Jaejoongs Mission war ein voller Erfolg. Einen Abend lang vergaß Mia alles, dachte nur gelegentlich an Donghae und wenn, dann hatte sie zumindest einmal nicht das Gefühl gleich in Tränen auszubrechen. Sie war benommen von der Massage, dem guten Essen und dem Wein.
Um Mitternacht gingen sie schwimmen. In dem Garten gab es verschiedene heiße Becken, manche mit Kräutern, manche mit Jadesteinen. Mia lehnte an den Rand des Beckens mit geschlossenen Augen.
„That is soooo great. Let’s never leave!“
Aufgeregt schlug sie die Augen auf und kicherte dann.
„Ich denke du bist betrunken“, meinte Jaejoong amüsiert.
„Nein, ich bin einfach nur mal wieder ausgelassen.“
Jaejoong schwamm zu ihr hin.
„Vielen Dank für diesen Abend.“
„Gern geschehen.“
Nie hätte sie gedacht das Hanok so viel Spaß machen konnten.
„Sag mal, hast du eine Freundin?“
„Was?“ Jaejoong lachte fröhlich.
„Na ja du bist jung und siehst gut aus, du solltest eine Freundin haben.“
„Du weißt selbst dass es nicht so einfach ist.“
„Ach was! Idol hin, Idol her, manchmal muss man sich einfach nehmen was man will …“
Und das tat er! Er überwand die Distanz zwischen sich und Mia, zog sie zu sich und küsste sie. Sofort verkrampfte sie sich, schreckte jedoch nicht gleich zurück, das war unhöflich. Da überwand ein Mann seinen Schatten, befolgte dabei auch noch ihren Rat, da konnte sie sich nicht gleich zurück ziehen. Aber wenige Sekunden später …
„Du willst dass ich sage dass es mir leid tut, doch das tut es nicht“, sagte er, noch bevor sie das Wort ergreifen konnte.
„Sollte es aber“, war alles was sie dazu sagte und stieg aus dem Becken.
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Mia ging in ihr Schlafzimmer und Jaejoong folgte ihr nicht. Sie zog sich um und schlich sich davon. Zwanzig Minuten später fuhr Zoey vor und sammelte die Ausreißerin ein.
„He what?!“
Zoey kannte die ganze Jaejoong Geschichte nicht, was natürlich dazu führte, dass sie total überrumpelt war.
„Well … we have history.“
Also gab Mia ihrer Freundin ein paar Einblicke in ihre wohl doch kompliziertere Beziehung mit dem Mann, dessen Band im Guinness Buch der Rekorde für die meisten Fans stand.
„He’s totally in love with you!“, war Zoeys Resultat, doch Mia wollte es nicht wahr haben.
„I … don’t know … maybe it’s just … body attraction?“
Zoeys Blick sagte mehr als tausend Worte. Sie kamen oben in ihrer Wohnung an. Halt. Nicht ihre Wohnung, SEINE Wohnung.
„I have to move out“, stellte sie fest. Es ging nicht, sie konnte das nicht. Sie mochte Jaejoong und eigentlich hatte sie gedacht, dass sie im Frühjahr die ganzen romantischen Gefühle hinter sich gebracht hatten und nun verstand sie auch Donghae.
„Then move out.“
„I can’t.“
Mia ließ sich auf die Couch fallen.
„Why not?“
„Because this is supposed to be my and Donghaes place. I just can’t move out, we need to find a new place together – as a couple. Unfortunately he is not really talking to me right now …“
Sie konnte ihn nicht so ausschließen, er würde denken sie würde sich eine neue Wohnung suchen, alleine.
„Well, then wait until you’ve made up – it can’t take much longer.“
Alles immer leichter gesagt als getan. Sie mochte diese Wohnung. Wehleidig schaute sie sich um, sie mochte die Wohnung wirklich. Mal abgesehen davon hatte sie ja nie wirklich Miete gezahlt und die Mietpreise in Seoul, in Wohnung, wie Mia eine haben wollte, waren ziemlich hoch. Langsam bekam sie Kopfschmerzen.
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Zoey schlief heute Nacht bei ihr, um sie vor Jaejoong zu beschützen, wenn er ihr nachkommen sollte. Mia war einfach nur froh ihre Freundin da zu haben.
Obwohl sie gestern so einen netten, entspannten Abend hatte, hatte die Nacht das zerstört. Mia stand auf und fühlte sich total zerknautscht.
„By the way, tomorrow I’ve got therapy – I’d like you to come with me.“
Zoey schaffte es immer sie so maßlos zu überrumpeln.
„What for? And why are you going to therapy?!“
„Hello? You know my life! Do you think I could handle all that without professional help? I wanna talk about Yesung and my relationship to him and you are friends with both of us … more with me for sure … anyway, I think it’d be good if my doctor hears your opinion.“
Ob das wirklich die beste Idee war? Ob das, was Mia sagen würde, Zoey helfen würde? Vor ihrem inneren Auge sah sie Zoey schon in Zwangsjacke abtransportiert werden … Heechul stand als Oberarzt der Anstalt grinsend neben dem Eingang und murmelte ‚Jetzt haben wir sie endlich‘ und drückte Mia dann ihre Provision in die Hand. Hmmmm.
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Im Büro stürzte sie sich auf alles was sie zu tun fand. Sie suchte die Outfits für das Wochenende raus, wenn Super Junior die Comeback-Stage mit ‚A-Cha‘ hatten, machte die ersten Verkaufsstatistiken für Itunes und die Läden. Am Ende übersetzte sie irgendwie die halbe SM Town Seite in Englisch und ließ sich vom Grafikteam die ganzen Buttons zuschicken, denn viele Texte hatten man auch in Grafiken gepackt, was für Anwender nutzlos war, weil man das nicht übersetzen konnte.
„Mia! Du machst unsere IT Leute und Grafiker irre – was tust du?“
Kim kam in ihr Büro und schaute sie fragend an.
„Ich übersetze SM Town in Englisch. Ich denke es wird Zeit, dass das passiert. Immerhin treten wir international auf, Englisch ist international.“
„Oh.“
Sein Gesichtsausdruck änderte sich von Verwirrung zu Begeisterung.
„Sehr gut! Das ist eine gute Idee.“
„Die Texte kann ich selbst hinterlegen, nur die Grafiken müssen richtig verlinkt werden, die Namen sind gleich, es ist nur ein ‚e‘ dahinter, es sollte also einfach sein dass zu machen“, erklärte sie weiter und wirkte zufrieden mit sich.
„Gute Arbeit. Ach, vergesse dein Treffen mit Donghae nicht.“
„How could I…“, erwiderte sie mit zuckersüßem Lächeln.
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Mia versuchte seit Stunden die Uhr zu hypnotisieren einfach stehen zu bleiben, doch 14 Uhr kam und Donghae klopfte an die Tür zu dem Büro.
„Ready?“
Sie nickte nur knapp und schnappte sich ihre Handtasche.
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Es war komisch. Sie liefen nebeneinander her, doch Mia hatte das Gefühl, dass zwischen ihnen einen Glaswand war. Es fühlte sich so falsch an. Er war ihr Mann, sie liebte ihn, sie würde ihn gerne anspringen und küssen und die Kleider vom Leibe reißen …
„Auf was hast du Hunger?“
Seine Frage verdrängte ihre Porno-Gedanken.
„Shrimps!“
War da ein Ansatz eines Grinsens? Da am Außenwinkel seiner Lippen?
„Also zum Thai?“
Wieder nickte sie und die Glaswand war wieder da. Irgendwie wollte sie nicht mit ihm Auto fahren, zum Thai konnten sie laufen. Das lag an diesen komischen Quentin Tarantino Film – Death Proof. Sie musste aufhören so viele Filme zu gucken.
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Da saßen sie also, warteten auf ihr Essen und starrten in die Gegend. So konnte das nicht weiter gehen.
„Ich habe angefangen die SM Seite in Englisch zu übersetzen“, brach sie das Schweigen.
„Gut.“
Mia zog die Augenbrauen kurz zusammen.
„Ich denke die Chancen sind gut dass die Super Show 4 auch in Europa stattfindet. Denkst du es wird wieder Paris?“
„Vielleicht…“
Donghae holte sein Handy raus und begann darauf einzutippen.
Schließlich kam das Essen und schweigend begannen sie.
„Donghae …“
Sie ertrug das einfach nicht. Fragend schaute er auf.
„Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich weg gegangen bin. Ich wollte dich beschützen, weil ich dich liebe.“
Mia sprach mit Absicht Deutsch, damit es nicht jeder mitbekam.
„Nicht hier.“
„Wo sonst? Ich darf nicht nach Hause, du hast eine neue Telefonnummer, du gehst mir aus dem Weg. Wann soll ich mit dir reden?“, flüsterte sie wütend.
„Mia, ich kann das jetzt noch nicht. Laß mir Zeit. Ich habe dir damals auch deine Zeit gelassen.“
Schachmatt. Ja, er hatte ganz schöne Torturen mit ihr mit gemacht, weil sie sich nicht eingestehen wollte, dass sie sich nicht gegen seine Liebe wehren konnte. Vielleicht war das die Rache dafür, vielleicht sollte sie auch mal sehen, wie es ist.
„Fair enough…. also willst du nicht wissen, dass wir eine neue Wohnung brauchen?“
„Was?! Wieso?“
Immerhin hatte die Deutsche es geschafft ihn aus der Reserve zu locken.
„Wir ziehen da aus“, sagte sie mit einem Schulterzucken. Sein Blick änderte sich nicht und er wirkte nicht sehr geduldig.
„Ich denke wir sollten eine Wohnung gemeinsam finden. Damit sie uns beiden ist und für uns beide Zuhause.“
„Fair enough“, war sein Kommentar dazu und sie aßen weiter.
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Die Assistentin war froh als es vorbei war. Sie kam gerade zurück zu SME, als sie Siwon sah.
„Wo bist du heute Morgen gewesen!“, fuhr sie ihn gespielt an und stupste ihn an der Schulter, als wäre sie auf eine Schlägerei aus. Siwon schaute sie mit offenem Mund an und strafte dann die Schultern.
„Willst du über’s Knie gelegt werden?“
„Did you ever got punshed by a cheerleader?“
Sie kam ganz nah, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten – nur das Mia hoch gucken musste. Der Schalk blitzte in seinen Augen auf, als er sich Mia schnappte und über die Schulter warf. Mit einem schreienden Bündel lief er durch die Flure und einige Mitarbeiter streckten mit fragendem Blick die Köpfe aus den Büros. Siwon setzte sie auf ihrem Schreibtisch ab.
„Don’t mess with me, I’m taller.“
Schmollig streckte sie ihm die Zunge raus.
„I could’ve beaten you but I didn’t want to!“
Der Sänger lachte fröhlich.
„Im Übrigen war ich heute Morgen mit Junho joggen.“
„Wieso das denn?“
„Weil ich dachte du wärst dort und als ich da hin kam warst du es nicht und dann hat sich Junho angeboten.“
Nun war es an Mia zu lachen.
„Okay, just give me a call first so I can tell you where I am. Midnight jogging tonight?“
„Cool.“
Sie musste all diese Aggression rauslaufen, all die Wut auf Jaejoong und auf Donghae und auf Kim. Siwon würde heute Nacht keinen Spaß haben.
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Um 17 Uhr traf sie sich mit Dongmin im Tanzstudio.
„Okay, let’s kick some asses.“
Mia freute sich richtig darauf, auch wenn sie gut sein mussten, um Eunhyuk zu schlagen. Wie erwartet entwickelte Dongmin eine völlig neue Seite. Er musste nicht mehr Tyler fragen ob etwas gut war oder nicht und er hatte unheimlich viele Ideen, dass die Deutsche anfing sich Notizen zu machen, um nichts davon zu vergessen.
„Okay, es ist Old School, wir können also alles verwenden, von Gump’n Grind bis zu neuen Elementen“, erklärte Dongmin und wollte, dass Mia einen eindeutigen weiblichen Part spielte. Somit würde sie nicht nur mittanzen, sondern sie konnten auch mit ihr tanzen, was es abwechslungsreich machte.
Bis die anderen kamen, hatten sie ein gutes Stück schon fertig und – oh ha – Dongmin konnte auch ganz schön zupacken. Wäre er nicht so jung und ein Bambi, hätte er es sicher geschafft die Frau verlegen zu machen. Sie zeigten den anderen was sie bereits fertig hatten und machten sich dann ans Training.
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Um 21 Uhr hatte Mia dann erst einmal genug, ging duschen und fuhr nach Hause – wo Jaejoong auf sie wartete. Er stand draußen vor dem Gebäude und lehnte gegen einen Baum.
„Wie lange stehst du hier schon?“, fragte sie ihn geschockt.
„Noch nicht sehr lange, ich habe dich auf dem Iphone beobachtet…“
Natürlich … das Stalker App.
„Gehst du ein Stück mit mir?“
Nervös schaute er sich um, er wollte nicht dass zu viele Leute die sahen. Andererseits fragte er aber auch nicht, ob er mit hoch gehen durfte, was darauf schließen ließ, dass ihm bewusst war, dass Mia sich unwohl mit ihm alleine fühlen könnte. Aus Respekt hierzu nickte sie kurz und folgte ihm in den Park.
„Ich wollte mich für mein Verhalten gestern Abend nicht entschuldigen.“
„Was?!“
Irgendwie hätte dieser Satz anders ausgehen sollen. Jaejoong drehte sich zu ihr um.
„Mia, ich … liebe dich. Ich bin es leid etwas zu bereuen.“
„Are you mental?! You know that Donghae is my husband.“
Wie, bei sieben verfluchten Dämonen, kam er auf die Idee, dass sie zusammen sein konnten?
„Einen tollen Ehemann hast du, der dir nicht vergibt, was du getan hast, nur um ihn zu schützen…“
„Er hat jeden Grund wütend zu sein, doch das bedeutet nicht dass er mich nicht liebt oder das wir uns trennen oder das ich mich in dich verliebe! Jaejoong, wir waren Freunde.“
„Nein Mia. Für dich war ich ein Freund, für mich warst du immer mehr, doch irgendwie warst du die einzige die das nie gesehen hat …“
„I can’t have this conversation right now …“
Mia drehte sich um und stapfte zurück zum Haus. Sie schaute sich nicht nach ihm um, doch schien er ihr auch nicht nach zu kommen. Gut für ihn.
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Sie war so sauer, als sie zu Hause ankam, war sie völlig aus der Puste, obwohl sie nicht gejoggt war. Was dachte er? Dass sie wegen einem Streit sich von Donghae abwenden würde, um sich dann in die Arme des nächstbesten Typen zu stürzen?
Ein Klingeln ließ sie aufschrecken.
„Wenn der denkt er kann sich jetzt hier her …“, moserte sie, verstummte aber je, als sie Siwon vor der Tür sah.
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„Sag mal …. hast du … irgendwas …?“
Siwon stützte seine Hände auf den Beinen ab und schnaufte. Mia rannte wie von der Tarantel gestochen. Er hatte ja eine gute Ausdauer, doch das glich eher einem Renn-Marathon.
„Donghae … Jaejoong … the apartment …“
„Jaejoong? Was hat der getan?“
„Er …“, Mia suchte nach dem richtigen Wort. „Existiert!“