Es war die Nacht der Telefonate. Als Mia gegen 00:30 im Dorm ankam, rief sie zuerst Donghae an.
„Und Taecyeon ist verletzt?! Was sagen die Ärzte?“
„Ich weiß nicht, ich muss Wooyoung noch anrufen.“
Sie erzählte von der Wette und dass sie stolz darauf war den Rundflug geschafft zu haben, Donghae sah das allerdings als neue Gelegenheit sie in Freizeitparks zu schleifen oder Pärchen-Bungee-Jumping zu machen. Den Zahn musste sie ihm noch ziehen. Nachdem sie Donghae ins Bett geschickt hatte, rief sie Wooyoung an. Der war gerade eben erst mit den anderen aus dem Krankenhaus gekommen. Taecyeon hatte eine Zerrung im Knie, was natürlich nicht so gut war, dennoch wollte er Morgen versuchen, soweit es ging, aufzutreten – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wooyoung hörte sich ziemlich geschlaucht an, doch Mia wusste nicht wie sie ihm helfen konnte.
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Bis sie ins Bett kam war es kurz nach 3 Uhr. Champagne lag an ihren Füßen, die anderen zwei Mietzen schwirrten durch’s Haus. Solange keine von den dreien auf die Idee kam Bumpkin und Pancakes zu essen, war alles in Ordnung.
Es war so leise. Mia lag mit offenen Augen im Bett und lauschte der Stille. Sonst hörte man immer irgendetwas, Donghaes Atmen oder einen Fernseher, wildes Getippe auf Tastaturen. Geisterhaus. Schließlich machte sie sich den Fernseher an um irgendein Geräusch zu haben.
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Um 9 Uhr stand sie auf. Miyon und Nari würden zum Frühstück kommen. Kaylee wollte Brötchen besorgen und Mia deckte schon mal den Tisch ein. Sie kam sich vor wie in der Wüste, die Temperatur hatte ihren Höchstpunkt erreicht. Die letzten Tage war es immer fast 40°C gewesen und Mia war froh den halben Tag in einer dunklen, kühlen Halle verbringen zu können – ihr Kreislauf freute sich darüber übrigens aus.
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„Taecyeon war einfach … mal abgesehen davon dass er mir mit dem Bein total leid tut … aber er war so … ach. Ich liebe Heechul ja wirklich … ob ich ihn vielleicht überreden könnte das Fitnessstudio nicht nur von innen zu besuchen um Smoothies zu trinken?“
Nari und Mia tauschten einen vielsagenden Blick aus. Es war erfrischend Miyon als Plaudertasche zu erleben. Normalerweise schwebte immer eine kleine Gewitterwolke über ihren Kopf.
„Na ja, vielleicht übt sich die Armee ja positiv auf ihn auf“, schlug Nari vor.
„Pff … habt ihr Kangin gesehen? Ich habe das Gefühl er wird immer dicker!“ Mia fragte sich wie DAS funktionierte.
„Ja! Und immerhin macht er richtigen Militärdienst!“, stimmte Miyon zu.
„Wer weiß … vielleicht ist das Essen, was er bei der Armee bekommt, besser als das, was Ryeowook kocht.“
„Nari, lass das ihn bloß nicht hören“, bat Mia sie und lachte.
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Kaylee hingegen verstand nur ‚Taecyeon‘, ‚Taecyeon‘, ‚Taecyeon‘ – den kannte sie ja auch mittlerweile.
Heute musste Mia nicht ganz so früh in der Halle sein und die Frauen nutzen es aus. Sie sahen sich viel zu selten, aber jede hatte ja genug zu tun und so freuten sie sich über diese Tage, an denen sie so zusammen kommen konnten.
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Mia fand das gleiche Chaos in der Halle vor wie am vergangenen Tag. Alle eilten umher, jeder war im Stress. Sie fand die 2PM Jungs recht schnell. Taecyeon hatte sein Bein hochgelegt und würde sich bis zur Show schonen. Besorgt blickte sie auf das Bein.
„Sag es nicht.“
Mia schaute Taec verwundert an.
„Was?“
„Dass mein Bein nicht gut aussieht, dass ich heute nicht tanzen sollte, dass ich dauerhafte Schäden davon tragen könnte …. Mist! Jetzt habe ich es selbst gesagt!“
Tja, vom eigenen Mundwerk auf’s Kreuz gelegt worden.
„Das wollte ich nicht sagen“, erwiderte Mia.
„Wirklich?“
„Wirklich. I understand why you are doing this and it’s not like I would always choose the healthy way. So I’m not in the position to criticize you.“
Lag sie nicht erst im Krankenhaus? Hatte sie danach ihr Leben geändert? Die Deutsche wurde aus den Gedanken gerissen als ein merkwürdiges Grinsen in Taecyeons Gesicht erschien.
„What?“
„You….!“
„Me what?“
„Youuuuuu …. like me!“
„No!“
Und damit bekam er den Programmablauf – der immerhin aus 20 Seiten bestand – über den Kopf gezogen.
„Au!“
„Serves you right Mister!“
Sie wollte sich gerade umdrehen, um zu den Stylisten zu gehen, als sie sich Wooyoung gegenüber fand. Er schaute sie an, seufzte und ließ den Kopf hängen.
„Was ist mit dir?“
„Ich habe mit unserem Manager gesprochen … er lässt euch nicht die Outfits wechseln“, erklärte er reuevoll.
„Hab ich mir gedacht“, erwiderte Mia trocken.
„Was?! Wieso hast du dich dann auf die Wette eingelassen?!“
„Um zu sehen wie du die Halle aufräumst.“
In diesem Moment fing Taecyeon so laut an zu lachen und bald waren die anderen herbei geschwirrt. Wooyoung kam sich verarscht vor, doch Wette war Wette. Mia hatte zu keinem Zeitpunkt wirklich damit gerechnet, dass sie die Outfits wechseln könnte. Wichtige Köpfe machten sich seit Monaten Gedanken über die Konzertreihe – nie im Leben würde sie sich in ihr Konzept reinreden lassen. Vor Mias inneren Augen sah sie das erste Konzert der Super Show 4 – Eunhyuk in seinem Hähnchenkostüm, der sich kurzfristig dazu entschieden hatte, doch etwas anderes anziehen zu wollen, um sich nicht vor allem zu Affen … ehm … Hühnchen zu machen. Wieso hatte man Eunhyuk nicht in ein Donkey Kong Kostüm gesteckt? Es würde zumindest seinem Äffchen-Ruf gerechter werden.
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Es folgten Proben und Soundcheck und dann wurde es Zeit sich fertig machen. Das Konzert heute war anders. Mia erwischte sich oft dabei, wie sie besorgt zu Taecyeon schaute, der sich tapfer schlug… Und dann übermutig wurde und sich von Wooyoung zum rumtanzen anstiften ließ, das – natürlich – dazu führte, dass er sich weh tat. Kopfschüttelnd stand die Deutsche hinter der Bühne, manche Leute lernten es einfach nicht.
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Sie hatte ein paar Minuten Zeit und wurde umgestyled, als Donghae anrief. Donghae?! Ihr Blick fiel auf die Uhr – sollte er nicht gerade selbst ein Konzert geben.
„Cupcake?!“, rief sie in das Telefon, da es bei ihr so laut war.
„Liebling!“, brüllte er ebenfalls, da es auch bei ihm so laut war.
„Don’t you have a show?!“
„Yes. I have break. You?“
„I’m on my breakt too! What’s up?!“
Immerhin hätte er sie später anrufen können, wenn es bei ihnen beiden ruhig war.
„I need to tell you!“
„Tell me what?!“
„I LOVE YOU!“
Mia fing an zu grinsen.
„I LOVE YOU TOOOOOO!“
„Okay, got to go on stage!“
„Have fun!“
„What’s the name of those screaming monkeys?“, fragte Kaylee und Mia hob drohend das Glätteisen.
„He’s just romantic – get me something to drink.“
Wenn Kaylee frech war, fing Mia an sie rum zu bossen. Für was hatte man auch sonst Assistenten?
Jedenfalls war es irgendwann vorbei und Mia war froh drum. Sie hasste es so lange nicht zu denken, denn das tat sie bei Konzerten nicht. Es gab überhaupt keine Zeit zum Denken. Man musste einfach seinen Ablauf durchgehen, so wie Hunderte Male zuvor im Training. Man wurde zum Roboter und das war auch gut so. Wenn Mia anfing darüber nachzudenken wie viele Leute in dieser Halle waren und wie viele Leute sie im Höschen gesehen hatten, wo Wooyoung sie überall angefasst hatte und dass es ihr eigentlich peinlich sein sollte, dann wäre gar keine Zeit mehr zum Tanzen.
Als sie am Ende alle mit ihren 2PM Shirts auf die Bühne rannten um ein letztes Mal für heute Party zu machen, war Mia erleichtert und glücklich-erschöpft.
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Nach der Show ging sie duschen. Viele waren schon weg oder besprachen ihre Pläne für das Abendessen. Die Deutsche freute sich einfach nur unter der Dusche zu sein und so lange wie es brauchen würde, bis ihre Haare trocken waren, würde sie ohnehin niemanden mehr zum Abendessen erwischen.
Bis Mia letztendlich die Mädchen-Umkleide verließ, mit trockenen Haaren und frischen Klamotten, waren viele schon ausgeflogen und Ruhe kehrte langsam in die Halle ein.
„Where are the 2PM boys?“, fragte sie Kaylee, die auf einem Sofa saß und durch eine Zeitung blätterte.
„All gone.“
Verwundert zog die Deutsche die Augenbrauen hoch. Normalerweise ließ man sie nicht in Ruhe und schleifte sie mit in ein Restaurant, aber gut, das Wochenende war auch anstrengend genug, mit Taecyeons Unfall und den beiden Konzerten.
Gut, war ja nicht so als wäre sie verloren in dieser Stadt. Sie wollte sich kurz von der Halle ‚verabschieden‘, jetzt wo die Show vorbei, when all is said and done.
Und dann entdeckte sie Wooyoung, mit einem Besen.
Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und dann fing Mia an zu lachen, so richtig herzlich.
„Ja, ja, lach du nur! Das wolltest du doch sehen! Nehme es doch auf Video auf und lade es bei Youtube hoch!“
Noch immer lachend ging sie auf ihn zu und knuddelte ihn – was er widerwillig zuließ.
Schließlich schnappte sich Mia auch einen Besen und half ihm die Bühne frei zu fegen. Sie machten daraus einen Wettbewerb und unterteilten die Bühne ihn verschiedene Sektoren. Irgendwann kam dann aber das reguläre Putzpersonal dazu und schaute die beiden nur ziemlich verwirrt an. Natürlich würden sie nicht die Künstler die Halle sauber machen, doch das letzte Stück der oberen Bühne ließen sich Mia und Wooyoung nicht nehmen und als sie in der Mitte vorne ankamen, waren beide völlig aus der Puste und ließen sich nebeneinander zu Boden sinken.
„Das war meine verlorene Wette.“
„Ich will dir nur zeigen wie nett ich bin.“
Nun war es an Wooyoung zu lachen.
„Sicher…“
Damit hätte sie vor sechs Wochen anfangen können, jetzt glaubte ihr das keiner mehr.
„Danke … dass du unsere Tänzerin und Lehrerin warst.“
Mia lächelte ihn an.
„Gern geschehen.“
Eine Weile blieben sie auf der Bühne liegen.
„Musst du nicht nach Hause?“
„Wieso?“
„Macht sich Donghae keine Sorgen, wenn du so lange weg bist?“
„Ach … pff… er vertraut mir. Wir sind Freunde, du und ich – nur Kaylee denkt das Junho mich … mag.“
Wooyoung grinste von einem Ohr zum anderen.
„Das tut er.“
„Was? Du machst dich lustig über mich!“
„Nein, ehrlich, er hat dich als Frau sehr gerne – aber er mag auch Donghae, also keine Sorgen.“
Mia rollte nur die Augen.
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Nachdem das Putzpersonal dann Staubsauger raus holte, verschwanden die beiden und beschlossen etwas essen zu gehen. Kaylee hatte Mia schon nach Hause geschickt, für Morgen stand nichts Wichtiges auf dem Programm, außer dass die Welpen irgendwann morgen Nacht nach Hause kommen würden und hey, es war Samstag. Die ganze Stadt war noch am Leben und am pulsieren.
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Mia und Wooyoung fuhren auf die Karosugil und suchten sich ein Restaurant, was nicht sonderlich schwer war. Es war eines dieser Lokale für junge Leute, sie bestellten sich Suppen und frittiertes Hühnchen, Fisch und Gemüse und Topogi.
„Ich glaube gar nicht, dass die Show jetzt schon vorbei ist.“
„Ja, man bereitet sich so lange vor und dann Zack – schon ist es vorbei.“
Eigentlich war es deprimierend. Es waren diese Moment, die man gerne genießen würde, die dann schneller vorbei waren, als man wollte. Mia erinnerte sich an ihren Hochzeitstag, der so alles andere war, als geplant und dennoch ihr traumhaft in Erinnerung geblieben war. Sie schaute sich gerne heimlich ihre Hochzeitsbilder an, die sie niemanden zeigen konnten, obwohl sie so gerne damit angegeben hätte.
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Durch das Klingeln ihres Telefons wurde sie aus dem Gedanken gerissen.
„Hallo?“
„Hallo, Frau Martin?“
„Ja.“
„Mein Name ist Yoon, ich bin Redakteur von KBS.“
„Oh ja, ich erinnere mich“, was nicht bedeutete dass sie den leisesten Schimmer hatte, wieso einer der Chef-Redakteure von KBS sie kurz vor Mitternacht anrief.
„Hören Sie, ich weiß das Herr Kim zurzeit nicht da ist, aber mein Assistent hat es geschafft die Unterlage über die kommenden Strong Heart Folgen zu löschen. Ich hatte Herrn Kim letzte Woche eine Kopie zukommen lassen, da Leeteuk in jeder Sendung vertreten ist. Er sagte mir eben am Telefon, dass die Unterlagen in seinem Büro liegen müssten …“
„Ich habe verstanden, ich werde gleich zu SM Entertainment fahren.“
„Danke schön. Ich schicke Ihnen meine Emailadresse, könnten sie mir die Scans bitte zuschicken?“
„Kein Problem.“
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Seufzend legte sie auf. Wo waren die Zeiten hin, in denen man Samstagnacht noch ausgegangen war?
„Du, ich muss für KBS etwas erledigen.“
„Soll ich warten?“
„No, no. I have to look up something in Kims office – it’s like a Jungle. I think I need some time.“
„Okay, dann ruf an falls du doch nicht so lange brauchst und wenn nicht telefonieren wir die Tage?“
„Alles klar.“