In Seoul hingegen ahnte niemand was in Vegas los war. Im Gegenteil, Mia plante sogar in die ganze andere Richtung.
Am Sonntag nach dem EXO Konzert hatte sie gesehen, wie die Spannung der letzten Wochen von den Jungs abgefallen war. Sie kannte das von Super Junior und den anderen. Wenn das erste Konzert rum war, sah die Welt gleich besser aus. SME hatte den Musikern tatsächlich ein paar Tage frei gegeben und die meisten waren zu ihren Familien gefahren oder waren ein paar Tage in den Urlaub geflogen. Nur Kai geisterte noch in der Akademie rum. Seine Anspannung hatte nichts mit der Tour zu tun und die Deutsche war fest entschlossen ihm zu helfen. Ihr größtes Problem war, dass sie Kyrstal wirklich gern hatte, doch sie sah, wie die Sängerin noch an Kai hing und die Beziehung wohl noch nicht ganz überwunden hatte, während Kai am liebsten schreiend vor ihr weg rennen würde, nur zu gut erzogen war, um das tatsächlich zu tun. Mia verglich die beiden öfters mit Justin Bieber und Selena Gomez.
Just in diesem Moment huschte Kai an ihrer Bürotür vorbei.
„Kai! Kommst du kurz?“, rief sie ihm nach und er streckte den Kopf durch die Tür.
„Hi.“
„Setz dich doch, ich möchte etwas mit dir besprechen.“
Unsicher nahm er Platz. Er sah aus, als hätte man ihn zum Direktor gerufen.
„Entspann dich, ich bin’s“, erinnerte sie ihn. Immerhin war sie kein Manager. Er seufzte und entspannte sich etwas.
„Was hältst du davon, wenn Skye deine Freundin wird?“
Nun zog er die Augenbrauen zusammen und öffnete verwundert die Lippen, auf der Suche nach den richtigen Worten.
„Also … ich hab sie schon gerne und sie sieht sehr gut aus und ist witzig … und so tiefgründig und nicht so … über-mädchenhaft und sie hat echt coole Tattoos … und tolle Haare…“ Er sah gar nicht wie Mia mit den Augen rollte.
„Ich würde schon gerne mit ihr ausgehen, aber sie ist ja mit Jiyong-Hyung zusammen und irgendwie habe ich Angst ihm sein Mädchen auszuspannen.“ Immerhin ehrliche Worte.
„Okay, irgendwie habe ich mich wohl falsch ausgedrückt. Noch mal: Möchtest du das Skye deine Presse-Freundin wird?“
Er schaute sie völlig entsetzt an. Da legte er ihr seine Gefühle offen vor die Füße und was tat sie?
„Wie meinst du das?“
„Na ja, mir ist aufgefallen, dass dich die Sache mit Krystal doch sehr belastet. Wenn man dich mit einer anderen Frau sehen würde, würde die Presse endlich das Kai-Krystal Thema fallen lassen und vielleicht würde Krystal dann auch begreifen, dass du nach vorne schaust. Mal abgesehen davon würde es den Fokus von Skye und Jiyong nehmen. Ich vertraue Skye. Wenn wir jemand anderes nehmen würden, ist es ungewiss ob sie mit dem Druck klar kommt und nicht am Ende alles auffliegt.“
Mit Skye hatte sie darüber noch nicht gesprochen. Mia erinnerte sich daran, wie das damals mit Jaejoong war. Er hatte es ja richtig offiziell gemacht, was Mia eher unangenehm war, aber sie war damals zu oft mit Super Junior in den Nachrichten gelandet und Jaejoong hatte es mit der Motivation ‚Auch schlechte Werbung ist Werbung‘ genommen. Bei Kai und Skye lag der Unterschied darin, dass sie sich mochten. Mia hätte damals Jaejoong gerne mehr als einmal die Augen ausgekratzt. Sie und Jae waren nie einfach gewesen. Sie hatten sich gehasst und dann gemocht und dann wieder gehasst. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie zu gleich waren. Mia würde ihn nicht als ihren besten Freund bezeichnen, doch sie wusste, dass wenn sie ihre Ruhe brauchte, dass Jaejoong keine Fragen stellte und dass er sie oft verstand, wenn alle anderen es nicht taten.
Kai grübelte über ihren Vorschlag.
„Meinst du sie würde das machen? Und Jiyong? Und Jun?“ Youngjun war der Hauptmanager von Exo und eigentlich sehr entspannt.
„Ich rede mit Skye und Jiyong. Ich glaube nicht das Big Bang im Moment irgendwelche ‚Skandale‘ brauchen. Sie sind jetzt alle mit der Armee fertig und davor gab es einige Skandale. Ich glaube Hyunsuk hat im Moment keine Lust darauf Beziehungsgerüchte zu dementieren. Und wenn sie einverstanden sind, dann reden wir mit Jun. Es geht ja nicht darum euch beim Sex im Auto zu erwischen. Ein paar harmlose Date, etwas Händchenhalten, gleiche Armbändchen oder Ketten und so einen Quatsch.“
„Danke Noona für die Bilder im Kopf.“
„Wofür hat man Freunde?“
Auf der anderen Seite der Welt ahnte das frisch vermählte Ehepaar noch nichts von Mias Plänen. Nachdem sie einkaufen gewesen sind, hatten sie sich noch ein spätes Abendessen gegönnt. So eine Hang-Over Nacht machte unheimlich hungrig. Schließlich waren sie recht früh schlafen gegangen um dann ebenso recht früh wieder aufzustehen, da ihr Flieger zurück bereits um 10 Uhr ging.
Jiyong hatte ihnen gestern Ketten geholt, an denen sie ihre Eheringe trugen. Wenn sie sie am Finger trugen war es zu auffällig. Den Fans entging nichts und die Ketten konnten sie unter den Klamotten tragen, ohne dass jemand erfuhr, was dort dran hing.
Auf dem Rückflug hatten sie einen Zwischenstopp in Seattle und Skye starrte aus dem Fenster. Lange war sie nicht mehr hier gewesen. Ungefähr eine halbe Stunde mit dem Auto lag das Haus ihrer Mutter. Sie hatte es untervermietet, weil sie es nicht über das Herz gebracht hatte es zu verkaufen. Ihre Sachen lagerten in einer Garage.
„Willst du hier bleiben, für ein oder zwei Tage? Freunde besuchen?“, schlug Jiyong vor, doch sie schüttelte nur den Kopf.
„Nein, noch nicht“, sagte sie und starrte weiter nach draußen. Seattle barg die schönen Erinnerungen ihrer Kindheit und die schrecklichen Erinnerungen ihres Erwachsenseins. Sie liebte und hasste diesen Ort zugleich und es war nicht mehr ihr Zuhause. So wie der tote Körper ihrer Mutter nicht mehr ihre Mutter war, nur eine leblose Hülle. Man hatte sie nachts angerufen und Skye war so schnell wie möglich ins Krankenhaus gefahren, mit ihrem Pyjama war sie auf die Intensivstation gekommen, doch es war zu spät, ihre Mom war schon tot gewesen. Davor hatte sie fast vier Wochen in einem künstlichen Koma gelegen. Sie hatte fast ausgesehen wie tot, aber war es nicht gewesen.
Auch ihr Vater war schon tot gewesen, doch sie hatte seine Leiche nicht gesehen. Bei ihrer Mutter hatte es ihr nichts gegeben, keinen Schlussstrich, keine Befreiung. Deswegen hatte sie ihren Vater auch nicht mehr sehen wollen.
Als ihre Katze hatte eingeschläfert werden müssen, hatte Skye mit angesehen, wie das Leben aus ihr entwich. Die Ohren und Pfoten die sonst rosa waren, wurden plötzlich blass und gräulich. Ihre aufgeweckten Augen verloren ihren Glanz. Skye war bis zum Ende bei ihr geblieben und als der Doktor den Tod feststellte, hatte sie aufgehört zu weinen, weil das vor ihr nicht mehr ihre Katze war, nur eine weitere, leblose Hülle.
Sie hatte alle auf einer Wiese begraben, inklusive der Katze. Sie brauchte kein Grab, denn sie alle waren in Skyes Herzen, in ihren Gedanken, sie waren immer bei ihr und manchmal hörte sie ihre Mutter tadeln oder ihren Papa lachen.
Skye hatte nicht gewollt, dass jemand in Korea von ihrer Vergangenheit wusste. Sie hasste es, wie alle auf Zehenspitzen um sie herum schlichen, auch wenn sie es nur gut meinten, so wie Jiyong auch mit seiner Frage. Es war ihr Trotz über Youngbaes Ablehnung gewesen, der ihre Zunge gelockert hatte, aber vielleicht musste man sich manchmal auch denjenigen gegenüber öffnen, von denen man wollte, dass sie einen in ihr Herz ließen.
Deswegen war sie weg gegangen von hier. Dieser Ort bedeutete für sie nur Tod und flüsternde Leute. So schnell würde sie nicht hier her zurückkehren.
Im Super Junior Loft hingegen war die Stimmung deutlich besser. In knapp einer Woche würde die Valentinstagversteigerung stattfinden. Es war eine weitere Wohltätigkeitsveranstaltung, die seit einigen Jahren zur Tradition geworden war. Allein das Ticket für das Dinner kostete nicht wenig. Alle die eines der 500 Tickets ergattert hatten, wurden auf einer Onlineseite zum Loskauf zugelassen. Jedes Los kostete 100.000 Won, also circa 100 Dollar. Man konnte so viel Lose kaufen wie man wollte und je mehr Lose man kaufte, desto besser waren die Chancen gezogen zu werden. Es gab männliche und weibliche Lose – nicht das ein Mann am Ende ein Date mit Yunho hatte. Noch vor einigen Jahren wurden Idols gefragt, ob sie bei der Verlosung teilnehmen wollten. Inzwischen war es fast eine Art Casting geworden. So viele meldeten sich freiwillig, aber schließlich konnte man ja keine 100 Idols verlosen … also können konnte man schon, aber es würde wohl den Rahmen der Veranstaltung sprengen. Es gab je 20 weibliche und männliche Idols die zur Verlosung standen. Überwiegend wurden jüngere Idols genommen, doch auch ein paar ‚Klassiker‘ waren dabei. Von Super Junior hatten es Kyuhyun und Siwon in die diesjährige Verlosung geschafft. Nun hatten sie eine ganz andere Hürde zu überwinden, denn damit sie nächstes Jahr wieder eine Chance hatten, mussten sie sich etwas Besonderes für ihr Date ausdenken und so war ein richtiger Konkurrenzkampf unter den Idols entfacht. Wer zu langweilig war, wurde ausgemustert und Jahr für Jahr steigerten sich die Idols. Die Konkurrenz war dieses Jahr hart. DBSKs Changmin, 2PMs Wooyoung und Big Bangs TOP waren die Konkurrenten der ‚Klassiker‘.
Aber Super Junior waren eine Familie und so lösten sie solche Dinge gemeinsam – oder versuchten es zumindest.
„Die Idee mit Lotte World bei Nacht ist wirklich gut“, gab Donghae zu. Er selbst durfte sich nicht mehr bewerben, Mia hatte es ihm verboten, da sie nicht ihren Kindern erklären wollte, was Daddy da im Internet mit einer anderen Frau beim Candle Light Dinner machte.
Kyuhyun hingegen war da mehr aus Zufall rein gerutscht. Als er um die Bewerbung ging, hatte er sich über die anderen lustig gemacht, die hatten sich wiederum über ihn lustig gemacht, dass er sich nur über sie lustig machte, weil er selbst keine Chance hatte. So etwas Stolz hatte Kyuhyun dann doch und so hatte er sich beworben. Und das hatte er jetzt davon.
„Kannst du vergessen, die Idee wird sich schon Seunghyun schnappen“, meinte Heechul. Immerhin hatte Jiyong sie alle darauf gebracht, aber Seunghyun war sein Bandkollege und es gab zwar wenige Spielregeln, doch fair wollten sie trotzdem bleiben. Morgen war jedenfalls Abgabe und alle doppelten oder zu langweiligen Ideen mussten überarbeitet werden. Zu allem Übel saß Mia auch noch in dem Komitee, dass das Ganze organisierte und wenn einer von ihnen diese Idee einreichen würde, würden sie nur eins für ‚Unkreativität‘ auf den Deckel bekommen.
Bei YG Entertainment saßen Seunghyun und Youngbae zusammen und grübelten ebenfalls über die Valentinsverlosung.
„Jiyong ist mit so was viel besser, er ist viel kreativer und romantischer … Lotte World mieten … auf so etwas würde ich nie kommen … hey, du hörst mir nicht zu!“
Seunghyun schaute auf zu Youngbae der mit dem Stift auf dem Papier rum kritzelte.
„Ich habe ein schlechtes Gefühl.“
„Wegen dem Valentinstag?“, fragte Seunghyun verwirrt.
„Quatsch, wegen Vegas.“
Youngbae war also auch keine Hilfe. Und Mia hatte ihm gesagt, dass sie alle Dates von Jiyong kannte und er bloß nicht auf die Idee kommen sollte irgendeine Idee von Jiyong zu klauen.
„Was soll denn passiert sein? Sie werden ja wohl nicht geheiratet haben. Sie haben ‚Rotten‘ und ‚Damaged‘ auf ihren Gesichtern stehen – keiner würde sie trauen.“
„Wer weiß … vielleicht hat sie ihn betrunken gemacht und zu einer Kirche geschleppt.“
Seunghyun lehnte sich zurück.
„Ich glaube du tust Skye Unrecht. Sie ist eigentlich sehr süß und sie tut ihm gut. Ich denke du bist nur zu eifersüchtig, um das zuzugeben.“
Nun schaute Youngbae entsetzt.
„Wieso sollte ich eifersüchtig sein?“
„Weil er dein bester Freund ist und weil er verliebt ist und seine Prioritäten ändert – so wie du deine Prioritäten geändert hast, als du mit Hyorin zusammen gekommen bist. Aber Jiyong war immer da. Noch nie hat eine Frau über eurer Freundschaft gestanden, bis jetzt. Lass ihn glücklich sein, er hat es verdient.“
Youngbae stand auf und ging aus dem Zimmer. In der Tür blieb er stehen und drehte sich um.
„Das ist nicht wahr.“
„Rede dir das nur ein, wenn du damit besser schläfst“, erwiderte Seunghyun und dann ging Youngbae.
„Hey! Was ist mit meinem Date?!“
Youngbae kam zurück und rollte mit den Augen.
„Pralinenherstellung“, sagte er und verschwand dann endgültig.
„Pralinen … hmm …“
Irgendwo über dem Pazifik lag Skye in Jiyongs Armen. Sie hatten angefangen ‚Interstellar‘ zu schauen, doch sie war eingeschlafen und er hatte ihr die Kopfhörer abgenommen.
Was würden sie jetzt tun? Es könnte funktionieren, oder nicht? Vielleicht hatte er nur einen Schups in die richtige Richtung gebraucht, vielleicht hatte er sich all die Jahre nur selbst im Weg gestanden und nun war Skye hier und seine Welt stand Kopf. Alles schien nebensächlich, die Band, die Karriere, all das hatte nichts mit ihr zu tun. Sie hatte nur mit ihm etwas zu tun, mit ihm als Person und ihm, als Person, tat sie gut. Sie war anders, etwas kaputt, wie er auch. Er wollte sie beschützen, dabei war sie so stark, sie brauchte keinen Beschützer.
Was Jiyong nicht wusste, war das Skye gar nicht so stark war. Sie funktionierte. Wie ein Roboter. als ihr Mom ins Krankenhaus kam funktionierte sie. Als sie dann starb, erlaubte sich Skye eine Nacht der Trauer und dann funktionierte sie. Es gab nur eine kleine Trauerfeier, doch es gab so viel zu erledigen, so viele Verträge und Unterlagen und das Erbe. Bei ihrem Dad war es nichts anders gewesen und bis der ganze Stress rum war, fühlte sie sich dann auch nicht mehr nach weinen, ab und zu ja, aber die hatte nie eine wirkliche Trauerphase gehabt. Es gab so viel zu tun wenn jemand starb und Skye hatte niemanden gehabt. Die Freundinnen ihrer Mutter und die neue Ehefrau ihres Vaters waren viel zu aufgelöst gewesen, als das sie eine Hilfe gewesen wären. So stark war sie also gar nicht, aber sie wollte ja auch nicht, dass das jemand wusste.