Mia hatte mit Donghae ausgemacht, dass sie heute bei ihrer Mama im Hotel schlafen würde. Ohnehin musste sie gegen 9 Uhr los zum Flughafen und es war kurz vor 1 Uhr gewesen, als sie nach der Radiosendung Zuhause ankamen.
„Und jetzt hast du dann immer Feierabend?“, fragte die Mama.
„Ehm … nein. Nach der Radiosendung gehen manche noch ins Fitnessstudio oder bereiten sich auf Sendungen am kommenden Tag vor. Manchmal machen sie auch noch Tänze oder gehen raus, Basketball spielen oder noch etwas trinken.“
Ungläubig schaute ihre Mama sie an.
„Das ist hier so.“
Wie sollte man es auch anders erklären?
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Am nächsten Morgen standen sie schon um kurz nach 6 Uhr auf, denn es musste ja noch gepackt werden. Mal wieder war Mia davon fasziniert, was ihre Mama alles mitgeschleppt hatte. Nach dem Prinzip: Wer weiß, vielleicht brauche ich es ja, stopfte ihre Mama die Koffer immer bis zum Anschlag voll. Allerdings war sie jetzt auch über zwei Wochen hier gewesen und es war einiges dazu gekommen – zum Beispiel auch ein zweiter Koffer, was wahrscheinlich auch das Beste war.
Um 07:30 setzten sich die beiden, völlig entnervt, erst mal hin und rauchten eine Zigarette.
„Soll ich mit zum Flughafen fahren?“
„Ach Quatsch, das werde ich gerade noch so hin bekommen.“
„Alles klar“, erwiderte die Tochter grinsend.
„Und so wie es sich angehört hat, kommen wir ohnehin bald wieder her.“
Sie sprach die Hochzeit an und schon wieder wurde Mia flau im Magen.
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Als das Taxi kam, drückte Mia ihre Mama, welche versprechen musste sich sofort zu melden, wenn sie gelandet war.
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Das Gespräch mit dem Architekten verlief … gut. ‚Gut‘ war irgendwie nicht so ein gutes Wort. Vielleicht musste sich Mia auch nur an ihn gewöhnen. Was verrückte Dinge betraf, schwebte Nagase Yusaku mit Donghae voll auf einer Wellenlänge. Bei der Idee mit der Rutsche fing der Architekt sofort an Skizzen zu machen und man konnte tatsächlich erkennen, auf was er hinaus wollte und ja, meinetwegen, Rutschen waren cool, aber eben auch speziell. Er hatte sehr viele funktionale Ideen, wie zum Beispiel, dass wenn man den Boden eh aufreißen würde, für den Pool, man zum Beispiel auch ein Poolzimmer machen könnte, also praktisch mit Poolblick und man dann auch Kellerräume machen könnte – wäre ja praktisch die letzte Etage unter dem Dach, auf welchem das Haus entstehen würde. Mia fand es zwar interessanter, wenn es ein Aquarium wäre, mit Fischen anstatt Idols (ihr war bewusst dass diese Meinung vielleicht abweichend von dem Großteil der Menschheit war, aber sie hatte mit MBLAQ, 2PM und Super Junior schon in einem Dampfbad gesessen, welches Ziel gab es also noch zu erreichen?).
In vielen Dingen war sich das Paar einige. Zum Beispiel wollten beide lieber etwas größer, als etwas kleiner bauen. Wenn sie schon bauen würden, dann richtig, sie hatten keine Lust in 10 Jahren festzustellen, dass drei Zimmer mehr vielleicht praktisch gewesen wären. Deswegen einigten sie sich darauf etwas größer zu bauen. Beide wollten es modern haben, gerade formen, viel Licht und Holz, als natürlicher Schutz vor Einblicken, also praktisch wie ein Raster vor den Fenstern. In etwas wie ‚Bali trifft auf die Moderne‘. Mia wollte dunkle Böden haben und am liebsten auch hellen Stein verarbeitet. Sie wollten verschiedene Ebenen schaffen, mal zwei Treppen rauf, mal zwei Treppen runter. Es dürfte nur niemals einer von ihnen dauerhaft im Rollstuhl landen, das wäre fatal. Die Hauptzimmer wie Schlafzimmer, Wohnzimmer/Esszimmer sollten groß sein, mit Glasfronten mit Blick auf den Hangang. Und Rutschen. Optionen gab es noch auf Innenhöfe und der Architekt schlug ihnen vor eine Art Fluss quer durch’s Erdgeschoss zu legen und mit dem Pool zu verbinden. Durch die Zirkulation würde der Fluss wie eine natürliche Klimaanlage funktionieren und in den Sommermonaten für ein angenehmes Klima sorgen. Mia fand das klasse, auch wenn sie Wetten darauf abschießen würde, wie lange es dauern würde, bis der erste in den Fluß fiel.
Herr Nagase hatte einige Häuserentwürfe mitgebrachte und zeigte sie ihnen. Mia und Donghae suchten Sachen, die ihnen bei manchen Häusern gefielen und sagten auch deutlich, wenn ihnen etwas nicht gefiel. Somit konnte der Architekt praktisch einen Zauberwürfel von Haus entwerfen.
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Als sich – 5 Stunden später wohlgemerkt – der Mann von den beiden verabschiedete, fielen sie gleichzeitig rückwärts auf die Couch und blieben in einer emotionalen Starre liegen.
„Hattest du gedacht, dass es so anstrengend werden würde ein Haus zu bauen?“, fragte Donghae nach ein paar Minuten ohne sich weiter zu rühren.
„Jup.“
„Und du hast mich nicht gewarnt?“
„Nope.“
„Das ist gemein.“
„Schatz … wir lassen bauen. Soll ich dir mal die Telefonnummer einer Freundin geben, die ihr Haus fast alleine gebaut hat, bis auf die Wände? Da ist Schluss mit lustig. Ich sage nur: Carport.“
„Was ist ein Carport?“, fragte Donghae.
„Siehst du! Keiner weiß das und das ist voll wichtig! Wenn das nicht richtig ist und dann kommen irgendwelche Leute und dann muss man viel mehr Geld zahlen!“
„Wirklich?! Der Architekt hat gar nichts von einem Carport gesagt!“
„Vielleicht braucht man das hier nicht …“, schmunzelte Mia.
„Ich finde das jetzt schon voll anstrengend“, gab er schmollend zu und brachte sie zum Grinsen.
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Sie genossen dieses Nichtstun für eine halbe Stunde. Mia kam sich vor, als würde sie die Welt durch Milchglas betrachten, ihr Kopf war ziemlich benebelt.
„Schatz?“
„Hm?“, machte Donghae.
„Haben wir Eiscreme da?“
„Was denkst du für was der Gefrierschrank da ist?“
Und tatsächlich, der komplette Gefrierschrank war vollgestopft mit Eis. Zum Glück gehörten sie nicht zu den ‚kochenden Familien‘, mit Pommes würde es schwierig werden.
Sie holten sich also Eis und setzten sich auf den Balkon. Mittlerweile war die Sommerhitze überstanden, das Wetter war nett und die Sonne schien.
„Sag mal, wo warst du eigentlich in Amerika?“
Verwundert schaute Mia auf, sie hatten bisher nicht wirklich über Amerika gesprochen.
„Ich war bei meiner Freundin Jessi in Fort Mitchell, dass ist in Alabama.“
„Du sagst mir wo du warst? Das ist schlecht, dass nächste Mal wenn du abhaust, weiß ich ja jetzt wo ich suchen muss.“
„Ich habe nicht vor noch einmal abzuhauen.“
Die Deutsche lächelte ihn an und er erwiderte es und hielt ihr sein Eis hin zum Probieren.
„Übrigens Schatz, ich habe mir etwas für deinen Geburtstag überlegt.“
„Hm?“
Übermorgen war Donghaes Geburtstag. Unter dem Omen von Jonghyuns Tod und Mias Nahtoderlebnis, würde es sicherlich keine allzu fröhliche Feier werden, doch deswegen den Geburtstag ganz ignorieren? Nein, das wollte Mia nicht.
„Camping.“
„Camping?“
„Auf unserem Parkhaus.“
Donghae fing an zu lachen.
„Das ist dein Ernst?“
„Why not, lets get some tends and we make a BBQ … stuff like that. Ich wollte dich nur vorher fragen, ob es in Ordnung ist.“
„Natürlich ist es das, ich möchte nur nicht, dass du zu viel machst.“
„Keine Sorge, Kaylee und Zoey helfen mir.“
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Ein paar Stockwerke höher.
„Also, wir haben die nächsten Tage zwei Events“, begann der Bandleader.
„Morgen kommt Heechul zurück und übermorgen hat Donghae Geburtstag.“
„Mia plant was für Donghaes Geburtstag“, wand Sungmin ein.
„Ja, dann bleibt nur noch Heechuls Willkommensparty. Ich glaube nur, er will gar keine.“
„Hat es uns jemals interessiert?“, begann Kyuhyun.
„Jetzt mal ehrlich, zuerst weint er tagelang rum, weil er denkt dass wir ihn loswerden wollen, dann soll er sich gefälligst freuen, wenn wir eine Willkommensparty machen.“
Einige nickten, ja, das Heechul-Drama war ihnen noch ein Begriff.
„Nur was?“, grübelte Leeteuk und alle verfielen in ein Schweigen.
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Bei Mia klingelte das Telefon.
„Yoboseo Oppa?“
„Mia, könnt ihr mal bitte hoch kommen?“, fragte Leeteuk, resigniert, weil sie irgendwie keine Ideen fanden.
„Du weißt es hat Gründe dass wir eine eigene Wohnung haben. Was hättest du getan, wenn wir gerade mit einer dieser Gründe beschäftigt gewesen wären?“
„Ich habe darauf vertraut, dass du nicht in solchen Situationen ans Telefon gehst …“
„Oh-kay … I’ll be there in a min.“
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„We make a ‚Black Out Party’“, sagte Mia, nachdem man ihr das Problem erklärt hatte, als wäre es das Normalste auf der Welt.
„Eine ‚Black Out Party‘?“, fragte Hangeng verwirrt.
„Oh, that’ll be fun!“, freute sich Henry, der wohl der einzige war, der verstand von was Mia da sprach.
„Also, ich sage euch was wir machen. Wir räumen das Wohnzimmer leer. Und ich meine leer, weil das wird sonst leiden. So, dann brauchen wir Neon-Farbe, Neon-Makeup, Neon-Stifte, Bettlaken und Poster und Blacklight.“
„Und dann?“ Ryeowook konnte sich immer noch nichts darunter vorstellen.
„Has none of you watched Coldplays MV ‚Every teardrop is a waterfall‘?“
Monoton schüttelten alle die Köpfe. Genervt rollte Mia die Augen und schnappte sich einen Laptop um das Video zu suchen. Die Kerlchen drängten sich alle dicht an dicht, als das Video startete und dann setzte der Ah-Effekt ein.
„DAS ist ja cool!“, freute sich Ryeowook.
„Also sieht man nur das, was man mit der Farbe anmalt?“, wollte Eunhyuk genau wissen.
„Jup. Wir können also an die Wände Schilder machen mit ‚Willkommen zurück Heechul‘ oder ‚Wir haben dich vermisst‘.“
„Meine Mama hat gesagt ich soll nicht lügen“, kam es von Kyu und Mia schaute ihn finster an.
„Wo bekommen wir die ganzen Sachen her?“ Fragend schaute Zhou Mi in die Runde.
„Ha! Ich frage Zoey!“ Da dachte Yesung er wäre schlau.
„Abgelehnt. Zoey gehört mir.“
„Was?!“
„Ich muss auch eine Party planen, da müsst ihr alleine durch.“
Damit stand Mia auf und verließ das Dorm. Einfach so. Die Welpen verharrten in ein paar Schocksekunden und dann begann die Panik. Mia stand vor die Tür und grinste zufrieden. Zumindest waren sie jetzt abgelenkt und hatten eine Aufgabe. Aufgaben waren wichtig, wenn man sich eigentlich den ganzen Tag am liebsten verkriechen würde. Daher auch das Mega-Projekt ‚Idol Camping‘. Sie musste sich ablenken, keine Zeit zum Nachdenken haben.
So legte Mia ihr ‚Happy Face‘ auf und wartete bis Kaylee und Zoey sie abholten.
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„You know you don’t have to do that.“
„Yeah, everybody would understand if you would take a step back.“
Mia liebte ihre Freundinnen.
„I know, but I …need to keep my mind busy. It’s Donghae birthday, we just worked our problems out, we’re happy and everybody needs to be happy now.“
Die beiden Frauen, auf Fahrer- und Beifahrerseite, tauschten einen vielsagenden Blick aus.
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Woher bekam man 20 Zelte und was man sonst noch brauchte? KBS. Die Universalantwort auf alles. Die Studios hatten Lagerhallen voller Krempel, der zurzeit keine Verwendung fand und Mia hatte ihre Beziehungen spielen lassen um sich in den Lagerhallen etwas austoben zu können. Am Eingang nahm sie ein junger Mann im Empfang. Er war sehr wortkarg und traute sich kaum Mia anzugucken. Ihr war es recht, einer weniger für den sie anlächeln musste.
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Die Lager waren riesige und es dauerte ewig, bis sie fanden was sie suchten. Der Mann half ihnen und am Ende hatte Mia so viel Mitleid mit ihm, das sie kurz davor stand ihn ebenfalls zu der Party einzuladen. Die Lagerräume von KBS waren wie ein großer Spielzeugladen. Mia stand vor einem halben Schiff, im wahrsten Sinne des Wortes. Es hatte zwei Etagen, einmal ebenerdig einen Raum und oben die Kommandobrücke. Es sah extrem cool aus mit seinem Steuerrad.
„You try to figure out if you like it?“ Kaylee stellte sich neben Mia und betrachtete das Schiff.
„Naw, I’m think about how to get it out of here.“
Irgendwie artete es total aus. Anstatt normalen Zelten, wurden es Tipis und ein halber Märchenwald wurde auch noch gleich ausgesucht. Irgendwann dachte sie, sie würde das Nimmerland nachbauen. Ein Schiff, Indianer, ein Märchenwald … war das ihr Unterbewusstsein? Ob Peter Pan kommen würde um sie zurück zu holen? Das war Blödsinn, doch was war wahr gewesen und was nicht? Sie hatte Jonghyun gesehen und mit ihm gesprochen und sich von ihm verabschiedet, genau in dem Moment, als er tatsächlich gestorben war. Konnte das alles nur ein zufälliger Traum gewesen sein? Es kam Mia so grenzwertig vor.
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Sie suchten noch ein paar andere Sachen aus, wie zum Beispiel eine Hüpfburg – Mia war klar, dass Donghae vollkommen ausrasten würde, wenn er eine Hüpfburg auf ihrem Parkhaus fand und sie beschloss, dass sie irgendjemanden brauchte, der das alles filmen würde. Bei KBS stand sogar ein kleines Riesenrad rum, doch das war dann wohl zu viel der Dinge.
Bis sie aus KBS wieder raus waren, war es nach 21 Uhr.
„What a day …“, sagte Mia erschöpft, als sie das Auto erreichten. Die Monteure von KBS würden am Samstagvormittag kommen um die Sachen zu bringen und aufzubauen. Das bedeutete, dass für heute ihr Tag erst einmal zu Ende war.
„I need something to eat“, jammerte Kaylee.
„Oh I know a good restaurant, not far from here.“
„No korean food“, kam es gleichzeitig von Zoey und Kaylee. Wer hätte das gedacht? Die beiden einer Meinung.
„I know a …. Pizza Hut not far from here?“, startete die Deutsche noch einen Versuch.
„Better“, sagten sie wieder gleichzeitig und langsam wurde es Mia gruselig.
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Knapp zwei Stunden später schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung auf.
„Schatz?“
Keine Reaktion.
„Donghae?“
Sie ging in das Wohnzimmer – niemand da. Also versuchte sie ihr Glück oben im Dorm. Fehler.
Schon im Flur hingen Laken, die mit Neonfarbe bemalt waren. Das Ganze ging in der Küche weiter. Im Wohnzimmer fand Mia nicht nur die Welpen, sondern auch die Bambis und sie sahen aus wie lebende Requisiten des Sets.
„Schatz!“
Donghae stürzte auf sie zu, doch Mia blieb einfach in der Mitte des Zimmers stehen und schaute sich um.
„Was ist los?“ Donghae kam vor ihr zum Stehen.
„Ich sage das nicht gerne, aber das alles muss weg.“
„WAS?!“, kam es ihm im Chor entgegen.
„Ich glaube das ist noch alles zu viel. Das mit Jonghyun … es ist erst ein paar Tage her. Heechul war nicht hier. Ich denke er muss das erst verarbeiten.“
Den Jungs fiel einfach alles aus dem Gesicht. Den ganzen Tag haben sie daran gearbeitet, haben Bettlaken bemalt und T-Shirts, hatten sogar einen Willkommens-Tanz geplant mit verschiedenen T-Shirts, so das nach und nach eine Nachricht entstehen würde und nun kam Mia an und sagte sie sollen es sein lassen.
„Mia! Das war deine Idee!“, beschwerte sich Yesung – zurecht.
„Ich weiß. Es ist nur … jetzt wo ich es sehe, ist es irgendwie … zu viel.“
Die Idee an sich war ja cool, nur irgendwie war es nicht der richtige Moment für so fröhliche Farben. Alle blieben wie angewurzelt stehen und warteten ab.
„Sie hat Recht“, kam es von Leeteuk, dem Herdenführer und alle ließen die Schultern sinken.
„Können wir es zumindest heute Nacht noch hängen lassen?“, fragte Ryeowook, der mit seinen pinken Tupfen im Gesicht auch nicht wirklich ernst zu nehmen war.
„Ja, ich denke ich brauche einen Drink“, meinte Mia und setzte sich hin.