„Hallo!“, fröhlich grinste Mia.
„Mia?!“
Chansung schaute die Frau entgeistert an. Es war kurz vor 1 Uhr, was in Mias Augen erst einmal kein Problem war. Seit sie in Korea war, war ihre Hemmschwelle, nachts bei jemand zu klingeln, ziemlich gesunken. Das waren doch eh alle Nachteulen! Doch wie kam sie eigentlich zum 2PM Dorm?
Nachdem Mia nach Hause gekommen war, hatte sie eine Weile ihr Handy angestarrt. Sie musste die Probleme mit Donghae direkt klären und nicht wenn ein Dutzend anderer Leute mit im Raum saßen. Also griff sie sich ans Herz und rief ihn an. Schön dass sie so mutig war, wenn er seine Nummer änderte! ‚Die von ihnen gewählte Rufnummer ist nicht vergeben‘ oder etwas Ähnliches hatte die nette Ansage von sich gegeben.
Mia kam sich daraufhin so völlig verstoßen vor und wollte nicht alleine sein. Sie wollte aber auch zu keinem SM-Menschen. Sie brauchte Abstand von dem ganzen Lable. Abstand war im Moment ihr Lieblingswort. Für Zoey hatte sie keine Nerven, Jiyong war nicht da und irgendwie blieben dann nur noch MBLAQ und 2PM übrig. MBLAQ war einfach nicht möglich, da ansonsten Jihoon davon erfahren würde und das wollte Mia auf gar keinen Fall. Also fiel die Wahl auf 2PM.
Chansung schaute sie immer noch fragend an, als sie sich an ihm vorbei schob und ihre Tasche fallen ließ.
„Mia?“
Taecyeon streckte den Kopf aus der Küche und Wooyoung und Junho waren auch schnell dazu gestoßen. Es war das erste Mal, dass sie im 2PM Dorm war und das erste was ihr auffiel war, dass es groß war. Wooyoung drückte sie an sich und lächelte.
„Was führt dich mitten in der Nacht hier her?“, fragte ihr Kumpel und sie wusste, dass Zoey austicken würde, wenn sie erfuhr, dass Mia Wooyoung Zoey vorzog, wenn es um die Übernachtungsmöglichkeiten ging.
„Donghae’s ignoring me, not wanting me to stay in the dorm and he’s changed his phone number. I don’t wanna be alone.“
Sie blinzelte eilig, als sie merkte, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten und Wooyoung rubbelte ihr über den Rücken. Dann knurrte auch noch ihr Magen und Taecyeon grinste.
„Okay, du willst hier einziehen und Hunger hast du auch?“
Mia nickte mit traurigem Gesicht.
„Kein Problem, komm, wir machen dir erst mal was zu essen …“
Wooyoung führte sie in die Küche.
„Gut das wir solche Entscheidungen nicht alleine treffen …“, murmelte Taecyeon, der ja noch nicht mal etwas dagegen hatte, dass Mia hier (hoffentlich kurzfristig) unterkam, dem es nur darum ging, irgendwie total übergangen worden zu sein.
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Wooyoung schob ihr eine Tiefkühlpizza in den Backofen und machte ihr von der Suppe warm, die sie noch da hatten. Allein nur der Geruch von Essen machte Mia noch hungriger, seit gestern Mittag mit Zoey hatte sie nichts mehr gegessen und das rächte sich nun.
Schnell war die komplette Truppe von 2PM in der Küche versammelt und beäugten ihre neue Mitbewohnerin.
„Also ich kann schon verstehen, dass er sauer ist, doch finde ich seine Maßnahmen ganz schön hart!“, meinte Junsu, total aufgeregt über das, was Mia ihnen erzählt hat.
„Vielleicht braucht er einfach nur etwas Zeit“, schlug Taecyeon vor.
„Ihr bekommt das schon wieder hin, ihr seid wie … Romeo und Julia, wie … Jack und Rose, wie … Bonnie und Clyde, wie Annette und Sebastian … ihr wisst schon, aus ‚Cruel Intentions‘, wie … Achtung: Anakin und Padme…“, meinte Junho triumphierend.
„Dir ist bewusst, dass bei all den Pärchen, die du aufgezählt hast am Ende des Films mindestens einer TOT ist!?“, fuhr Wooyoung ihn an. Mia war den Tränen nahe UND hatte Hunger, das war eine mörderische Kombination, da musste sie sich so was nicht noch anhören!, dachte Wooyoung.
„Es ist doch nicht meine Schuld wenn alle tollen Pärchen sterben?! Wir müssen alle irgendwann sterben!“, blafft Junho zurück, in der Hoffnung sich daraus zu retten. Mia kicherte fröhlich.
„Schon okay, ich weiß was du meinst.“
„Siehst du! SIE versteht mich!“, warf Junho Wooyoung vor, der nur mit den Augen rollte und nach dem Essen guckte.
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Mit vollem Magen ging es ihr gleich viel besser – Essen machte eben doch glücklich … zumindest ein wenig.
„Ehm … wo soll Mia schlafen?“, fragte Junsu und schaute in die Runde.
„Ich hab eine Schlafcouch, da kann ich drauf schlafen und Mia schläft in meinem Bett“, meinte Wooyoung und es machte am meisten Sinn. Also zog sie in ihr Neues Zimmer ein.
Die Wohnung der Jungs war nur geringfügig kleiner als das SuJu Dorm, nur dass hier halb so viele Leute wohnten. Jeder hatte sein eigenes Schlafzimmer, dafür gab es kein Wohnzimmer. Die Küche war groß und am Tisch war genug Platz für alle, wenn sie denn mal gemeinsam zum Essen kamen. Somit hatte jeder seinen eigenen Bereich und konnte sich zurück ziehen. Bei Super Junior war das nicht so einfach.
Die Deutsche folgte Wooyoung. Sein Zimmer war gar nicht voll, eher spartanisch eingerichtet, aber mit modernen Möbeln und einer großen Pinnwand, an der Karten und Bilder von Fans hingen.
„Ich muss nicht im Bett schlafen, ich kann auch die Couch nehmen.“
Sie hatte ein schlechtes Gewissen ihn so einfach aus seinem Bett raus zu werfen.
„Quatsch, du bist ein Mädchen, du schläfst im Bett. Wenn du alleine sein möchtest, kann ich auch bei Taecyeon schlafen.“
Wäre Mia eine Koreanerin, wäre er nie auf die Idee gekommen in einem Zimmer mit ihr zu schlafen. Doch sie war eben etwas lockerer und Wooyoung wusste, dass sie auch oft bei Leeteuk und Eunhyuk geschlafen hatte und irgendwie wollte er sie nicht alleine lassen. Nicht das er dachte, dass sie sich irgendetwas antun würde, sondern weil er das Gefühl hatte, dass sie einen Freund brauchte.
„Nein, ich bin hier weil ich nicht alleine sein möchte“, wand sie schnell ein.
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Kurz darauf gingen sie schlafen, beziehungsweise versuchten sie es. Bei Wooyoung schien das besser zu klappen als bei Mia, denn sie hörte ihn bald gleichmäßig atmen. Sie lag wach. Donghae ging ihr nicht aus dem Kopf und irgendwie drehte sich alles. Schließlich kroch sie irgendwann zu Wooyoung auf die ausgezogene Couch. Der Sänger öffnete die Augen, deckte Mia zu und zog sie zu sich. An Wooyoung gekuschelt schlief sie ein.
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Bis 6 Uhr morgens.
„Aufstehen!“
Siwon stand in der Tür und joggte auf der Stelle.
Das ist ein Traum, sagte sich Mia entschlossen, blinzelte ihn an, schloss dann wieder die Augen und murmelte sich ein.
„Mia, aufstehen! Joggen!“
Es musste ein Traum sein. Zu viele Dinge stimmten nicht. 1: Woher sollte Siwon wissen, dass sie hier war? 2: Hatten sie Mia aus dem Dorm geworfen, wieso sollten sie die Assistentin jetzt suchen?
„Ich sehe schon, die Zeit in Amerika hat dich faul und fett gemacht“, neckte er sie grinsend und tippelte weiter auf der Stelle. Und sie hatte gedacht ihr Gewissen sei eine Frau.
„If I catch you …“, drohte ihm Mia brummend.
„Dazu müsstest du erst einmal aufstehen. Komm Moppelchen, gehen wir joggen.“
„Moppelchen? Mia kannte das Wort weit Heechul es bei Shindong benutzt. Sie hatte in Amerika nicht zugenommen! Mia rappelte sich auf und rannte ihm meckernd hinterher. Auf dem Weg nach unten streckten Nichkhun und Junho verschlafen den Kopf aus dem Zimmer und beschlossen dann, dass es nicht ihre Angelegenheit war.
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10 Minuten später joggte Mia neben Siwon her.
„How did you know where I am?“
„Wooyoung, me and some others have a gentlemen agreement.“
„An agreement?“
„Jup, to look out for you, so he texted me last night when you came there.“
Mia fand es süß und beunruhigend zugleich. Es war schön zu wissen, dass manchen wohl nach einem Schlupfloch in ihrem Zwiespalt mit Donghae suchten, andererseits war es aber auch sehr Jaejoong-Stalker-Like, was etwas beunruhigend war.
„Und da du mein Joggingpartner bist, dachte ich, ich hole dich ab.“
Siwon schaute lächelnd zu ihr rüber, erfreut sie sehen zu können, ohne Donghae damit richtig in den Rücken zu fallen.
„Bist du nicht geschockt wegen … na ja … das Donghae und ich …“
„Geheiratet habt? Nein, ich weiß es seit Brasilien.“
„Was?!“
Oh-oh, hatte er nicht Donghae versprochen, dass es ihr Geheimnis blieb? Aber war es denn überhaupt noch ein Geheimnis, jetzt nachdem jeder es wusste? Mia war stehen geblieben – geschockt sein und Beine bewegen überforderte ihr multitasking Level. Siwon blieb ebenfalls stehen und schaute sich hilfesuchend um. Wieso konnte in diesem Moment keine Fanhorden auf sie zu rennen oder ein Klavier vom Himmel fallen oder irgendetwas anderes, was ihn retten würde.
„Es ist meine Schuld, wirklich“, wand er sofort ein und hob beschwichtigend die Arme.
„Ich habe Donghae vorgeworfen, dass ihr ehelosen Sex habt und da hat er es mir erzählt – damit ich ihn nicht verurteile.“
„You what?! Siwon! This is the 21. Century! How could you?!“, beschwerte sie sich und dann fiel ihr noch etwas anderes ein.
„You knew! When you ask me to kiss you, you knew!“
Sie haute ihm halbstark auf den nackten Oberarm und diesmal lief Siwon wirklich vor ihr weg – und sie hinterher.
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Zur gleichen Zeit auf der anderen Flussseite, saßen Leeteuk und Donghae am Frühstückstisch. Donghae las ganz entspannt eine Zeitung, Leeteuk starrte den Jüngeren hypnotisch an. Es dauerte eine Zeit, bis Donghae die Zeitung sinken ließ.
„Was?“
Innerlich freute sich Leeteuk das sein Jedi-Gedankentrick anscheinend geklappt hatte.
„Wie lange hast du vor auf Mia sauer zu sein?“
„Mindestens eine Woche noch.“
„Sicher? Guck mal, die Acha Promotion beginnt jetzt …“
„Hyung, willst du meine Prinzipien zerstören, nur weil wir bequem geworden sind? Es gab auch eine Zeit vor Mia, wir werden die Promotion auch ohne sie überleben.“
„Kannst du nicht trotzdem deine Erziehungsmaßnahmen nach hinten verschieben?“, bat ihn der Bandleader. Donghae stand auf und ging hoch in sein Zimmer.
Es war nicht so, als hätte er aufgehört Mia zu lieben, als wolle er diese Ehe auflösen oder als würde er nicht selbst leiden, nein. Jedoch war Donghae der Ansicht, dass Mia auch einmal diese Verlusterfahrung machen müsste, um zu sehen, wie er sich gefühlt hatte und um vielleicht in Zukunft anders zu agieren. Er würde nicht lange auf sie sauer sein – das hielt er gar nicht aus. Und wenn es bedeuten würde, dass sie bei 2PM schlief, dann würde er das in Kauf nehmen. Jedenfalls war es besser als bei Jaejoong und 2PM vertraute er auch mehr.
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Völlig erschöpft kamen Siwon und Mia wieder im Dorm von 2PM an. Mia hatte Siwon nicht wirklich eingeholt, aber ganz schön gehetzt hatte sie ihn und das befriedigte sie im Moment genug. Wooyoung machte ihnen die Tür auf, so wie er aussah, hatte er sich wohl noch einmal hingelegt.
„Wie kann man so wach sein?“, war sein Kommentar und ging in die Küche um Kaffee aufzusetzen. Ansonsten war bisher nur Junsu und Nichkhun wach.
Es war Samstag und Mia hatte nichts zu tun! Dieser Gedanke traf sie mit Schrecken. Dadurch das sie erst einmal von den ‚außendienstlichen‘ Pflichten enthoben wurde und sich ausschließlich auf die Büroarbeit konzentrieren sollte, bedeutete das, dass sie die Wochenenden frei hatte. Zum einen führte dass dazu, dass sie stinkig auf Siwon war, dass er sie so früh geweckt hatte, wo sie hätte ausschlafen können, zum anderen fragte sie sich auch, was sie den ganzen Tag tun sollte. Alleine mit ihren Gedanken zu sein war ganz schlecht. Kurz darauf verabschiedete sich Siwon – DER hatte nämlich einen Schedule. Heute Abend war das große Festival am Nationalmuseum, bei dem fast alle Idols irgendwie auftraten.
„Und was hast du heute vor?“, fragte Wooyoung und klammerte sich an die Kaffeetasse, als würde sein Leben davon abhängen.
„Ich werde kurz ins Büro gehen.“
Ein strafender Blick traf sie.
„Was? Ich war lange nicht da, ich muss nachholen!“, verteidigte sie sich.
„Du kannst heute Abend ja zum Konzert kommen, so als Fan“, schlug er vor und musste selbst grinsen, weil die Vorstellung so amüsant war.
„Thanks but no thanks.“
Irgendetwas würde sie schon zu tun finden und wenn sie sich total Zoey hingeben müsste, was sicherlich dazu führen würde, dass sie Mia zu etwas zwingen würde, was sie gar nicht wollte, so war das immer noch eine nettere Vorstellung als zu dem Konzert zu gehen.
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Als Mia duschen ging, saßen die Jungs zusammen.
„Was denkt ihr wie lange sie bleibt?“, fragte Changsun, wusste aber, dass ihm das keiner beantworten konnte.
„Also mich stört sie nicht, ich denke, dass sie und Donghae sich bald wieder einrenken“, meinte Wooyoung schulterzuckend.
„Du bist doch nur froh, dass du jemanden zum kuscheln hast“, neckte ihn Taecyeon.
„Sagt derjenige dessen Freundin sich seit drei Tagen nicht meldet und anscheinend ziemlich beschäftigt ist in Japan …“, erwiderte Wooyoung cool und Taec zückte sofort sein Handy um Jessica zu texten.
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Samstags hatte man bei SM Town meistens seine Ruhe. Die Büros arbeiteten nicht, natürlich passierte es, dass ein Manager rein schneite oder das besonders vor Veröffentlichungen im Marketing- und Medienbereich gearbeitet wurde, doch in der Regel war es ziemlich ruhig. Mia mochte das, so konnte sie ihre Arbeit machen ohne gestört zu werden.
Gegen Mittag rief sie Zoey an. Zuerst wurde natürlich Krisenmanagement bezüglich Donghae betrieben – Mia erwähnte nicht, dass sie bei Wooyoung eingezogen war … so halb zumindest.
„So I’m free tonight, what do you wanna do?“
„Let’s go to that concert at the national museum!“, sagte Zoey begeistert.
„What?! No way! Anyway – you?! At a idol concert?!“
„Well, I thought it would be fun – not working, enjoying a bad show. And Yesung thinks I’m supporting him. Come on, come with me – I have light sticks!“
„What?!“
Mia wusste nicht was man mit ihrer Freundin getan hatte, aber irgendeine Art von Gehirnwäsche muss es gewesen sein. Zoey wollte zwar nur deswegen zu dem Konzert, um sich darin bestätigt zu sehen das Idols keine gute Show abliefern und dennoch wehrte sich Mia mit Händen und Füßen dagegen.
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„Ich weiß nicht wie ich immer wieder in solche Situationen komme …“, murmelte sie, als sie keine fünf Stunden später auf dem Platz vor dem Nationalmuseum stand. Ausgestattet mit Light Stick.
„See, I even googled those fan shout stuff – it’s pathetic, isn’t it?“
Zoey hielt zig Zettel in der Hand und Mia schüttelte den Kopf. Oh man.
„That’s what fans do … to .. impress their happiness for seeing their idols“, erklärte ihr Mia, doch Zoeys verwirrter Blick änderte sich nicht.
„I still don’t get it.“
„Okay … remember when you screamed when Michael Kors published the new collection?“ Die Deutsche versuchte es anders herum und Zoey nickte.
„So idols for their fans are like handbags from Michael Kors to you.“
Yeah, Verbildlichung! Das Gesicht der Kanadierin klärte sich auf, wurde dann aber schnell wieder verwirrt.
„But Michael Kors handbags are amazing and these idols are …“
„Don’t say it, they eat you!“
Mia deutete unauffällig auf die Fanmasse um sie herum. Die meisten verstanden sie nicht, aber wenn nur eine zuhörte und das ins Koreanische übersetzte …
Doch dann wurde Mia abgelenkt, als es Zeit für Super Junior war. Sie fühlte sich wie damals in ihrem Traum, als sie bei SuKiRa gewesen ist. Sie waren da oben und sie hier unten und irgendwie fühlte es sich fremd an. Allerdings glaubte sie, dass Yesung sie gesehen hatte. Sie standen ziemlich weit vorne, in einer Absperrung für VIPs und er patzte bei einem Schritt kurz – wahrscheinlich in vollkommener Verwunderung darüber, dass seine Freundin hier war. Die Deutsche hatte das Gefühl, dass er danach mehr grinste.