Gegen 1 Uhr kamen Mia und Donghae wieder Zuhause an und standen im Flur.
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir hier tatsächlich wohnen“, sagte er und schaute sich um. Ihr Haus sah aus wie aus einem Katalog.
„Ich weiß was du meinst“, entgegnete Mia, ließ sich aber auf die Couch fallen. Kaylee und Zoey hatten an vieles gedacht, doch es fehlten irgendwie noch so Kleinigkeiten, der individuelle Touch und wie wir alle wissen, liebte Mia es einzurichten. In Frankfurt gab es so einen Laden, Kontrast, und wenn sie mit Donghae nach Deutschland fliegen würde, würde sie diesen Laden plündern. Dort gab es neben ein paar Designermöbel auch alle möglichen anderen Einrichtungsdinge, Lampen, Bilder, Rahmen, Dekoartikel so weit das Auge reichte und es war nicht so 0815 Krempel, den man in jedem Ikea bekam, sondern ausgefallene Dinge – mit ausgefallenen Preisen, keine Frage. Bisher hatte sie immer nur kleine Dinge eingerichtet, ihr kleines Zimmer damals oder kleine Wohnungen. Es gab eine gewisse Art von Möbel und Dekoration, die einfach nicht in kleine Räume passte, weil sie Platz brauchten, um richtig zu wirkten. Also wenn sie jetzt eines hatten, dann Platz! Mia würde also Amok-Shoppen.
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Mias Werbedreh für das elektronische Fitnessstudio würde erst gegen 13 Uhr beginnen. Kim hatte ihr extra diesen freien Vormittag eingeräumt, um sich von dem Wochenende zu erholen. Ruhte sich Mia wirklich aus?
Total … sie gönnte es sich immerhin bis 7 Uhr zu schlafen und dann hieß es ‚ab an den Rechner‘, denn Email hatten keinen freien Vormittag und der Weihnachtsmarkt war gerade mal in vier Wochen.
Donghae wachte gegen 9 Uhr auf und kam runter, wo er Mia im Wohnzimmer fand.
„Wieso bist du wach?“
„Arbeiten.“
„Okay Leeteuk…“, meinte er nur und stampfte weiter in Richtung Kaffeemaschine. Mia zog die Augenbrauen zusammen, legte den Laptop weg und schlich sich an ihn heran.
„Ich weiß du läufst lautlos, aber ich weiß trotzdem das du da bist.“ Donghae drehte sich langsam um, lächelnd, während Mia mitten in der Schleichbewegung stehen blieb.
„Verdammt!“, fluchte sie und brachte ihren Mann zum lachen.
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„Übrigens, am Samstag ist Brian McKnight in Seoul für ein Konzert. Ich habe uns Karten geholt.“
„Wirklich?!“ Mia würde töten um Brian McKnight live zu sehen!
„Jup. Am Sonntag sind auch Boyz2Men da, aber da fliegen wir ja nach Singapur.“
Mia würde auch töten um die zu sehen! Wieso kamen die nie nach Deutschland, aber nach Korea? Sofort wurde Happy-Face zu Sad-Face.
„Boyz2Men?!“
„Schatz, ich hab geguckt, wir fliegen schon im 19:30 los…“
Das änderte nichts an ihrem Gesicht und Donghae bereute sofort überhaupt von Boyz2Men erzählt zu haben, dann wäre sie zumindest noch fröhlich wegen Brian McKnight.
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„Okay, just to get this straight. You will put on a suit, which paddles that will give you electric shocks and you think that’s sport?“ Kaylee wollte nur sicher gehen nichts verpasst zu haben.
„It’s not like it’s a electro-shocker. While you get the electronic impulse you do simple exercises because it’s … tempting your muscles. It’s really hard to move because you have to fight against that power.“
Kaylee schaute nicht überzeugter als vorher.
„Why don’t you try it yourself?“, schlug Mia vor.
„I’ll pass.“
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Natürlich machte sie nicht richtig Training – wer tat das schon in den ganzen Werbespots? Wenn man selbst total verschwitzt und am Ende seiner Kräfte war, begriff man dass die Werbung einen belog, man sah nicht so fröhlich aus wie die Models und man konnte auch nicht mehr lächeln. Nun war Mia selbst so ein Model. Sie hatte zwar den Anzug an und der Strom war auch leicht an, doch nur, damit sie spürte, wenn der Impuls kam.
Kaylee saß skeptisch blickend in der Ecke und schüttelte gelegentlich den Kopf. Mia machte auch lieber richtig Sport, mit anderen und lange, doch als Zusatztraining war das hier doch gar nicht so schlecht. Man konnte sich gezielt auf Muskelpartien konzentrieren und auch intensiver Muskelaufbau betreiben. Irgendwie war sie sich ziemlich sicher, dass dieses Konzept gut angenommen werden würde.
Vier Stunden später war alles im Kasten und Mia ging duschen.
„Are you still seeing Jiyong?“, fragte Mia aus der Duschkabine.
„I’ve never … seen him.“
„Whatever, he’s a nice guy, you should go for it.“
„Whatever“, äffte Kaylee Mia nach und Mia ließ das Thema fallen. Jiyong wirkte die letzten Tage sehr ausgeglichen, vielleicht konnte er damit doch besser umgehen, als Kaylee.
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Um 15 Uhr war sie mit Bill und Tom verabredet. Kaylee musste in die Sprachschule und Mia nahm das Auto um die beiden abzuholen. Morgen würde sie zurück nach Hause fliegen. Ein wenig hat sie sich schon an die beiden gewöhnt.
„So, es ist euer letzter Tag, ich richte mich ganz nach euch“, meinte sie, als sie beiden in den Wagen gestiegen waren.
Nur was tun? In Lotte World waren sie schon, auf’s Coex hatten die beiden jungen Männer keine Lust und ins Kino konnte Mia ja auch schlecht mit ihnen gehen.
Am Ende landeten sie irgendwie im Training zu ‚Oppa Oppa‘. Zwar würden Donghae und Eunhyuk erst in 3 Wochen damit durch die Musiksendungen touren, doch heute war das erste Treffen mit den Tänzern und das waren einige. Mia ging vor nach dem Prinzip ‚Geteiltes Leid ist halbes Leid‘ vor und schleppte die zwei Deutschen ins Tanzstudio, um ihnen den Tanz beizubringen. Bill und Tom sahen alles andere als begeistert aus, als sie sich das Training anschauten.
„Ist das dein Ernst?“, fragte Tom.
„Jup.“
„Wieso müssen wir das lernen?“
Es war ja nicht so, als wären sie generell nicht offen, nur fehlte ihnen im Moment die Weitsicht zu erkennen, wieso sie das lernen sollten.
„Weil ich es lernen musste.“
Die Zwillinge tauschten einen Blick aus.
„Das macht keinen Sinn“, sagten sie gleichzeitig.
„Doch. Das ist eine wichtige Lektion für euer Leben Schnuggis.“
„Die da wäre?“
„Kpop ist kein Ponyhof.“
So ein wenig hatten sie ja schon damit gerechnet, dass etwas … revolutionäreres dabei raus kommt.
„Ich versteh’s nicht“, gab Tom zu.
„Manchmal muss man eben Sachen machen, die man nicht machen will. Ich hasse dieses Lied und musste trotzdem den Tanz lernen. Ich habe euch gefragt, was ihr machen wollt, ihr habt keine gescheite Antwort gegeben and here we are.“
Der Song war vorbei und Donghae kam grinsend auf Mia zu und küsste sie.
„Was macht ihr denn hier?“
„Ach, sie fliegen Morgen und ich wollte, dass sie etwas haben, was sie immer an diese Zeit hier erinnert wird.“ Das war nicht gelogen! Daran würden sie sich auf jeden Fall auf Ewig erinnern.
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„Nein, mehr aus der Hüfte! Gugge ma…“
Mia machte Bill noch einmal den Schritt vor und er versuchte es nach zu machen.
„Ich komm mir schon vor wie bei Dirty Dancing für Arme! Los, etwas mehr Konzentration.“
Da war der Oberfeldwebel Mia Martin am Werk.
„Du sprichst nicht wirklich Dialekt“, fiel es Tom aus.
„Was?“
„Dein Hessisch. Du machst das mit Absicht, du hast keinen Dialekt.“
„Nein. Da ich ja nicht wirklich in Deutschland aufgewachsen bin, spreche ich eigentlich kein Hessisch. Aber ich kann es, also uff jetzt Bub, weider geht’s.“
Resigniert ergaben sich die beiden ihrem Schicksal.
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Zwei Stunden später tanzten die beiden schon mit, auch wenn sie irgendwie den Anschein erwirkten, dass sie hier nicht hin gehörten.
Zur Belohnung ging Mia mit ihnen zu Gurunaru.
„Was ist das noch mal?“
Bill und Tom saßen vor ihrem ersten Patbingsu und beäugten es skeptisch.
„Patbingsu. Es ist toll. Einfach essen, nicht fragen – ich erkläre euch später was das ist.“
Das war wahrscheinlich die schlechteste Aussage, die sie hätten treffen können, denn sofort kamen sich die beiden vor wie im Dschungel Camp und nun saßen sie vor einem Teller Hoden, der einfach nur schön dekoriert war.
„Es ist nichts Ekeliges, wenn ich es euch jetzt erklären würde, würdet ihr nur denken, dass diese Kombination nicht zusammen gehört, deswegen einfach essen.“
Beide waren total begeistert von dem Dessert und versuchten zu analysieren, was es war.
„Sind das Früchte?“
„Nein, es sind Bohnen – mit Schokolade.“
Da staunten sie nicht schlecht, denn wirklich schmecken, dass es Bohnen waren, tat man nicht. Wenn es nicht mal irgendjemand Mia gesagt hätte, wäre sie wahrscheinlich nie darauf gekommen. Die Schokolade war so mächtig, dass man die Bohnen nicht schleckte, man bemerkte nur, dass es eine andere Konsistenz als Mousse hatte, doch darüber hatte sich Mia nie Gedanken gemacht.
Zuckerbrot und Peitsche nannte man das.
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Da es kurz vor 19 Uhr war, schnappte sie sich die beiden und fuhr zur Banpo Brücke.Es war Ende November, mittlerweile war es ziemlich kalt geworden, doch wenn man warm eingepackt war, ging es schon. Dennoch vermisste Mia das Warme, nicht das Schwüle, aber das Warme schon.
„Was ist das?“
Bill deutete auf die beiden Inseln hinter der Banpo Brücke, die als helle Kokons leuchteten und die Farben wechselten. Noch vor einem Jahr standen hier nur Stahlgerüste, inzwischen waren sie fertig gestellt und waren eine weitere Sehenswürdigkeit.
„Ich glaube das es eine öffentliche Galerie ist, mit Bildern koreanische Künstler.“
wieder staunten die beiden. Eine Galerie, kostenlos? So etwas gab es in Deutschland selten.
„Sollten wir uns das angucken?“, fragte Tom und versuchte noch immer heraus zu bekommen, was sie hier taten.
„Nope. Abwarten.“
So setzten sie sich an das Ufer und fröstelten etwas. Mia verriet ihnen nichts und dann … BAM! Wasserspiele!
Mia sah wie Bills Augen groß wurden und dann sprang er auf.
„Heftig!“
Tom schien zwar nicht ganz so enthusiastisch, doch die Handys zum filmen wurden sofort ausgepackt. Anfangs wurde meistens klassische Musik gespielt und zum Ende hin Pop. Bill und Mia tanzten fröhlich – so ziemlich als einzige, doch das störte sie auch nicht sonderlich. Mia hatte überlegt die Stadt zu schmieren um ‚Oppa, Oppa‘ zu spielen, damit die Zwillinge gleich zeigen konnte, was sie heute gelernt hatten.
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Es stellte sich heraus, dass Tom noch mit M81 verabredet war und so schmiss sie ihn am Dorm raus.Sie wollte sich nicht aufdrängen und Bill anscheinend auch nicht. Nur weil man Zwilling war, musste man ja nicht jede Minute zusammen verbringen.
„So, ziehen wir noch um die Häuser?“, fragte der Sänger.
„Gern.“
Wo ließ es sich besser um die Häuser ziehen, als auf der Karosogil? Hier gab es so viel Auswahl an Cafés, Bars, Restaurants und Lounges, dass man Monate brauchte, um alle gesehen zu haben
„Weißt du, als wir her gekommen sind, wusste ich nicht wirklich was uns erwartet“, meinte Bill.
„Oh, ich hab mir das auch anders vorgestellt, als ich hier ankam“, lachte Mia. Sie hatte zwar nicht so wirklich gewusst, was auf sie zukam, doch irgendwie hat es sich in eine völlig unerwartete Richtung entwickelt.
„Das glaube ich! Vermisst du manchmal dein altes Leben?“
„Nie“, antwortete sie sofort. Korea war hart, oder wohl eher ihr Job. Wenig Schlaf, immer unterwegs, immer ans Limit gepusht. Doch sie sammelte so viele Erfahrungen, Erfahrungen, die normalen Menschen verwehrt waren. Videodrehs, Werbeverträge, Konzerte, Jetsetten. All das hing aber auch mit Super Junior zusammen. Wenn sie wirklich an eine Band wie die Evil-DBSK geraten wäre, dann würde ihr ihre Arbeit sicherlich nicht so viel Spaß machen.
„Jetzt mal abgesehen von Donghae, ich habe sie alle sehr gern gewonnen. Sie sind meine Familie geworden. Man verbringt so viel Zeit zusammen und teilt so viele Erfahrungen. Es ist fast wie im Big Brother Haus“, erzählt sie grinsend und Bill lachte fröhlich.
„Ja, ja, die Emotionen. Man merkt aber auch, dass ihr wie eine Familie seid. Nicht nur innerhalb von Super Junior, sondern im ganzen Lable.“
„Und, kannst du dir vorstellen mit SME zusammen zu arbeiten?“
Noch immer wusste sie nicht wie das aussehen sollte. Okay, DBSK und SuJu konnten auch rockig. Vielleicht würde man praktisch eine neue Band für diese Promotion zusammen stellen, mit ein paar Bandmitgliedern der beiden Gruppen und zwischen drin Bill und Tom. Vielleicht würde ja auch der Song halb Koreanisch, halb Deutsch werden.
„Wir sind definitiv nicht abgeneigt. SME scheint gut strukturiert zu sein und ihr habt tolle Künstler. Wir müssen nur für uns selbst klären, wann wir wieder zurück in die Öffentlichkeit möchten.“
„Erst mal Schnauze voll, hm?“
„Ein wenig … wir stellen uns gerade der spannenden Herausforderung des normalen Lebens. Wusstest du wie viel man kaufen kann?! Das ist irre. Ich hatte früher nie wirklich Zeit durch einen Laden zu gehen und mir an zu gucken, was man alles kaufen kann, weil wir immer verfolgt wurden. Als ich das erste Mal nachts in Amerika in einem Supermarkt war, ist mir aufgefallen was es alles gibt!“
Mia lachte fröhlich, wobei sie diese Erkenntnis nicht ausschließlich auf die Fans schob. Männer gingen an sich weniger einkaufen. Früher war sie mit ihrer Mama immer samstags einkaufen gegangen, doch einmal war sie krank und ihr Stiefpapa bot sich an Mia zu begleiten. Es war ein Desaster! Der Einkauf hat dreimal so lange gedauert wie sonst, weil er vor jedem Regal in Faszination stehen geblieben ist. ‚Schau mal wie viele Sorten Marmelade es gibt!‘, ‚Guck doch mal wie viele Soßen man kaufen kann!‘. Supermärkte waren für viele Männer sehr viel faszinierender als für Frauen.
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Gegen 23 Uhr lieferte sie ihn schweren Herzens im Hotel wieder ab. Sie tauschten Emailadressen und Handynummern aus und versprachen in Kontakt zu bleiben. Doch das Wochenende war hart und lang gewesen und heute dann auch noch der Werbedreh hatte Mia ziemlich ausgelaugt und sie freute sich darauf nach Hause zu kommen, sich ein heißes Bad ein zu lassen und sich ihren Ehemann zu schnappen.
Pustekuchen!
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Schon als sie die Tür öffnete, hörte sie wildes Geschnatter. Mia lehnte ihren Kopf gegen die Wand. Oh man.
„Hamtaro, Papa!“, begrüßte Mia die beiden Super Junior Mitglieder. Heechuls Gesichtsausdruck änderte sich und er öffnete den Mund, da hob Mia den Finger.
„Ah, ah, ah – denk daran, du musst mir einen Monat lang Komplimente machen“, erinnerte sie ihn an die verlorene Wette. Heechul seufzte.
„Du willst dein Kompliment für heute? Okay. Ich beneide dich für deinen Zynismus und wünschte ich könnte ihn heute genau so an dir benutzen, wie du an mir.“
„… Danke … glaube ich.“ So wirklich sicher war sie nicht, ob das tatsächlich ein Kompliment war.
„Why is it so hard to understand that we’ve built a house to actaully be alone in there?“
„Wieso sollte man in so einem großen Haus alleine sein? Das wäre Verschwendung“, erwiderte Leeteuk schulterzuckend. Da war Donghaes Mama heute Morgen abgereist und jetzt hatte sie Leeteuk an der Backe.