Am nächsten Morgen fühlte Skye sich gut. Sie hatte das Gefühl, dass sie und Jiyong endlich wieder ihre Balance hatten. Jiyong lag nicht mehr im Bett und am Geruch wusste sie, dass er Frühstück machte. Sie zog sich ein Höschen an und ging raus.
„Puddin?“
„Right here!“, in der Küche, wo sonst? Sie ging zu ihm und schaute ihm über die Schulter. Rühreier? Fröhlich lachte sie.
„Es ist nicht so, als hätte ich aus unserem durchaus ernstzunehmenden Streit nichts gelernt. Aber wenn du mit deinen nackten Brüsten nicht von mir weg gehst, kann ich nicht garantieren, dass wir zum Frühstück kommen.“ Manchmal schien er wirklich ihre Gedanken zu lesen. Sie biss ihm leicht ins Ohr und goss sich dann einen Kaffee ein.
So könnte es immer sein. Kein Stress, kein Streit, einfach nackt mit dem Menschen, den man gern hatte den ganzen Tag chillen. Skye ließ sich nicht von dieser Märchenvorstellung blenden. Es war Montag und es gab viel zu tun.
Nach dem Frühstück zog sich Skye an. Jiyong musste auch in die Akademie, doch natürlich konnten sie nicht zusammen fahren und so verabschiedeten sie sich in der Tiefgarage.
„Wollen wir heute Abend etwas essen gehen?“, fragte er sie, als er ihr die Autotür aufhielt.
„Sorry, Kai hat ein Date geplant“, erwiderte sie und sah, wie sich sein Gesicht veränderte.
„Aber du kannst dich danach gerne zu mir schleichen“, fügte sie zu und gab ihm eilig einen Kuss. Es war ein Presse-Date und würde nicht lange gehen. Irgendwo etwas essen oder ein Kaffee und dann könnte sie sich mit Jiyong treffen.
Jiyong atmete kurz durch.
„Okay, das Bat-Cave ist sowieso fertig.“
„Das was?!“, fragte Skye, doch Jiyong schloss nur grinsend die Tür und winkte.
„Du willst was?!“ Jiyong stand in Mias Büro und traute seinen Ohren nicht.
„Es ist eine gute Idee, lass mal deinen Penis aus dem Spiel und denk darüber in Ruhe nach.“ Mia hatte sich auf seinen Unmut vorbereitet und sich das ganze Wochenende eine gescheite Argumentation zurechtgelegt. Es ging sogar so weit, dass sie Donghae so tun ließ, als wäre er Jiyong, damit sie ein Übungsprojekt hatte, doch Donghae war eben nicht Jiyong.
„Manchmal frage ich mich was du für eine beste Freundin bist! Nicht nur, dass du sie zu Kais Freundin gemacht hast, nein, jetzt willst du sie auch nur zur Assistentin von EXO machen?“ Jiyong musste es aussprechen, um es wirklich zu begreifen.
„Zur Leih-Assistentin, für drei Monate oder so. Du sagst immer zu mir ich soll das ‚Big Picture‘ nicht vergessen. Das Big Picture, wenn sie nicht EXOs Assistentin wird, wird sein, dass ich sie mitnehme nach Portugal. Wochenlang. Möchtest du das?“
Jiyong würde am liebsten ‚ja‘ sagen, doch Mia würde wissen, dass es nur Trotz wäre. Natürlich wollte er nicht, dass Skye wochenlang in Portugal blieb. Aber entweder das oder EXOs Assistentin war eine verdammt harte Entscheidung.
„Mal abgesehen davon wissen wir ja noch gar nicht, ob sie es wird. Sie machen daraus ein Casting“, erklärte Mia weiter. Jiyong tigerte umher, unwissend was er tun sollte.
Skyes Büro war nur zwei Räume entfernt und sie hörte durchaus, wie sich die beiden stritten und sie bekam das ungute Gefühl nicht los, dass sie das Zentrum des Streits war. Nach ein paar Minuten stürmte Jiyong den Gang runter ohne Skye eines Blickes zu würden. Unter normalen Umständen hätte sie gedacht, dass er sich der Rolle des offiziellen Ex angepasst hatte, doch sie glaubte nicht daran.
„Komm, wir gehen.“ Als Mia den Kopf durch die Tür streckte, erschreckte sich Skye.
„Was ist mit ihm?“
„Erkläre ich dir im Auto.“
Mia hatte heute einen Werbespot für ein Zahnbleeching, das man Zuhause anwenden konnte. Die Deutsche nahm es mit Werbung sehr genau und hatte das Bleeching einige Male selbst getestet, bevor sie ihr Gesicht dafür hergab. Skye mochte diese Einstellung. Viele machten Werbung für alles Mögliche, solang das Geld stimmte, doch Mia wollte von dem Produkt überzeugt sein.
„Okay, wieso war Ji so sauer?“
„Weil ich ihm gesagt habe, dass du am Donnerstag EXO betreust.“
„Ich? Wieso?“
„Youngjun ist verhindert und ich habe Vorbesprechung für Royal Vampires, also habe ich dich vorgeschlagen.“
Ja, das war nur die halbe Wahrheit, doch Mia wollte Skye nicht beeinflussen. Wenn sie wusste, was sie vorhatte, würde sie sich vielleicht sabotieren und wenn sie es nicht werden würde, hätte sie sich völlig umsonst Gedanken gemacht. Daher verpackte Mia das in einer kleinen Box, anstatt in einen Umzugskarton. Kleine Boxen waren leichter zu tragen. Sie hatte Jiyong gebeten es ebenfalls für sich zu behalten, was für ihn doppelt schwer war, denn er hätte Skye gern sabotiert.
„Und deswegen war er so sauer?“ Skye war noch nicht überzeugt.
„Er hatte geplant mit dir zu seinen Eltern zu fahren und das fällt nun flach.“
Als Mia zu SM Entertainment gekommen war, war man auch nicht immer ehrlich zu ihr gewesen und sie hatte sich eine Zeit lang deswegen betrogen gefühlt, doch letztendlich hatte man es gemacht, um sie in die richtige Richtung zu schupsen. Sie hatte Dinge getan, die sie sonst nie getan hätte und wenn sie heute die letzten acht Jahre zurück blickte, so war doch alles irgendwie gut gegangen.
Die kommenden Stunden sonnte sich Skye in der Genugtuung nicht berühmt zu sein. Mia hatte verschiedene Szenen zu drehen, doch die eine würde ihr wahrscheinlich für die nächsten Wochen ins Hirn gebrannt bleiben.
„White-O-Plex – ihr Bleeching für schneeweiße Zähne.“
Mia hatte keine Ahnung wie oft sie diesen Satz nun schon mit ihrer vollsten Überzeugung rausgeschleudert hatte. Skye wusste es. 87 Mal. Sie fand es lustig das zu zählen.
Für die Pausen durfte Skye Mia Wasser holen. Nichts anders. Zwar würde man Mia später am Computer nachbearbeiten, doch mal wollte das natürliche Lächeln bestmöglichst erhalten.
„I will never, ever do a commercial that needs a smile“, sagte die Deutsche in einer weiteren Pause.
Skye hingegen hatte auf Youtube schon ‚Keep on smiling‘ von den New Kids on the Block rausgesucht und drückte Play.
„Sehr witzig, wirklich Jordan würde das auch mögen.“
„Jordan? Michael Jordan?“, fragte Skye.
„Nein, Jordan Knight, von den New Kids.“
„Ich sollte mich damit abfinden, dass du irgendwie jeden kennst.“
Mia grinste nur und schwieg.
Der Dreh ging vier Stunden und als die beiden Frauen ins Auto einstiegen, ließen sie sich beide zurückfallen und schlossen für einen Moment die Augen.
„War das schrecklich“, murmelte Mia.
„Willst du was essen gehen?“
„Auf jeden Fall.“
Mia lotste Skye zu D-Cube City, eines der großen Einkaufscenter. Wobei es nicht nur ein Einkaufscenter war. Es war ein Sheraton mit drin und Büros und ein Konferenzzentrum und ein Kino. Doch deswegen waren sie nicht dort. Zur Mittagszeit war es vor allem rund um die Restaurants etwas voller, doch Mia und Skye schafften es halbwegs unbemerkt zu den Burger Hunters im 5. Stock.
In Amerika gingen Fans oft offen auf Promis zu, um nach Autogrammen und Fotos zu fragen. Das passierte in Korea eher weniger. Dafür wurde man heimlich verfolgt und fotografiert. Die Deutsche schaffte es das ganz gut zu ignorieren, für Skye hingegen war es noch ungewohnt.
„Entspann dich. Stell dir vor du wärst das neue It-Girl und Gossip Girl hätte alle auf dich angesetzt“, erklärte Mia, während sie in dem Diner Platz nahmen.
„War Gossip ‚Girl‘ nicht ein Mann?“, fragte Skye.
„Ist doch egal. Fakt ist, sie machen nichts, sie fotografieren, also sehe süß aus und knutsch nicht mit anderen Männern in der Öffentlicht– ist das ein Pärchenring?!“
Mia zog Skyes Hand über den Tisch. Lustig dass sie den Ring sofort bemerkte, aber ihren Ehering, den Skye um den Hals trug, nicht. Die Amerikanerin zeigt das Herz, das seinen Abdruck in Skyes Finger hinterließ.
„That is so cute – did Kai came up with it?“
„Jup.“
Als Mia die Jungs kennenlernte, waren sie genau das noch gewesen: Jungs. Nun waren sie erwachsen, sie hatten sich entwickelt, doch manchmal vergaß Mia das. Wenn sie nicht mit Jiyong zusammen wäre, würde sie Skye sagen dass Kai ein Keeper ist, aber sie würde sich nicht in ihr Liebesleben reinhängen. Also nicht mehr, als sie es ohnehin schon tat.
Als das Essen kam, war Skye total begeistert. So gute Burger in Korea? Sie ließ sich ja gerne immer wieder überraschen, aber manche Sachen erwartete sie einfach nicht.
„Wie findet man so ein Restaurant?“ Seoul war voll von Restaurants, man konnte sich sowieso nicht entscheiden. Manche Restaurants sahen toll aus, machten aber nicht so gutes Essen und manche Restaurants waren total heruntergekommen und machten das beste Essen, dass man sich wünschen konnte. Jeder der schon in Seoul unterwegs war, wusste dass es bei der Auswahl schwer war das richtige Lokal zu finden. Meistens landete man dann immer wieder in den gleichen, weil man froh war überhaupt ein Restaurant gefunden zu haben, wo es einem schmeckte. Essen lauerte alle paar Meter – Skye hatte keine Ahnung wie die Koreaner ihre Linie so leicht halten konnten, wenn man ständig durch leckere Gerüche in Versuchung geführt wurde. Für Skye ging es teilweise, denn es gab einige Gerichte, die sie nicht mochte. Kalte Nudeln gingen gar nicht oder alles was mit getrocknetem Tisch zu tun hatte. Sie war auch kein Freund von Fishcakes, die oft in Topokki waren. Odeng – eines der ersten Wörter, die sie gelernt hatte. Doch wenn man hier aufgewachsen war und das Essen zu schätzen und zu genießen wusste, dann lauerte überall eine Leckerei.
„Ich glaube ich habe mich mal hier vor Super Junior versteckt und bin aus Zufall hier gelandet.“
„Wie hier versteckt? Das ist ein schlechtes Versteck.“
„Das ist ein super Versteck! Selbst wenn sie wissen wo du bist, können sie dir nicht folgen“, erklärte Mia und bei Skye fiel der Groschen. Idols konnten nicht einfach in ein Einkaufszentrum und vor allem nicht um private Dinge zu klären. Wenn man also seine Ruhe wollte, musste man sich nur in Myeongdong verstecken. Skye bekam das Gefühl nicht los diesen Hinweis eines Tages zu brauchen.
„Mia, was ist das Bat-Cave?“ Skye war neugierig und sie hasste es, wenn jemand mit etwas anfing und es dann nicht erklärte. Die Deutsche fing an zu lachen und erklärte, dass sie, neben dem Loft noch ein anderes Gebäude gekauft hatten, eine Straße weiter. Dort gab es einen Verbindungtunnel zur Druckerei. Die Amis waren in Sachen Vertrauen noch nie gut gewesen. Der Tunnel war breit genug für Autos, doch sie mussten das durch das Bauamt erst sichern lassen. Es wurden Lüftungen eingebaut und insgesamt 3 Tore, die sich durch einen Fingerbadruck entriegeln ließen. Somit könnten die Idols in das verlassene Gebäude reinfahren und wurden dann unterirdisch zum Loft geführt. Alles war Videoüberwacht. Und all das nur, damit die Idols einen Rückzugsort hatten. Selbst wenn ihnen ein Fan folgte, so konnte der vor dem alten Gebäude rumstehen, bis er schwarz wurde. Kein nerviges Klingeln. Kein Einbrechen. Kein Zugang.
„Im Loft werden nur ausgewählte Leute wohnen. Zwangsläufig nur nicht Idols, doch ich denke, dass Manager privat auch keine Lust haben mit 30 Idols unter einem Dach zu stecken. EXO wird in zwei Wochen oder so einziehen, BoA auch und wir haben noch andere Anfragen. 2PM, BTS und GOT7 wollten sich die Apartments genauer anschauen. Ich denke zu Ende des Jahres werden wir voll sein. Ja und da es einen Geheimgang gibt, wie bei Batman, hat Jiyong es Batcave getauft.“
Skye staunte nicht schlecht. Wie viel Gedanken sie sich über das ganze Thema gemacht haben musste und es war sicherlich keine günstige Investition gewesen. Die Gebäude vielleicht, im Vergleich zum Neubaupreis in Seoul, doch das Loft war komplett kernsaniert worden. Neue Strom- und Wasserleitungen, die alten Dielen war restauriert worden, ebenso die Holz- und Stahlbalken, die dem ganzen einen Loft-Look gab.
Mia hatte schon lange diesen Gedanken gehabt eine idol-freundliche Umgebung zu schaffen. Einen Ort wo Idols zusammen leben konnten, in Ruhe. Viele der Idols waren untereinander befreundet und verbrachten auch ihre Freizeit miteinander. Daher auch die Restaurants und die Bar und all das drum herum, damit sie privat etwas unternehmen konnten, ohne das Haus zu verlassen. Ganz am Anfang hatte Mia mit Hanoks spekuliert. Vor allem etwas außerhalb gab es ganze Hanok-Städte, die aus mehreren Gebäuden bestanden und einen gemeinsamen Innenhof hatten, doch bei den historischen war es einfach zu viel Bürokratie, da diese Gebäude ja alle unter Denkmalschutz standen und nur bedingt verändert werden durften. Im zweiten Gedanken wollte Mia dann einfach ein Hanok nachbauen – außen alt, innen modern. Doch so große Grundstücke gab es natürlich innerhalb von Seoul nicht und außerhalb von Seoul wollten viele auch nicht wohnen. Das mit dem Loft kam eher aus Zufall. Freunde aus Amerika, wo der Mann in der Armee war und recht hoch vom Rang, waren nach Korea stationiert worden und an einem gemütlichen Sonntagabend hatte sie ihm von der Idee erzählt und er hatte gesagt, dass die US Army noch einige Gebäude in Seoul hatte, die sie teilweise schon seit ewigen Zeiten verkaufen wollten. Da die Gegenden noch nicht so angesagt waren, hatten sie zwar anfangs einige Interessenten gehabt, aber es kam nie zum Deal. Mia, Donghae und Jiyong hatten sich dann die beiden Gebäude angeschaut und vor allem der Tunnel war ein gutes Argument gewesen. Sie hatten keinen Garten, aber dafür einen großen Innenhof, in dem noch ein Basketballfeld entstehen würde und eine Roofbar wollten sie auch machen. Hinten dran war der Berg und vorne eine Seitenstraße mit kleinen Gebäuden. Es war eine unauffällige Gegend und hier würde auch schnell auffallen, wenn die Tarnung aufgeflogen wäre.
Zurück in der Akademie hatte Skye noch bis gut 20 Uhr zu tun. Kai hatte ihr vorher schon geschrieben gehabt, dass er sie um diese Uhrzeit abholen würde, daher hatte sie noch ein paar Verträge gecheckt.
„Hey Babe, bereit?“
„Und wie!“ Skye klappte den Laptop zu und flüchtete in Kais Arme. Er roch gut, nach Sommerregen. Es war schön zwei Freunde zu haben, vor allem wenn einer davon ständig auf einen sauer war. Jiyong hatte sich den ganzen Tag nicht gemeldet und Skye war es zu anstrengend. Vor allem wenn sie noch nicht einmal wusste, was sie getan hatte.
In Kais Wagen fuhren sie nach Hongdae. Skye war wirklich gespannt, was er sich hat einfallen lassen.
„Warst du hier schon mal?“, fragte er, als sie in einer Seitenstraße geparkt hatten und zu einem Café gelaufen waren.
„DB Story? Nein.“ Es gab viele coole Cafés in Korea. Sie war einmal in diesem Café gewesen, wo der Kuchen in Blumentöpfen serviert wurde. Mit Blume.
Die Tür war bereits verschlossen und Skye sah auf dem Schild, dass sie eigentlich nur bis 21 Uhr offen hatten. Kai klopfte an der Tür und sofort öffnete sie jemand.
„Hallo, guten Abend, kommen sie bitte rein“, sagte eine Frau freundlich.
Sie gingen in das Café und Skye erkannte das Thema.
„Shut up!“, rief sie begeistert und rannte in das Café.
„Ich wusste du wirst es mögen“, erwiderte er ihr grinsend. Sie waren in einem Café, wo man eigene Handyhüllen machen konnte und es gab Millionen Dinge zum Gestalten. Die Amerikanerin war völlig overloaded und stand mit offenem Mund vor dem Regal.
„Schatz, willst du erst mal etwas trinken?“ Kai konnte einfach nur grinsen, wenn er sie so sah.
„Kaffee“, sagte sie einfach nur und schaute sich weiter um. Oh. Mein. Gott. Wie sollte man sich hier entscheiden? Es gab zig Farbkleber, mit denen man Freihand malen konnte und Aberhunderte Studs zum draufkleben. Sich hier entscheiden zu müssen war moderne Folter!
Die nächste viertel Stunde hielt er ihr den Strohhalm ab und an hin, denn ihre Hände waren schon so voll mit Dingen, dass es anatomisch nicht möglich gewesen wäre auch noch einen Kaffee zuhalten.
Sie beschlossen sich Couple-Cases zu machen. Sie holten sich zwei Hüllen und machten auf jede Hülle mit buntem Kleber ein halbes Herz. Die eine Hälfte war schwarze und weiß drum herum und bei der anderen Hülle war es umgekehrt. Skye würde Kais halbes Herz gestalten und er ihres und jeder durfte dann sein eigenes ‚Drum Herum‘ bestücken.
Nun musste sie also seine Hülle machen und sie fühlte sich wirklich unter Druck gesetzt. Nichts da mit rosa Fischen und Glücksbärchis, für Kai musste etwas Cooles her. Der Untergrund war weiß und Skye beschränkte sich auf Silber und Schwarz während Kai eher Rot nahm, weil sein Hintergrund war schwarz. Skye suchte Glitzersteine, Nieten und hatte eine Denkblase in der ‚Always‘ und ‚With you‘ stand gefunden. Einen Donut mit einer Erdbeere bastelte sie dazwischen. Den Rand des Herzens besetzte sie mit halben Perlen, was wirklich harte Arbeit war. Sie war am fluchen und ihre Finger klebten zusammen und zugleich freute sich so über die Hülle.
Sie war total konzentriert bei der Sache und Kai war mehr damit beschäftigt sie zu beobachten, als selbst voran zu kommen. Dabei war er schon fleißig am Sammeln gewesen. Er hatte einen Anhänge mit Kettchen, an dem in Silber verschiedene Anhänger rund um Meer hingen, ein kleines Ruder, Muscheln, Seesterne. Er liebte das Meer und soweit er das verstand Skye auch. Dann hatte er rote Lippen und weiße Musiknoten, denn die Musik verband sie auch. Vom Konzept her waren sie ähnlich. Keiner von ihnen baute zu hoch oder zu voll – schließlich musste der andere die Hülle ja noch in den Händen halten können. Als letztes setzte Kai einen kleinen Traumfänger auf die Hülle, denn er wusste, dass sie nicht gut schlief.
Als sie beide fertig waren, tauschten sie die Hüllen um selbst den Bereich außerhalb des Herzes zu füllen. Jetzt konnte Skye auch wieder reden.
„Das ist wirklich schön geworden!“, lobte sie.
„Und deine ist sehr stylisch, vielleicht sollten wir eine Kollektion machen?“, schlug er vor.
Nach etwas mehr als zwei Stunde und zwei Kaffee waren die beiden stolze Besitzer von Couple-Cases. Man hatte ihnen gesagt, dass sie es noch etwas trocknen lassen sollte und man hatte sie in Kästchen gepackt, damit auch nichts dran kam.
„Hast du auch Hunger?“, fragte sie ihn, als sie ins Auto stiegen.
„Ja, darüber wollte ich mit dir sprechen. Ich würde dich gerne mit ins Dorm nehmen.“
„Gibt es da Essen?“, wollte Skye wissen und brachte ihn zum Grinsen.
„Das holen wir auf dem Weg.“
„Okay“, erwiderte sie und schnallte sich an.
„Warte, wieso tust du so, als wäre euer Dorm etwas Schlechtes?“
„Na ja, weil wir die anderen davon überzeugen müssen, dass wir zusammen sind und da wir privat sind, heißt das, das wir uns schon näher kommen.“ Kai war es unangenehm darüber zu sprechen. Eigentlich passierten so Dinge einfach, man sagte nicht ‚So, jetzt küss mich‘.
Nun verstand die junge Frau um was es ihn ging und ließ den Gedanken sickern.
„Kein Problem.“
Schließlich war das im Whirlpool ja auch schon fast Vorspiel gewesen und da hatten ihnen viel mehr Leute zugesehen.
Kai hatte vorher im Dorm angerufen und gefragt ob noch jemand hungrig war. Die Frage hätte Skye ihm auch beantworten können. Männer in den 20ern waren immer hungrig. Eigentlich waren Männer immer hungrig. Sie waren also beladen wie ein professioneller Lieferservice, als sie im Dorm ankamen.
„Skye!“, rief Chen fröhlich, als er ihnen die Tür auf machte. Kai hatte mehrere Male dagegen getreten, weil keiner von ihnen an die Klingel kam – an den Schlüssel war gar nicht zu denken.
„Skye?“, kam es von innen und Xiumin, Chanyeol und Sehun kamen an geeilt, um sich zu verbeugen.
„Hört auf mit dem Quatsch und nehmt und was ab“, sagte die Amerikanerin und die drei Männer nahmen ihr die Tüten ab, während Kai niemand half.
„Wie machst du das?“
„Natürliche Autorität“, erwiderte Skye und nahm nun ihm ein paar Tüten ab.
Sie aßen zusammen in der Küche und überall standen schon Umzugskartons.
„Mia hat gesagt ihr zieht ins Loft?“
„Ja, nächste Woche – nicht das wir schon gepackt hätten“, kam es von Xiumin, der sich kritisch umschaute. Überall waren Klamotten und Schuhe und Fansachen.
„Ich freue mich darauf, dass wir alle ein eigenes Schlafzimmer bekommen“, meinte Chen und schielte zu Kai rüber.
„Oh wow, neun Schlafzimmer? Das wird ein großes Loft“, meinte Skye.
„Das Größte, vorne auf der Stirnseite. Es hat keine hohen Decken wie im Suju Loft, unten gibt es einen Wohnraum mit Küche und zwei Schlafzimmer, oben sieben und drei Badezimmer“, erklärte Chanyeol und machte sich noch mal den Teller voll. Skye versuchte sich auszurechnen wie groß das Loft werden würde. Skyes Apartment hatte 57qm, wenn sie sich recht erinnerte.
„Wie viele habt ihr hier?“
„Vier, das ist das alte Super Junior Dorm, aber nur eine Etage davon, in der zweiten Etage wohnen Red Velvet. Aber Suho hat das größte Zimmer mit einem Klappbett – für Lay oder wenn einer von uns Besuch hat“, erklärte Xiumin und war plötzlich sehr auf seine Suppe fixiert.
Fasziniert schaute sich Skye um. Sie war im SuJu Dorm! Ja, okay, sie hat im Suju Loft gewohnt, aber das hier? Das hier war jahrelang ihr Zuhause gewesen! Sie konnte die Magie förmlich spüren.
„Wenn du mich jetzt fragst welches Siwons altes Zimmer war, spreche ich nicht mehr mit dir. Nie wieder“, sagte Kai und brachte die anderen damit zum Lachen. Skye schubste ihn leicht. Arsch. Das wollte sie gar nicht fragen.
Nach dem Essen beschloss die Gruppe einen Film zu schauen. Skye hatte Kai nach einem Jogginganzug gefragt, da es einfach bequemer war. Sie hatte den ganzen Tag einen engen Pullover und eine Skinny-Jeans an gehabt. Sie hatte ja nicht gewusst, dass das so enden würde! Sie schielte auf ihr Handy und schrieb Jiyong eine Nachricht, dass sie noch eine Weile beschäftigt wäre.
„Er bringt nicht oft Frauen mit hier her.“ Chen hatte sich neben sie gesetzt.
„Ist das gut oder schlecht?“
„Gut. Das heißt er fühlt sich so wohl bei dir, dass er dich mit hier her nimmt.“ Er schenkte ihr ein Lächeln und dann kam auch Kai wieder. Er hatte ihr eins seiner ‚Kai 88‘ Baseballshirts und eine schwarze Jogginghose mit tiefem Schritt mitgebracht. Skye entschuldigte sich, um sich im Bad umzuziehen.
Dort setzte sie sich kurz auf den Badewannenrand und atmete tief durch. Wo war sie hier gelandet? Sie sollte bei Jiyong sein! Das Schlimme war, dass sie gerne hier war. Sie mochte die Jungs, wie sich untereinander neckten und dachten Skye würde es nicht mitbekommen. Auch Kai war anders, wenn er mit seinen Bandkollegen zusammen war. Sie wusste nicht ob ‚verschwiegener‘ das richtige Wort war, vielleicht ‚reservierter‘.
Skye hatte wohl solange im Bad gesessen, dass Kai irgendwann nach ihr schauen wollte. Als sie aus dem Bad kam, lehnte er gegenüber an der Wand und sein Blick hellte sich aus.
„Ich steh dir gut.“ Ein Grinsen breitete sich über sein ganzes Gesicht aus und er zog sie zu sich.
„Dir steht dieses Lächeln“, erwiderte sie und vergrub ihre Finger in seinen Haaren. Für einen Moment versanken sie in ihren Augen.
„Hey! Wir wollen den Film anfangen!“, rief Sehun und holte die beiden aus ihrer Trance.
Man hatte ihnen in der Ecke Platz gelassen und die beiden legten sich zu den anderen auf die große Couch. Sie hatten sich für ‚Ghost in the Shell‘ entschieden. Skye hatte einmal angefangen den Film zu gucken, hatte ihn aber irgendwann aus gemacht. Nun würde der Film eine zweite Chance bekommen.
Von wegen! Nach ungefähr einer halben Stunde flüsterte Kai ihr ins Ohr mitzukommen und zog sie an der Hand mit sich. Die anderen schauten ihnen kurz nach und widmeten sich dann wieder dem Film.
Kai führte sie in sein Zimmer, das direkt an das Wohnzimmer grenzte. Das Zimmer war wirklich nicht groß und sie verstand, wieso sie sich auf ihre eigenen Zimmer freuten.
Er holte seinen Laptop aus der Tasche.
„Wollen wir uns etwas anschauen?“
Es war normal, dass wenn er mit seiner Freundin hier war, er nicht die ganze Zeit bei seinen Bandkollegen sitzen würde. Skye verstand seine Handlungen schon.
„Kennst du ‚Midnight, Texas‘? Das ist lustig!“
„Zombies findest du lustig?“, sagte er nach 10 Minuten und ungefähr zwei Schreckmomenten. Kai war total schreckhaft und es war niedlich.
„Es sind keine Zombies, sondern Geister“, korrigierte sie ihn.
„Sie könnten als Zombies durchgehen.“
„Zombies sind Untote ohne Verstand. Das sind Seelen, die ihren Frieden noch nicht gefunden haben.“
Sie lagen auf seinem Bett und waren am kuscheln. Skye war froh, dass er ihr nur ein Shirt und keinen Pulli gegeben hatte. Der Kerl strahlte so viel Hitze ab, dass sie sich fragte, ob mal jemand Fieber messen sollte.
Sie waren gerade bei Folge 2, als Kai sich sein T-Shirt auszog und sich auf Skye legte. Er hatte einen tollen Körper. Seine Hand wanderte unter ihr Shirt, blieb aber brav auf ihrer Hüfte und die andere vergrub sich in Skyes Hand, als er sie küsste. Wenn sie das schlechte Gewissen ausblendete, war das der beste Nebenjob der Welt. Als es an der Tür klopfte, ignorierte Kai es zuerst. Kai hatte wahrscheinlich die Schritte gehört und sich deswegen auf sie gestürzt. Beim zweiten Klopfen beendete er den Kuss.
„Komm rein“, rief er und Sehun öffnete vorsichtig die Tür. Das Paar war schwer am atmen und Kais nackter Oberkörper sendete schon die richtigen Signale.
„Ich brauche nur mein Ladekabel und meinen Pyjama und dann bin ich schon weg“, sagte er entschuldigend und ging an seine Sachen. Als er ging konnte er sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.
„Gute Nacht ihr zwei – und immer dran denken, ihr seid nicht alleine.“ Kai warf ein Kissen nach ihm, doch da war die Tür auch schon zu.