Mitten in der Nacht waren Skye und Kai in seinem Hotelzimmer gelandet. Irgendwann war Skye noch so klar bei Verstand gewesen, dass sie sich einen Pyjama eingepackt hatte, da sie schon damit gerechnet hatte irgendwo anders zu schlafen. Sie legten sich ins Bett, doch dann waren sie wieder wach und machten schließlich den Fernseher an. Skye hatte die Fernbedienung und blieb bei ‚Go‘ hängen.
„Wir gucken nicht wirklich Go, oder?“, fragte Kai murrend.
„Doch das ist total interessant.“
Er wehrte sich dagegen, schaute dann aber doch zu und regte sich irgendwann genauso über schlechte Züge auf, wie Skye. Schließlich schliefen sie dann doch ein.
Die Amerikanerin hatte zwar an einen Pyjama gedacht, aber nicht an wirkliche Wechselklamotten. Eine Leggings hatte sie noch in der Tasche, falls es ihr gestern zu kalt geworden wäre in dem Kleid.
„Nehm dir ein Hemd von mir, ich hab vier Stück mitbekommen“, rief er aus dem Bad. Seine Haare waren total zerzaust – es sah total goldig aus. Skye hatte sich schon heute Nacht das Make Up vom Gesicht gekratzt. Sie sollte daran denken Abschminktücher in der Handtasche zu bunkern.
Sie nahm sich ein Hemd aus dem Schrank, es war für sie eher ein Kleid. Mit der Leggings und den Overknees war es eigentlich ein cooles Outfit. Es schrie aber auch ‚Ich war noch nicht Zuhause‘.
Kai kam aus dem Bad und sprühte Skye mit seinem Parfüm ein.
„Hey!“
„Jetzt riechst du auch nach mir.“ Er wuschelte ihr durch die langen, blonden Haare. Die Farbe von ihrem Harley Quinn Auftritt war fast draußen.
„Soll ich dir einen Knutschfleck machen?“
„Nein! Das machen nur Kinder.“ Und Siwons. Kai hob eine Augenbraue an.
„Ach ja, Kinder, ja?“, fragte er und dann packte er Skye, die noch versuchte sich von ihm los zu lösen. Wieso wollte ihr jeder einen Knutschfleck machen?! Gemeinsam stürzten sie auf’s Bett und als er anfing sich an ihren Hals fest zu saugen, fing sie an zu quietschen, als es an der Tür klopfte. Beide hörten abrupt auf – sie mit dem Kreischen und er mit dem Saugen. Schwerfällig rappelten sie sich auf und Kai ging an die Tür.
„Guten Morgen“, sagte Mia und als sie an ihm vorbei schaute und Skye sah, sah man der Deutschen an, dass sie ein Grinsen unterdrückte.
„Bereit für Frühstück?“
„Na klar“, sagten die beiden gleichzeitig und als Skye an ihm vorbei ging, wuschelte er ihr noch mal durch die Haare.
„Hajima!“, beschwerte sie sich, doch er grinste von einem Ohr zum anderen.
„I like it.“
Beim Frühstück war es nicht besser, als gestern Abend beim Pool. Einige hatten sich ein Zimmer genommen und krochen so langsam aus ihren Löchern. Baekhyun, Suho und Chen setzten sich zu Mia, Donghae, Kai und Skye an den Tisch. Skyes Outfit blieb natürlich nicht unbemerkt und auch nicht der Knutschfleck, der zwar nicht vollendet war, aber doch zu erkennen.
„Also, das mit euch beiden ist jetzt eine … Beziehung?“ Suho sprach aus, was wahrscheinlich wohl alle dachten.
Kai schaute zu Skye und lächelte sie an.
„Ja, ich denke schon.“
„Was heißt du denkst schon? Ihr lasst die Medien an euren ersten Dates Teil haben, da sollte es schon mehr als denken sein“, erwiderte Baekhyun.
„Unser erstes Date war vor über vier Jahren, als Skye hier studiert hat. Sie war mit Gibeoms damaliger Freundin befreundet, sie haben zusammen studiert. Als sie abends aus waren, bin ich irgendwann dazu gestoßen. Gibeom und seine Freundin waren total betrunken und wir haben sie nach Hause gebracht, er hat doch die Wohnung in Guri. Danach waren wir die ganze Nacht am Hangang spazieren. Es war zu der Zeit, als du und Taeyeon Schluss gemacht hattet und ich wollte nicht zu viel Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Deswegen habe ich sie nicht mit ins Dorm gebracht. Und du hattest dieses kleine Goshi, weißt du noch?“, fragte er Skye, die fröhlich lachte und nickte.
„Ja und die Ajumma hat immer gedacht ich hätte Männerbesuch und du hast dich auf der Feuerleiter versteckt!“
„Stell dir mal vor, ich wäre da runter gefallen – wie hätten wir das irgendjemanden erklärt?“
Baekhyun und Chen war der Kiefer runter gefallen, Suho hatte sich noch halbwegs unter Kontrolle.
„Und dann?“, fragte der Bandleader.
„Skyes Semester war zu Ende und sie ist zurück in die Staaten. Wir hatten überlegt irgendwie eine Lösung zu finden, aber es ging nicht. Wir hatten zu viel zu tun und ich hätte nicht ständig nach Seattle fliegen können und Skye musste ihr Studium fertig machen. Es hat mich ziemlich fertig gemacht und Krystal war da und irgendwann dachte ich, dass sie Skyes Platz ersetzen könnte und den Rest kennt ihr.“
Er war so überzeugend, dass selbst Skye es fast glaubte. Was hätte sie damals gemacht, wenn es wirklich so gewesen wäre? Nein, ihr Studium hätte sie nicht aufgegeben, dafür war sie zu rational, als ihre Zukunft wegen einem Kerl wegzuwerfen. Wahrscheinlich wäre es wirklich so gelaufen.
„Ich dachte ich wäre über ihn hinweg und fing an mit Jiyong auszugehen, aber …“, sie griff nach seiner Hand und ließ die anderen den Satz im Geist beenden.
„Ihr seht also, es ist nicht unser erstes Date“, sagte Kai an seine Bandkollegen gewandt. Donghaes Kiefer hing ebenfalls unten und Mia hob ihn mit dem Zeigefinger hoch.
„Das ist so romantisch!“ Also Donghae hatten sie überzeugt.
„Du hast uns nie davon erzählt“, kam es von Chen.
„Na ja, als es zu etwas Ernstem wurde, war es praktisch auch wieder vorbei“, erwiderte Kai achselzuckend.
„Ihr erzählt auch nicht von jedem Date, oder?“ Da tauschten die drei einen Blick aus und nickten halbherzig. Sie alle hatten irgendein Geheimnis und auch wenn sie alle viel miteinander teilten, hatte jeder seine Päckchen, mit denen er alleine klar kommen musste.
„Das erklärt zumindest wieso ihr so vertraut miteinander umgeht, sonst bist du nicht so schnell mit Frauen“, meinte Baekhyun und erntete ein entsetzten Gesichtsausdruck von Kai.
„Was? Ist doch so!“
„Also wenn wir Mihae sind, dann seid ihr Skai – also nicht mit YE sondern mit AI – eure Namen passen total gut zueinander“, warf Donghae ein und Mia rollte mit den Augen.
Kurz darauf brachte Kai Skye noch zu ihrem Wagen und als sie einstieg, lehnte er sich zu ihr.
„Das war wirklich überzeugend“, meinte sie.
„Es hätte so sein können, nur eine Begegnung hätte dazu führen können“, erwiderte er und Skye sah etwas in seinem Blick, dass sie nicht deuten konnte.
„Woher wusstest du, dass ich mit Gibeoms Freundin studiert habe?“ Vielleicht war es nur Zufall.
„Weil er wirklich ein Kumpel von mir ist und ich war da, an diesem Abend in Hongdae, um seine neue Freundin kennen zu lernen. Ich lief in den Club und sah euch da sitzen, nur das Jinri meine Ex-Freundin war, was Gibeom nicht wusste. Ich habe euch da gesehen und habe mich direkt wieder umgedreht und bin gegangen, aber nicht ohne zu denken, was das denn für eine hübsche Frau bei ihnen ist.“
Skye konnte es nicht glauben! Und er hatte es ihr nicht erzählt! Kai nutzte den Moment und gab ihr einen Kuss. Dann drehte er sich um und ging wieder rein.
Skye brauchte einen Moment um sich zu sammeln und fuhr dann los. Was, wenn er damals wirklich zu ihnen gekommen wäre? Was wäre wohl passiert? Was, wenn sie ihm im Club begegnet wäre, ohne das er gewusst hätte, mit wem sie da war? Hätte er sie angesprochen? Wäre es so gekommen, wie er erzählt hatte?
Tausend Fragen schwirrten in ihrem Kopf umher, als sie in der Akademie ankam. Sie hatte noch nicht einmal Zeit sich umzuziehen. Mia hatte ihr eine Liste gegeben von Dingen, die Skye heute erledigen musste und die lag natürlich in der Akademie.
Auf dem Weg zum Büro erntete sie ein paar fragende Blicke, doch es war ihr egal. Schnell ging sie noch die Mails durch, als Jiyong in ihr Büro kam.
„Puddin!“
Sie hatte nicht gewusst wann sein Flieger ging und hatte schon damit gerechnet ihn nicht mehr zu sehen. Skye stand auf, um ihm entgegen zu kommen und er zog sie in seine Arme.
„Du siehst aus wie Kai, du riechst wie Kai – Kai bist du es?“, neckte er sie. Sie löste sich aus seinen Armen.
„This is my ‚I slept over my boyfriends and didn’t had time to change‘-Outfit, don’t make fun if it.“
„And what really happened?“
„I slept over my boyfriends and didn’t had time to change“, erklärte sie und drehte sich, um ihr Outfit zu zeigen. Jiyong fing an zu lachen.
„So siehst du nie aus, wenn du bei mir schläfst!“
„Ja, weil du mir Klamotten gekauft hast und du bist auch nicht mein Boyfriend, du bist mein Husband.“
„Oh, das hört sich verdammt sexy an, wenn du das sagst.“
„Husband“, sagte Skye wieder und küsste ihn. Nun löste sich Jiyong von ihr.
„Sorry, du bist zu Kai, ich kann das gerade nicht und mein Flieger geht bald“, erklärte er und Skye setzte ihr Schmollgesicht auf.
„Nein, alles gut, ich bin am Samstag wieder da.“ Er gab ihr einen Kuss und war dann schon wieder weg. Das Schmollgesicht blieb noch mindestens drei Minuten bestehen, dann hatte sie dafür keine Zeit mehr.
Mia hatte eine Liste von verschiedenen Geschäften für Skye da gelassen. Alles war schon vorbestellt und musste nur abgeholt werden. Morgen würde Mia eine Party Zuhause geben und dazu gehörten viele Pralinen und Blumen. Skye wusste nicht genau, wer alles dazu eingeladen war, doch soweit sie das mitbekommen hatte, war es sehr SM-Sänger/innen-lastig. Somit waren auch bestimmt f(x) und/oder SNSD vertreten. Skye wusste, dass sie ihnen nicht auf ewig aus dem Weg gehen konnte, aber zumindest eine Zeit lang würde sie es hin bekommen und Morgen wartet ein tolles Date auf sie.
Bis 17 Uhr war Skye beschäftigt. Sie war mindestens zweimal quer durch Seoul gefahren und hatte das Auto bis oben hin voll mit Blumen, Schokolade und Geschenktüten. Und da wären sie wieder bei den Partys. Wenn sie etwas durchzogen, dann richtig.
„Warst du noch nicht Zuhause?“, fragte Mia ihre Assistentin, als diese bei Mia Zuhause ankam.
„Wann hätte ich das tun sollen? Zwischen Blumen und Pralinen?“
„Sorry, war etwas stressig heute“, erwiderte Mia und half ihr den Kofferraum auszuräumen.
„Quatsch, alles gut. Ich wollte fragen ob es okay ist, wenn ich den Rest im Homeoffice mache. Ich will noch ein paar Sachen erledigen und könnte mich umziehen.“
„Na klar.“
Skye war heute auch nicht ganz untätig gewesen. In dem einen Laden hatte sie für sich Schokolade, Nougat, Silikonformen und verschiedene Nüsse und getrocknete Früchte geholt. Sie würde Pralinen machen! Zugegeben, so erfahren war sie damit nicht, aber sie hatte vor vielen Jahren schon mal Pralinen zum Valentinstag gemacht und die waren okay gewesen. Danach hatte sie Viba in Deutschland besucht, die bekannt waren für ihr Nougat, die aber auch Pralinen herstellten und eintägige Kurse anboten. Skye hatte keine Ahnung wie viel Kalorien sie dieser Tag gekostet hatte, aber heute fühlte sie sich viel sicherer beim Thema Pralinen.
Gerade als sie alles vorbereitet hatte und anfangen wollte, klopfte es an der Tür. Mit Schürze und Kochlöffel ging sie an die Tür, nur um Eunhyuk davor zu finden.
„Kyuhyun übt für sein neues Musical ‚Die Schöne und das Biest‘ – er ist das Biest, das muss ich wohl nicht erklären. Jedenfalls, wenn ich noch einmal ‚Märchen schreibt die Zeit‘ hören muss, laufe ich Amok.“
Skye stand nur da und ließ ihn ausreden und machte dann eine einladende Bewegung.
„Oh, was machst du da? Machst du … du machst Pralinen?“
„Ich versuche es“, erwiderte sie und ging zurück zur Küchenzeile. Eunhyuk stand noch in dem Hauptraum und schaute sich um.
„Wahnsinn! Es sieht schon so fertig hier aus.“
„Das Bad muss noch gemacht werden.“ Es war schwer Jiyong nicht zu erwähnen und Skye, die ihr Herz auf der Zunge trug, musste aufpassen, dass ihr nichts aus Versehen raus rutschte. Normalerweise hätte sie gesagt ‚Jiyong will das Bad noch machen‘, hatte sich aber im rechten Moment noch besonnen.
Der Sänger ließ sich in einem der Sitzsäcke nieder und genoss die Ruhe. Skye hatte Latino-Chill-Out leise auf der Anlage laufen und man konnte sich, wenn man die Augen schloss, leicht in den Urlaub denken.
Die erste Fuhre war gefüllt. Sie hatte Kugeln, Herzchen und Pyramiden. Und da klopfte es wieder. Die Amerikanerin seufzte und legte die Spritztüte zur Seite. Diesmal fand sie Leeteuk und Heechul.
„Märchen schreibt die Zeit?“, fragte Skye nur und vor allem Heechul sah so aus, als würde nicht mehr viel zu Serienkiller fehlen.
„Kommt rein, ich hab Bier im Kühlschrank.“
„Oh, machst du Schokolade?“, fragte Leeteuk neugierig und ging zu der Küchenzeile.
„Ich versuche es“, antwortete sie wieder. Heechul versuchte sich eine Praline zu klauen, doch Skye haute ihm auf die Finger.
„Sie müssen erst abkühlen und hübsch gemacht werden, dann bekommt ihr welche – ich hab euch da schon einkalkuliert.“
Das war die falscheste Aussage, die sie hätte treffen können, denn eins war Fakt: Heute würde sie die Kerle nicht mehr los bekommen.
Die nächsten, die vor ihrer Tür standen, waren Ryeowook und Yesung, die die anderen gesucht hatten und nur Kyuhyun und Siwon im Loft fanden. Es gab Skye ein klein wenig Befriedigung zu wissen, dass Siwon der einzige war, der drüben noch mit Kyuhyun war und sich nicht her traute.
Ryeowook war wiederum der einzige, der sich als tatsächlich hilfreich herausstellte, da er wohl schon Erfahrungen hatte mit Pralinen und Skye einige Tipps hab. Die ersten 30 Pralinen waren ohnehin nur zum Üben gewesen und als sie halbwegs fertig waren, stürzten sich die Sänger drauf und gaben ihre fachmännische Meinung ab.
„Jetzt ist nur die Frage – sind sie für Kai oder für Jiyong?“ Das Beziehungsdreieck war für Super Junior noch eines der großen ungelösten Geheimnisse der Menschheit und Eunhyuk versuchte geschickt es zu lösen.
„Ihr bekommt ja auch welche. You‘re all my boyfriends“, erwiderte sie mit einem zuckersüßem Lächeln.
„Vorsicht, Donghae hat so etwas Mal gesagt und hatte danach einen riesen Ärger mit Mia“, erinnerte sich Yesung an das eine Konzert und auch wenn man meinen sollte, dass die Liebe eines Sängers seinen Fans gegenüber nicht zu Streitereien in der wirklichen Beziehung führen sollten, so hatte Mia ihn damit doch gut aufgezogen.
„Die Frage bei Kai oder Jiyong, ist doch die Frage um Anakin und Darth Vader“, mischte sich nun Heechul mit ein.
„Das ist ein und die gleiche Person“, bemerkte Skye, wurde jedoch total übergangen.
„Der eine ist ein Ritter des Lichts, ein Jedi, ein Beschützer des Universums und der andere ist zwar mächtig und unheimlich talentiert – hat aber auch nicht mehr alle Latten am Zaun.“
Skye hätte gerne etwas geworfen, doch die Möbel waren neu und alles in ihrer Reichweite hätte Sauerei gemacht.
Die nächsten Pralinen wurden wirklich schön. Ryeowook half ihr sie zu verzieren und einzupacken. Skye war wirklich gerne mit ihnen zusammen. Heechul und Yesung waren dabei Skyes Fernseher zu programmieren und Leeteuk und Eunhyuk räumten die Küchenschränke ein. Sie mussten gar nicht irgendwas unternehmen, es reichte schon zusammen sein.
„Danke Oppa“, sagte Skye zu Ryeowook, der große Augen bekam und sich zu seinen Bandkollegen drehte.
„Habt ihr das gehört?! Ich bin ein Oppa!“
„Yay“, kam es, in völliger Begeisterung, von Heechul. Ryeowook war das ewige Küken und wenn ihn jemand ‚Oppa‘ nannte, dann war er immer besonders stolz.
Gegen 22 Uhr klopfte es wieder an der Tür und Skye dachte schon fast, dass es Siwon oder Kyuhyun war – je nachdem wer dem anderen mehr auf den Sack gegangen war. Doch dann fand sie Kai vor der Tür, mit einem Geschenk, zwei Tüten und einer Gitarre.
„Oh, hi.“
„Hi … ich hab Essen geholt – hast du schon gegessen?“
„Ehm … nein, komm rein…“ Skye schob die Tür weiter auf und Kai stockte, als er halb Super Junior in ihrer Wohnung sah.
„Komme ich ungelegen?“
„Nein, überhaupt nicht, sie wollten gerade gehen.“
Völliges Entsetzen auf den Gesichtern von Super Junior. Sie schmiss sie einfach raus?
„Aber Kyuhyun…“, begann Eunhyuk.
„Mir egal, raus jetzt“, sagte sie und scheuchte sie raus. Ryeowook drückte sie an sich und bedanke sich noch einmal. Die Pralinen waren alle eingepackt und verstaut.
„Die Wohnung ist echt schön geworden, du hast einen guten Geschmack“, meinte Kai, nachdem die anderen weg waren.
„Sag das Jiyong, ihm ist es zu urban.“
„Na, es ist ja deine Wohnung.“
„Eigentlich sollte es unsere Wohnung werden…“ Skye biss sich auf die Lippe.
„Ach, hier dein Einweihungsgeschenk“, unterbrach Kai die Stille, die sich über sie gelegt hatte.
„Danke.“ Bei Jiyong wehrte sie sich mit Händen und Füßen gegen Geschenke, doch auch nur weil sie wusste, dass sie total überzogen und überteuert waren. Bei Kai hatte sie nicht solche Sorgen. Tatsächlich schenkte er ihr ein Go-Brett aus Holz, mit Etuis für die Steine und Skye freute sich total.
„Ich dachte wenn du Go magst, dass wir ja ab und an spielen können.“
„Sehr gerne.“
Sie setzten sich um zu essen. Er hatte Toppoki geholt und verschiedenes Gemüse und Fleisch, dass mit einer Panade frittiert war und dazu noch eine Suppe. Es war modernes koreanisches Essen und schmeckte lecker.
„Wieso die Gitarre?“, fragte Skye schließlich und deutete mit den Stäbchen auf das Instrument. Für Skye war das alles völlig normal, Koreanisch, mit Stäbchen essen, sich verbeugen. Sie hatte sich so daran gewöhnt, dass sie selbst in Amerika sich verbeugte, wenn sie in einen Laden kam. Doch für Kai war es noch etwas Ungewöhnliches, wie sich ein Ausländer so gut hier einfinden konnte. Sie hatte eine tolle Aussprache und fast schon einen Slang. Sie war wie eine Koreanerin, die in einem ausländischen Körper gefangen war. Auch wenn sie von der Art lockerer war, als koreanische Frauen. So etwas, wie die beiden im Moment machten, hätte er mit einer Koreanerin nicht so ohne weiteres durchziehen können und er fand es erfrischen, dass sie nicht so scheu war.
„Ich habe gedacht wir könnten etwas jammen – ich sing gerne, du singst gerne …“
„Ich singe nicht gerne.“
Kai zog die Augenbrauen zusammen.
„Aber als du mir mit dem Song geholfen hast …“
„Okay, für diese Geschichte brauchen wir etwas Stärkeres.“
Kai schaute ihr nach, wie sie an den Kühlschrank ging und aus dem Eisfach eine Flasche holte.
„Hattest du vor heute noch Auto zu fahren?“, fragte sie ihn und er dachte kurz darüber nach, bis er schließlich den Kopf schüttelte. Skye hatte eine Flasche Ouzo im Gefrierfach versteckt gehabt und holte zwei Gläser.
Skye erzählte ihm von ihrer Mutter, die Sängerin und Gesangslehrerein war. Skye hatte praktisch gesungen, bevor sie gesprochen hat. Ihre ganze Kindheit wurde sie auf Talentwettbewerbe geschickt und sie hatte es gehasst. Der Glitzer, das ganze Haarspray. Mit 9 Jahren hatte sie mit dem Turnen angefangen und mit 13 Jahren hatte sie all ihren Mut zusammen genommen um ihrer Mutter zu sagen, dass sie nicht mehr singen wollte, dass ihr Turnen mehr Spaß machte und dass sie nicht mehr zu Wettbewerben gehen wollte. Ihre Mutter hatte das nicht so gut aufgenommen und hatte ihr gesagt, dass wenn sie jetzt aufhöre zu singen, sie Skye nie wieder singen hören wollte und dass sie in ein paar Jahren nicht ankommen brauchte, um wieder anzufangen. Wenn man so etwas einer 13-jährigen um die Ohren warf, nahm sie das ziemlich ernst und ihre Mutter nahm sie in kein Musical wieder mit, in dem sie auftrat. Seither hatte sich Skye nicht mehr getraut Zuhause zu singen. Es war nicht so, dass Skye keinen Spaß am Singen hatte, sie hatte nur keine Lust Sänger zu werden und sah es nicht ein für Wettbewerbe zu trainieren und Tag aus, Tag ein Übungen zu machen, wenn ihr das Turnen mehr Spaß machte – auch wenn sie wusste, dass sie sie nie professioneller Turner werden würde.
Skye hatte es durchgezogen und Zuhause nie wieder gesungen, erst auf der Beerdigung ihrer Mutter hatte sie gesungen, ‚One Moment In Time‘ von Whitney Houston. Aber auch nur weil es das Lieblingslied ihrer Mutter gewesen ist und sie keine Sängerin gefunden hatten, mit der Skye halbwegs zufrieden war.
Irgendwo tief in ihr hörte sie immer noch die Stimme ihrer Mutter, die ihr verboten hatte zu singen und deswegen hatte sie jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn sie sang. Skye hatte ihre Mama vergöttert, doch in manchen Dingen war sie sehr streng und perfektionistisch gewesen. Etwas, was Skye wohl von ihr geerbt hatte, doch es war nicht immer einfach gewesen damit umzugehen.
Kai hörte sich ihre Geschichte an und füllte gelegentlich ihre Gläser, weil er ebenfalls der Meinung war, dass man bei so einer Geschichte trinken musste.
„Singst du für mich?“, fragte er sie, nachdem Skye fertig war.
„Hast du mir gerade zugehört?“, fragte sie ungläubig.
„Habe ich und im Endeffekt singst du doch gerne und heute ist Valentinstag.“
Nun schielte Skye auf die Uhr und es war kurz nach Mitternacht.
„Ich hab dir Schokolade gemacht.“
„Wirklich?“
Skye ging an den Küchenschrank, in dem verschiedene Pralinenpäckchen untergebracht waren und stellte ihm eins hin. Neugierig öffnete er die Schachtel und fischte sich eine Praline heraus.
„Mmhhh…. Lecker! Hast du die alleine gemacht?“
„Jup … okay, Ryeowook hat beim Verzieren geholfen.“
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine Koreanerin, gefangen im falschen Körper, bist?“ Vorher hatte er es nur gedacht, doch nach ein paar Ouzo wanderten mehr Gedanken von seinem Hirn zur Zunge.
„Was ist falsch an meinem Körper?“, fragte Skye – sie wusste genau was er meinte, wollte ihn aber etwas ärgern. Kai hingegen bekam große Augen, weil er dachte, sie verstand es falsch.
„Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint, dein Körper ist toll! Du hast eine schöne Brust und auch einen tollen Hintern. Ich meine, wir waren gestern im Pool und wow … also…“ Es war eine dieser Situationen, in denen man es nur schlimmer machen konnte, egal was man sagte. Skye fing an zu lachen und Kai erkannte, dass sie ihn nur auf den Arm nahm.
„Na warte, das gibt noch einen Knutschfleck!“ Damit sprang er auf und jagte sie durch das Wohnzimmer. Skye passte noch etwas auf, denn sie hatte keine Lust noch einmal auszurutschen und so holte er sie schließlich ein und schmiss sich mit ihr auf die Couch.
„Nein, nein, nein!“, beschwerte sich die Amerikanerin.
„Sing für mich“, flüsterte Kai ihr ins Ohr und Skye wusste, dass es hier um Singen oder Knutschfleck ging und gab sich geschlagen.
„Aber ich such das Lied aus.“ Damit gab er sich dann zufrieden und Skye holte die Gitarre und setzte sich auf die Couch. Sie sang von Rita Ora ‚Your Song‘. Sie liebte das Lied. ‚Don’t wanna hear sad songs anymore‘, dieses Gefühl kannte Skye nur zu gut. Als sie fertig war, klatschte Kai begeistert.
„Darauf trinken wir einen!“