Am nächsten Morgen, beim Frühstückstisch, saß das Ehepaar mit ihren Laptops zusammen. Mia bearbeitete Emails, aber Donghae schien irgendetwas anderes zu tun, denn er hatte so einen richtig angewiderten Blick drauf.
„What’cha looking at?“
„Also ihr in Deutschland macht schon komische Sachen.“
Das war eine sehr breit gefächerte Definition, denn es gab sicher viele Sachen die einem Koreaner in Deutschland komisch erschienen.
„Zum Beispiel….?“
„Zum Beispiel diese Dermal Piercings! Kennst du das?“
„Ja, Schatz.“
„Weißt du wie das gemacht wird?!“
„Ja, Schatz.“
„Du machst so was doch nicht?!“
„Nein, Schatz.“
Mia war zwar offen gegenüber Piercings und Tattoos und all so einem Schnickschnack, aber Dermals fand selbst sie komisch. Sie hatte zwei Arbeitskolleginnen, in ihrer alten Firma, die sich so was haben machen lassen, die eine als ‚Verlobungsring‘, weil sie ihre Ringe immer verlor und die andere zwischen Daumen und Zeigefinger. Mia fand schon das es cool aussah, wenn sie aber zu viel darüber nachdachte, wie die gemacht wurden, drehte sich ihr Magen gerade um.
„Das beruhigt mich“, sagte Donghae erleichtert und wann sich wieder seinem Laptop zu. Na, wenn er so einfach zufrieden zu stellen war…
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Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Mia und Donghae schauten beide auf, keiner bewegte sich.
„Woher wissen die alle wo wir wohnen?“, fragte Mia genervt.
„Keine Ahnung!“
Es klingelte wieder und nun stand Donghae auf.
„Für dich!“, rief er, als er an der Tür angekommen war. Mia stand auf um nachzuschauen, wer sich jetzt schon wieder zu ihnen verirrt hatte und hatte schon fast mit Bill gerechnet, doch da rauschte auch schon Jiyong an ihr vorbei.
„Meeting im Welpen-Zimmer“, sagte er nur knapp und ließ Mia verwirrt stehen.
„Welpen-Zimmer? Wirklich? Since when is this the official room definition?!“
Jetzt gab man ihren Zimmern schon Namen! Die Deutsche eilte ihm hinterher nach oben.
„Was ist denn los?“
„I-Tasia.“
„Wann?“
„Das ist es ja, wir haben noch nichts Neues geplant. Die letzte ist schon über einen Monat her, wir brauchen Ideen!“
Sie schaute auf die Uhr, der Flieger nach Singapur ging zwar erst heute Abend, doch vorher gab es ein Treffen der Bands mit den Managern, doch etwas Zeit hatten sie noch. Also brainstormten sie.
Es gab Tausend und keine Möglichkeiten. Zum Beispiel könnten Sie zum Tee einladen – wieso das? Na Mia als Alice und Jiyong als verrückter Hutmacher! Und natürlich würden sie den Tee etwas aufpeppen. Dann gab es die Idee ‚Alles außer Kleider‘, was natürlich nicht bedeuten würde, dass die Gäste nackt waren, sondern dass sie sich Sachen basteln mussten, aus Monopolygeld, Plastikblumen oder aus Tüten. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt, nur die Zeit war wahrscheinlich problematisch, denn wann hatten sie Zeit all das zu machen?
Zu Mias Favoriten gehörte die ‚Zauberwürfel-Party‘. Jeder musste aus einem Outfit bestehend aus Weiß, Grün, Rot, Blau, Gelb und Orange zusammenstellen und AUF der Party mussten die Leute die Klamotten tauschen, bis am Ende das komplette Outfit in einer Farbe war. Das hörte sich doch nach Spaß an!
Natürlich gab es noch die klassischen Ideen wie ‚Unter Wasser‘, ‚Griechisch‘, ‚Am Hofe von König Artus‘ oder ‚Bollywood‘.
Sie entschieden sich noch nicht endgültig, stattdessen stellten sie sich einer ganz anderen Herausforderung: Wann?
Das war gar nicht so einfach. Sie mussten einen Termin finden, an dem sie beide in Seoul waren, was schon mal gar nicht so einfach war. Erst Singapur, dann Deutschland, dann Osaka mit 2PM, am Wochenende drauf Osaka mit Super Junior und es war ja nicht so, als würde Jiyong untätig rumsitzen. Dann gab es zwar Termine, an denen sie in Seoul waren, die aber irgendwie auch nicht passten, weil so was wie Weihnachten war.
„Und du kidnappst ihn nach Deutschland?!“, flüsterte der Rapper, als Mia ihn in ihre Pläne einweihte.
„Ja, ich denke er wird es lieben.“
„Bringst du mir was mit?“
„Klar – eine Lederhose.“
„Cool.“
Der Begriff ‚Lederhose‘ hatte für Jiyong eine andere Bedeutung als für Mia, wenn sie von deutschen Souvenirs sprach, doch das konnte er noch nicht ahnen.
„Hey sag mal, können wir Heechul nicht zu I-Tasia einladen? Im Prinzip ist er im Moment ja kein Idol mehr.“
„Du bist echt fies!“
„Danke“, erwiderte sie grinsend. Das Theater konnte sie sich jetzt schon vorstellen, auch wenn er wahrscheinlich tatsächlich nicht kommen konnte, weil die Feier unter der Woche stattfand und er ja am nächsten Morgen früh aufstehen musste, doch ihn deswegen einfach nicht einzuladen, war ja praktisch die Kriegserklärung schlecht hin!
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Bald darauf fuhren Mia und Donghae ins Dorm zu den anderen, wo auch Kim und Yun auf sie warteten.
Singapur war kein Urlaub, also waren einige Termine angesetzt. Morgen hatten sie ein Fotoshooting, abends hatten Donghae und Siwon ein weiteres. Kim und Yun trafen sich mit irgendwelchen Leuten, die irgendwie mit der SS4 zusammen hingen. Irgendwelche Organisatoren – Mia hatte keine Ahnung und eigentlich war sie vollkommen auf etwas anderes fixiert. Marina Bay Sand Sky Park Hotel. Ihr kennt es nicht? Googelt es! Es hatte ganz oben dieses gigantischen Infinity Pool, von dem aus man über ganz Singapur sah und alle Künstler, die zu den MAMAs eingeladen waren, waren genau dort untergebracht! Jihoon hatte von dort oben auch schon ein Bild getwittert und Mia hatte ihn dafür gehasst.
Nun würde sie selbst dort sein. Der Infinity-Pool war nur für Gäste des Hotels zugänglich und unten gab es ein riesiges Einkaufszentrum und es gab einen Nachtclub, der in einer Kristallkuppel war, die auf dem Wasser schwamm! Sick! Mia würde das Hotel nur verlassen, wenn es nicht anders ging.
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Sie sprachen auch darüber, wie sich die Jungs verhalten sollten, was sie sagen sollten – bloß nichts dem Zufall überlassen …
Doch dann kam Big Mike und alle schnappten sich hektisch ihre Koffer und Taschen und eilten nach unten.
Am Flughafen trafen sie dann auf die Mädels von SNSD.
„Hallo Mia, magst du bei uns sitzen?“, rief Taeyeon zu ihr rüber und Leeteuk, und Eunhyuk stellten sich beschützend vor ihre Assistentin.
„Wieso? Sie sitzt bei uns.“
„Und wieso kann sie nicht bei uns sitzen?“, fragte Sunny.
„Na weil sie unsere Assistentin ist“, argumentierte Hyukie.
„Ja, aber bei SM Town ist sie mit UNS aufgetreten. Wir sehen sie nicht nur als Assistentin“, erwiderte Taeyeon.
„Hey, was heißt ’nur‘ Assistentin?“, wand Mia ein, doch Tiffany fuchtelte mit den Armen.
„Nicht jetzt, Taeyeon ist auf einem guten Weg“, flüsterte die Sängerin Mia zu. Mama und Papa tauschten einen unsicheren Blick aus, doch dann kam Donghae.
„Mia wird bei mir sitzen, denn sobald wir in diesen Flieger betreten, wird sie schläfrig und nach 20 Minuten wird sie schlafen und dann will sie kuscheln und dafür bin ich zuständig.“
Sie einigten sich darauf diese These zu überprüfen und wenn Mia in 20 Minuten noch wach war, dann würde sie sich umsetzen. Mia wusste nicht wie sie letztendlich sitzen wollte oder nicht, doch man ist wer man ist und als Tiffany und Taeyeon zur Kontrolle kamen, lag Mia in ihrem Sitz, die Decke bis zum Kinn und schlummerte wie ein Baby.
„Ich habe es euch gesagt …“ Donghae ließ es sich nicht nehmen seinen Triumph etwas auszukosten.
„Das kann doch nicht sein! Du hast sie betäubt!“, unterstellte die Bandleaderin ihm entsetzt.
„Quatsch! So ist sie. Flugzeuge haben eine beruhigende Wirkung auf sie.“
„Ich kann das bezeugen und mir ist es peng wo sie sitzt“, kam es von Kyuhyun, zwei Reihen weiter vorne.
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Als Mia aufwachte, waren sie bereits im Landeanflug. Leeteuk war zwischenzeitlich der Meinung gewesen, dass man Mia wecken sollte, damit ihr Biorhythmus nicht völlig durcheinander war.
„Biorhythmus? Ernsthaft? Wer von uns soll so was denn haben?“, fragte Donghae ungläubig.
„Da hat er Recht, davon steht noch nicht mal was in den neuen, verbesserten Arbeitsverträgen“, mischte sich Kyuhyun ein und Leeteuk drehte sich zu ihm um.
„Was ist eigentlich mit dir heute?“
„Ich bin heute ‚Pro Donghae‘.“
„Du kannst ‚pro‘ etwas sein? Ich dachte du kennst du kontra“, meinte nun Eunhyuk.
„Wenn es um dich geht stimmt das auch“, konterte Kyu und hatte diesen Kampf eindeutig gewonnen.
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Auf dem Weg zum Hotel klebte die Deutsche an der Fensterscheibe des Busses wie ein Saugnapf. Das Hotel sah von weit schon phänometastisch aus!
„Schatz, wir fahren da hin, wirklich, du musst nicht die Motte im Licht spielen.“
„Ich weiß, aber es sieht soooo cool aus.“
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„So, hier sind eure Karten für die Zimmer, das Gepäck wird dann hoch gebracht.“ Kim verteilte die Zimmerkarten an die Welpen.
„Cupcake, hol das Gepäck.“
„Aber … aber Kim hat doch gesagt …“
„Egal, hol es.“
Mia schaute nervös auf die Uhr – sie hatte einen Plan, doch dazu müsste sie zuerst Donghae etwas knechten.
Sie waren in Tower 1, was ihrem Plan sehr zu Gute kam. Komplett Super Junior war im 39. Stock untergebracht, die Zimmer waren traumhaft, doch dafür war keine Zeit. Kaum war die Tür auf, schnappte sich Mia ihren Koffer, öffnete ihn und begann darin rum zu wühlen. Donghae beobachtete die Szenerie skeptisch. Es lag auf der Hand, dass sie etwas vor hatte, der Sänger hatte nur keinen Schimmer was.
Anscheinend wurde sie fündig und drehte sich zu ihm um.
„Komm mit!“
Es war ein sehr untypisches Verhalten. Normalerweise wollte Mia immer duschen nach einem Flug und normalerweise hatte sie Hunger. Was war geschehen, dass Mia ihre Prioritäten so radikal änderte? Neugierig lief er ihr nach bis zum Fahrstuhl. Sie drückte auf ‚57‘, Donghae hatte keine Ahnung was in diesem Stock zu finden war.
Infinity Pool! Sie fuhren in den 57. Stock, gingen zu den Umkleiden, zeigten ihre Zimmerkarten und bekamen Umkleidekabinen zugewiesen, in denen flauschige Handtücher lagen. Der Pool hatte bis 23 Uhr auf – deswegen hatte sie auch ständig auf die Uhr geschaut.
In Seoul war der Winter bereits eingezogen, doch Winter gab es in Singapur nicht. Hier waren die Temperaturen immer um die 30°C und selbst das Wasser im Pool hatte noch gemütliche 27°C. Als Donghae verstanden hatte, was sie vorhatte, war er natürlich gleich Feuer und Flamme dafür und gemeinsam stürzten sie sich in den Pool. Der Pool schien ins Nichts zu stürzen, natürlich war dem nicht so, es fiel in ein Auffangbecken und das war gesichert – selbst wenn man über den Rand stürzen sollte, würde man nur einen Meter tief fallen.
„So einen Pool will ich auch!“, beschloss Donghae.
„Kein Problem, du musst nur noch 50 Etagen auf unser Parkhaussetzen und dann haben wir auch so einen Ausblick.“
Er schien tatsächlich darüber nachzudenken, aber wie sollte man unter dem Haus hoch bauen? Weil das Haus würde er nicht mehr kaputt machen wollen.
Vor ihnen lag das Lichtermeer von Singapur und viel schwer die Augen davon weg zu reißen. Es war wie im Palace in New York – zwischen Himmel und Erde.
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Um 23 Uhr war dann aber Schluss, denn irgendwann musste der Pool für den kommenden Tag gereinigt werden. Mias Hunger war nicht aufgehoben gewesen, sondern nur aufgeschoben und als sie wieder im Zimmer ankamen, bestellten sie sich etwas zu essen, denn keiner von beiden wollte sich jetzt nochmal umziehen und fertig machen.
Kurz darauf klopfte es an der Tür. Das Paar wunderte sich noch, wie schnell das mit dem Essen gegangen war, doch vor ihnen standen Mama und Papa.
„Was tut ihr?“, fragten Eunhyuk und Donghae gleichzeitig.
„Wir haben euch gesucht! Ihr ward nicht beim Essen“, beschwerte sich Hyukie.
„Weil wir im Infinity Pool waren“, erklärte Mia in einem Singsang und schmiegte sich an Hae. Den beiden anderen fiel das Kinn runter.
„Wie? Jetzt noch? Der hat doch zu!“
„Nein, erst um 23 Uhr.“
Mama und Papa checkten gleichzeitig ihre Uhren und ließen dann enttäuscht die Schultern sinken. Keiner von beiden traute sich zu fragen, wieso sie die anderen nicht mitgenommen haben, in der Hoffnung, ihnen würden Details erspart bleiben.
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Was Mia und Donghae nicht erspart bleib, war die Tatsache, dass sie ihr Abendessen teilen mussten. Eunhyuk und Leeteuk hatten zwar schon gegessen, doch ihr wisst ja, Jungs haben immer Hunger.