„Mia, are you asleep?“
„Uh-hu.“
„You wouldn’t respond if you’d be asleep.“
Nun schlug Mia die Augen auf. Die Uhr zeigte ’01:23′. In weniger als vier Stunden müsste sie aufstehen und es war nicht so, als hätte sie nur das Vortanzen. Nein, danach ging es gleich mit den Jungs zu Music Core und danach zum Tony Moly Fanmeeting. Zu alle dem waren Kyuhyun, Heechul, Sungmin, Donghae und Eunhyuk bei einer Sendung bei KBS eingeladen. Diese vier Stunden Schlaf waren also unheimlich wichtig, wieso konnte sie nicht einschlafen?!
Langsam drehte sie sich zu Kaylee, der Mond war hell genug um ein wenig zu erkennen.
„Have you ever thought you’d be ending up like this?“, fragte die Amerikanerin.
„Never“, erwiderte Mia grinsend.
Wenn man ihr vor zwei Jahren gesagt hätte dass sie eines Tages in Korea leben würde, mit einem Popsänger zusammen wäre und sie als Model ihr Geld verdienen würde, hätte sie das in die Schublade ‚Dinge die niemals passieren werden‘ gepackt – zusammen mit dem Weltuntergang, dem Lottogewinn und ein Date mit Luke Perry.
„But I’m glad that all of this happened. I’ve got the best boyfriend in the world, I have amazing friends, a job I really like and I even earn good money.“
Was könnte man sich noch wünschen? Klar, den Weltfrieden, den Daila Lama zurück in Tibet, die Ausrottung von Wespen und Flöhen, aber eigentlich war ihr Leben ziemlich gut. Sie vermisste ihre Eltern. Sie skypte zwar fast jeden Tag nach Hause, doch war es natürlich etwas anderes ihre Mama auf einen Bildschirm zu sehen oder sie mal in den Arm zu nehmen. Sie vermisste ihre Freunde, doch wenn sie ehrlich war, hatte sie die meisten ohnehin kaum gesehen. Sie alle hatten ihr eigenes Leben, Nadja und Jessi waren verheiratet und hatten mit Lily hatte sie oft Zeitkoordinierungsprobleme gehabt, Ivi hatte immer an den Tagen gearbeitet, an denen sie frei hatte. Kosta hatte eine Freundin und war damit out of order, Marcel lebte in Marburg, Janine hatte nun auch ihre eigene, kleine Familie … Wahre Freunde kannten keine Entfernung. Sie schrieb sich noch mit allen und skypte, wenn die Zeitverschiebung es zuließ das man sich erwischte, aber eigentlich wurde Freundschaft auch nicht in Kilometer gemessen.
„I hope one day I’ll be as lucky as you …“, murmelte Kaylee und schlief dann ein.
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Von wegen ‚lucky‘. Als sie vom Aufruf der Republik um 5 Uhr geweckt wurde kam sie sich alles andere als ‚lucky‘ vor. Duschen half … ein wenig. Gelangweilt saß Mia im Bad und föhnte sich die Haare während sie gähnte und gähnte und die Badewanne verwandelte sich in ihrem Kopf zu einem kuscheligen, flauschigen Bett mit vielen Kissen und einer beheizten Matratze. Ja, ja, es half alles nichts.
Das Schlimme an Auditions war, dass sie zu 95% aus Warten bestanden. Kim hatte sie extra auf Platz 3 eingefügt, sie kam schnell dran, aber manche dieser Mädchen und Jungs würden bis heute Nachmittag hier sitzen und warten. Vielleicht wäre das besser gewesen. Müde rieb sie sich die Augen, als ihr Name aufgerufen wurde. Man stellte die üblichen Fragen zu ihren Resume, welches sich in den vergangenen Monaten deutlich gefüllt hatte, über sie als Person, woher sie kam, wie lange sie bei SM war … bla bla. Dann sollte sie drei Tänze vorführen, zwei Choreos und einen Freestyle.
Dann besprach sich die Jury – es war wie bei den Oscars. In der Jury saßen die zwei Hauptchoreografen, die Mia liebevoll immer als ‚Homie‘ bezeichnete, der SuJu Auslands-Konzertmanager, mit dem Duke auch befreundet war und zwei Leute aus der SME Academy. Bei diesen Auditions gab es zwei einfache und eine schwere Entscheidung. Entweder war man sofort weiter – praktisch Recall – oder man war sofort raus oder aber, man wurde ‚on hold‘ gestellt. Diese Leute mussten bis heute Nachmittag warten und würden dann alle zusammen einen Tanz beigebracht bekommen, der aufgeführt wurde.
Ihr Zeit-Management wäre total dahin, wenn das mit ihr geschehen würde. Ungeduldig stand sie auf der Bühne, bis die fünf Leute sich wieder zu ihr drehten.
„Herzlich Glückwunsch, du bist im Team. Training beginnt nächste Woche, du bekommst alle Informationen von deinem Manager.“
Mia fing an zu grinsen, auch wenn sie eigentlich keine Lust auf den Job hatte, so war es dennoch ein Erfolgserlebnis. Die beiden Tänzer zeigten ihr ‚Thumbs up‘ und jubelten schweigend, um nicht ganz so aufzufallen. Das konnte auch ein Grund ihres Grinsens sein.
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„And? You got it! Right? Or not? You’re in?! Mia tell me!“, überfiel sie Kaylee als sie aus dem Saal kam.
„If you’d let me!“, meckerte sie. Kaylee presste beide Hände auf ihren Mund und schaute Mia erwartungsvoll an.
„I got in!“, sagte sie dann jubelnd und Kaylee jubelte mit und fiel ihr quietschend in die Arme.
Die anderen Tänzer schauten die beiden genervt an, doch das war den beiden Ausländerinnen herzlich egal.
„So, then we can go home, I need to change.“
„No.“
„Excuse me?“
„You will have breakfast – like a real breakfast. And then we’ll go straight to the record studio, all organized.“
„With whom?“
„Big Mike.“
Hm, Respekt, Mia zu überrumpeln war nicht einfach. Die Jungs waren heute Morgen selbst so früh aufgestanden um rechtzeitig bei Music Core aufzutreten. Ihnen ging es also nicht wirklich anders als Mia.
„Alright, let’s have a ‚real‘ breakfast.“
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„That’s what you call a real breakfast?“, fragte Mia skeptisch als sie hoch zu dem ‚Dunkin‘ Donut‘ Schild aufschaute.
„Bite me! You wanna have rice and soup instead.“
„No way.“
Mal abgesehen davon waren die Donuts von Dunkin Donuts sau lecker – auch sau gegen ihren Ernährungsplan, aber hey, war sie nicht ohnehin unterernährt und sollte zunehmen? Mit diesem Gedanken nahm sie sich gleich zwei Donuts und eine Eis-Schokolade.
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Sie waren in dem Dunkin Donut unten in Gangnam, um die Ecke der ‚Gangnam Station‘ und somit nur drei Minuten von Se7ens zweitem Restaurant, in dem sie die Werbung gedreht hatten, entfernt. Gangnam war nichts für Mia, gut, die Karosugil und die Rodeo Road waren super, aber ansonsten mochte Mia Gangnam nicht wirklich. Es ging hoch und runter, hoch und runter – im Winter konnte man hier bestimmt super rodeln – und obwohl es überall kleine Läden gab, so war besonders die Ecke hier unten eigentlich eher ein Arbeiter- und Wohnviertel als ein Ausgehviertel. Wobei allein schon Gangnam fast so groß war wie Frankfurt, zu sagen es war nicht schön war also etwas weit her geholt, doch Mia fühlte sich auf der nördlichen Seite des Hangang wohl.
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Bevor sie zum Studio fuhren holte Mia noch mal 20 Donuts. Sie bezweifelte das die Welpen gegessen hatten und so würden sie zumindest einen kleinen Zuckerschock bekommen. Kaylee nahm sie gleich mit zu der Musikshow, sie konnte ruhig auch mal sehen, wie es dort zuging.
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„Cupcake!“
Donghae, der sich gerade noch mit jemanden unterhalten hatte, drehte sich um und fing an zu strahlen. Mia rannte in seine Arme und drückte ihn an sich.
„About time you get home!“, murmelte sie und ließ ihn nicht los.
„Ich war nur eine Nacht weg …“
„Sag ich doch.“
Und dann musste sie ihm erst mal die Zoey-Wooyoung-Story erzählen. Seine Kommentare bestanden aus ‚Nein!‘, ‚Wirklich‘, ‚Wow‘ und ‚Uh!‘.
„Yesung darf das auf gar keinen Fall erfahren“, meinte Donghae und schaute sich skeptisch um.
„Ich weiß nicht, die Chancen stehen gut das Zoey es ihm selbst erzählt.“
„Hmm …“
Und dann gingen sie zu den anderen, damit Donghae auch etwas von den Donuts abbekam.
„It’s a bit small here, isn’t it?“, bemerkte Kaylee und quetschte sich an der hungrigen Meute vorbei bis auf den Flur.
„Well, there are many, many artists coming here each week, it’s just not possible to provide enough space for everybody.“
Bei den Musiksendungen war es hinten immer etwas beengt. Jeder hatte zwar irgendwie sein eigenes kleines Wartezimmer, doch je mehr Mitglieder eine Band hatte, umso kleiner wirkten die Räume und da Super Junior schon fast bei der maximal Anzahl an Mitgliedern waren, war die Garderobe eigentlich zu klein. Trotzdem schafften sie es sich dort umzuziehen und fertig zu machen. It’s magic.
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„How long does they need to wait?“
Mia war bei diesen Aufzeichnungen schon total entspannt. Man kannte sich ja und fand immer etwas, was einen beschäftigte – wie Shindong, Leeteuk und Donghae. Die drei hatten sich irgendwann aus der Garderobe gestohlen und hatten sich in die von Secret geschlichen. Die Girlgroup hatte sich noch nicht umgezogen und die drei Kerle hatten ihnen tatsächlich ihre Kostüme geklaut und nun liefen sie damit durch den Backstagebereich. Zum Glück hatte Shindong einiges abgenommen und zumindest hatte er das Kostüm nicht zerstört, aber Shindong bauchfrei war nun auch kein Anblick für einen nüchternen Magen.
„Liebling, gehst du heute Abend so mit mir essen?“, fragte Donghae grinsend.
„No way.“
„Was?!“
„I said no way.“
„Aber du liebst mich!“
„Was nicht bedeutet das ich mich nicht für dich schäme“, trällerte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sie hätte es gerne gesehen, wenn man sie JETZT auf die Bühne gerufen hätte. Wie war das? War der Ruf erst ruiniert…
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Aber nein, als der richtige Auftritt dann kam waren alle wieder in ihren richtigen Klamotten, schade. Jedenfalls verabschiedete sich Mia dann auch schon um zu SME zu fahren, wo sie der Van für das Tony Moly Fanmeeting abholen würde. Das war der Plan. Was sie allerdings nicht eingeplant hatte war ein einstündiger Stau mitten in der Stadt. Genervt legte Mia den Kopf in den Nacken. Wie entstanden Staus? Durch eine Flachzange die dem Autofahren nicht mächtig war – und davon gab es viele. Die Möglichkeit in einen Stau zu kommen war also 50:50, da mindestens 50% der Autofahrer nicht für das Fahren geeignet waren. Zum Glück des Verursachers, war dieser bereits weg, als Mia dann endlich weiter fahren konnte.
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Sie parkte ihr Auto und stürmte in das Gebäude, nur um dann über Joon zu fallen und sich der Länge nach hinzulegen.
„Mia!“, sofort stürzte er auf sie zu, doch Mia war ein Cheerleader, wie eine Katze – sie schaffte es intelligent aufzukommen. Was nicht bedeutete unschmerzhaft, jedoch blieb sie meistens von Knochenbrüchen verschont. Auch Kaylee war sofort an ihrer Seite.
„Was tust du auf dem Boden?!“
„Mir war so warm und der Boden war so … kühl.“
Der Blick der Deutschen sprach Bände.
„Schau nicht so! Ich kann auch nichts dafür das du so spät bist!“, verteidigte sich der Sänger.
„Ich auch nicht!“ Womit sie nicht unrecht hatte, den Stau hatte sie sich ja auch nicht ausgesucht.
„Hört auf zu streiten, wir müssen los. Mia ich schminke dich im Auto.“
Cinna hielt ihr die Hand hin, ja Joon war schon komplett umgezogen und gestylt. Zumindest hatten sie die Zeit genutzt. Mia musste sich allerdings im Auto umziehen und auch wenn es ein großer Van war, so saßen da dennoch Joon und Cinna im Wagen und das machte der Frau viel mehr Sorgen als der eingeschränkte Bewegungsfreiraum. Kaylee hatte sich zwischen die beiden Männer gesetzt und hielt ihnen die Augen zu. Cinna behauptete zwar das es lächerlich wäre, das er erstens kein Interesse an Mia hatte und schon mehr Models beim Umziehen zugeschaut hatte, als Kaylee ihren eigenen Körper nackt gesehen hatte, aber die Amerikanerin ließ sich nicht beirren.
„Hey, did you tell Super Junior that you got in the dancecrew?“, fragte Kaylee so nebenbei. Mia drehte sich erschrocken um.
„I haven’t even told them I applied! I only told them I had an auition.“
Um darüber zu lachen brauchte Cinna keine Augen und Kaylee strafte ihn mit einem finsteren Blick – den er nicht sah, weil sie ihm ja die Augen zuhielt.
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Schminken im Auto war auch alles andere als einfach. Cinna verfluchte die Straßenbauer für jedes Schlagloch, er hatte Mia schon zweimal fast das Auge ausgestochen und einmal hatte sie den braunen Kayal quer über der Wange gehabt und Cinna hatte sie komplett abschminken müssen.
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Gegen 18 Uhr schneite sie dann zu Hause rein. Jeder Tony Moly Laden dachte ihr Sachen mit zu geben und die Sachen waren auch wirklich gut, nur wusste sie einfach nicht mehr wohin damit. Sie könnte so einen Dildo-Abend machen, nur mit Tony Moly Produkten.
„Hi guys!“, rief sie und ging in die Küche.
„Ihr?“
Taecyeon und Junho saßen mit Donghae und Eunhyuk zusammen.
„Jup, Sondertraining. Noch 6 Tage bis zum Konzert“, meinte Taecyeon.
„MIR war das klar! Und JETZT kommt jemand auf die Idee Sondertraining zu machen?“
Nicht das da ein leicht kritischer Unterton mitschwang … Bevor Taecyeon sich wehren konnte kam schon Junho angesprungen.
„Mia, wir sind alle nur so aufgeregt und wir wollen das alles perfekt ist!“
Und dann grinste er sie an, mit diesem Grinsen gegen das sie einfach nicht ankommen konnte.
„Okay, I’ll just go change real quick.“
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Donghae ging mit ihr nach oben.
„Ist es okay dass ich euch zu der Sendung alleine fahren lassen?“
„Ja, wir kriegen das schon hin. Esse aber zwischen drin etwas, okay?“
„Ja, du aber auch.“
Er grinste seine Frau an und ging dann wieder nach unten.
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Das Training war mühsam. Irgendwie schienen einige zu kurz vor der ersten Show die Flatter zu bekommen und plötzlich klappten Tänze, die die ganze Zeit gut geklappt hatten, heute nicht mehr. Ständig mussten sie Teile wiederholen und wiederholen oder musste warten, bis Jae alles korrigiert hatte. Mia und Wooyoung saßen auf dem Boden Rücken an Rücken.
„Hey, ist alles klar bei dir?“
Sie lehnte ihren Kopf zurück und er tat es ihr gleich, so dass sie sich anschauten (während es für die anderen wahrscheinlich etwas dämlich ausgesehen hat).
„Ja, es geht. Und du? Ist Zoey sauer auf dich?“
„Ich weiß nicht, ich konnte sie gestern nicht mehr anrufen.“
„Sie ist sicher sauer.“
„Sie ist jähzornig.“
Wooyoung grinste.
„Du kennst sie also schon.“
„Als Freundin habe ich sie sehr gern, aber manchmal finde ich nicht gut wie sie mit Yesung umgeht.“
Yesung hatte seine Macken, sie alle hatten welche, aber wenn man sich für jemanden als Partner entschied, konnte man ihm dann seine Macken, von denen man vorher wusste, nicht vorwerfen. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf sagte ihr, dass sie auch nicht immer fair zu Kyuhyun gewesen war. Gut, sie und Kyu waren anders gewesen. Sie hatten sich gerade erst kennen gelernt und Kyuhyun hatte ihr mangelndes Vertrauen entgegen gebracht. Berechtigt? Das war schwer zu sagen. Sie hatte sich oft über Kyuhyun und sein Verhalten geärgert, nun, da sie den Hintergrund auch verstand, konnte sie ihm kaum noch böse sein, aber er hätte von Anfang an ehrlicher zu ihr sein sollen.
„Nur damit du Bescheid weißt, ich mische mich da nicht ein. Das ist eine Sache zwischen ihr und Yesung, ich will nicht das es am Ende heißt ich wäre der eifersüchtige Ex.“
„Nein, ich glaube nicht dass du das bist.“
„Thanks buddy.“
„No prob bro“, erwiderte sie grinsend.
„Los ihr zwei Turteltauben, weiter geht’s!“, rief ihnen Chansung zu.
„Ich denke ich kann nicht mehr aufstehen“, flüsterte Wooyoung.
„Ich auch nicht“, pflichtete Mia ihm bei und beide rappelten sich auf als wären sie Rentner.