Schmerzen zogen sich durch ihren Körper, von irgendwo kam ein Piepsen und ihr war kalt. Mia schlug die Augen auf und sah nur weiß, war das vielleicht das Jenseits? Nein, das Jenseits sollte nicht so wehtun. In ihrer Nase steckte ein Schlauch und an ihrem Arm waren alle möglichen Schläuche und Nadeln befestigt. Nun schaute sie sich um. Überall in dem Zimmer standen Blumen und Luftballons hingen an der Decke, Donghae saß auf dem Stuhl neben ihrem Bett und war am Schlafen. Was war geschehen? Sie war mit Jonghyun im Auto gewesen und dann … das letzte an was sie sich erinnern konnte war wie sich das Auto überschlagen hatte und dann … nichts. Wie viel Zeit war vergangen? Jonghyun! Wo war Jonghyun? Wie der Wille zu überleben, wusste sie dass sie Jong finden musste. Also setzte sie sich auf und zog sich erst mal die ganzen Nadeln aus der Hand und dem Arm. Sie hasste Nadeln, wer hatte ihr so viele in den Körper gesteckt? Als letztes zog sie den Sauerstoffschlauch aus, dabei machte sie sich keine Gedanken ob sie all das Zeug brauchte.
Donghae wachte nicht auf als Mia aus dem Bett stieg und das Zimmer verließ. Es war Nacht.
„Sie Sonne geht auf …“, murmelte sie ohne so genau zu wissen woher die Worte kamen. Der Flur war dennoch hell erleuchtet. Jonghyun, wo war Jonghyun? Sie lief umher um eine Schwester zu finden, doch irgendwie war es ziemlich ruhig. Klar, es war auch Nacht. Als sie schließlich doch das Schwesternzimmer fand, schauten die beiden Frauen Mia erschrocken an.
„Jonghyun, wo ist Jonghyun?“, sagte sie, sich der Sprache völlig unbewusst. Sofort sprangen die beiden auf und eilten zu Mia, sprachen auf sie ein, doch sie hörte ihre Worte nicht.
„Jonghyun! Wo ist Jonghyun?!“, wiederholte sie immer und immer wieder. Wieso konnte sie nicht jemand zu ihm bringen?!
Das letzte was Mia sah war Donghae, der im Flur stand und dann auf sie zueilte, doch sie wurde schon bewusstlos.
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Als Mia die Augen wieder aufschlug lag sie wieder in ihrem Bett. Wieder hatte sie Infusionen an sich rum hängen, doch der Schlauch fehlte. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen und Mia behauptete dass sie noch nie solche Kopfschmerzen gehabt hatte – und mit Kopfschmerzen kannte sie sich aus. Kaum hatte sie sich gerührt war auch schon Donghae an ihrer Seite und nahm ihre Hand.
„Hey …“
Er lächelte, doch seine Augen waren rot und geschwollen.
Einen Moment schaute sie in das Gesicht des Mannes den sie liebte.
„Jonghyun ist tot“, stellte sie fest.
Erschrocken weiteten sich seine Augen.
„Was … woher … Mia du musst …“
Und Tränen strömten aus seinen Augen.
„Er hat sich verabschiedet“, murmelte sie.
Mia wusste dass es wahr war, auch wenn sie nicht wusste wo und wann sich Jonghyun verabschiedet haben sollte.
So weinten sie und betrauerten den Verlust ihres Freundes.
„Aber du bist wieder bei mir … Mia, ich hatte solche Angst…“
Donghae hielt ihre Hände in seinen und sie brachte ein Lächeln über die Lippen. Sie hatte Donghae wieder, ihren Donghae.
„Schatz, ich glaube ich habe Peter Pan geheiratet, aber ich denke nicht dass die Ehe rechtsgültig ist“, erklärte sie ihm ernst und verwirrte ihn dann nur noch mehr. Dann erzählte er ihr, was passiert war.
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Sie hatten einen Autounfall gehabt, soweit hatte Mia es ja noch zusammen bekommen. Sie selbst hatte Hirnblutungen erlitten, weshalb sie in ein Koma gefallen war und zwei lange OPs hatte. Jonghyun hingegen war aus dem Auto geschleudert worden. Seine Organe waren zusammen geflickt worden, doch die Ärzte hatten nicht besonders überzeugt gewirkt. Sie hatten gebetet, doch es hatte nichts geholfen.
Wenn er nicht nach den Früchten gefragt hätte, hätte er sich nicht abgeschnallt und wäre jetzt vielleicht noch am Leben. Wenn sie ihm selbst die Früchte geholt hätte, wäre er jetzt vielleicht auch noch am Leben, dafür wäre sie wahrscheinlich tot. Sie wusste dass sie sich keine Vorwürfe machen durfte, doch wenn man darüber nachdachte das ein paar Früchte ihren Freund getötet hatten, dann wirkte es so sinnlos, so verschwendet.
„Fühlst du dich gut genug um jemanden zu sehen?“, fragte Donghae nach einer Weile. Das plötzliche aufwachen aus dem Koma hatte die Ärzte eine Weile beschäftigt. Vorsichtig konnte sie trinken, doch sie hatte überall diese Kabel und sie fühlte sich ziemlich schlapp. Langsam nickte sie, denn das Lächeln auf seinen Lippen machte sie neugierig.
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„Mama!“
Die Deutsche glaubte ihren Augen kaum als sie ihre Mutter sah.
„Mein Schatz!“
Dann stockten beide, als sie sich in die Arme nehmen wollten und begriffen, dass sie noch etwas vorsichtig sein mussten mit all den Nadeln an Mia dran, also strich sie ihrer Tochter sanft über die Wange und setzte sich zu ihr.
„Was ich mir für Sorgen gemacht habe …“, schon standen ihrer Mama Tränen in den Augen. Zuerst mussten sie sich etwas beruhigen und schwiegen sich eine Zeit lang an. Sie war so froh dass ihre Mutter hier war.
„Übrigens, die letzten Tage hatte ich einige Zeit deinen Ehemann kennen zu lernen…“
Mia hörte den spitzen Unterton bei dem Wort ‚Ehemann‘.
„Oh … ja, ehm … es ist nicht so einfach. Ich wollte es dir noch sagen …“
„Ich weiß, schon in Ordnung. Ich weiß dass es hier etwas komplizierter ist … und er war so wie so mein Liebling von allen.“
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Donghae und ihre Mama blieben bei Mia, doch viele kamen und gingen. Kim und Yun, Leeteuk, Siwon, Eunhyuk, Sungmin und über den Rest des Tages kam auch der Rest der Welpen, aber auch die SHINee Jungs kamen sie besuchen und Mia war den ganzen Tag am Weinen. Key sah schlimm aus, sie wollte ihn trösten, ihn in die Arme nehmen und sagen, dass der Schmerz eines Tages vergehen würde, doch noch war es zu frisch und da sie selbst nicht aufhören konnte zu weinen, hätte sie auch nicht besonders überzeugend geklungen.
Die anderen sahen auch nicht besser aus, Onew bekam kaum ein Wort raus und Taemin war nur am Weinen. Sie waren alle eine Familie, sie gehörten alle zusammen und so froh jeder auch war, dass Mia wach war und das Schlimmste überstanden hatte, so traurig waren sie über den Tod ihres Freundes.
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Irgendwann war es Mia zu viel und sie sagte Donghae, dass sie erst einmal keinen Besuch wollte. Kurz darauf schlief sie auch wieder ein für ein paar Stunden, völlig erschöpft. Als sie aufwachte, war es irgendwann abends und es roch…. Nach Essen! Müde schlug sie die Augen auf.
„Hunger …“, murmelte sie, doch Donghae hatte den Teller schon bereit und half ihr sich etwas aufzuraffen.
„Garnelen, vom Thai, ich hoffe du verträgst das“, meinte er etwas besorgt, doch Mia war sich ziemlich sicher, dass sie das vertragen würde und ihre Mama schien auch versorgt zu sein.
Essen hatte selten so gut geschmeckt und die Deutsche wunderte sich.
„Welchen Tag haben wir heute?“
„Freitag, der 07. Oktober.“
„Was?!“
Ihre Mutter schaute verwundert auf.
„I was passed out for eleven days?! I’ve missed 55 meals?!“
Donghae zog die Augenbrauen zusammen und rechnete nach.
„Das werde ich nie wieder aufholen können …“, meinte sie kopfschüttelnd und aß daraufhin auch die komplette Portion auf.
„So mein Schatz, ich werde dann mal ins Hotel fahren, wir sehen uns morgen früh ja und du, pass gut auf sie auf.“
„Ja Mama“, sagte Donghae grinsend. Mia war froh dass sich die beiden gut verstanden und da er ein wenig Deutsch sprach, vereinfachte das die Kommunikation ungemein.
„Müsste ich heute nicht irgendwo sein?“
Ihr war zwar ihr Schedule im Moment herzlich egal, doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass heute etwas Wichtiges war…
„2PM haben ihr Konzert in Taiwan.“
Aha, das war es. Wieso verpasste sie immer Konzerte weil sie ins Krankenhaus musste?
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Es kam noch einmal der Doktor und schaute nach ihr.
„Herr Doktor, wann kann ich nach Hause?“
Der Blick des Mannes sprach Bände.
„Frau Martin, Sie sind heute erst aus dem Koma erwacht, Sie hatten zwei schwierige OPs.“
„Sie wollen mir sagen, dass es noch dauert …?“ Die Enttäuschung musste ihr wohl ins Gesicht geschrieben sein.
„Wir schauen mal wie es Ihnen Morgen geht und dann sehen wir weiter. Sie scheinen sich gut zu erholen, ein paar der Infusionen nehmen wir heute Abend schon raus und dann haben wir sie heute Nacht noch hier um es zu beobachten.“
Das war nicht üblich, wenn jemand im Koma gelegen hatte, aber mal abgesehen von dem Schwächegefühl und dem Brummschädel – was aber auch durchaus von dem ganzen Heulen kommen könnte – ging es ihr gut. Okay, sie hatte ein paar Blutergüsse, sie hatte einen Schnitt quer über die Wange, doch es war zugeklebt, so dass sie es nicht sah und am Arm hatte man sie genäht, weil sie wohl ein paar Glassplitter abbekommen hatte. Wenn sie so genau darüber nachdachte, fühlte sie sich wie Chucky die Mörderpuppe.
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Immerhin überredete sie Donghae Mia in einen Rollstuhl zu setzen, damit sie unten eine Rauchen konnte.
„Ich kann nicht glauben dass er tot ist …“
Sie saßen nun schon eine Weile in dem kleinen Garten des Krankenhauses. Es war recht warm und viel angenehmer als drinnen, wo man von dem ständigen Weiß umgeben war. Mia fühlte sich so richtig taub, sie hatte ihn doch noch gesehen, mit ihm gesprochen …. ihn angebrüllt. Wie konnte er jetzt weg sein?
„Ich auch nicht.“
Donghae griff nach ihrer Hand und drückte sie. Welche Worte konnte man schon finden, es ging um Jonghyun. In ihren Gedanken tauchten Szenen auf, damals bei Immortal Songs oder in Singapur im Riesenrad, im Training und wie herzlich er immer gelacht hatte um damit alle anzustecken. Er hatte immer dieses Strahlen in den Augen gehabt und Mia hatte ständig das Bedürfnis ihm in die Wangen zu kneifen. Er war noch so jung gewesen. Mia konnte noch nicht an all die Fans weltweit denken, die jetzt ebenfalls in Trauer waren. Sie fühlte sich wie in einer Schneekugel und diese hatte man gerade kräftig durchgeschüttelt. Nichts stand mehr da wo es stehen sollte und niemand war da um aufzuräumen.