Die Party war zwar cool, doch Mia musste sich eingestehen, dass die Medikamente wirkten, die man ihr gegeben hatten. Donghae war mit Leeteuk und Eunhyuk unterwegs und sie wollte ihm nicht den Abend verderben.
„Kannst du Hae bitte sagen, dass ich schon ins Bett gegangen bin und dass er nicht nach mir gucken soll? Mir geht es gut und er soll Spaß haben“, gab sie Sungmin in Auftrag, der nickte.
„Komm, ich bring dich runter.“ Siwon stand auf und ging auf sie zu, doch Mia hob nur die Hand.
„No, no, no Mister. Because of you I almost got killed. Maybe next time I won’t be that lucky.“
Siwon setzte diesen mahnenden Blick auf und hob seine hypnotisierenden Augenbrauen.
„Keine Widerrede. Übrigens, wenn ich dich umbringen wollen würde, dann würde ich es nicht dort tun, wo es Zeugen gibt.“
Sehr beruhigend, war sie nicht gerade dabei mit ihm die Zeugen-Party zu verlassen hinunter zum Alibi-Fahrstuhl? Am Ende würde die Party als Krimi-Dinner enden.
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Mia stand in der Ecke des Fahrstuhls und betrachtete Siwon. Ein Ort ohne Zeugen.
„Meinst du ernsthaft, dass ich dich umbringen möchte?“
„Nein … aber man weiß ja nie was aus Versehen passiert“, erwiderte sie ihm.
„So wie das hier?“
Plötzlich fing Siwon an zu springen und der Fahrstuhl wackelte natürlich mit. Aus Panik, dass der Fahrstuhl stehen bleiben könnte – wir wissen alle, dass es technisch nicht möglich ist, dass ein Fahrstuhl abstürzt, aber stecken bleiben war auch nicht toll – klammerte sie sich an Siwon wie ein Äffchen.
„Stop it!“
„Siehst du, du kannst doch anhänglich sein.“, lachte er fröhlich.
Die Deutsche ‚Hmpfte‘ ihn an und verzog sich wieder in ihre Ecke.
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Siwon war ein Gentleman, immerhin meistens. Er brachte sie bis zur Tür und schlupfte dann noch mit rein.
„Bist du müde?“
„Ich brauche keine Babysitter.“ Erst als die Worte ihren Mund verlassen hatten, bemerkte sie, wie harsch es sich anhörte.
„Aber du kannst gerne noch hier bleiben“, fügte sie hinzu.
Leeteuk, Onew, Key, Jiyong, Eunhyuk. Sie alle waren Kuschler. Mia hatte sich völlig daran gewöhnt, dass sie sich in ihr Zimmer schlichen. Sie mochte Siwon sehr gerne und genoss seine Gesellschaft, doch irritierte der anhängliche Siwon sie. Manchmal hatte Mia das Gefühl vorsichtig mit ihm sein zu müssen, um nicht seinem Charme zu unterliegen. Früher, ja früher hätten solche Situationen wie diese vielleicht zu mehr geführt. Die Deutsche wusste, wie man das bekam was man wollte und Siwon sah gut aus und hatte dazu auch noch einen tollen Charakter. Donghae hatte all das geändert. Er hatte sie verändert. Vielleicht merkte man so, dass jemand der Eine war, doch hatte sie manchmal Angst, einfach in ihr altes Verhaltensmuster zurück zu fallen.
Siwon und Mia endeten bei Comics. Mia hatte sich umgezogen und saß mit einer Jogginghose und Schlabbershirt im Schneidersitz auf dem Bett, während Siwon noch aussah, wie aus dem Ei gepellt.
„So that’s your thing, huh? Watching comics at nighttime?“
„It’s cool, admit it“, erwiderte Mia grinsend. Siwon wollte gerade etwas Gegenteiliges sagen, als Mias Telefon klingelte.
„Wer ruft dich denn mitten in der Nacht an?“
„Jiyong“, war Mias Antwort darauf.
„Yoboseo?“
„Rubic Cubic.“ Das war alles was er sagte und die Deutsche fing an zu grinsen.
„Cool.“
„Das war’s auch schon, viel Spaß in Deutschland.“
„Danke, see you when I’m back.“
Siwon schaute sie fragend an.
„Also du führst komische Telefonate“, meinte er.
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Nachdem Siwon gegangen war, lag sie noch lange wach. Dieses Jahr waren Big Bang nicht gekommen, Mnet hatte also einen neuen Feind. Sie hätte sie gerne hier gehabt, aber das Jahr war nicht einfach für die Band gewesen, vor allem nicht mit Daesungs Autounfall. Es war wirklich ein Jahr mit Höhen und Tiefen gewesen und wieder fragte sich Mia, wie lange SHINee brauchen würden, bis sie sich von Jonghyuns Tod erholt hatten. Wenn das überhaupt irgendwann eintreffen würde … Was würden Super Junior machen, wenn einer von ihnen sterben würde? Allein schon die Vorstellung war so grausam, dass sie den Gedanken schnell verscheuchte.
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Mia bekam nicht mit, wann Donghae zu ihr ins Bett gekrochen kam, doch als sie aufwachte, lag er um sie herum gewickelte. Sie grinste und strich ihm durch die Haare.
„Müssen wir schon aufstehen?“, murmelte er verschlafen.
„In Deutschland sagt man ‚Wer nachts feiern gehen kann, kann auch morgens arbeiten gehen’…“
„Das stimmt nicht“, widersprach er und sie grinste.
„Ich denke wir können noch ein wenig schlafen.“
Sie hatten heute nichts weiter zu tun – außer die MAMAs natürlich, doch die würden erst heute Nachmittag beginnen, mit Garderobe und Styling und davor hatte Kim Freizeit eingebaut. Ganz von alleine – Mia war stolz auf ihn. Fakt war jedoch, dass Mia tatsächlich etwas von der Stadt sehen wollte. Deswegen hatte sie für um 10 Uhr einen Guide für sie beide bestellt. Jetzt war es 8 Uhr, eine halbe Stunden könnten sie noch schlafen und dann würden sie sich fertig machen und frühstücken.
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Die anderen waren natürlich schmollig, dass sich das Paar einen Guide geholt hat und nicht den Rest der Band mit eingeplant hatte.
„Leute, wenn wir mit 15 Mann los ziehen, erwecken wir nur viel zu viel Aufmerksamkeit. Bitte, ich war bisher nur kurz in Singapur, ich will es auch mal sehen“, jammerte Mia und das zog fast bei allen. Nur nicht bei Kyuhyun, doch der hatte ohnehin kein Interesse an der Sightseeing Tour.
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Der erste Stopp war Chinatown. Man muss bedenken, dass Singapur begrenzt ist, denn es liegt auf Inseln. Die Stadt ist ein breiter Fächer aus Kulturen und Religionen und so kommt es, dass mitten in Chinatown ein Hindu Tempel steht. Mia starrte fasziniert zu der Pagode des Sri Mariamman Tempels auf, die mit bunten Farben und hunderten Skulpturen über ihnen wachte.
„And do you know what’s so special about this temple?“, fragte der Tourguide.
„It’s resonserated every 12nd year“, antwortete Mia und der Mann schien beeindruckt. Alle 12 Jahre wurde der Tempel erneuert.
„Woher weißt du solche Sachen?!“ Donghae war völlig verdattert.
„Ich bin Reiseverkehrskauffrau.“ Okay, zugegeben, Mia hatte ein ziemlich gut funktionierendes Gedächtnis. Wenn man ihr einmal etwas eingebläut hat, standen die Chancen gut, dass sie sich auf ewig daran erinnerte. Wie damals in der 12. Klasse, als sie 20 Zeil des Faust auswendig lernen mussten. Mia konnte sie noch immer aufsagen. Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.
Chinatown an sich war bunt und fröhlich, wie ein überkitschtes China und die Stadt achtete darauf, dass alles sauber und ordentlich war.
In Little India besuchten sie die Sultan Moschee, die wirklich sehr schön und beeindruckend war. Mia hatte schon viele Moscheen gesehen, in Dubai und in der Türkei und oft hatte sie sich gedacht, dass sie von außen hübscher waren als von innen. Wenige Kirchen oder Moscheen hatten sie von innen beeindruckt, doch die Sultan Moschee war einfach schön.
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Danach fuhren sie zur Seilbahnstation des Mount Fabers. Der Mount Faber war praktisch der Namsan von Singapur. Es war ein Berg, mitten in der Stadt und die Seilbahn nach oben war ewig lang und führte zwischen zwei Hochhäusern hindurch! Wie zwei Kinder pressten sich Mia und Donghae an die Fensterscheibe, mit offenen Mündern und betrachteten die Stadt unter ihren Füßen. Singapur war tropischer als Seoul. Der Berg war reich bewachsen mit uralten Bäumen und verschlungene Pfade führten durch den Park. Man hatte eine rundum Aussicht auf die Stadt, die einst den Piraten gehörten. 1824 hatten die Engländer Singapur dem Sultan von Johor abgekauft, für gerade mal 60.000 $. Mia war der Meinung, dass das eine gute Investition gewesen ist.
Sie nahmen ein spätes Mittagessen zu sich und dann war die Tour auch schon vorbei. Zumindest hatten sie jetzt mal ein wenig von der Metropole gesehen und hochmotiviert, fuhren sie zum Styling.
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Von diesem war Donghae mehr betroffen als Mia. Sie durfte sich nämlich selbst fertig machen und die einzige Auflage, die sie zu erfüllen hatte, war gut auszusehen. Das würde sie irgendwie hinbekommen.
„Wow“, machte Leeteuk, als Mia zu den Jungs ins Zimmer kam. Sie hatte ein langes, schwarzes Kleid an, dessen Rücken bis zum Hintern frei war – nach dem Motto ‚Auch ein schöner Rücken kann entzücken‘. Die Ränder waren besetzt mit Strasssteinen, nicht zu viel, aber trotzdem Blingbling.
Nun drehten sich alle um.
„Kim! Ich bin dagegen!“, kam es entsetzt von Yesung und der Manager, der ebenfalls wie die Jungs einen schwarzen Anzug an hatte, schaute auf.
„Du bist gegen was ….?“
„Das sie so gut aussieht! Sie wird uns auf dem roten Teppich voll die Show stehlen!“
„Deswegen wird sie nicht über den roten Teppich gehen, sondern wie alle Manager den Seiteneingang benutzen“, erklärte Kim gelangweilt.
„Did you just call me manager?“ Das musste man ja mal klar stellen, oder?
„Manager-ähnliches-irgendwas“, korrigierte sich Kim schnell.
„Na danke“, erwiderte Mia.
„Aber du siehst immer noch zum Anbeißen aus .. manager-ähnliches-irgendwas du.“ Donghae biss ihr sanft in den Hals. Welch Trost …
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Um ehrlich zu sein waren die MAMAs nicht besonders spannend. Die Ergebnisse standen bereits fest. Es war nicht wie bei den Oscars, wo man nicht wusste wer gewinnt. Wenn sie bei den Oscars sitzen würde und wüsste nicht ob sie gewinnen würde oder nicht, bräuchte sie auf jeden Fall Nervennahrung. Popcorn, Chip, Gummibärchen – hat jemand schon mal jemanden bei der Oscarverleihung futtern sehen? Wie hielten die das aus?!
Jedenfalls waren dagegen die MAMAs echt öde. Mia saß neben Kim und Yun und schauten sich die Show an, klatschten, lachten und versuchten die restliche Zeit nicht gelangweilt zu sein. Mia hatte nur zu tun, wenn Super Junior hinter die Bühne mussten für einen Auftritt, doch eigentlich war alles so durchgeplant, dass sie nicht viel zu tun hatte. Heimlich spielte sie Candy Crush auf ihrem Iphone, denn es gab in dem Saal Wifi. Fatal. Natürlich freute sie sich riesig, als die Jungs ihre Preise bekamen. Sie hatten in den Kategorien ‚Album des Jahres‘, ‚Beste männliche Gruppe‘ und ‚Beliebteste Kpop Gruppe‘ gewonnen. SNSD räumten in den Kategorien ‚Beste weibliche Gruppe‘ und ‚Künstler des Jahres‘ ab. Darüber hinaus gewann HyunA mit ‚Bubble Pop‘ ‚Beste Solo-Performance‘ und Mia wünschte sich Heechul herbei, damit er gemeinsam mit ihr von dem Lied genervt sein konnte. Bester Song des Jahres wurde 2NE1s ‚I’m the best‘ und ja, zugegeben, für 2NE1 war das Lied echt cool. Beast gewannen mit ‚Fiction‘ den ‚Best Dance Performance Male Group‘ Award, Miss A gewannen den weiblichen Award in der Kategorie. Bestes Musikvideo hätte an Big Bang mit ‚Love Song‘ gehen solle, doch die waren ja nicht da. Um ehrlich zu sein sagten ihr die anderen Künstler wenig. Sie freute sich auf den Auftritt von Lang Lang und Will.I.Am und Snoop Dogg war halt Snoop Dogg, doch irgendwann begann sie auf die Uhr zu schauen. Noch ungefähr eine Stunde, dann wären die MAMAs vorbei. Mia hatte schon ihren und Donghaes Koffer zusammen gepackt und sie waren bereits im Van, so das sie gleich los zum Flughafen fahren konnten. Sie hatte einen kleinen Trolley mit Wechselklamotten, denn so wollten sie bestimmt nicht fliegen.
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Nach der Verleihung fiel Donghae in die Arme seiner Frau.
„Schatz, hast du gesehen? Wir haben drei Awards bekommen!“
„Ja, hab ich“, erwiderte sie grinsend – sie war ja dabei gewesen.
„Aber Schatz, ich habe eine Überraschung für dich, wir müssen jetzt los.“
„Überraschung?“
Mia nickte, sie wusste das Donghae Überraschungen liebte. Es war das Kind in ihm, was ihn in diesen Sachen so berechenbar machte.
Sie stiegen in den Van, die Koffer waren hinten, so das er sie nicht sah und dann fuhren sie zum Flughafen. Da wurde er dann schon skeptisch.
„Liebes, was hast du vor?“ Sie waren ausgestiegen und Donghae schaute zu dem Terminal.
„I’m adult-napping you.“
„Ach so.“
Mia hatte sie bereits eingecheckt und beim Kofferabgeben stand da nur ‚Singapore Airlines‘, aber die hatte ja viele Ziele.
„Komm schon, sag es mir“, bettelte er, doch Mia war hart wie Marmor – ohnehin würde er es früher oder später erfahren. So schlenderten sie durch die Shops und warteten, bis es Zeit zum Boarding war.
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„Wir fliegen nach Deutschland?!“
Sie saßen bereits auf ihren Sitzplätzen in der Business Class, als Donghae das Reiseziel wirklich realisierte.
„Jup.“
„Nach Frankfurt!“
„Jup.“
„Ist schon Weihnachtsmarkt?!“
„Jup.“
„Das ist soooo super!“
Allein schon ihn so happy zu sehen ließ ihr Herz erblühen. Für solche Momente machte sie das, der Stress, die schlaflosen Nächte, Jetlag, das war alles egal, wenn er glücklich war.