„Es ist so ungesund um diese Uhrzeit zu essen.“
Motzig saß die deutsche Assistentin vor ihrem vermeidlichen Mitternachtsessen.
„Willst du hungrig ins Bett?“, schlug Teukie vor und diese Argumentation reichte vollkommen aus um Mias Hunger überhand gewinnen zu lassen.
Wenig später lag sie im Bett, gesättigt, bereit vollgefuttert einzuschlafen, doch ihr Mann hatte wohl andere Pläne. Sie lagen in der Löffelchefstellung, als sie seine Lippen im Nacken merkte. Sie räkelte sich unter seinen Lippen und er drückte sie sanft an sich. Er zog ihr Shirt hoch und nackte Haut berührte sich. Er war so warm, so jung, so ungebändigt. Wer wollte schon schlafen, wenn man solch einen Liebhaber im Bett liegen hatte?
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Trotz des nächtlichen Vergnügens stand Mia um 6 Uhr auf, zog sich an und ging hoch ins Dorm. Sie hatte sich so eine Tröte geschnappt, schlich sich in Siwons und Kyuhyuns Schlafzimmer und beugte sich runter zu Siwon.
„Du kannst froh sein das ich Jetlag habe und schon wach bin“, flüsterte Kyu und erschreckte Mia damit zu Tode – was fast den ganzen Plan zerstörte. Wütend schaute sie rüber und sah nur ein Paar Augen, das unter der Decke hervor luggte. Noch ein böser Blick zu dem Jüngsten, dann setzte sie die Trompete an und trötete fröhlich die Melodie der Kavallerie.
Siwon schlug panisch die Augen auf und zuckte hoch. Dann sah er Mia und nun war er es, der finster schaute.
„Payback’s a bitch – get dressed, we‘re go jogging.“
Wie oft hatte er sie aus den Federn geworfen? Es war längst an der Zeit, dass der Spieß sich umdrehte. Müde fiel Siwon aus dem Bett und wankte ins Bad.
„Mich nimmst du nicht mit, oder?“, fragte das Paar Augen im Nachbarbett.
„Willst du?“, nicht das er sich am Ende übergangen vorkam.
„Bist du irre?!“
Ergebend hob sie die Arme.
„Just asking …“
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Als Siwon aus dem Bad kam, sah er noch nicht wirklich wach aus, doch er beschwerte sich auch nicht. Er war für ‚fair play‘ und wusste, das Mia einiges bei ihm gut hatte, wenn man bedachte wie oft er sie schon geweckt hatte.
Spätestens als sie 10 Minuten lang am Hangang joggen waren, bereute die Assistentin ihren Übermut. Es war arschkalt in Seoul! Siwon schien das weniger auszumachen, aber Mia machte beim Joggen noch alle möglichen anderen Übungen mit, um sich irgendwie warm zu halten.
„It’s getting colder.“
„Hell oh yeah!“
Gab es keine Joggerhallen? Immerhin gab es Golfplätze auf Gebäuden (weil sonst ja kein Platz war), da konnte man doch wohl auch einen überdachten Parkabschnitt machen!
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Wieder Zuhause ging sie heiß duschen. Es war erst November, es würde noch kälter werden.
Donghae wachte auf von dem Geruch von Essen – etwas seltenes in ihrem Haushalt, also ging er erst einmal davon aus, dass er träumte. Doch dann fand er seine Frau, in der Küche. Der Frühstückstisch war gedeckte und sie hatte Rühreier gemacht.
„Liebling, alles okay bei dir?“
„Ja, wieso?“
„Du … kochst…“
„Has actually everybody forgot that I was second in that cooking show? It’s not like I can’t cook, it’s just that I don’t wanna cook … most of the time.“
Sie machte den Herd aus und stellte die Pfanne auf den Tisch. Donghaes Skepsis war noch nicht überwunden.
„Warst du duschen?“
„Ja, ich war joggen und dann duschen und gleich fahre ich ins Trainingscenter.“
Okay, ja, dass sie beim Bambi-Training außer Puste war fuchste sie schon ein wenig. Es war Zeit die Krankzeit abzuhaken und wieder durchzustarten. In knapp zwei Wochen war die Super Show 4 und dann konnte sie es sich nicht mehr leisten außer Puste zu kommen.
Super Junior hatten heute nicht viel auf dem Plan, Mia würde genug Zeit haben um sich ihrer Kondition zu widmen.
„Soll ich … mitkommen?“
„Nope, you’ve got to do training, Mike’s gonna pick you up in an hour.“
Ausdauer hatten die Jungs, doch wenn sie wieder halbnackt über eine Bühne stolperten, musste der Sixpack sitzen – zumindest bei manchen. Andere hatten da eher weniger mit zu tun, so wie Kyuhyun oder Ryeowook, doch Siwon, Donghae, Leeteuk, Eunhyuk und Sungmin wurden zur Zeit gut gehetzt.
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Training tat gut. Einfach tanzen. Sie hatte sich von 2NE1 ‚Nega chae il chal naga‘ rausgesucht, sie mochte die Band nicht, aber das Lied war cool, und begann eine Choreo darauf zu machen. Mia liebte es sich die Seele aus dem Leibe zu tanzen, es war so befreiend. Drei Stunden später beendete sie zufrieden das Training und ging wieder duschen. In Momenten wie diesen lobte sie sich die kurzen Haare, auch wenn sie es aufgegeben hatte sich heute zu schminken.
In der Firma angekommen fand sie Kaylee bei sich im Büro.
„Where have you been? I’m waiting for you since hours! Your phone is off, you where nowhere to be found. I’m sorry but I’m your assistant and this behavoir stops right now.“
Mia wäre bei der Ansage ja fast wieder rückwärts aus dem Büro gefallen.
„What kind of attitude is that? I was in training, I didn’t hear the phone, what’s the deal?“
„The deal is that I’ve been sitting here since 9 AM, like an idiot, waiting on you.“
„Who told you I’d be here?“ Mia konnte wer weiß wo sein, mit SuJu unterwegs, auf Terminen, eben sonst wo, es war nicht gesagt, dass sie immer brav um 9 Uhr in der Firma antanzte. Kaylees Mund schnappte auf, dann wieder zu.
„I … I thought you’d … be here…“
„See, thinking – that’s where the problems beginn and by the way, you’re sitting here like an idiot cuz you’re acting like one.“
Mias Bürokolleginnen verfolgten den Streit wie ein Tennis-Match und Mia hatte gerade den Matchball gespielt. Kaylee war die Schildkröte auf dem Rücken.
„So, and now tell me what’s wrong with you? Do you need chakalaka or did you had bad chakalaka?“
Normalerweise, wenn Frauen so emotional überreagierten, war ein Mann im Spiel.
„How did you…? No! I did not have bad chakalaka… I mean … we’re not talking about chakalaka!“
Zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden die Kolleginnen vollkommen verloren – das war auch Mias Absicht gewesen.
„Come, let’s grab a coffee.“
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Bei einem Stück Kuchen und einem Kaffee ließ es sich doch besser quatschen.
„So, tell me, what’s wrong?“
„Nothing.“
„Kaylee, I’m friends with Jaejoong and Heechul – I find out anything I want to.“
Die Amerikanerin war sich vielleicht nicht bewusst was das zu bedeuten hatte, aber wenn Mia da auf der anderen Seite des Tischs sitzen würde, wüsste sie genau was Sache ist.
„Okay, okay, I might had a … moment.“
„A moment?“
„Jap, a moment.“
„Like a romantic moment?“
„No, no, no, no! Just … a moment.“
Und das war alles, was Mia aus ihrer Assistentin raus bekam.
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Den Rest des Nachmittags verbrachte sie mit Vorbereitungen für die nächsten Tage, ergo: Shopping. Anfang des Jahres hatte Mia ja noch die Jacken der Jungs stibitzen können, doch nun war es Zeit, dass sie sich selbst emotional auf den Winter vorbereitete.
Die beiden Frauen fuhren also zum Times Square und shoppten sich aus. Lange Mäntel, kurze Mäntel, Mäntel mit Flausch, Rollkragenpullovers und Stiefel. Moonboots hatte sie ja schon Zuhause und sie hatte auch einige Päckchen von Designern, doch sie brauchte Alltagskleidung, Dinge, bei denen sie keine Angst hatte hunderte von Euro in die Tonne zu kloppen, wenn ihr ein Glas Wein auf den Pulli kippte.
„OMG – I gotta get home!“
Mia hatte zwischen drin ihr Handy gecheckt und hatte eine erschreckende Entdeckung gemacht.
„Why? Something happened?“
„Donghae happened.“
Die Deutsche drehte Kaylee ihr Iphone hin. Donghae hatte gerade ein Bild von sich und seinem Plastikweihnachtsbaum getwittert.
„Husband and a tree“, stellte die Amerikanerin fest.
„A plastic tree.“
„What’s wrong with that? We have a plastic tree too.“
„Yeah well, I hope you don’t take that personally but your culture is how old? 300 years? Can I even call that culture? I mean your historical food is burgers and BBQs. I’m from Germania, we’ve been here since thousand of years and we have real trees.“
Mia mochte ja Amerika, aber bei Thema Tradition und Kultur schnitten sie nicht wirklich gut ab. Kaylee wollte gerade etwas erwidern, als Mia mit den Fingern schnippte.
„You had your attitude before, I’ve got mine now – payback’s a bitch and let’s go now.“
Ja, heute war wohl ‚Welt Rache Tag‘.
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Die Deutsche fand ihren Ehemann selig grinsend vor seinem 50 cm hohem Weihnachtsbäumchen.
„Was ist das?“
„Unser Weihnachtsbaum!“
„Nein.“
„Nein?“
„Well our Christmastree will be at least as tall as I am and it will smell like the forest itself and we will have the most amazing christmas decoration you can think of and when you come into this door, you will step into the northpole, just … a little warmer.“
„Ein echter Baum?“, fragte er aufgeregt.
„Ja.“
„Wo willst du den her bekommen?“
„Keine Ahnung, aber wir bekommen einen und wenn es das letzte ist, was ich aus Deutschland importiere.“
Er liebte Weihnachten, sie liebte Weihnachten. Doch Mia wollte kein überkitschtes, amerikanisches Weihnachtsfest, sie wollte schöne Kugeln und Teelichter und kleine Rentiere aus Stroh. Sie brauchte Deutschland.
Das ganze Jahr hatte sie sich gegen Heimweh gewehrt und nun überrumpelte es sie. Mia wollte ein Stück Zuhause hier in Korea haben und wenn das ihr sonst nie aufgefallen war, so tat es das jetzt erst recht.
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Die beiden bestellten sich etwas zu essen und saßen im Dunkeln, nur im Schein des kleinen Weihnachtsbaums, als auch Mias Handy anfing zu leuchten.
„Kim?“, fragte Mia in das Telefon.
„Hi Mia, ich habe dich heute nicht im Büro getroffen. Ich wollte dir nur sagen, dass wenn ihr umzieht und du Möbel oder andere Sachen bestellst, ich dir einen Kontakt gebe, von einer Firma, die die Sachen abholt, aufbaut, anschließt oder was auch immer getan werden muss.“
Der Blick der Deutschen war nach dieser Information ziemlich blank.
„Wieso?“, war alles was ihr dazu einfiel.
„Es ist eine Firma die Umzüge für Prominente regelt, verstehst du, damit keine Informationen aus Versehen an die Öffentlichkeit geraten. Wenn du also Sachen bestellst, brauchst du ihnen nur Bescheid geben, wo sie es abholen müssen und regeln das dann.“
„Ja, okay, aber das dauert ja noch.“
„Wieso?“
„Na ja, das Haus muss ja erst noch gebaut werden.“
Schweigen.
„Kim?“
„Ehm … ja, ja natürlich… aber wenn es soweit ist und du dann anfangen kannst zu planen, weißt du, an wen du dich wenden kannst.“
„Das ist sehr nett, danke.“
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Als sie auflegte schaute sie das Telefon fragend an.
„Was ist los?“, wollte Donghae wissen.
„Ich weiß nicht …“
Es kam der Deutschen so vor, als müsste sie dahinter steigen, als müsste sie den Fehler in der Matrix erkennen. Es war noch nicht einmal das Angebot, dass sie stutzig mache, eigentlich war es klar gewesen, das es Firmen geben musste, die vertrauenswürdig waren und sich um die Umzüge der Idols und andere Prominenten kümmerten. Anders war das auch nicht möglich. Über die meisten Wohnungen von Stars in Korea gab es sehr wenig Fotos, wenn einem aber von 8 Möbelhäusern zwei Dutzend Leute ständig ein und aus gingen, wäre das sicherlich nicht so. Sie war beruhigt zu wissen, dass zumindest das klappte. Es war viel eher die Art des Managers, die sie zum Grübeln brachte und sie wusste einfach nicht, was dahinter steckte.
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Ein ähnliches Erlebnis hatte sie etwas später, als sie Kaylee anrief.
„Hey, do you get picked up first or me?“
„When?“
„Tomorrow“, meinte Mia.
„Why would I be picked up?“
„It’s the photoshooting, remember, that thing when I will be gone three days.“
„Why should I come with you?“
„Because today you’ve made it pretty clear that you are my assistant and you wanna know my whereabouts.“
„But I know where you’ll be.“
Musste sie jetzt tatsächlich ihre Assistentin überreden sie zu begleiten?! Jetzt schlug es aber 13!
„Kaylee…“
„Alright, alright, I’m coming with you but don’t say I haven’t warned you.“
„Warned me about what?“
„Never mind.“
Damit war das Gespräch beendet und Mia saß wie da, irritiert ihr Telefon betrachtend.
„Was ist los?“, fragte Donghae und schaute über den Laptoprand.
„Ich weiß nicht!“ Der Frust in ihrer Stimme war deutlich zu hören, irgendwie hatte sie heute ständig das Gefühl etwas zu verpassen und sie hatte keinen Schimmer was.