Kai war gestern nicht mehr nach Hause gefahren, weder mit dem eigenen Wagen, noch mit dem Taxi und Skye war es ganz recht. Es war ihr erste Nacht alleine in der neuen Wohnung und sie war ja ohnehin nicht so gut im Schlafen, dass es ihr lieb war, dass sie nicht alleine war.
Irgendwann hatte sie Siwon eine Jogginghose und ein Shirt geklaut, dass sie gewaschen hatte und heimlich zurücklegen wollte. Nun bekamen die Sachen einen neuen Besitzer.
Um 07:30 klopfte es an Skyes Tür, nicht zaghaft sondern wütend. Skye und Kai setzten sich auf und schauten sich um.
„Geh nicht“, murmelte er und zog sie in seine Arme. Das wütende Klopfen war hartnäckig und Skye ging runter. Sie dachte dass es einer von Super Junior war, der Kais Auto im Hof gesehen hatte oder etwas in der Art, doch stattdessen fand sie Lisa vor der Tür.
„Morgen“, meinte Skye.
„Sag mir dass das nicht wahr ist! Sag mir dass du nicht Jiyong-Oppas Herz brichst!“ Sie war an Skye vorbei gerauscht, völlig aufgebracht.
„Es ist nicht wahr, es ist nur für die Presse, Jiyong weiß davon und es lenkt auch von uns ab, chill mal.“
Lisa stockte, auf einmal hatte man ihr allen Wind aus den Segeln genommen.
„Kai versucht Krystal und die Presse los zu werden und Ji und ich versuchen dieses ‚Low profile‘.“
„Da bin ich froh!“ Völlig erleichtert ließ sie sich auf der Couch nieder. Die Amerikanerin fragte sich, ob Lisa immer noch so erleichtert wäre, wenn sie wüsste, dass oben im Schlafzimmer Kai lag.
„Aber du darfst es niemanden erzählen, wirklich niemanden. Ich habe es dir gesagt, weil du meine Freundin bist.“ Lisa hatte nicht viel mit den Künstlern von SME zu tun und hatte kein Interesse daran, es jemanden auszuplaudern.
„Wem soll ich es erzählen? Keiner kann dich leiden.“
Skye fragte sich, wieso sie die Tür überhaupt auf gemacht hatte.
„Danke.“
„Na Jennie konnte dich von Anfang an nicht leiden und jetzt hast du auch noch die Wicked Witches von SM gegen dich aufgebracht.“
„Wer sind die Wicked Witches von SM?“
„Victoria, Hyoyeon und Krystal.“
„Irgendwie hätte ich vor Tiffany mehr Angst“, grübelte Skye und war ganz froh, dass sie noch nicht auf die ehemalige Girls Generation Sängerin getroffen war.
„Tiffany ist hart aber fair, sie sagt was sie denkt und macht keinen Hehl daraus, wenn sie jemanden nicht mag, aber die Wicked Witches lachen dir vorne herum ins Gesicht und verkaufen hinten rum deine Organe auf dem Schwarzmarkt.“
Skye blinzelte, es war definitiv zu früh für solche Gespräche.
„Was tust du eigentlich um diese Uhrzeit hier?“
„Wir haben einen Fernsehauftritt und ich wollte vorher noch her“, erklärte die Sängerin.
„Gut, dann viel Spaß beim Auftritt.“ Lisa verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und drückte Skye.
„Sorry für’s Wecken.“
„Schon gut.“
Sie wartete noch, bis Lisa auf dem Hof zu sehen war, schloss dann die Tür und ging wieder hoch ins Bett.
„Wieso bist du eigentlich nackt?“, fragte sie ihn.
„Ich bin nicht nackt, ich hab nur das Shirt ausgezogen. Ernsthaft, hast du schon mal mit dir geschlafen? Du bist eine Heizung.“ Er weigerte sich die Augen zu öffnen und hob nur die Decke hoch. Ein wenig konnten sie noch schlafen und Skye legte sich zu ihm.
„Von wegen ich bin eine Heizung – du bist eine Heizung“, murmelte sie.
„Nein, du.“
„Nein, du.“
„Nein, du.“
Und dann waren sie beide wieder eingeschlafen.
„Skye, wo ist die Kaffeemaschine?“ Für Kai war es eine harmlose Frage, doch für Skye katastrophal. Zum einen realisierte sie, dass sie an Zierkissen und Deko-Vasen gedacht hatte, aber nicht an eine Kaffeemaschine. Darüber hinaus stand sie unter der Dusche und Facetimte mit Jiyong.
„Ist das Kai?“, fragte er im Bildschirm.
„Ehm … warte kurz.“ Skye stieg aus der Dusche und steckte den Kopf durch die Tür.
„Lauf rüber zu Super Junior und hol für mich bitte auch einen Kaffee“, bat sie ihn.
„Wieso bist du eigentlich nackt?“, äffte er sie wegen vorhin nach und sie schmiss ein Handtuch nach ihm – traf natürlich nicht. Dann stellte sie fest, dass es ihr einziges Handtuch war, der Rest war in der Wäsche. Neue Handtücher musste man waschen. Und wo stand die Waschmaschine? Natürlich, bei Super Junior.
„Bring auch Handtücher mit!“, rief sie ihm nach bevor die Tür ins Schloss fiel.
Wieder unter der Dusche hatte Jiyong die Arme verschränkt.
„Er hat nichts gesehen!“, verteidigte sie sich, ohne angeklagt worden zu sein.
„Will ich wissen, was er um diese Uhrzeit bei dir macht?“
„Lisa war schon um 7:20 Uhr hier!“
„Was? Wieso?“
„Weil sie Angst hatte, dass ich dir das Herz breche.“
„Das tust du auch, wenn du nicht einen Schritt nach hinten gehst.“ Er wollte sie nur besser sehen und nicht nur ihr Gesicht.
Mia und Donghae hatten am Morgen ein Fotoshooting für die Cosmopolitan, da sie zum beliebtesten Pärchen Koreas gewählt worden waren. Herr Kim war ein paar Tage weg, also holte Skye die beiden ab und fuhr mit ihnen zum Shooting.
„Ich habe frisch gepressten Orangensaft, Croissants und Wassermelone in der Tasche“, sagte Skye nach hinten und Donghae stürzte sich direkt drauf.
„Ich freu mich so auf den Monat, wo Skye sich um uns kümmert.“ Für diesen Kommentar wurde er von Mia gehauen.
„Hey, keine blauen Flecken, ihr habt ein Shooting!“
„They’ve got Photoshop“, erwiderte Mia und boxte ihn grad noch mal.
Einmal beim Shooting angekommen gingen die beiden in die Maske und Mia schmierte Donghae ständig Lippenstift auf die Wange und wenn er sich beschwerte, wurde er von seiner Stylistin angemeckert. Die beiden waren ständig am rumalbern und am Lachen. Es war schön ihnen zuzugucken, sie waren wie die Cosbys – bis dann 30 Jahre später Bill Cosby wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt wurde. Skye hoffte dass so etwas Mia und Donghae nicht passierte.
Unweigerlich überlegte sie, ob sie auch so mit Jiyong umgehen konnte, so fröhlich? Sie sah sich nicht mit ihm, aber sie waren auch anders als Mia und Donghae. Dennoch, wenn sie ihnen so zuschaute, war Skye etwas eifersüchtig, auf das was sie hatten. Abwesend spielte sie mit ihrem Ehering, den sie an der Kette trug. In diesem Moment bekam sie eine Nachricht.
‚Haben am Dienstag ein Treffen mit meinem Anwalt.‘
Wie passend. Skye schrieb ihrem Anwalt ebenfalls eine Nachricht. Es ging nur darum die Unterlagen fertig zu machen und nicht darum sich scheiden zu lassen, auch wenn sie nicht wusste, wie Herr Yang reagierte, wenn er erfuhr, dass die Scheidung noch nicht durch war.
Direkt nach dem Fotoshooting ging es zu KBS, da das Paar dort eine Sendung zusammen moderierte. ‚Mihae finden dein Valentine!‘ hieß die Show. Bei KBS angekommen standen schon ein Van bereit und zwei Fernsehteams. Doch zuerst ging es wieder in die Maske.
Warm eingepackt fuhren sie dann im Van auf die Karosugil und versuchten Leute zu verkuppeln. KBS hatte ein ganzes Café gemietet. Mia zog los um freiwillige Männer zu finden und Donghae suchte Teilnehmerinnen. Jeder suchte 20 Teilnehmer, die sich dann im Café trafen. Nach ungefähr einer Stunde hatten sie alle Teilnehmer zusammen. Mia ging total offen auf die Männer zu und manche hatten wahrscheinlich die Hoffnung, dass sie ein Date mit Mia bekommen würden.
Im Café waren die Frauen und Männer zuerst getrennt und durch verschiedene Spiele versuchten Donghae und Mia heraus zu bekommen, wer am besten zu wem passte.
Skye war fasziniert von all diesen Ideen. Irgendwer musste sich ja all das ausdenken und es gab immer wieder neue Formate, die man so noch nicht gesehen hat. Es ging nicht nur darum kreativ zu sein, sondern auch um Mut. Nehmen wir Käse. Gut, irgendwann kam mal ein Mensch dazu auf die Idee zu kommen, dass Milch, sei es von Schafen, Kühen oder Eseln trinkbar ist. Irgendwer hatte seine Milch dann zu lange stehen lassen und sie war geronnen. Okay. Es sah bestimmt nicht schön aus und hat auch mit Sicherheit nicht toll gerochen, also wer bitte schön hatte den Mut das Zeug zu probieren? Alles, was sie heute hatten, muss von jemand entdeckt oder erfunden worden sein. Technologie war da noch einfach! Man brauchte eine gewisse Intelligenz und eine Idee und dann probierte man so lange rum, bis es funktionierte – oder eben nicht. Aber Lebensmittel erforderten Mut, obwohl die Leute damals wohl noch keine Salmonellen kannten oder eine Lebensmittelvergiftung. Wie viele Menschen sind wohl an Dingen gestorben, die eben nicht essbar waren? Das waren Pioniere! Wer hat den ersten Teig angemischt? Das erste Brot war vor über 5.000 Jahren gebacken worden! Wer war auf diese Idee gekommen? Keiner weiß das, aber welchen Mist Echnaton vor 3.200 Jahren verzapft hat, das ist in Stein gemeißelt. Steine waren das frühere Facebook. Wenn Skye Facebook erfunden hätte, hätte sie es Stonebook genannt. In ihren Augen war der Fokus von historischen Ereignissen völlig falsch gesetzt. Die Schlacht um Troja – super für einen Film, in dem Brad Pitt halbnackt über die Leinwand springt, aber ernsthaft, wem hat die Schlacht um Troja schon etwas gebracht? Man sollte lieber dem Verrückten, der eine Kaffeebohnen geröstet, gemahlen und mit heißem Wasser übergossen hat als Gott feiern! Das ist wenigstens ein Erbe, das die Welt seit über 600 Jahren verbessert! Was hat Achilles schon getan? Außer als Vorlage für einen guten Film zu dienen?
In diesem Moment fragte sich Skye wer eigentlich das Patbingsu erfunden hat.
Nach dem Dreh endete das offizielle Programm von Mia und Donghae für heute und Skye fuhr die beiden nach Hause, bevor sie ins Loft fuhr, um sich für ihr eigenes Date umzuziehen. Skye hatte dabei das gleiche Problem wie alle Frauen: Sie hatte einen Kleiderschrank voller Klamotten und nichts zum Anziehen! Skye war ein Sommertyp. Hotpans, fluffige Röcke und Kleidchen. Sie hasste Winter. Beim Konzert würde es warm sein, aber sie wusste ja nicht was Kai noch geplant hatte.
„Yobseo?“
„Welche Farbe?“
„Was?“
„Was ziehst du heute an?“
Kai stutzte und schaute das Telefon an.
„Was?“, fragte Chen, der neben ihm saß.
„Sie fragt was ich anziehe“, flüsterte Kai. Chen rollte mit den Augen.
„Gib mir das Telefon…. Hallo Skye-shi, hier ist Chen. Welche Farben hast du zur Auswahl? Ich passe Kai dann an.“
„Was?“, fragte nun Kai. Er war doch keine Puppe!
„Rot oder Royalblau“, erwiderte Skye, froh endlich mit jemand kompetenten zu sprechen. Chen musterte Kai.
„Blau, Rot steht ihm nicht.“
„Hey!“, beschwerte sich Kai.
„Okay, danke.“
Skye legte das Handy weg und ging zurück zum Schrank um ein royalblaues Kleid aus Satin raus zu holen. Es endete kurz über dem Knie und hatte einen ausfallenden Rock, während es oben eng geschnitten und ärmellos war. Um dem Winter zu strotzen zog sie eine Strumpfhose an und Ankleboots in hellbraun mit einem passenden Jäckchen dazu und eine Clutch, die zum Kleid passte.
Ihre unbändigen Haare fixierte sie nur etwas. An den Pony musste sie sich noch gewöhnen. Wenn sie Rot trug betonte Skye gerne ihre Lippen, doch bei Blau betonte sie ihre Augen.
Gerade als sie fertig war klopfte es an ihrer Tür. Sie öffnete die Tür und fand Kai. Er hatte eine schwarze Lederjacke an und ein blaues Shirt, das fast den gleichen Farbton hatte wie Skyes Kleid. Er lächelte und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
„Du siehst … wow … keiner wird uns das abkaufen.“
Skye zog die Augenbrauen zusammen.
„Was? Wieso? Was ist falsch?“ Völlig panisch schaute sie an sich hinab, doch Kai grinste nur spitzbübisch.
„Weil kein Kerl, der bei klarem Verstand ist, mit so einem Mädchen vor die Tür geht. Er bleibt mit ihr Zuhause und teilt sie nicht.“
Die Amerikanerin schaute ihn vorwurfsvoll an.
„Du sollst mich nicht erschrecken!“
„Tut mir leid, ach ich habe etwas für dich…“ Er suchte in seiner Tasche und holte ein Schächtelchen heraus. Skye nahm es entgegen und öffnete es. Sie fand einen Ring darin. Ohne Diamanten, ohne Platin. Zwei einfache Silberringe.
„Meinst du nicht dafür ist es noch etwas zu früh?“, neckte sie ihn.
„Das sind Pärchenringe, so machen wir das hier“, erklärte er ihr – als wüsste sie das nicht. Es waren aber nicht einfach irgendwelche Ringe, sondern von Yoon Jungyun. Er hatte sehr geschickte Ringe erschaffen, denn von außen sahen sie sehr einfach aus, doch auf der Innenseite versteckte sich eine Nachricht oder ein Zeichen, dass einen Abdruck auf dem Finger hinterließ, wenn man ihn abnahm. Kai hatte die mit einem Herz geholt und steckte ihn Skye an. An den Finger, an dem eigentlich ihr Ehering gehörte.
„So, jetzt gehörst du zu mir“, sagte Kai und hielt noch immer ihre Hand. Skye neigte dazu mit offenem Mund da zu stehen. Er war nicht weit geöffnet, nur ein wenig und Kai fand es unheimlich sexy. Wenn er sie anschaute, verstand er woher der Ausdruck ‚in awe‘ kam.
„Also, für die Fans zu erkennen, dass du zu mir gehörst. Das wollen wir ja.“
„Genau“, verpflichtete sie ihm bei und beide räusperten sich.
Vor dem Konzert ging er mit ihr Sushi essen und das Restaurant nahm das mit dem Valentinstag sehr genau. Skye fand kein Sushi, das kein Herz irgendwo hatte, entweder innen oder außen, das spielte keine Rolle.
„Du hättest wegen mir nicht aus der Valentinsversteigerung austreten müssen“, sagte sie irgendwann zu ihm.
„Na ja, Mia hat da so eine Regel, dass alle in einer Beziehung ausgeschlossen waren und so konnte ich mir wenigstens mein Date aussuchen“, erwiderte er lächelnd und klaute Skye ein Sushi vom Teller.
„Hey, das war meins!“
„In einer Beziehung gibt es kein ‚meins‘ und ‚deins‘, da gibt es nur ein ‚unser‘“, belehrte er sie grinsend und schaute auf ihre Arme, wo die blauen Flecken immer noch gut zu sehen waren.
„Die würde ich gerne mit dir teilen“, meinte er.
„Ach, die gehen von alleine weg. Ich bin nur froh, dass Chen sich für blau entschieden hat, mit dem roten Kleid hätten sie sich gebissen.“
„Ich hätte auch blau gesagt.“ Das war gelogen, er hätte sie gerne im roten Kleid gesehen, aber ihnen standen ja hoffentlich noch einige Dates bevor.
Skye wurde abgelenkt, als etwas an ihrem Kleid zog. ‚Etwas‘ war ein kleines Mädchen.
„Elsa?“, fragte sie hoffnungsvoll und Skye fing an zu grinsen. Sie war blond, sie trug ein blaues Kleid – auch wenn die Farbe nichts Elsas Kleid entsprach, aber Skye wollte nicht kleinlich sein.
„Elsa?“, fragte das Mädchen wieder und dann kam auch schon ihre Mutter.
„I’m so sorry“, sagte sie eilige und wollte die Kleine wegziehen.
„Nein, nein, schon okay“, erwiderte Skye und ging vor dem Mädchen in die Hocke.
„Na da hast du mich entdeckt! Wie ist dein Name?“
„Yoona“, erwiderte das Mädchen und bekam große Augen.
„Das ist ein schöner Name“, erwiderte Skye.
„Ist das dein Prinz?“, fragte sie neugierig und deutete auf Kai. Skye folgte ihrem Blick.
„Ja, er ist mein Prinz, magst du ihn?“
„Er sieht sehr gut aus!“
„Nicht wahr?“
„Aber ist er auch nett?“ So ganz war die Kleine noch nicht von Kai überzeugt.
„Sehr nett sogar“, erwiderte Skye.
„Na komm, lass Elsa in Ruhe essen“, sagte die Mutter und streckte die Hand nach ihr aus. Als die beiden weg gingen, drehte sich das Mädchen immer wieder um, um Skye zu winken.
„Ein Prinz, huh?“, fragte Kai grinsend.
„Wenn du mich Elsa nennst, trete ich dir jedes Mal ans Schienenbein.“
„Das ist es wert, Elsa …. au!“ Und das war der erste Tritt.
Nach dem Essen fuhren sie zur Halle. Das Konzert hatte bereits angefangen, als sie die ganzen Sicherheitskontrollen hinter sich hatten und ein Security führte sie in die VIP Lounge gegenüber von der Bühne. Das war wohl das Schicksal von Idols. Anfang und Ende sahen sie nicht, dass würde zu viel Tumult geben. Es war noch ein anderes Pärchen in der Lounge, Skye war der Meinung, dass sie eine Schauspielerin war, kam aber nicht auf den Namen.
Jemand zog los um ihnen Popcorn und Getränke zu holen. Popcorn bei Konzerten. Das war auch so ein koreanisches Ding. Das andere Paar saß brav auf den Stühlen, doch sowohl Kai, als aus Skye fingen irgendwann an rum zu zappeln und irgendwann stand Kai auf, reichte ihr die Hand und fing an mit ihr zu tanzen. Neyo machte Tanzmusik, wie konnte man da brav auf seinem Platz sitzen?
Bei ruhigen Liedern umarmte Kai sie und sie schaukelten leicht mit dem Song und bei den schnellen Liedern tanzten sie miteinander. Von den Rängen nebenan bekamen sie nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es gingen wohl nicht so viele Kpop-Fans auf R&B Konzerte, doch der ein oder andere wird sie mit Sicherheit bemerkt haben.
Das andere Paar ging ungefähr zur Hälfte des Konzerts und ließ damit Kai und Skye alleine in der Loge. Erst ungefähr 15 Minuten, bevor das Konzert zu Ende war, sagte der Security ihnen Bescheid und führte die beiden in den Backstagebereich. So lernte Skye Neyo kennen. Kai kannte ihn schon, war ja klar.
„So, you’re guys coming to my party later?“
„Sorry, I have to sit this one out, we’re having concert in Hong Kong this saturday, many practice.“
Skye schaute zu Kai, fast geschockt.
„Seit wann ist dein Englisch so gut?“
„Seit Mia gesagt hat es gäbe zu viele Youtube Videos in denen sich über unser Englisch lustig gemacht wird. Also haben wir ein Englisch Lehrer bekommen.“
Die Amerikanerin fing fröhlich an zu lachen.
„Find ich super!“
„Your korean is pretty awesome“, stellte wiederum Neyo fest.
„Thanks, I’ve studied it and lived here for some years now and I’m still learning.“
Nach etwas Smalltalk und ein paar Bildern verabschiedete sich das Presse-Paar. Neyo versprach das Exo Konzert in L.A. zu besuchen und Kai versprach seinerseits ihn auf die VIP Liste zu setzen. So war das also unter Homies.
Der Abend war noch recht jung und sie entschieden sich in eines der Hangang-Cafés zu gehen, die eine tolle Aussicht hatten. Sie landeten im Gureum an der Dongjak Brücke. Man hatte eine tolle Aussicht über den Hangang, das Café hatte aber auch am längsten auf. Es war fast 22 Uhr und die meisten anderen Hangang-Cafés waren schon zu oder würden bald schließen.
„Sag mal, war es Mias Einfall, dass ihr ein Fotobuch ‚Die Jungs ‘ hattet?“ Skye war damals in den Kpop Läden immer über die deutsche Schrift gestolpert. Einmal hatte sie einen Verkäufer gefragt, ob er wüsste, was ‚Die Jungs‘ bedeutete. Zum einen sprach er es Englisch aus, wobei aus ‚die‘, deutsch, Artikel, plötzlich auf Englisch ‚die‘, sterben, wurde. Skye hatte fröhlich gelacht und es ihm erklärt und der Verkäufer hatte ein Aha-Erlebnis gehabt.
„So zu sagen, eigentlich hat sie immer gesagt“, und er holte hier sein bestes Deutsch raus, „‚Die Jungs machen mich wahnsinnig!‘ , aber wir haben gedacht ‚Die Jungs‘ würde reichen.“
Skye lachte fröhlich, sie konnte sich Mia vorstellen, wie sie auf Deutsch fluchend durch die Gänge lief. Sich in einer anderen Sprache zu beschweren war ziemlich schlau, Skye benutzte diesen Trick selbst oft – der wahre Grund wieso sie so viele Sprachen konnte.
Es war nicht mehr viel los in dem Café, nur noch ein paar andere Gäste waren da und schenken den beiden nicht viel Aufmerksamkeit. Sie saßen an dem runden Fenster und genossen die Aussicht über den Fluss.
Skye liebte diese Momente, wenn die Zeit praktisch still stand, wenn man eins wurde mit seiner Umgebung und sich um nichts Gedanken machte. Und Kai nahm völlig den Druck aus der ganzen Sache. Es hätte genauso gut ein richtiges Date sein können. Koreaner knutschten nicht in der Öffentlichkeit, zumindest die meisten nicht. Das sie, wenn sie privat waren, sich näher kamen, war normal, denn dann waren sie von Leuten umgeben, denen sie vertrauten und bei denen sie ihre Gefühle unbefangener ausdrücken konnten.
„An was denkst du?“, fragte Kai, als er ihren abwesenden Blick bemerkte.
„Das du ein gutes Date bist.“