„Why is it always that late?“
Mia öffnete die Tür zur Wohnung, dicht gefolgt von Donghae.
„So spät ist es noch gar nicht.“
Nein, es war ja ‚erst‘ kurz nach 3 Uhr morgens – in der Zeitrechnung der Super Vampire war das ja noch recht früh.
„Ich fühle mich, als bräuchte ich ein Bad.“
„Mach doch, wir haben Morgen noch frei – nutze die Zeit.“
Da hatte er vielleicht gar nicht so unrecht.
„Warte, ich lasse dir ein Bad ein.“ Und schon rannte er los und Mia ließ sich auf die Couch fallen. Mitten in der Nacht baden, dass hatte sie schon lange nicht mehr getan.
Ein paar Minuten später kam er zurück und verneigte sich und deutete in Richtung Bad.
„Thanks cupcake.“
.
.
Nichts ahnend ging sie in das Badezimmer und fand sich eingetaucht in Schwarzlicht. Die kompletten Wände zeigten eine Fantasie-Landschaft, mit Bergen und Wäldern und einem kleinen Dorf. Die Deutsche konnte nicht anders als grinsen.
„Cupcake …“
„Keine Sorge, das geht wieder ab – ich habe es getestet!“, sagte er gleich verteidigend, weil er ja wusste, wie sie sein konnte. Fröhlich lachend fiel sie ihm in die Arme.
„Du bist ein hoffnungsloser Romantiker…“
„Was?“
„Ich liebe dich.“
„Heißt ich liebe dich nicht ‚Ich liebe dich‘ in Deutsch?“, verwirrt in der Annahme die ganze Zeit etwas falsches gelernt zu haben, denn ‚hoffnungsloser Romantiker‘ hatte er noch nie gehört.
„Es gibt viele Wege das zu sagen.“
.
.
Schließlich landeten sie beide in der Wanne. Donghae schrubbte Mias Rücken – soweit das möglich war. Überall hatte sie wasserfeste Pflaster, wegen den Wunden, die noch mit Fäden zusammen gehalten wurden.
„I feel dirty“, beschwerte sie sich bei dem Versuch um die Pflaster herum zu peelen.
„Bald werden deine Wunden geheilt sein.“
Nicht alle, dachte sie sich, wollte aber den Moment nicht zerstören.
.
.
Recht lange saßen sie in der Wanne. Sie hatten sich Musik an gemacht und schmusten einfach.
„Weißt du, früher habe ich es oft genossen mit Jungsu alleine zu sein, weil wir uns schweigend verstanden haben. Wir haben einfach da gesessen, jeder hat seine Sachen für sich gemacht und doch waren wir nicht alleine. Bei Eunhyuk ist es anders. Wenn er da ist, dann sind wir am Plappern und am Blödsinn machen. Bei dir fühle ich mich wie bei Leeteuk, ich kann mich entspannen und es einfach genießen mal nichts zu machen oder zu sagen … aber du riechst besser … also anders … weiblich.“
Mia fing fröhlich an zu lachen, das würde sie Teukie petzen.
.
.
Mia und Donghae konnten ausschlafen, während für die anderen teilweise der Alltag schon wieder los ging. Wie lang war eine Trauer angemessen? Das war schwer zu sagen, Fakt jedoch in Korea war: aus dem Auge, aus dem Sinn. Zu lange konnten sie sich nicht in ihren Schneckenhäusern verstecken.
Sungmin, Ryeowook, Siwon und Kyuhyun hatten heute Morgen ihr Shooting bei SPAO. Die Gruppe wurde gesplittet, damit das Shooting ruhiger laufen würde. Mia konnte sie nicht begleiten, da sie heute die ganzen Fäden gezogen bekam und noch mal ein MRT hatte. Also stand sie um 10 Uhr auf und fuhr mit Donghae in das Krankenhaus.
„Soll ich mit dir rein kommen?“, fragte er mit besorgter Miene.
„Nein.“
Es waren nur Fäden und eine Röhre, sie selbst konnte ja schon nicht zugucken, wenn sie Fäden gezogen bekam, da wollte sie ihm das nicht auch noch antun.
.
.
„Ah, guten Morgen Frau Martin. Sie können sich schon einmal frei machen … wie geht es Ihnen denn? Kopfschmerzen? Schwindel? Orientierungslosigkeit?“
„Trauer“, entgegnete sie ruhig, während sie sich ihr Oberteil auszog und der Arzt seufzte.
„Dagegen kann ich leider nichts machen.“
„Ja, ich weiß.“
„Aber Ihre anderen Wunden wollen wir uns doch mal ansehen.“
Er bedeutete Mia sich auf die Liege zu setzen und nach und nach begann er die ganzen Fäden zu ziehen. Klammerpflaster drauf und gut. Dann folgte das MRT. Mia war es ja gewohnt, doch heute war sie genervt. Von allem. Von den Wunden, den Schmerzen, diesem Krankenhaus und den Ärzten, die ihrem Freund nicht hatten helfen können. Bewegungslos lag sie im MRT und grummelte vor sich hin. Natürlich war alles okay mit ihr, wenn nicht, dann hätte man es wohl gemerkt.
.
.
Als Mia mit allem fertig war, saß Donghae noch immer brav im Wartezimmer und las eine Zeitung.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich und sein Finger fuhr sanft über das Pflaster auf ihrer Wange.
„Ich will Kuchen.“ Sie schob ihre Schmollippe vor und brachte zumindest Donghae damit zum Grinsen.
„Allen Kuchen der Welt.“
„Danach müssten wir aber dann Klamotten einkaufen gehen.“
.
.
Bei Gurunaru, um die Ecke vom Dorm, gönnte Mia sich ein riesiges Stück Kuchen … gleich zweimal. Ja, Zucker machte glücklich. Manchmal waren es die einfachen Dinge. Ein Stück Kuchen und der Tag war gerettet. Fast. Mias Handy klingelte.
„Das Dorm?“
Verwundert schaute sie auf das Display und ging ran.
„Wie kann das sein? Ich bin 10 Wochen nicht da und da denkt man, man kommt nach Hause und wird von den geliebten Menschen empfangen, aber nein, was muss ich feststellen? Noch nicht mal meine Zombie-Assistentin ist da. Ja, ich habe Zombie-Assistentin gesagt, denn deine Unfallquote ist so groß, dass jeder Selbstmordgefährdete dich dafür beneidet.“
Mia legte kommentarlos das Telefon auf und fing breit an zu grinsen.
„Heechul is back!“
.
.
Hals über Kopf verließen sie den Laden, nahmen jedoch noch etwas Kuchen mit – da Mia ja jetzt festgestellt hatte, dass Kuchen glücklich machte, kam sie zu dem Entschluss, dass Heechul einige Stücker Kuchen brauchte.
Gurunaru war nun wirklich nicht weit weg vom Dorm, doch als Mia und Donghae dort ankamen, saß Heechul auf der Couch, leicht genervt. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und wippte mit dem Fuß nervös und schaute auf die Uhr.
„Wieso habt ihr so lange gebraucht?!“
„Du wusstest doch gar nicht wo wir waren!“
Sie hätten ja sonst wo sein können! Beamen konnten sie sich noch nicht. Abrupt stand er auf, ging auf Mia zu und nahm sie in die Arme, so richtig fest. Mia erwiderte die Umarmung, für Heechul war das schon sehr nahe, er war nicht so der Knuddler.
„Ich hätte dich getötet, wenn du gestorben wärst“, flüsterte er und drückte sie noch etwas fester.
„Ehm …“
„Ja, ich weiß, das ergibt keinen Sinn. Ist doch egal.“
„Ich habe dich auch vermisst.“
.
.
Und so aßen sie wieder Kuchen. Heechul war ziemlich wortkarg. Er erzählte nicht viel über die Zeit in der Armee, außer dass es wohl in Ordnung und zu ertragen war. Heechul nicht in Plapperlaune? Wenn Mia nicht den Grund dafür wüsste, würde sie das tatsächlich amüsieren. Doch dieser Unfall stand im Raum und Jonghyun und jedes Mal, wenn Mia aufschaute und Heechul das Pflaster in ihrem Gesicht sah, seufzte er.
Wenig später klingelte es und Kim stand vor der Tür, um Heechul zu begrüßen. Sie saßen in der Küche zusammen und aßen wieder Kuchen (nicht das Mia vielleicht etwas zu viel Kuchen geholt hätte, doch wie man sah lohnte es sich).
„Kim, was passiert eigentlich mit SM Town New York?“
Die Deutsche fühlte sich durch das Koma total betrogen. Eben war SM Town New York noch mental so weit entfernt gewesen wie Weihnachten und plötzlich war das ’nächste Woche‘. Sie hatte ja noch nicht einmal erfahren, wieso sie diesmal nicht mit durfte. Ja, sie ging bereits davon aus, dass sie nicht mit durfte, weil sie ja nie mit durfte und wieso dieses Prinzip ändern?
„Wir hatten überlegt es zu verschieben, doch bis dahin sind drei Wochen seit der Beerdigung vergangen. Wir müssen nach vorne schauen. Die Veranstaltung ist ausverkauft. SHINee kommen natürlich nicht mit. Aber … the show must go on. Es wird natürlich nicht so eine fröhliche Show wie sonst, doch wir wollen den Zuschauern dennoch eine gute Show bieten. Wir werden zu Jonghyuns Gedenken Lichter verteilen und einige wie Yesung, Kyuhyun, Taeyeon, Seohyun, Jaejoong und Junsu werden ein Lied für ihn singen. Wir werden nicht so tun als wäre das alles nicht passiert, nur um für die Welt weiterhin zu sein wer wir sind. Ihr alle habt einen Bruder verloren und wir alle sind in Trauer.“
Und der Preis für das heutige Tränenvergießen ging an Kim, denn Mia kullerten schon wieder die Tränen und dann auch Donghae und zuletzt auch bei Heechul und Kim. Sie alle waren noch so mitgenommen von dem Verlust.
Vorbei also die Kuchen-Glücklichkeit, Heechul griff jetzt zu härteren Mitteln: Soju.
.
.
Soju machte anders glücklich als Kuchen.
„Und dann steckte er im Schlamm, weil er seinen Schuh verloren hatte und der Offizier hat ihn so angebrüllt, weil sein Schuh so dreckig war, dass er ihn danach drei Stunden geschrubbt hatte!“, erzählte Heechul und sie lachten sich echt scheckig über seine Geschichten, denn der Alkohol hatte seine Zunge etwas gelöst. Mia trank nicht viel, sie wusste nicht in wie weit es kompatibel mit ihren Medikamenten war, deswegen machte sie langsam.
„Und einmal haben sie die Stiefel von jemanden vertauscht der kleiner war! Morgens um 3 Uhr kam der Offizier und schmiss uns aus den Betten – da hat man nicht lange Zeit, innerhalb von zwei Minuten muss man in voller Montur vor seinem Bett stehen. Er zog sich also die Schuhe in Hektik an und bemerkte, dass etwas nicht stimmte, als es zu spät war und er keine Zeit mehr hatte die richtigen zu suchen und danach mussten wir 15 Kilometer joggen gehen!“
Der Arme! Mia war froh dass sie nicht zur Armee musste und zum Glück war Donghae umgänglich genug, dass man ihm wahrscheinlich nicht so etwas antun würde.
.
.
„Sag mal Kim, wo bin ich eigentlich wenn SM Town New York ist?“, fragte sie und überlegte, wann das nächste 2PM Konzert war.
„Na in New York.“
„Was?“ Das kam unerwartet.
„Mia, ich werde dich dort brauchen. Ich weiß dass du noch nicht ganz gesund bist und du sollst auch nicht zu viel machen, aber ich brauche dich dort zur Unterstützung. Diesmal kannst du dich nicht raus winden.“
Ha ha, als wäre es Mias Schuld gewesen, dass sie bei keinem SM Town dabei gewesen ist! Man konnte sich auch Sachen so drehen wie man wollte.
.
.
„Ich komme mit nach New York?“
„Das habe ich doch eben gesagt.“
„Schatz, ich komme mit nach New York!“
Sie stand auf und zog Donghae mit sich um dann anzufangen sich zu drehen. Allerdings wurde ihr schnell schwindelig und sie musste sich wieder setzen.
„Schatz ich komme zu Henri Bendel und wir müssen unbedingt im Palace essen gehen – nein halt, wir können da wohnen! Kim! Können wir im Palace wohnen?“
„Palace? Wieso? Nein! Wir haben das W Hotel gemietet.“
Mias hoffnungsvolles Gesicht wandelte sich zu einem enttäuschten Gesicht.
Mia schaute seit Jahren Gossip Girl und kannte damit die Stadt ziemlich gut. Es gab so vieles, was sie sehen wollte. Chuck Bass gehörte das Palace und es war ein traumhaftes Hotel. Im wirklichen Leben gehörte es natürlich nicht Chuck Bass, doch das änderte ja nichts an dem Hotel.
„Liebes, wir gehen dort essen, versprochen“, sagte Donghae lächelnd. Immerhin besser als nichts.
„Und zu Henri Bendel müssen wir gehen und zu Victoria’s Secret.“
„Also bei letzterem bin ich dabei“, erwiderte er grinsen.
.
.
Kurz darauf zogen Heechul und Donghae los und Kim verabschiedete sich damit auch. Mia blieb Zuhause um sich auszuruhen … von Wegen, es gab SO viel zu tun. Sie saß auf der großen Couch im Dorm und durchstöberte das Internet nach potentiellen Dingen, die sie in New York sehen musste. Sie wollte unbedingt hoch auf das Empire State Building – wo Chuck auf Blair gewartet hatte – und sie musste nach Brooklyn!
Es dauerte nicht lange, da schneiten Leeteuk und Eunhyuk zu Hause rein.
„Hi Mia, du bist hier und nicht unten?“
„Unten war niemand“, erwiderte sie und Leeteuk schaute sich um.
„Hier ist … auch niemand.“
„Grammatikalisch richtig wäre ‚Hier WAR auch niemand‘.“
So weit war es jetzt schon, dass er sich von Mia in Koreanisch verbessern lassen musste. Dem Bandleader fiel echt der Kiefer runter und Mia grinste triumphierend – nicht all zu lange. Plötzlich stand sie auf und rannte ins Badezimmer um sich dort man von innen nach außen zu stülpen. Sahnekuchen und Alkohol kombiniert mit unaussprechlichen Medikamenten war wohl nicht die intelligenteste Entscheidung gewesen.
.
.
Zehn Minuten später lag sie auf der Couch, eingemurmelt in einer Decke und die Plastikschüssel griffbereit.
„Was ist passiert? Wieso hast du dich übergeben?“, fragte Eunhyuk besorgt.
„Weil ich schwanger bin.“
Da wurden seine Augen groß und er kniete sich vor die Couch.
„Das ist alles kein Problem, wir ziehen das Kind gemeinsam auf – du kannst dich auf mich verlassen!“
Die Deutsche rollte die Augen.
„Ich bin nicht schwanger! Heechul hat den Alkohol ausgepackt und das war nicht gut mit meinen Medikamenten.“
„Heechul?“, kam es nun von beiden.
„Heechul ist da?“
„Ja … wisst ihr das nicht? Wieso motzt der immer nur mich an?“ Das war echt nicht fair, nicht nach all dem was sie durch gemacht hatte.
„Wo ist er?“ Eunhyuk schaute sich fragend um.
„Mit Donghae unterwegs.“
Und schon sprangen die beiden auf und waren weg. Na toll, schön, dass sich jeder so um sie kümmerte!
.
.
Schließlich sollte Mia doch noch eine Krankenschwester bekommen, oder eher Krankenbruder, denn Ryeowook kam nach Hause und fand sie in ihrem elenden Zustand.
„Komm, ich mache dir erst einmal eine Suppe, das ist gut für den Magen.“
Und da sprang er auf und rannte davon. Die Assistentin beobachtete das alles von der Couch aus und somit mit einem eingeschränkten Sichtvermögen. Sie hätte wirklich keinen Alkohol trinken sollen – noch nicht einmal für Heechul.
Ein paar Minuten später reichte Ryeowook ihr die Suppe.
„Ich bin zu schwach um selbst zu essen“, jammerte sie. Ryeowook setzte sich auf die Kante des Sofas und machte einen Löffel voll Suppe. Mia streckte die Zunge raus um den Löffel zu berühren.
„Das ist viel zu heiß!“
Ryeowook fing also an zu pusten, bis die Suppe auf angenehmer Temperatur war, doch auch so konnte er Mia nicht glücklich machen.
„Wookie, ich will lieber Eis essen.“
„Du bekommst kein Eis, das ist nicht gut für den Bauch!“
„Nichts gönnst du mir! Ich hasse dich!“
Nun war aber auch der Geduldsfaden des jungen Sängers gerissen. Gerade als er aufstehen wollte, hielt Mia ihm am Fuß fest.
„Nein, geh nicht.“
Hoch, runter, hoch, runter – Mia kränklich unter Alkoholeinfluss war auch für Ryeowook eine neue Erfahrung.
„Du bist ganz schön anstrengend heute!“, motzte er, legte sich aber zu ihr dazu um zu kuscheln.
.
.
Gegend Abend wachte sie wieder auf, als die anderen nach Hause kamen.
„Schatz, was machst du denn?“, fragte Donghae und strich ihr über die Stirn.
„Heechul made me a drunk addict.“
„Ach komm! Du wolltest es doch auch!“, blaffte Heechul aus der Küche.
„Irgendwie habe ich ihn vermisst“, gab Mia zu.