Irgendwann war die Gruppe in ‚The Tab‘ gewandert. Das Gebäude war architektonisch total lustig, was allen anderen außer Mia herzlich egal war. Der Innenhof war ein ehemaliges Gebäude, von dem nur noch die Außenseiten standen. Dort waren noch die Fenster und man konnte sehen wo früher die Öfen waren. Man hatte sie mit Stahlträgern stabilisiert. Von dem Innenhof ging rechts eine Wendeltreppe nach oben und führte in das Nachbargebäude, in dem sich Studentenwohnungen befanden. Geradeaus in dem Gebäude war ein Restaurant und oben drüber ebenfalls Wohnungen – mit ‚in Ruhe lernen‘ war hier am Wochenende auch nichts bei den Partys. Hinten rechts war die eigentliche Bar, mit einer Art Wintergarten vorne dran. Vor dem Eingang zu dem Restaurant war eine Bühne aufgebaut, auf welcher die Leute tanzten und der DJ auflegte.
Mia mochte das. Es war warm, die Musik dröhnte durch die Straßen und alkoholfreie Getränke waren kostenfrei. Super Abend. Vor dem Eingang zum Tab hatte der Italiener von nebenan einen Straßenverkauf von Pizzastückchen aufgebaut – auch super. Irgendwann gegen 1 Uhr hing Mia der Magen zwischen den Kniekehlen.
„What’s wrong?“, fragte Phillip der kaum von ihrer Seite wich.
„I’m hungry!“, rief sie, um die Musik zu übertönen.
„Wanna get some pizza?“
Sie nickte. Also bahnten sie sich ihren Weg durch die Menge und Mia aß gleich zwei große Stücke hintereinander.
„So you know Jessi from Germany?“
„Jup, we were in the same cheer squad – like 10 years ago.“
„I knew it!“
„Knew what?“, fragte sie grinsend.
„You’re a cheerleader – you totally look like one.“
Mia lachte fröhlich.
„I take that as a compliment.“
„That what it was supposed to be. You have that shine around you – you’re shiny.“
Shiny … Shinee … Mias Herz zuckte schmerzhaft zusammen.
„I’m not as shiny as you think …“
„Why? What’s your unshiny side?“
Sie glaubte dass es dieses Wort gar nicht gab, aber das war egal.
„I left the man I love most because I was too scared to face our problems.“
Phillip schien nach Worten zu suchen.
„What kind of problems?“
„With the company we’re working for … they don’t approve relationships within the company, so one of us will loose his job or maybe both of us, but he worked so hard to get where he is…“
„So you though leaving him and the company will help not to get him fired?“
„Jup.“
„That’s the most stupid-romantic thing I’ve ever heard!“, amüsierte er sich.
„Excuse me?“ Mia fand das gar nicht so amüsant.
„That would not even work in a movie! Come on, it’s just a job! Sure it sucks when you lose your jobs, but at least you won’t lose yourselfs. If you really love him and he really loves you, then what’s a job? Now you are heartbroken, he is heartbroken and probably worried to hell.“
Hm. Mia starrte diesen Fremden an, den sie gerade mal ein paar Stunden kannte und der ihr mehr geholfen hatte als ihr Gewissen.
Doch sie war noch nicht bereit darüber genau nachzudenken, es war mitten in der Nacht und sie waren auf einer Party. Also schnappte sie sich Phillips Hand und zog ihn zurück ins Tab um zu tanzen.
Glücklicherweise hatte sie Mr Liam Payne (in the ass) den ganzen Abend noch nicht gesehen. Gegen 2 Uhr gingen sie neben an ins ‚Vault‘ und so sah es da auch aus! Es erinnerte sie ein wenig an das Black Sounds in Hanau, wo sie damals gearbeitet hatte, nur nicht so groß.
Gegen 02:30 begann der Club sich aber zu leeren.
„Wollen wir woanders hin? Hier ist nichts mehr los“, fragte sie Jessi.
„Ne, das schließt alles um 3.“
„Was?!“
Was war das denn? Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem man in Bars noch rauchen durfte, links auf dem Highway abbiegen konnte und Telefonieren am Steuer nicht verboten war, machte um 3 Uhr dicht?! Das war orthodox.
Jessi versuchte vom Barhocker aufzustehen und verzog das Gesicht.
„Was ist?“
„Schuhe.“
„Na komm, ich hol das Auto.“
Sie hatten in der Parallelstraße geparkt, welche durch ein Parkhaus mit dem Broadway verbunden war.
„Sicher?“
Jessi hätte jemanden mit ihr mitgeschickt, doch die meisten hatten schon ‚Gute Nacht‘ gesagt und sie waren mit zwei Mädels alleine, die sich nun ein Taxi riefen.
„Kein Ding, ich bin in zehn Minuten da.“
Und so machte sie sich auf dem Weg. Überall waren Polizisten und schauten ob sich die Partyleute in Zaum hielten – wer sollte ihr schon etwas tun?
„You shouldn’t walk alone.“
Aus dem nichts tauchte Liam neben ihr auf und Mia machte aus Panik einen Satz zur Seite und erschreckte sie zu Tode.
„Holy shit!“
Mia blieb stehen und hielt sich das Herz. Nur ihre jahrelange Buffy-Zuschauer-Erfahrung haben ihr diese Ninjareflexe eingebracht.
„Somehow I was better off alone“, stellte sie fest.
„Shouldn’t walk alone when you’re that jumpy“, ergänzte er seine Diffinition.
Mia hätte ihm gerade an den Hals springen können. Aber nein, sie war brav und machte sich wieder auf dem Weg zum Auto – Liam lief neben ihr her.
„I thought you would torture me the whole night, where have you been?“
Tatsache, nachdem er gesagt hatte, dass sie sich beim ‚Bar Crawl‘ sehen würden, fing sie an ihn überall zu sehen.
„Watching you from afar.“
„Oh come on, that’s so pathetic.“
„No, I was looking after you so you won’t get into any trouble.“
Mia blieb wieder stehen und schaute zu ihm.
„And why would you do that Mister Payne in the ass?“
Sein Blick wurde ziemlich ernst.
„Because Jihoon once cared about you a lot and I know that he wouldn’t want you to get hurt, when somebody is around who could have looked after you.“
Es war das zweite Mal an diesem Abend, dass sie jemand sprachlos machte und sie mochte es nicht.
„Wieso hast du deine Meinung geändert?“
„Weil sie zurück kommen muss.“
Nach der Autogrammstunde hatte Leeteuk Key gesucht und ihm eröffnet, dass er die Mia-Schnitzeljagd unterstützen würde. Key hatte das nach Leeteuks Auftritt bei der ersten ‚Sitzung‘ ziemlich überrascht.
„Wie hast du dir das vorgestellt?“
„Ich habe einen extra Twitter-Account eröffnet, an welchen die Fans die Hinweise schicken sollen. Jeder, der ein Bild oder einen brauchbaren Hinweis rein schickt, wird eingeladen zu einer Autogrammstunde.“
Er hatte die halbe Nacht darüber nachgedacht. Bald würde auffallen, dass Mia nicht da war, so könnten sie es als Spiel tarnen und niemand würde denken, dass die Assistentin wirklich abgehauen sei. Teukie wusste das Kim nicht begeistert sein würde, doch einerseits war er irgendwie an dem Desaster Schuld, andererseits war es wohl nicht das erste Mal, dass ihm etwas nicht passte.
„Was ist mit Donghae?“
„Ich habe mit ihm gesprochen. Er sagt es sei meine Entscheidung und dass er mich oder uns nicht davon abhalten könnte, er es aber nicht unterstützt.“
In diesem Moment klingelte sein Handy.
„Oh“, machte Leeteuk.
„Mia?“ Wishful thinking …
„Schlimmer … Heechul.“
Der Bandleader drehte sich weg und ging ans Telefon.
„Hallo Heechul, schön von dir zu hören!“, sagte er fröhlich.
„Hyung … was ist los?“
„Wie was ist los?“
„Ich höre es an deiner Stimme.“
„Was?“
„Das was los ist.“
„Was ist los?“, fragte Leeteuk und versuchte den Spieß umzudrehen.
„Spuck es schon aus! Ich habe nur begrenzt Zeit zum Telefonieren! Ich will wissen was alles schon passiert ist – zweifellos ist etwas passiert, ich bin ja nicht da um die Dinge gerade zu rücken.“
Leeteuk verspürte die Lust aufzulegen.
„Mia und Donghae haben heimlich geheiratet um ihr ein Visa zu besorgen, Kim fand es heraus und wollte sie reinlegen, hat Donghaes Vertrag mit den Kündigungsklauseln so versteckt das Mia in findet, was auch geschah und nun ist sie abgehauen und wir wissen nicht ob sie noch in Korea ist oder schon auf einem anderen Kontinent.“
Es vergingen ein paar Sekunden.
„Ihr habt Mia verloren?! Hyung, das schießt den Vogel ab! Ich dachte an kleiner Katastrophen, aber nicht das ihr einen GANZEN Menschen verliert!“
Schon wieder dieses Bedürfnis aufzulegen.
„Wir haben sie nicht verloren! Wir waren in Japan! Sie ist einfach auf und davon! Wieso bist du nicht geschockt wegen der Heirat?“, fragte der Bandleader irritiert.
„Ich habe es vermutet. Erstens haben sie sich auffällig benommen, Mia hat mal komisch reagiert, als ich Andeutungen in die Richtung gemacht habe und sie hat den gleichen Ring am Ringfinger wie Donghae.“
„Haben sie?“
Leeteuk hatte darauf nicht geachtet. Wie konnte er auf so was nicht achten?! Sonst fiel ihm alles möglich auf!
„Ja, haben sie. Was unternehmt ihr um das Problem zu lösen?“
„Wir setzen Twitter ein, starten eine Schnitzeljagd, bei der wir erzählen dass wir ein neues Spiel haben und sich Mia vor uns versteckt und die ELF und Hinweise und Bilder zu ihrem möglichen Aufenthaltsort schicken.“
„Die Idee hätte von mir sein können…“
„Die Idee ist von dir. Weißt du nicht mehr, vor zwei Jahren, als Kyuhyun in Shanghai verschwunden war? Da wolltest du diese Methode anwenden.“
„Siehst du, als seid ihr doch aufgeschmissen ohne mich!“
„Wir werden sie finden.“
„Ja und dann leg ich sie über’s Knie weil sie mich um eine Hochzeitsfeier gebracht haben. Ich muss jetzt auflegen … Jungsu … passe gut auf dich auf.“
„Passe DU gut auf dich auf.“
„Keine Sorge, ich bin nur in der Armee – ihr hingegen seid im Dschungel der Wirklichkeit ohne Kompass.“
Leeteuk rollte mit den Augen.
Um 9 Uhr waren Jessi und Mia schon wieder wach und saßen auf der Veranda.
„Was hälst du davon wenn wir unsere Sachen packen, uns ins Auto setzen und nach Destin fahren?“, fragte Jessi ihre Freundin.
„Destin … wie Destin Florida?“, manchmal zahlte es sich aus Reiseverkehrskauffrau zu sein.
„Ja, das Militär hat da ein Gelände, mit Strand und einem Hotel.“
„Ich will nicht ans Meer.“
Meer erinnerte sie an Donghae. Am Strand, damals in Malaysia, als er ihr das erste Mal gesagt hatte, dass er sie liebte. Strand stand auf für den Heiratsantrag von Jihoon. Strand stand aber auch für unheimlich guten Sex mit Donghae in Brasilien. Strand hatte eine viel zu schwerwiegende Bedeutung. Jessica zog die Augenbrauen hoch.
„Ich denke, ich werde zurück fliegen.“
„Nach Seoul?“
Mia nickte.
„Ich habe versucht vor Problemen weg zu laufen, vor denen ich nicht weglaufen kann und damit verletzte ich nur den Menschen, den ich niemals verletzten wollte …“
„Willst du mir nicht endlich sagen was passiert ist?“
„Jessi. Ich HABE geheiratet. Die Geschichte ist wahr.“
„Ach du Scheiße!“
Mia holte ihren Laptop. Am Montag um 00:30 ging ein Flieger mit der Delta von Atlanta nach Incheon – den buchte sie sich. Somit hatten sie jetzt noch knapp 1,5 Tage Zeit. Um kurz nach 11 Uhr brachten die Eltern der Klassenkameradin von Trinity die Tochter nach Hause. Die Kleine freute sich unheimlich und musste natürlich alles erzählen was sie so beim Camping erlebt hatten.
Jessi half dann irgendwann Trinity beim Auspacken und beim Rauslegen der Sachen, die sie am Montag in der Schule brauchen würde. Mia blieb auf der Veranda sitzen. Sie würde zurückkehren. Es fühlte sich richtig an. Sie würde zu Kim gehen, nein, sie würde zuerst zu Donghae gehen und ihm sagen, dass sie ihn liebte und dass sie diese Zeit gemeinsam überstehen würden und wenn man ihn aus Super Junior raus schmeißen würde, dann würden sie ihre eigene Band gründen! Jawohl! Super Duo! Und GD würde sie zum Manager machen … Vielleicht gab es ja auch noch andere Möglichkeiten. Immerhin war es Menschenrechtsverletzung! Sie lebten in Korea, nicht in China, niemand konnte jemanden vertraglich vorschreiben nicht zu heiraten. Nach den ganzen ‚Slave contract‘-Skandälen würde SM sicher nicht wollen, dass so etwas an die Öffentlichkeit geriet.
Jessi kam wieder raus und setzte sich neben sie.
„Also, noch mal zurück zum Thema, was ist passiert?“
„Eigentlich verlief alles nach Plan … nur der Plan war Kacke…“, grübelte Mia.
„Ich bekam mein Visum nicht verlängert und Donghae machte mir einen Antrag. Er sagte es sei egal wann wir heiraten, weil er ohnehin geplant hatte, dass wir heiraten…“
Jessi ‚ooooh’te und verzog das Gesicht.
„Anfangs wollte ich nicht, weil ich dachte er mache das nur wegen dem Visum. Dann haben wir doch geheiratet und haben es geheim gehalten. Am Abend bevor ich her kam, habe ich im Büro von unserem Chef Donghaes Vertrag gefunden und die Passagen, in denen stand, dass er nicht heiraten dürfte und welche Konsequenzen ein Verstoß mit sich brachte, waren markiert. Er hatte auch Bilder von uns vor dem Standesamt. Super Junior ist alles für ihn. Sie sind eine Familie. Ich kann nicht riskieren, dass er all das aufgeben muss.“
„Du musst zurück! Die können ihm doch nicht vorschreiben wen er wann heiratet! Und wenn du ihn liebst und er dich, dann war die Hochzeit auch keine falsche Entscheidung.“
Sie nickte auch wenn sie wusste das Korea etwas anders tickte. Wenn man in der Öffentlichkeit stand, musste man sich entsprechend zurück halten. Allein schon dass sie offiziell zugegeben hatten ein Paar zu sein war für die Fangemeinde schon fast zu viel gewesen. Sie wollte gar nicht wissen, wie viele Promis tatsächlich verheiratet waren und es einfach niemals öffentlich gemacht haben. Auf der anderen Seite war Korea im Wandel. Jedes Idol, das zu seiner Beziehung stand, setzte einen Eckpfeiler in der Entwicklung und eröffnete zukünftigen Idols eine neue Form der Freiheit. Immer mehr Idols standen zu ihren Beziehungen und machten sie öffentlich und die Reaktionen wurden jedes Mal ein wenig milder. Vielleicht würde es irgendwann eine Zeit geben, in der es kein fangemeinschaftlicher Selbstmord war zu sagen ‚Das ist die Person die ich liebe und mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte‘.
Den Rest des Tages war Jessi damit beschäftigt eine Abschiedsfeier in Nates Bar zu organisieren. Mia hingegen brachte Trinity ‚Gee‘ bei. Eigentlich war das Kind arm dran. Schon seit ihrer Geburt hatten Jessi und Mia beschlossen sie zu einem Cheerleader zu machen und seit die Kleiner einigermaßen koordiniert ihre Arme und Beine bewegen konnte, war sie dazu geknechtet worden Motions zu lernen. Glücklicherweise schien sie daran Spaß zu haben – nicht auszudenken, was sie hätten unternehmen müssen, wenn sie Interesse in Fußball gezeigt hätte …
Um 18 Uhr machten sie sich los zu dem BBQ. Es waren nicht viele da – Mia war ja auch nicht wirklich lange dort gewesen – doch die Stimmung war super.
Mia stand gerade an der Bar um noch etwas zu trinken zu holen, als plötzlich wieder Liam neben ihr auftauchte.
„You’re messing up my plan.“
„You never told me your plan“, bemerkte Mia.
„Who are you? Since you don’t have to keep my secret anymore you can just tell me.“
„I wanted you for a photoshooting“, erklärte Liam.
„For?“
„The Playboy.“
„What?!“
„I’m a journalist, working for the Playboy and I already asked SM Ent twice! It’s driving me nuts.“
Mia grinste.
„Seems like my boss isn’t that bad at all…“