Fasst zwei Stunden war Mia spazieren gegangen um wieder runter zu kommen. Fast wäre sie aufgeflogen. Sie hatte gewusst dass es riskant war, auch wenn sie eher Angst vor den Fans gehabt hatte, als vor Leeteuk, doch die Kombination Haare schneiden + Haare färben + Mundschutz, war wohl Tarnung genug gewesen für die ohnehin abgelenkten Fans.
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Schließlich hatte sie sich doch irgendwann ein Taxi genommen und war zum Hotel zurück gefahren. Auf den letzten Metern hielt sie noch am Supermarkt und holte sich eine von diesen riesigen, koreanischen Birnen und etwas zu trinken. Viel Spaß hatte sie auf dem Zimmer nicht. Die Deutsche kam sich völlig abgeschottet vor. Erst gegen 4 Uhr war sie dann eingeschlafen.
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Der Schlaf hielt nicht lange. 5 Stunden später war sie wieder wach gewesen. Sie musste raus, sie brauchte Platz zum denken und das Zimmer reichte nun wirklich nicht aus. Bemüht so schnell es ging aus dem Hotel raus zu kommen, riss sie die Tür ihres Zimmers auf und fand?
„Jaejoong?!“
Seinen Kopf leicht zur Seite geneigt, stand der Sänger vor ihrer Tür. Mia reagierte impulsiv und schloss die Tür wieder. Ein Klopfen. Sie reagierte nicht.
„Mia. Mach auf.“
Sie reagierte immer noch nicht.
„Ich weiß dass das die einzige Tür zu diesem Zimmer ist und wenn es sein muss sage ich alle meine Termine ab!“
Das war ein Bluff. Nie im Leben würde man zulassen, dass er keinen Termin wahr nahm.
„Du weißt, je länger ich hier draußen stehe um so höher sind die Chancen, dass ich entdeckt werde und wenn ich entdeckt werde, wirst du entdeckt. Also was auch immer du vor hast – und das inkludiert anscheinend auch das ’nicht auffallen‘ – diese Variable solltest du mit einbeziehen.“
Sie rollte genervt die Augen und machte die Tür auf. Jaejoong stand da und schaute sie an, aus Angst er würde die Tür ins Gesicht bekommen, wenn er versuchen würde in das Zimmer rein zu gehen und Mia es sich in der Zwischenzeit anders überlegen würde.
„Jetzt komm schon!“, motzte sie und zog ihn am Ärmel hinein. Zumindest stand er jetzt in ihrem Zimmer und nicht mehr auf dem Flur, wo er eindeutig viel zu auffällig gewesen war.
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„Was hast du dir gedacht?!“, fuhr er sie an. Überrascht von dem plötzlichen Stimmungswechsel zuckte sie zusammen.
„Heute Nacht hat mich Eunhyuk angerufen um mir mitzuteilen, dass Leeteuk nun wirklich durchgedreht war, weil er beharrte dich gestern Abend gesehen zu haben!“
„I was at SuKiRa.“
„Ja, warst du! Was denkst du dir? Wie lange versteckst du dich hier schon?!“
„Seit gestern“, sagte sie kleinlaut und ließ sich auf’s Bett sinken.
„Seit gestern? … Und deine Tarnung fliegt jetzt schon auf …?“
Sie hörte den leicht kritisch-amüsierten Unterton in seiner Stimme und versuchte es zu ignorieren.
„Wo warst du vorher gewesen?“
„In Amerika.“
Mia blickte auf und sah einen fragenden Ausdruck in seinem Gesicht.
„Ich musste weg. Ich habe Freunde dort.“
„Aber du bist zurück gekommen.“
Es war eine Feststellung, da sie ja offenbar zurück gekommen war. Mia nickte und schließlich setzte Jaejoong sich neben sie.
„Darf man hier rauchen?“, fragte er gestresst und Mia zückte ihre Zigaretten.
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Mia bat Jaejoong den anderen nichts zu erzählen, da sie noch nicht bereit dazu war ihnen gegenüber zu treten. Schweren Herzens ließ er sich darauf ein, beschloss aber ihr umgekehrt auch nicht alles zu erzählen. Gleiches Recht für alle. So enthielt er ihr, für jede Information die er ihr gab, eine andere vor. Er erzählte ihr zum Beispiel dass Kim die ganze Geschichte nicht ernst gemeint hatte und nur versucht hatte, ihr einen Denkzettel zu verpassen – diese Information war wichtig für ihr weiteres Handeln. Dafür erzählte er ihr nicht, dass Leeteuk und die anderen Tausend von Fans auf eine Mia-Schnitzeljagd geschickt hatten.
„Wie hast du mich eigentlich gefunden?“
Die Frage kreiste Mia schon eine Weile im Kopf herum, doch musste sie den Schock, dass sie wegen eines Denkzettels ihr Leben aufgegeben hatte, erst einmal überwinden.
„Na ja, du orientierst dich gerne an Dingen die du kennst… Das erklärt auch deine komischen Essgewohnheiten. Ich habe also alle Hotels in Seoul abgeklappert, in denen du schon mal gewohnt hast.“
Sie fühlte sich wie auf den psychologischen Frauenarztstuhl gesetzt.
„Was hast du jetzt vor?“, fragte er sie.
„Also ich wollte jetzt frühstücken und dann zum Doeksungung“, sagte sie so dahin und er zog die Augenbrauen zusammen.
„Das meine ich nicht, Dummkopf!“
Das wusste sie auch! Doch die Sightseeing-Entscheidung war viel einfacher gewesen.
„Ich weiß es nicht! Ich weiß nicht ob ich zuerst mit Kim reden soll, mit Donghae oder mit allen. Ich muss mir Gedanken machen.“
„Dann solltest du schnell machen, du befindest dich auf feindlichen Terrain. Sie werden dich hier finden.“
Jaejoong stand langsam auf.
„Komm heute Abend zu mir zum Essen.“
„Ich weiß nicht …“
„Ich verrate niemanden dass du hier bist. Komm heute Abend zu mir, sagen wir 21 Uhr?“
Mia nickte, sie wusste nicht ob sie hingehen würde.
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Jaejoong erzählte niemanden das Mia wieder in Seoul war, aber aus irgendeinem Grund, reichte jemand anonym einen Tipp bei Twitter ein, dass Mia nun kurze, blonde Haare hatte. Ohne Bild, nur die Info. Leeteuk saß mit skeptischen Blick vor seinem Telefon.
„Hier schreibt jemand, dass Mia kurze, blonde Haare hat.“
Er saß mit Donghae, Shindong, Eunhyuk und Kyuhyun im Warteraum zu einer Aufzeichnung und alle schauten auf.
„Denkst du sie würde das machen?“, fragte Eunhyuk. Wie konnte sie sich diese Haare abschneiden?
„Wenn sie versucht sich zu verstecken? Ich traue es ihr zu…“, meinte Kyuhyun. Donghae schaute zwar auf, sagte aber nichts weiter dazu. Leeteuk beschloss diese Information wichtig für die Schnitzeljagd war und gab den Tipp weiter an die mittlerweile 56.466 Folger bei Twitter.
Natürlich war es Jaejoong gewesen! Er fand es nur fair, dass wenn Mia ein paar Informationen bekam, die andere Seite auch ein paar Informationen bekam und eigentlich würde er sich freuen, wenn dieses ganze Drama ein Ende fand.
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Mia verließ das Hotel und lief in Richtung Doeksungung. Ein Denkzettel? Aber hallo! Mia hatte das Risiko aufgenommen alles zu verlieren, wegen eines Denkzettels? Irgendwie wurde ihr SM zu viel. Nach all den Sachen, die dieses Jahr schon geschehen waren, all die Hinterhältigkeiten und Fallen, die man ihr mich Absicht gestellt hatte um sie dahin zu befördern, wo Kim sie wollte.
Vielleicht hätte sie nicht wieder kommen sollen. Vielleicht wäre dass der glatte Schnitt gewesen, den die gebraucht hätte um ein neues Leben anzufangen. Doch in diesem Leben wäre dann auch kein Donghae und diesen Gedanken ertrug sie nicht.
Links neben den Palast gab es einen Dunkin Donuts, wo sie sich Frühstück holte um dann die Straße, die am Palast links hoch führte entlang zu gehen. Diese Straße war bekannt. Es hieß, wenn hier Pärchen entlang gingen, sie sich bald trennen würden. Es gab kleine Sitzgelegenheiten und viele Straßenkünstler malten hier. Mia setzte sich mitten rein und frühstückte.
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Nach der Aufnahme schaute Leeteuk auf sein Handy. Die Information über Mias Haare, hatte den Fans wohl geholfen, denn zig neue Tweets waren eingegangen.
„Oh schaut mal!“
Jemand hatte Bilder getwittert. Eine junge Frau, mit kurzen, blonden Haaren saß … wo sagte der Fans, ah, an der Straße zum Doeksungung, und aß etwas. Leeteuks Augen verengten sich.
„Könnte das Mia sein?“
Donghae schnappte sich das Handy, schaute zwei Sekunden darauf.
„Ja, das ist sie.“
Die anderen schauten ihn ungläubig an.
„Hallo? Es hat einen Donut in der Hand!“, erklärte Donghae genervt, weil er mit der ganzen Schnitzeljagd ja nichts zu tun haben wollte. Wenn sie ihm etwas zu sagen hatte, dann musste sie ihren Hintern gefälligst zu ihm schwingen. Er würde Mia nicht zum Schnitzel machen.
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Es war brütend heiß in Korea. Mia trug schon nur eine Hotpan und ein luftiges Oberteil und trotzdem war ihr warm. Weswegen der Besuch im Palast auch nur recht kurz ausfiel – ohnehin kam sie nur wegen dem Café dahin, bei dem es leckeren Kuchen gab.
Dann wanderte sie durch die alte Stadt. Sie kam an dem Denkmal des Kriegers vorbei, der die Japaner irgendwann mal in die Flucht geschlagen hatte und dessen Namen sie sich einfach nicht merken konnte. Es war an dem langen Platz vor dem Gyongbukung und die Kinder spielten in den Wasserfontänen vor dem Denkmal. Die Deutsche setzte sich kurz hin und beobachtete das fröhliche Treiben. Sie würde sich gerne so gehen lassen.
Aber hey, Wasser konnte sie auch haben! Der Cheonggyeocheon war nur ein Katzensprung entfernt! Sie holte sich also etwas zu trinken und ging zu dem kleinen Flüsschen, was quer durch die Innenstadt führte. Hier hatte sie Donghae damals ins Wasser geschupst … aus Versehen natürlich … als er seine spitze Bemerkung bezüglich Jihoon und heiraten abgelassen hatte. Ein Lächeln streifte ihr Gesicht.
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Getrieben von Langeweile lief sie letztendlich bis zu den Herzen – gut fünf Kilometer von dem Anfangspunkt entfernt und mitten im Nirgendwo von Dongdaemun. Eine Weile setzte sie sich in auf die Stufen vor die Herzen und ließ die Seele baumeln. Es war noch zu früh, erst heute Abend würden die Herzen angestrahlt werden. Links von ihr war eine Brücke über den Fluss und an den Brückenpfeilern waren Herzchen und auf einem stand ‚Love in Seoul‘. Ja … love in Seoul, wie wahr. Sie dachte an Donghae. Sie vermisste ihn. Vermisste es ihn nicht bei sich zu haben, sich nicht an ihn lehnen zu können, sein Lachen nicht zu hören … Sie musste etwas an diesen Zustand ändern … aber erst Morgen, heute genoss sie es noch Tourist zu sein.
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Bevor Mia zu Jaejoong fuhr, fuhr sie zurück ins Hotel und machte ein Nickerchen. Sie war heute gut 8 Kilometer gelaufen, da hatte man sich auch ein Nickerchen verdient. Fast schon hatte sie vergessen wie weitläufig diese Stadt sein konnte. Vor allem merkte man es erst später – zu spät. Man war beschäftigt, es gab so viel zu sehen und erst, wenn das Gehirn wieder Zeit hatte darüber nachzudenken, begannen die Beine zu schmerzen.
Das Nickerchen war also willkommen und Mia murmelte sich in die flauschige Decke ein, die Klimaanlage auf volle Pulle.
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Sie schlief fast bis 8 Uhr und geriet dann in Hektik um sich fertig zu machen. Sie zog sich leger an – immerhin konnten sie nirgendwo hin und würden somit nur in Jaejoongs Wohnung sein. Mia setzte sich vor den Spiegel, wollte gerade anfangen sich zu frisieren, als sie ihrem Ich im Spiegel begegnete. Sie hatte gar keine Haare mehr zum frisieren. Kurz starrte sie sich an – wie hatte sie das vergessen können? Kurzfristiger Realitätsverlust? Kim würde sie umbringen. Nicht dass sie sich nicht gefiel, sie konnte kurze Haare tragen, weil sie dünn war und einen langen Hals hatte und die Haare waren auch viel schneller fertig gemacht, doch sie würde das frisieren vermissen, das flechten und hochstecken, die Zöpfe und das glätten.
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Dann machte sie sich auf den Weg zu Jaejoong. Einen Moment lang überlegte sie, ob es eine Falle sein könnte und er die Welpen ebenfalls eingeladen hatte. Das überlegte sie, während sie unten vor seinem Haus stand und hoch schaute. Würde er das tun? Doch eigentlich war Jaejoong nicht so. Als sie damals bei ihm gewohnt hatte, hatte er es auch niemanden verraten. Mia seufzte und klingelte dann.
Auch im Fahrstuhl verfolgten sie diese Gedanken.
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„Seht ihr! Ich habe doch gesagt ich bin nicht verrückt!“
Leeteuk freute sich über diese Tatsache im Moment viel mehr, als darüber, das ständig Mia-Bilder rein twitterten. Wenn es um seinen mentalen Zustand ging war er etwas empfindlich.
„Hyung, ist ja jetzt gut und im Übrigen, ist es noch kein Beweis, dass Mia gestern bei SuKiRa war“, wand Eunhyuk ein, der sich seit einer Stunde anhören musste, dass er im Unrecht war.
„Doch sie war da, ich als VATER habe das gespürt.“
„Willst du jetzt meine mütterlichen Gefühle in Frage stellen?!“
Erbost stand Eunhyuk auf, als Kyuhyun vorbei lief und die beiden nur kopfschüttelnd betrachtete.
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„Mia, hi!“
Jaejoong öffnete die Tür und Mia schaute skeptisch an ihm vorbei.
„Es ist niemand da. Ich habe dir gesagt, ich sage den anderen nichts.“
Wie machte der das nur?!
Sie bestellten zu Essen und solange sie warteten, setzten sie sich auf den Balkon.
„Okay, kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen – was zum Teufel hast du mit deinen Haaren gemacht?!“
Die Deutsche hatte sich schon die ganze Zeit gefragt, wie lange es dauern würde, bis er mit ihren Haaren anfing.
„Das ist Tarnung.“
„Super Tarnung.“
Motzig schaute sie ihn an, ihre Haaren waren im Moment das Kleinste Problem.
„Hast du dir Gedanken gemacht was du jetzt tust?“
Er ließ das Thema fallen und ging zu dem nächsten unangenehmen über.
„Nein. Ich weiß nicht … es ist so kompliziert.“
Jaejoong schüttete ihr Wein in das Glas und sie trank willig.
„Du weißt du musst dich ihm irgendwann stellen.“
„Ja, ich weiß.“
Sie hatte ja schon Schiss vor den Welpen, aber am aller meisten hatte sie Angst vor Donghaes Reaktion.
„Da hast du geheiratet …“
Er wirkte amüsiert und schwenkte sein Weinglas. In diesen Moment hätte Mia mehr als nur einen Penny für seine Gedanken gezahlt. Kurz darauf kam das Essen und wie immer hatten sie viel zu viel bestellt. Nach der Zeit in Amerika freute Mia sich wirklich auf das Essen, Gemüse, gutes Fleisch und alles schön scharf. Jaejoong beobachtete sie eine Weile, wie sie kreuz und quer am Essen war.
„Du hast Korea wirklich vermisst.“
Mia hielt mitten in der Bewegung an, sie hatte nicht mitbekommen, dass die beobachtet wurde. Sie grinste breit.
„Ja, irgendwie schon.“
Zumindest war Jaejoong zufrieden, dass sie mal wieder ordentlich aß.