer verfuckter.
Eine Stunde später humpelte sie aus dem Krankenhaus, bewaffnet mit einer riesigen Orthese am Fuß und zwei Krücken und nichts davon war rosa, pink, Glitzer oder zumindest türkis. Sie hatte zugelassen, dass Taehyung ihre Handtasche nahm und er machte ihr auch die Autotür auf und als Skye sich in das Auto setzte, fing sie an zu weinen.
„Tut dir etwas weh? Was ist passiert?“, Tae schaute sie panisch an.
„Es tut mir so leid!“, schluchzte sie.
„Aber dafür kannst du doch nichts … na ja ich meine, du hättest nicht die Leiter runterklettern müssen, sondern ganz normal die Treppe oder den Fahrstuhl nehmen können …“
„Das meine ich nicht. Ich meine dieses Chaos, was jetzt wieder ist und du bist einfach nur lieb und kümmerst dich um mich.“
„Und dass, obwohl Bang gesagt hat, ich soll mich etwas fernhalten.“
Skye schloss die Augen. Natürlich. Sie hasste das. Alles. Wenn sie ganz normale Menschen wären, würde es einfach niemand interessieren.
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Taehyung fuhr sie nach Hause, ihr Auto bräuchte sie ja wohl vorerst nicht. Sie hörte sich keine Sprachnachricht an und ließ auch die meisten Chats ungelesen. Sie konnte das gerade alles nicht. Taehyung wusste, dass Morgen um 11 Uhr bei SME wohl dieses Krisentreffen stattfand. Da würde sie wohl hinmüssen, doch bis dahin wollte sie das alles vergessen.
Tae musste weiter und Skye lag noch nicht lange auf der Couch, da rief der Sicherheitsmann sie an. Sie hatte ja befürchtet, dass sie sich nicht lange in Hanam verstecken konnte, doch dann sagte er, dass Chen da wäre. Chen? Sie schnappte sich ihre Krücken und kam ihm an der Tür entgegen. Sie machte ihm die Tür auf und als sie in sein Gesicht schaute, fing er an zu weinen.
Sie humpelte ihm entgegen, ließ die Krücken fallen und nahm ihn in den Arm.
„Jongdae Baby, was ist denn passiert?“
Es brauchte einen Moment. Sie hatten sich in die Küche gesetzt und sie hatte ihm einen Kaffee gemacht und Kuchen hingestellt – sie hatte heute Morgen noch soweit denken können, dass sie genug Kuchen im Café Bene mitgenommen hatte.
„Was hast du getan?“, fragte er und schaute ihr zu, wie sie einbeinig durch die Gegend hüpfte.
„Bänderriss.“
„Wie hast du dir zwischen heute Nacht und jetzt die Bänder geri- weißt du was, ich möchte es nicht wissen.“
Bei ihm lief das Kopfkino auch auf FSK18.
„Ich bin aus der Fabrik ausgebrochen und habe den Halt auf der Feuerleiter verloren und bin unglücklich aufgekommen“, erklärte sie. Seine Augen wurden immer größer.
„Sag mal! Du hättest dir das Genick brechen können!“
„Ach, ich bin wie eine Katze!“, winkte sie ab und sein Blick ging an die Orthese.
„Wie ne Katze, ja?“
„Lenk nicht ab, bitte belaste mich mit deinen Problemen.“
Schließlich stand er hier heulend in der Tür.
„Mi-hee ist schwanger.“
Nun wurden ihre Augen groß.
„Was?! Oh mein Gott! Wie toll! Baby Jongdae!“
Sie fiel ihm in die Arme und drückte ihn an sich, stockte dann aber.
„Warte … das ist toll, oder?“
Denn eben das waren keine Freudentränen gewesen.
„Ja … nein … keine Ahnung.“
Ah ja.
„Du liebst sie?“
„Mit all meinem Herzen.“
„Okay, dann ist es toll“, beschloss sie und Skye war froh auch mal in der Situation sein zu können, in der sich bei ihr alles so einfach anhörte, während der andere verzweifelte.
„Ja, es ist toll und ich freue mich darauf, aber …“
„EXO.“
Er nickte. Es kam nicht häufig vor, dass Idols so früh Vater oder Mutter wurden und das EXO-Ls nun nicht gerade die umgänglichsten und verständnisvollsten Fans waren, war nun auch kein Geheimnis.
„Irgendwann kommt man an seinem Punkt in seinem Leben, an dem man eine Entscheidung treffen muss und Liebe und Familie sollte über allem anderen stehen. Ihr seid jetzt eine Familie. Keiner sagt, dass du EXO verlassen musst.“
EXO ohne Chen wäre schlimm. Eigentlich wäre EXO ohne jeden schlimm – sie hatten ohnehin schon so viel Schwund die letzten Jahre. Und jetzt noch die Militärdienste. D.O und Xiumin fehlten einfach, selbst wenn sie schon seit Monaten weg waren.
„Ja, aber Idol sein, heißt eben auch Single sein. Das ist wie die Leute, die beim Arzt arbeiten, keine langen Fingernägel haben dürfen oder wie Stewardessen von Korean Air keine sichtbaren Tattoos haben dürfen.“
„Du weißt schon, dass du gerade eine falsch idealisierte Welt beschreibst, die jeden als Individuum begräbt?“
Darüber dachte er kurz nach.
„Ja, wahrscheinlich.“
„Du bist ein Mensch und du bist Ende 20, wirklich, die Fans die glauben, dass ihr brav Zuhause hockt, die haben doch Realitätsprobleme. Entweder sie akzeptieren es oder eben nicht – das liegt nicht in deiner Hand. Was in der Hand liegt ist, wie du damit umgehst.“
„Ja, weißt du, ich wollte fragen, ob ich mich hier ein paar Tage verstecken kann.“
„Auf gar keinen Fall!“
Er starrte sie mit offenem Mund an.
„Du fährst jetzt nach Hause, zu Mi-hee und du wirst ihr zeigen, dass du an ihrer Seite stehst! Weißt du, wie sie sich fühlt? Ich weiß, wie sie sich fühlt. Ich bin sie. Wir, die Freundinnen von euch bescheuerten Idols, die immer in Angst leben, dass ihr uns wegen eurer Karriere verlasst. Es ist kein schönes Gefühl mein Freund! Also schwing deinen Arsch nach Hause und zeig ihr, dass ihr eine Einheit seid und dass sie keine Angst haben muss!“
„Okay, du hast recht, kann ich aber noch eine Weile bleiben?“, fragte er vorsichtig.
„Natürlich.“
Schweigend saßen sie da einen Moment und aßen ihren Kuchen.
„Was ist das mit dir und Jongin?“
Schon bereute sie, dass sie ihn nicht gleich rausgeschmissen hat.
„Ehrlich? Keine Ahnung. Taehyung ist perfekt, in allem, aber bei ihm habe ich manchmal diese Angst, dass er mich verlässt, wegen seiner Karriere. Das BTS einfach eine zu große Nummer geworden ist, dass sein Schedule unsere Beziehung ficken wird und er irgendwann nicht mehr bereit ist Kompromisse einzugehen. Und Jongin … hat seine Fehler, ja, aber er gibt mir das Gefühl, dass er sich auf mich stützt. Bei ihm bin ich selbstbewusster … aber manchmal bringt er mich auch auf die Palme.“
Wieder aßen sie schweigend weiter.
„Weißt du, dass Problem bei dir und Jongin ist, dass es nicht eure Schuld war, dass ihr Schluss gemacht habt. Es waren die Umstände, für die keiner von euch wirklich was konnte. Ich habe Taehyung wirklich gerne und ich verstehe, was du meinst, wenn du sagst, dass er perfekt ist – aber manchmal wollen wir nichts Perfektes, sind wir es doch selbst nicht.“
Hm. Fuck. Doch dann kam ihr ein Gedanke und sie zog die Augenbrauen zusammen.
„Warte, weiß SME das schon mit euch?“
Zögernd schüttelte er den Kopf und Skye fing fast hysterisch an zu lachen.
„SO gut! Sie werden euch SO viel mehr hassen, als mich und Jongin!“
Chen ließ die Schultern hängen.
„Weißt du, bis eben warst du noch eine richtig gute Freundin!“
„Sorry Sunshine, manchmal muss man seinen eigenen Arsch retten.“