Mia wartete auf Donghae. Auf den Esstisch hatte sie Kekse und ein Glas Milch gestellt. Die Kekse hatte sie auf die Schnelle noch gebackten – wie war das mit ‚Mach mal Schluss‘? Aber sie hatte ja noch Zeit gehabt und wollte eh nicht mehr raus, also hatte sie einige Bleche mit Butterkeksen gemacht. Viel mehr Kekse konnte sie nicht.
In diesem Moment dachte sie an Lily, die mit ihrer Mutter zu Weihnachten eine Keksfabrik aufmachte und über 20 verschiedene Keksarten backte. Mia war das nicht so talentiert. Kokos Makronen bekam sie noch hin, aber sie hatte kein Kokos zu Hause gehabt und deswegen war es bei Butterkeksen geblieben, teilweise auch mit Kakao und sie verzierte sie entweder mit Glasur oder Schokoladen.
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Als Donghae nach Hause kam, merkte er erst mal nichts, denn draußen war ja nicht dekoriert, doch als er die Tür aufschloss, blickte er hoch zu dem ersten Weihnachtsbaum und ein Geruch von frischem Gebäck schlug ihm entgegen und er hörte Weihnachtsmusik. In diesem Moment freute er sich so, dass sein Herz kurz auszusetzen schien.
Er eilte die Treppen hoch und blieb vor dem Weihnachtsbaum stehen, den er mit großen Kinderaugen anstarrte. Erst im zweiten Moment, bemerkte er all die anderen Sachen um sich herum und da stand seine Frau, mit Weihnachtsmannmütze und lächelte ihn an.
„Was hast du getan?!“
Er rannte auf sie zu und drückte sie an sich.
„Der Weihnachtsmann war hier gewesen…“
„Oh Mia!“
Er fand gar keine Worte. Dann sah er den anderen Weihnachtsbaum und die Rentiere und die Schneeflocken und die Papiersterne und die nächste Stunde war er damit beschäftigt wie von der Tarantel gestochen durch das Haus zu rennen und sich anzugucken, was Mia alles getan hatte.
„Schatz, das muss doch ewig gedauert haben!“
„Ryeowook und Henry haben mir geholfen.“
„Das ist echt Wahnsinn! Ich will nie wieder das Haus verlassen!“
Das war natürlich auch eine Alternative.
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Mit Milch und Keksen bewaffnet war nun die Stunde von Strong Heart gekommen. Zugegeben, es hätte schlimmer sein können. Allgemein schaute Mia sich nicht gerne auf Videos an und dieses Gefühl stieg noch mehr, als sie sich singen hörte.
Okay, ja, sie würde auf der Weihnachtsfeier auch singen, aber das war etwas anderes, das war zum Entertainment und sie war nicht alleine. Bei Strong Heart wollte sie nicht belustigen. Donghae drückte seine Frau an sich und jubelte.
„Mia, das war spitze!“
Zumindest er lachte nicht, im Gegenteil.
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Mia durfte die Lichter von dem Weihnachtsbaum im Schlafzimmer nicht ausmachen, doch war sie nicht doof und hatte einen Timer eingestellt – hey, diese Batterien würden nicht ewig halten, hättet ihr Lust von knapp 200 LED Kerzen die Batterien zu wechseln? Mia auch nicht.
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An diesem Morgen schmiss sich Mia wieder in ihre North Face Klamotten, zog sich die Wollmütze über und schnappte sich ihre Handtasche, denn heute würde sie den Weihnachtsbaum für den KBS Weihnachtsmarkt aussuchen und da riesige Weihnachtsbäume meistens ohnehin nicht so schön waren, würden sie den halben Tag durch die Wälder Koreas irren, bis sie den Richtigen gefunden hatten und bei Mias Glück stand genau der Baum unter Naturschutz und die Suche würde von vorne beginnen.
„Schatz, musst du wirklich gehen?“, jammerte Donghae, der noch im Bett lag
„Ja und ich hoffe dir ist klar, dass du nicht den ganzen Tag hier bleiben kannst.“
„Aber wieso nicht? Hier ist es viel schöner als draußen… ich könnte mich ans Bett fest ketten.“
Mal abgesehen davon, dass Mia schon wieder Bilder im Kopf hatte, die nicht jugendfrei waren, gab es da noch ganz andere Probleme.
„Und was machst du, wenn du auf Toilette musst?“
Darüber schien er erst mal nachdenken zu müssen.
„Ich kann mir einen Topf hinstellen“, erklärte er ihr und die Deutsche verzog das Gesicht. Na gut, dass sie noch zwei weitere Schlafzimmer hatten, in denen sie sich zurückziehen konnte.
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„So, ich hoffe wir haben warme Suppe dabei“, sagte sie fröhlich, als sie bei KBS ankam und den Weihnachtsbeauftragten begrüßte.
„Wieso denn das?“
„Na ja, es ist ziemlich kalt.“
„Ja draußen.“
Halt, wenn sie in den Wald fuhren, um ein Weihnachtsbaum auszusuchen, dann waren sie doch draußen oder hatte da Mia einen Denkfehler.
„Wir fahren nicht in den Wald?“
„In den Wald? Nein. Wir haben nicht so schöne, große Tannenbäume. Deswegen lassen wir einen Plastikbaum anfertigen. Wir fahren in die Fabrik… in den Wald…?“, wiederholte er kichernd und ging zum Van. Na toll, wieso war sie eingepackt wie ein Eskimo?
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Leicht in ihrem Ego untergraben fuhren sie dann zu der Weihnachtsbaum Fabrik. Hier bestimmten sie Größe, die Farbe, die Nadelart und die Dichte der Äste. Mia fand es doof, sie wollte einen echten Baum, kein PVC Baum. Ein echter Baum – und sei er noch so hässlich – war immer noch besser als ein Plastikbaum. Donghae würde sie auslachen, denn ihm hatte sie verboten ein 1 Meter hohes Exemplar aufzustellen und jetzt bekam sie einen 5 Meter hohen Plastikbaum an die Backe geklebt.
Immerhin dauerte das alles nicht so lange und gegen 11 Uhr, fiel sie bei Kona Beans in Apgujong ein.
„Und jetzt bekommen wir einen Plastikbaum“, beschwerte sich Mia bei Leeteuks Mama und hing auf der Theke.
„Das ist ja furchtbar, hier, probier mal den Java Chip Konaccino.“
Die Deutsche hatte das Gefühl hier gerade als Versuchskaninchen missbraucht zu werden und Leeteuks Mama nahm es einfach hin, dass Mia sich dabei über Gott und die Welt beschwerte.
„Ist da Kaffee drin?“, fragte sie, nachdem sie ein paar Schluck genommen hatte.
„Nein, du trinkst doch keinen Kaffee.“ Ein Grund, aber kein Hindernis. Mia probierte wieder und es war tatsächlich einfach nur sehr intensive Schokolade.
Dann gab es noch Säfte, Smoothies und Kuchen. Mia wollte sich auskotzen und jetzt war ihr schlechter als vorher, komisch, irgendwas war nicht so gelaufen, wie sie das geplant hatte.
„Aber Kindchen, wenn du jetzt das Haus so schön dekoriert hast, dann möchte ich das auch mal sehen“, meinte Leeteuks Mama.
„Samstagmittag? Kaffee und Kuchen?“
„Ja, das machen wir!“
So und schon war die Mama glücklich.
„Willst du noch ein Stück Kuchen mitnehmen.“
„Mamaaaaaa, ich kann nicht mehr.“
„Papperlapapp, komm, die Jungs haben doch bestimmt auch Hunger, ich mach euch ein Paket fertig.“
Die Jungs waren zwar Männer, doch wir wollen ja nicht anfangen kleinlich zu sein.
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So machte sich Mia auf ins Trainingscenter, bewaffnet mit zwei Kartons voll mit Kuchen.
„Ich kann nicht tanzen, mir ist schlecht.“
Theatralisch ließ sie sich auf den Boden fallen. Leeteuk, Donghae und Siwon waren zuerst an ihrer Seite.
„Was ist los? Geht’s dir nicht gut?“, fragte der Bandleader und legte seine Hand auf ihre Stirn.
„Deine Mama hat mich so lange mit Kuchen und Smoothies und Konaccinos abgefüllt, bis mir schlecht war“, beklagte sich die Assistentin. Siwon und Donghae ließen sich stöhnend auf ihren Hintern fallen und Leeteuk lachte fröhlich.
„Deswegen bin ich damals ins Dorm gezogen und hab Shindong bei mir einziehen lassen – du weißt ja wie er jetzt aussieht“, sagte der Bandleader lachend.
„Du bist doch nur eifersüchtig, dass deine Mama mich viel lieber hat als dich“, wehrte sich Shindong gegen den Angriff.
Doch jetzt mal ehrlich, Mia konnte sich wirklich nicht bewegen und setzte aus. Es war Super Show Training, um nicht aus der Übung zu kommen und das war auch wichtig, weil Mia ja nicht in Osaka dabei gewesen ist. Sie hatten jetzt Pause bis Anfang Februar, dann würde es erst wieder weiter gehen, aber dann Schlag auf Schlag. Am 2. Februar war Taipei dran, dann Singapur, dann Macau, Bangkok, Paris, Shanghai, Jakarta, Toyko und Ende Mai war das Abschiedskonzert in Seoul. Nicht alle Daten standen genau fest, aber zwischen Februar und Mai würden sie 20 Konzerte haben. Allein schon in Taipei waren vier Konzerte angesetzt, an vier Tagen. Danach wären sie klinisch tot, sie wusste es schon jetzt. Unmittelbar danach sollte dann das neue Album erscheinen, was bedeuten würde, dass sie ab April wieder im Studio schlafen würden. Wenn man genau darüber nachdachte, stellte man fest, dass das kommende Jahr genauso werden würde wie dieses.
Aber nur, weil sie Super Show 1,5 Monate aussetzte, hieß das nicht, dass es kein Training gab. Die Jungs hatten jetzt viele Sendungen zu Weihnachten und Silvester und würden mit ‚Mr Simple‘, ‚A-Cha‘ und ‚Superman‘ auftreten, teilweise auch mit ‚Ooops‘, also hieß es Proben.
Es waren zwar alles Songs ohne Backgroundtänzer, doch Mia tanzte ja meistens zur Hilfe mit, hinten, damit sie die, die sich vertanzt hatten, hauen konnte, aber selbst dafür war sie noch viel zu voll.
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Da lag sie also auf dem Boden, nachdem sie schnell die Mails gecheckt hatte und machte zumindest die pantomimenartigen Handbewegungen von ‚A-Cha‘ mit. Mia hatte den einzelnen Bewegungen auch Namen gegeben wie ‚Der fröhliche nach Hause Geher‘ oder ‚Buch zurück ins Regal stellen‘, dann gab es die Bewegung ‚Servus‘ und ‚Nein, nein, nein‘ und einer ihrer Lieblingsbewegungen war ‚ich betouch mich selbst, weil ich keine Freundin habe‘.( >>> HIER <<< das Video dazu)
„Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie uns veräppelt“, murmelte Sungmin zu Kyuhyun.
„Glaube dem Gefühl: Sie veräppelt uns“, stellt Kyu klar, was Sungmin so aus dem Konzept brachte, dass er stehen geblieben war und just Donghae in ihn rein rannte und stolperte – Sungmin gleich mit.
Da lagen sie nun.
„Was stehst du so rum?!“, fuhr Donghae den Jüngeren an und fing an ihn – freundschaftlich – zu würgen.
„Kyuhyun hat gesagt, dass deine Frau gemein ist!“, verteidigte sich Sungmin. Donghaes und Mias Blick gingen sofort zu Kyuhyun, der die Fäuste in die Seite stemmte.
„Ya! Das stimmt nicht! Du hast gesagt, du hast das Gefühl, das Mia uns veräppelt und ich habe gesagt, dass das nicht nur ein Gefühl ist, sondern der Wahrheit entspricht.“
Nun schauten alle zu Mia – war ja wie beim Tennis hier.
„Nicht immer!“ Das war nicht die Antwort, die sie von ihrer Assistentin hören wollten und mit Schreien stürzte sich die Truppe auf Mia. Ihr Tanztrainer hingegen schüttelte nur den Kopf und gönnte sich eine kleine Pause, durch die Unterbrechung.
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Nach dem Training wurden sie mit dem Kuchen belohnt, den Mia mitgebracht hatte, wobei ihr allein schon vom Anblick schlecht wurde. Bevor es noch schlimmer wurde, schlich sie sich raus in die Kälte, um eine zu Rauchen. Irgendwie war das Leben hier einfach geworden. Nicht unstressig, aber einfach. Sie hatte kein Drama mehr mit Kerlen – oh je, erinnert ihr euch noch an Jaejoong? In diesem Moment erinnerte Mia sich gerade daran und schüttelte den Kopf. Es gab eine Zeit, da hatte sie gedacht, dass es zwischen ihnen funktionieren könnte und vielleicht hätte es das wirklich, wenn die Sache mit Yunho nicht vorab passiert wäre. Jaejoong und Mia hätte nicht so eine harmonisch-kindliche Beziehung gehabt, wie sie es mit Donghae hatte. Donghae war wie ein Puzzlestück, sie passten nahtlos. Sie konnten kindisch zusammen sein, zusammen weinen, sie konnten sich zanken und obwohl ihr erstes Mal so gruselig gewesen ist, hatten sie daraus etwas Leidenschaftliches hin bekommen. Mit JJ wäre so eine solide Beziehung nicht möglich gewesen, aber Leidenschaft und Emotionen hätten auf jeden Fall mitgespielt.
Jihoon. Die Beziehung mit Jihoon war zwar auch harmonisch gewesen, doch irgendwie war es immer ein wenig wie in einem goldenen Käfig gewesen. Sie und Donghae waren gleichgestellt, doch bei Jihoon war das nicht so gewesen. Mia war sich neben ihm immer etwas kleiner vorgekommen, als würde sie immer unter seinen Fuchteln stehen und dieses Gefühl mochte sie gar nicht.
Kyuhyun. Um ehrlich zu sein hatte sie gewusst, dass es keine Beziehung von Dauer war und es war ein ständiges auf und ab gewesen, mit gelegentlichen Mordgelüsten. Sie mochte Kyuhyun, er war süß und keck und frech und ja, er war ein guter Kerl, doch zwischen ihnen hatte es einfach zu viele Differenzen gegeben.
„A penny for your thoughts…“, murmelte es aus dem Dunkeln. Mia erschreckte sich, wollte sich zu der Stimme umdrehen und landete mit dem Hintern in einem Schneehaufen.
Kyuhyun lachte sich scheckig als er das sah, reichte ihr aber seiner Hand um ihr aufzuhelfen.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“
Eigentlich war es gar nicht so einfach sich an Mia ran zu schleichen. Sie hatte sau gute Ohren und durch den Schnee knarrte eigentlich jeder Schritt. Sie war wahrscheinlich ziemlich in Gedanken, um ihn nicht gehört zu haben.
„An was hast du gedacht?“
„An die vergangenen 12 Monate.“
„Hm“, machte er und schien wohl selbst darüber nachzudenken.
„Als du her gekommen bist, hattest du gedacht, dass es so ein verrücktes Jahr wird?“
„Na klar, doch in meiner Vorstellung wäre ich jetzt schon Teil einer Girlgroup und wäre Präsidentin von SM Entertainment und DU wärst mein Kofferjunge.“
Dafür würde Mia eingeseift und sie quietschte so lange, bis die anderen Welpen nach der Quelle diesen schrillen Tons suchten.