Es war immer noch komisch im EXO Dorm zu sein. Diesmal saß der Schock nicht so tief, wie beim letzten Mal, als Kai Skye mit nach Hause brachte. Es waren sogar alle Zuhause und das um 22 Uhr. Skye war stolz und dankte gedanklich Mia für ihre gute Erziehung.
„Wenn ihr schon alle hier seid, würde ich euch bitten für das Shooting Morgen in Okinawa folgende Dinge einzupacken“, verkündete sie und zählte dann einige Sachen auf.
„Ohrenschützer?“, fragte Chanyeol skeptisch. „Ich ziehe am Strand doch keine Ohrenschützer auf.“
„Oder eine Mütze, solang die Ohren bedeckt sind. Ihr seid im Wasser, es ist windig und es ist kein Sommer.“
Ein Gemurmel ging durch die Runde.
„Okay, folgender Deal: Jeder, der Morgen keine Ohrenschützer braucht und nicht innerhalb von einer Woche sich eine Erkältung zuzieht, dem gebe ich ein Essen aus. Aber ihr packt sie ein, ebenso warme Socken. Denkt daran, in zwei Wochen habt ihr zwei Konzerte in Singapur und müsst fit sein. Better save than sorry.“
Wie bestach man Männer? Mit Essen, ganz klar. Kai zwinkerte ihr zu und grinste.
„Noona, welche soll ich nehmen?“ Sehun stand mit vier verschiedenen Mützen vor ihr. Wenigstens einer, der das ernst nahm. Skye suchte sich eine einfache, schwarze aus.
„So ein Quatsch mit den Mützen“, hörte sie Baekhyun zu Chen sagen und sie warf dem Sänger ein Kissen gegen den Kopf, das er nicht kommen sah.
„Hey!“, beschwerte er sich.
„Du hast gesund zu bleiben! Du könntest dir eine Mandelentzündung einfangen oder noch schlimmer, eine Lungenentzündung. Und stell dir vor sie müssen operieren und schneiden dir aus Versehen in die Stimmbänder und dann ciao-adios Karriere. Was kannst du schon außer gut auszusehen und zu singen? Also ich würde das nicht auf’s Spiel setzen.“
Baekhyun fuhr sich bei ihrer Erzählung an die Kehle, zog dann aber die Augenbrauen zusammen und ging auf sein Zimmer.
„Beruhigend dass mich nicht nur Frauen hassen“, sagte sie trocken und brachte damit Suho zum Lachen.
„Du machst das schon okay so, lass dich nur nicht einschüchtern“, sprach er ihr gut zu.
Gegen 23 Uhr ging sie mit Kai auf sein Zimmer, doch natürlich gingen sie noch nicht direkt schlafen. Sie alberten herum und Skye giggelte fröhlich, als er versuchte sie zu beißen. Draußen, im Wohnzimmer, ernteten sie den ein oder anderen genervten Blick, doch Chen nahm es mit Humor und fing an ‚Can you feel the love tonight‘ zu singen.
Skye schaffte es irgendwann ihn auf dem Bett festzunageln. Sie saß auf ihm drauf und hatte seine Arme unter ihre Beine geklemmt.
„Sagst du mir, wie die anderen Assistenten waren?“
„Nein, das wäre unfair. Du wirst das schon schaffen.“ Keine zufriedenstellende Antwort. Wie sollte sie die Konkurrenz auskundschaften, wenn ihr niemand etwas sagte?
„Aber denk daran: Just looky looky, no touchy, touchy. Ich bin auf der Arbeit“, stellte sie klar. Sie wollte ernst genommen werden und nicht als liebesirrer Trottel. Kai hievte sie rum und hielt nun sie fest.
„Dann sollte ich das jetzt noch auszunutzen?“, fragte er herausfordernd.
„Kommt jemand?“, flüsterte sie und versuchte auf Schritte vor der Tür zu achten, doch der Fernseher war zu laut.
„Ehm … ich glaube nicht.“ Er stockte und ließ sich zur Seite rollen.
„Ist alles okay?“
„Ja, wir sollten schlafen gehen.“ Damit lehnte er sich zur Lampe und machte sie aus. In der Dunkelheit schaute sie rüber zu ihm. Was war gerade passiert?
Gegen 00:30 Uhr war im Wohnzimmer immer noch Highlife. In ein paar Stunden würden sie es bereuen und Skye wusste es genau. Heute war sie für die Kerle verantwortlich, also stieg sie aus dem Bett. Im Wohnzimmer fand sie noch D.O, Baekhyun, Xiumin und Chanyeol.
„Okay, ihr seid im Bett in zehn….. neun ….“
„Was passiert wenn nicht?“, fragte Baekhyun.
„Willst du das wirklich heraus finden?“, fragte Skye zurück. „Acht … Sieben …“
Chanyeol sprang auf, ebenso D.O.
„Sie ist von Mia erzogen, ich will es nicht herausfinden“, kam es von Xiumin, der bei ‚Vier‘ aufstand und Baekhyun mit sich zog. Wieso war der eigentlich so auf Krawall gebürstet?
Skye atmete tief durch, als dann alle weg waren. Sie blieb aber noch ein paar Minuten und ging durch die Wohnung, um zu hören, ob wirklich überall Ruhe war. Bluffen ließ sie sich nicht!
Schließlich schlich sie sich zurück ins Bett.
„Hast du gut gemacht“, murmelte Kai und hob die Decke hoch.
„Was ist mit Baekhyun?“
„Er ist wie er ist.“
In dieser Nacht träumte sie ziemlich verwirrte Sachen. Sie war bei Noah und hatte ihn gefragt, mit was er sein Geld verdiente. Er hatte sie gefragt, ob sie das wirklich wissen wollte und war dann mit Skye in den Keller gefahren. Dort fand die Amerikanerin eine Einhorn Zucht! Ungefähr 300 Einhörner standen in kleinen Boxen.
„Aber, was tust du mit ihnen?“, hatte sie ihn gefragt.
„Weiterverarbeiten. Aus den Haaren machen wir Extentions und aus den Hörnern wird Glitzerstaub. Die Hufe verkaufen wir als Glücksbringer und der Rest kommt zum Schlachter“, sagte er ganz gelassen.
„Was?!“ Skye war völlig fertig mit den Nerven.
„Aber das kannst du doch nicht machen! Das sind Einhörner!“
„Weißt du wie viel für Einhornpulver bezahlt wird?! Das dreifache von Diamanten! Und sie schmecken gut. Das Steak, was du gestern hattest, das war Einhorn gewesen.“
„Nein!“ Oh Gott! Sie hatte ein Einhorn gegessen!
„Doch und du hast gesagt es hat sehr gut geschmeckt.“
„Neeeeeeeeeeein!“
In diesem Moment klingelte der Wecker und Skye fühlte sich doppelt verwirrt. Sie machte den Wecker aus und setzte sich einen Moment auf. Was ein Traum! Noah würde nicht mit Einhörnern handeln – oder doch? So ein Quatsch.
Die Kette des Weckens war ziemlich einfach. Skye weckte Kai, der weckte Suho, der weckte alle andern. Niemand hatte gesagt, dass es einfach wäre Leader zu sein.
Kurz vor 5 Uhr kam dann auch Youngjun und schaute Skye überrascht an.
„Hast du hier geschlafen?“ Da war etwas Vorwurfsvolles in seiner Stimme.
„Ehm … ja.“
„Sie hat uns Tipps für’s Packen gegeben und geschaut, dass wir alle früh genug ins Bett gehen“, erklärte Kai, da Skye offensichtlich ihr Sprachtalent vergessen hatte.
„Oh, sehr gut“, lobte er und Skye lächelte. Voll Unterstützung vom Freund! Yay!
Der Manager hatte Frühstück mitgebracht und stellte es auf den Esstisch. Skyes Magen konnte um diese Uhrzeit noch keine feste Nahrung aufnehmen und so begnügte sie sich mit einem Kaffee.
„Sag mal Skye, gibt es in Okinawa Haie?“, fragte D.O.
„Oh ja, natürlich“, sagt sie so dahin, wurde blitzartig von neun Paar Augen getroffen.
„Also … es ist Meer und im Meer leben Haie. Aber unter uns, vom Hai gefressen zu werden ist die Deluxe Variante. Du brauchst keinen Hai um getötet zu werden. Es gibt Kegelschnecken, Steinfische, Korallenwelse, Drachenköpfe und so klitze-kleine Irukandji Quallen – eine Berührung und je nachdem wie weit die medizinische Versorgung entfernt ist und das war’s. Wobei die Qualle bisher nur in Australien gesichtet wurde, aber hey, es ist Wasser, im Prinzip kann sie überall sein.“
Kennt ihr diese Stille, von der es heißt man könnte eine Nadel fallen hören? So eine Stille hatte sich im Dorm ausgebreitet. Kai war der Erste der die Stille durchbrach und anfing zu lachen, Chen folgte kurz darauf.
„Gut das du kein Motivationstrainer geworden bist!“, sagte er lachend.
„Was? Ihr seid erwachsen, soll ich euch erzählen, dass das Meer voller süßer Wesen ist, die gemeinsam singen und tanzen?!“ Und BAM, Soundtrack von Arielle! Unter dem Meer, unter dem Meer, da wo das Wasser besser und nasser …
„Hyung, ich will nicht nach Okinawa“, flüsterte Sehun seinem Manager zu.
„Skye, aufmunternde Worte“, forderte er.
„Uhm … okay … ja, also Haie essen gar keine Menschen.“
„Ach und wieso gibt es immer wieder Berichte über Menschen, die vom Hai angegriffen worden sind?“, wollte Baekhyun wissen.
„Angegriffen, nicht gefressen. Und als Angriff gilt auch nur vom Hai berührt worden zu sein, was in meinen Augen ziemlich überzogen ist. Haie sind faul. Punkt. So wie die Menschen heut zu Tage gerne zu Burger King gehen, anstatt selbst zu kochen, frisst der Hai gerne das was schon tot ist oder leicht zu erlegen. Fische die tot sind schwimmen an der Wasseroberfläche und Robben ebenso, die sind zwar nicht tot, aber leicht zu fangen. Haie sind fast blind, sie sehen sehr schlecht – was die Hälfte von euch nachvollziehen sollte“, das war keine Beleidigung, sondern eine Feststellung, die meisten von ihnen hatten eine Brille. „Wenn der Hai also nach oben schaut und dort etwas großes, unförmiges rumschwimmen sieht, dann denkt er es ist tot oder eine Robbe. Und dann stellt es sich aus Versehen als Mensch heraus. Der Hai beißt rein, eben weil er schlecht sieht und auch nicht mit Flossen ein Iphone bedienen kann, um ‚Mensch‘ zu googlen und stellt dann fest: schmeckt nicht. In der Regel beißt der Hai nur einmal zu, es sei denn es ist ein doofer Hai, dann braucht er vielleicht einen zweiten Biss, aber dann lässt er ab vom Menschen. Das Problem ist, dass die Verletzungen oft zu schwer sind, als das man den Menschen retten könnte, bis die medizinische Versorgung eingetroffen ist. Aber dafür kann der Hai ja nichts – der hatte nur Hunger … was mehr als die Hälfte von euch nachvollziehen sollte.“
Erst wieder Schweigen und dann redeten wieder alle durcheinander.
„Hyung, müssen wir da wirklich hin?“, fragte nun auch Xiumin. Skye würde ihnen gerne sagen, dass es noch zu kalt wäre für Haie, aber das wäre gelogen, Haie, vor allem die großen, mochten kaltes Wasser.
„Skye! Hilfe!“
„Hey, denkt immer daran, jedes Jahr werden ungefähr nur 10 Menschen durch Haibisse getötet. Das Mosquito mit seinen Krankheiten, die es überträgt, hat sage und schreibe zwischen 750.000 und 1,2 Millionen Menschen auf dem Gewissen. Jährlich.“
Nun stockten die Sänger.
„Gibt es auf Okinawa Mosquitos?“, fragte Suho.
„Ich verweigere die Aussage“, sagte Skye. Alles was sie jetzt sagte, würde sie nur weiter rein reißen.
Auf dem Weg zum Flughafen war das Thema immer noch nicht durch.
„Was ist der größte Hai, mit dem du getaucht bist?“, fragte sie Kai.
„Mit dem weißen Hai, in Südafrika.“
Baekhyun fing an zu lachen.
„Ja, sehr mutig sich in einen Käfig an ein Boot zu hängen.“
„Nein, das habe ich nicht gemacht. Die Käfige verändert das natürliche Verhalten, weil der Hai nicht weiß was es ist. Ich wollte die weißen Haie in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Es gibt einen Taucher, der ohne Käfig runter geht und bei dem war ich, eine Woche und jeden Tag sind wir mit den großen Weißen getaucht und sie sind toll, schau, hier ist ein Video.“
Skye reichte ihm ihr Handy mit einem Video. Die anderen Jungs versuchten auch etwas zu sehen. Die Amerikanerin winkte in die Kamera und dann drehte sie sich zu vier Weißen Haien. Und so schnell wurde man zur Heldin von EXO. Außer Beakhyun vielleicht, dem waren die Worte in der Kehle stecken geblieben. Die anderen hatten unzählige Fragen und hingen an ihren Lippen, als sie erzählte.
Am Flughafen angekommen waren trotz der frühen Uhrzeit schon Fans versammelt um EXO eine gute Reise zu wünschen. Der Flughafen Gimpo war recht überschaubar. Die Sicherheitsmänner des Flughafens hatten einen Gang für die Band gebildet. Sie winkten fröhlich in die Kameras und posten für die Fans. Youngjun ging voraus, während Skye das Schlusslicht bildete. Ihr Gepäck war vom Van aus direkt zum Check-In gebracht worden, so dass sie direkt zur Passkontrolle durchgehen konnten.
„Was willst du damit sagen du hast deinen Pass nicht?“, fragte Youngjun Baekhyun und er hörte sich nicht erfreut an.
„Ich habe meinen Pass auf den Tisch gelegt, weil ich dachte Skye würde die Pässe einsammeln“, erwiderte der Sänger mit einem Schulterzucken.
„Das machen wir schon lange nicht mehr, ihr seid alt genug um selbst an eure Pässe zu denken. Du willst mir jetzt nicht erzählen, dass der Pass noch zu Hause liegt?!“ Youngjun sprach ruhig, aber es war nicht zu überhören, dass er genervt war.
„Ich hab seinen Pass“, sagte Skye und zog ihn aus der Jackentasche. Baekhyuns schaute sie mit großen Augen an. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.
„Ich wünsche mir, dass er sich verletzt. Nichts lebensbedrohliches oder etwas, was seine Karriere zerstört, nur irgendetwas, was richtig, richtig weh tut“, flüsterte Skye Kai zu. Der lachte und legte den Arm um ihre Schultern.
„Bisher schlägst du dich gut.“
„Ja und Baekhyun ist wie Bowser.“
Im Flugzeug waren die meisten noch mal eingeschlafen. Kai und Skye saßen nebeneinander, doch auch sie dämmerten auf dem 2 Stunden Flug noch mal weg.
Sie landeten in Okinawa ohne großes Aufsehen. Ein paar Fans waren da, doch Okinawa war auch nicht groß und vom Festland würden keine Fans einfliegen, nur um EXO am Flughafen zu begrüßen. Die Fahrt zum Drehort war etwas mehr als eine halbe Stunde. Zwei Manager des Unternehmens hatten sie am Flughafen in Empfang genommen und erklärten Youngjun und Skye den Ablauf. Es würde Einzelaufnahmen geben und Gruppenaufnahmen, sowohl als Foto, als auch als Video. Der Strand war eine Privatbucht, dort gab es nur ein Haus, das von der Firma angemietet worden war. Dort konnten sie sich ausruhen und umziehen.
„Was ist zu Essen geplant?“, fragte Skye auf Japanisch. Das wusste der Manager nicht so genau und rief einen Assistenten an, der Skye dann erklärte, was geplant war.
„Wichtig ist Salat und es soll immer eine Suppe bereitstehen, eine Gemüsesuppe oder Nudelsuppe, nicht zu scharf und nicht zu viel Knoblauch und auch nicht zu viel Öl an sich. Und nichts was schwer im Magen liegt, lieber Fisch oder Meeresfrüchte oder Hühnchen. Und wir brauchen etwas Süßes, Kuchen, keine Torte, Kuchen. Und Bademäntel. Lange Bademäntel.“
Einer der Manager sprach Koreanisch und übersetzte für Youngjun, der nur Brocken verstand. Zufrieden gab Skye das Telefon zurück.
Das Grundstück war ein Traum. Das Wasser war blau, der Himmel war blau und es war reine Körperbeherrschung, dass Skye nicht direkt runter zum Wasser rannte. Sie liebte das Meer und sie merkte jetzt, wie sehr sie es vermisst hatte. Den Geruch, die Brise, die unendliche Weite.
„Skye?“
Kai stand hinter ihr, doch sie hatte ihn nicht gehört.
„Huh?“
„Schön, nicht?“ Er umarmte sie von hinten und legte seinen Kopf auf ihre Schulter.
„Wunderschön“, erwiderte sie und genoss den Moment.
„Wieso ist dein Koffer eigentlich so schwer?“
„Ich hab Blei dabei.“
Kai fing an zu lachen. Wer nahm Blei mit?!
Während die Sänger in der Maske waren erzählte Skye einem der Manager, dass sie ihre Unterwasserkamera dabei hatte und er war begeistert und schlug vor, dass sie mit den Jungs Bilder unter Wasser machen konnte. Dann fiel ihm ein, dass er erst eine Tauchausrüstung besorgen müsste, doch die Amerikanerin erklärte, dass sie keine bräuchte. Youngjun grinste.
„Was?“, fragte sie.
„Immer für eine Überraschung gut“, erwiderte er.
Als erstes waren die Fotos dran. Hier konnte man die Sänger tatsächlich noch stylen. Später im Wasser war es vorbei mit Styling. In ihrem Kopf legte sich Skye zurecht, dass sie Werbung für Venus, den Rasierer machten. Das machte das Shooting um einiges witziger.
Sie hatten eine gute Zeit am Strand, doch als Skye sah wie sie in den Pausen tatsächlich die Mützen aufsetzen, konnte sie nicht anders als zu grinsen.
„War das deine Idee?“, fragte Youngjun und deutete zu Xiumin und D.O die mit ihren Mützen und dem Bademantel am Strand saßen.
„Jup.“
„Die Stylisten hassen dich.“
„Lieber die, als die Fans, wenn sich einer von ihnen erkältet.“
„Da hast du Recht.“
Richtig lustig war es, als sie das erste Mal ins Wasser sollten. Skye hatte schon ihren Badeanzug an und würde sich gleich aufwärmen, doch vorher sollten die Jungs ins Wasser. Chen stand bis zur Hüfte im Wasser und schlotterte. Chanyeol hatte angesetzt ins Wasser zu rennen und war nach ein paar Metern wieder umgekehrt.
„Wenn man einmal drin ist, ist es nicht mehr so schlimm“, rief sie ihnen zu, doch erntete damit nur skeptische Blicke. Skye rollte die Augen und rannte ins Wasser. Endlich. Sie tauchte ein in das nasse Blau und ja, es war kein tropisches Wasser, aber sie waren auch in Japan und nicht in der Südsee. Es war wirklich okay.
„Na wo bleiben meine Mädchen?“, rief sie vom Wasser aus und winkte.
Kai nahm Anlauf und folgte ihr, tauchte ein und wieder auf – er könnte bei Baywatch mitspielen.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis alle im Wasser waren. Skye hatte sich ihr Equipment geholt und ging auf Tauchgang. Zuerst setzte sie sich einfach in den Sand, sie war vielleicht drei Meter tief. Sie liebte das. Die Geräusche des Meeres, wie das Licht tanzte und sie die Wellen von unten sah. Hier war sie Zuhause.
Sie hatte oft darüber nachgedacht, dass wenn sie irgendwo sterben wollte, dann im Meer. Sie würde einfach sinken und niemand würde sie finden. Allerdings war kein Weg unter Wasser zu sterben wirklich nett. Ertrinken war nicht nett. Wenn man plötzlich keine Luft mehr hatte und der Atemregler blockierte, war das auch nicht nett. Ab 50 Meter wurde Luft toxisch. Nicht sofort, aber irgendwann würde es zu einer Sauerstoffvergiftung kommen. Man bekam Zuckungen. Auch nicht nett. Als Freitaucher konnte man noch darauf hoffen, dass man bewusstlos wurde und nicht mitbekam wie man ertrank, doch Skye war sich nicht sicher, ob sie dieses Risiko eingehen wollte.
Youngjun stand am Strand und schaute nervös auf die Uhr. Wie lange konnte dieses Mädchen unter Wasser bleiben?!
„Ist sie okay?“, fragte der andere Manager nervös.
„Das hoffe ich.“
Schließlich tauchte Skye auf und die beiden Männer schnauften erleichtert.
Sie schoss mehrere Bilder, einmal hatten die Sänger eine Tauchermaske auf, einmal nicht und sie sollten die Flasche von ‚Power Iso‘ repräsentativ in die Kamera halten. Aller Anfang ist schwer und Skye gab ihnen verschiedene Tipps, wie sie posieren sollten.
Nach einer Stunde im Wasser waren alle durchgefroren. Skye taucht auf, setzte die Maske ab und wollte sich die letzten Bilder ansehen.
„Achtung Skye!“, rief Baekhyun und sie sah nur aus den Augenwinkeln, wie etwas auf sie zugeflogen kam. Es war ein Reflex, ein dummer Reflex. Sie zog den rechten Arm hoch, um sich zu schützen, weil ihr Hirn noch nicht begriffen hatte, dass es nur ein Wasserball war. Am rechten Arm war jedoch die Kamera mit einer Schlaufe fest gemacht und die Kamera, samt Gehäuse knallte ihr gegen das Jochbein. Plötzlich sah Skye nur noch Vögelchen und vergas mit den Beinen zu treten. Sie hatte vier Kilo Blei an sich hängen und sank. Ohnehin würden zwei Kilo Blei bei ihr reichen, doch sie mochte es nicht so mit den Wellen zu schunkeln und hatte lieber ein, zwei Kilo zu viel dabei.
Suho war am nächsten an ihr dran und tauchte ab. Gemeinsam tauchten sie auf.
„Skye, ist alles okay?“
„Au“, sagte sie nur und tastete mit den Fingern unter ihrem rechten Auge. Gebrochen war nichts, doch sie befürchtete dass es blau werden würde.
Als sie am Strand ankamen, standen Baekhyun, Chanyeol und D.O zusammen.
„Halt das“, sagte sie zu Suho und drückte ihm die Kamera in die Hand, bevor sie auf Baekhyun zustürmte.
„What’s you problem asshead?!“ Sie schubste ihn mit beiden Armen und er fiel rückwärts in den Sand. Kai war da und hielt sie zurück.
„Komm, es war ein Unfall.“
„Accident my ass. Like the passport? You better watch you back, pal, because one day you might be a victime in a hit&run and I’ll be running over and over you and the last thing you gonna hear is me laughing!“ Damit drehte sie sich um und stampfte ins Haus. Der Job war ihr egal. Wie sollte man mit so einem Monster klar kommen? Baekhyun! Wer nannte sein Kind überhaupt Baekhyun? Als hätte man erwartet dass er die Wiedergeburt des Teufels war!
Der ganze Vorfall führte zur Mittagspause. Skye hatte sich in einer der neun Schlafzimmer verzogen und lag mit einem Eispack auf dem Auge auf dem Bett. Wenn Skye ein übernatürliches Wesen wäre, dann wäre sie ein Werwolf. Sie würde sich verwandeln und einfach jedem die Kehle rausreißen, der ihr auf die Nerven ging.
Sie hörte wie sich die Tür öffnete.
„Ich hab dir Suppe gebracht“, hörte sie Kai und setzte sich auf. Er begutachtete ihr Auge und fing an zu lachen.
„Tut … tut mir leid“, sagte er, lachte aber weiter, bis Skye mitlachte.
„What’s so funny?“
„Du siehst so badass aus!“
„Har har.“
„Nein, ernsthaft, mit dir wird sich keiner anlegen.“
Noch gestern hatte sie es geschafft drei Kerle und mit einem Baseballschläger in die Flucht zu schlagen und heute ließ sie sich von einem Wasserball ausknocken. Super.
Sie drehten noch bis 15 Uhr und danach hatten die Jungs noch eine Stunde Freizeit, bevor es zurück nach Seoul ging. Skye saß am Strand, ohne Eispack, das sah doof aus. Youngjun setzte sich zu ihr.
„Geht es dir wieder besser?“ Als Antwort schaute Skye einfach nur zu ihm. Es war eine leichte Schwellung, aber inzwischen war es blau und morgen würde es noch schlimmer aussehen.
„Sorry“, sagte er nur und schaute zu seinen Schützlingen.
„Baekhyun ist nicht gut mit neuen Leuten – das entschuldigt natürlich nicht sein Benehmen.“
Die kleine Fee, in Skyes Kopf, die ständig high von Spacecookies war, flüsterte ihr zu, dass es eines Tages für irgendetwas gut wäre. Wenn sie mal keine Lust mehr hatte Assistentin zu sein, könnte sie sich für ähnliche Jobs bewerben. Kindergärtner. Katastrophenschutz. Interstellare Kommunikation.
Die beiden wurden unterbrochen, als jemand schrie. Dieser jemand war Baekhyun. Youngjun und Skye rannten runter zum Strand, als der Sänger, von Suho gestützt aus dem Wasser kam.
Bitte ein Feuerfisch, betete Skye. Feuerfische brachten nicht um, aber sie taten höllisch weg.
„Was ist passiert?“, fragte Youngjun.
„Ich bin ins Wasser gesprungen und irgendwie falsch aufgekommen“, erklärte Baekhyun mit zusammengebissenen Zähnen. Seine Schulter hing komisch. Sie legte grinsend den Kopf zur Seite. Eigentlich hatte sie kein gutes Verhältnis zu Karma, doch heute schien Karma ihr eine helfende Hand zu reichen.
„This day just gotten a lot better. Die Schulter ist nicht richtig. Ich kann das einrenken.“
Sie kniete sich zu ihm, doch Baekhyun rutsche vor ihr weg.
„Geh weg von mir.“
„Ich war Rettungssanitäter und Turner, ich kann das einrenken.“
„Niemals!“
„Okay … tut ganz schön weh, was? Zu schade. Einrenken tut kurz weh, aber dann wird es besser, aber hey, wenn du nicht willst.“
Der Sänger schnaufte und zuckte unter dem Schmerz.
„Okay.“
„Okay!“, rief Skye fröhlich. „Holt schon mal Eis. Und er muss trotzdem ins Krankenhaus zum Röntgen, nicht das etwas mit dem Knorpel ist.“
Alle schwärmten aus, nur Suho und Kai blieben bei den beiden. Suho um seinen Bandkollegen beizustehen und Kai um sicher zu sein, dass Skye Baekhyun nicht aus Versehen den Arm aus riss. Sie legte ihn hin und brachte den Arm in Position.
„Bereit? Auf drei… zwei …“
„Nein, nein, stopp, stopp!“ Baekhyun stand die Panik im Gesicht.
„Stell dich nicht so an oder soll ich dich von heute an Babykhyun nennen?“
„Besser als Blauauge.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, renkte Skye ihm die Schulter ein und er schrie auf und Tränen liefen ihm über’s Gesicht.
„Glaube mir, mir hat das mehr weh getan als dir“, sagte Skye mit einem zuckersüßen Lächeln.
Natürlich verpassten sie ihren Flieger. Bis Baekhyun, Youngjun und einer der anderen Manager im Krankenhaus waren, war es schon zu spät um an den Flughafen zu fahren. ‚Power Iso‘ hatte geklärt, dass sie über Nacht in dem Haus bleiben konnten und so machten sie es sich gemütlich.
Die Sonne war inzwischen unter gegangen und Skye hatte in einer ruhigen Minute mit Jiyong telefoniert und ihm von ihrem Tag erzählt.
„Blaue Augen stehen dir bestimmt auch gut.“ Jiyong war da zuversichtlich.
„Meinst du ich sollte das andere auch noch schlagen, damit es einheitlich ist?“
„Wenn du das machst, nenne ich dich Panda, das ist dir klar?“
Skye lachte fröhlich und sah Kai in der Tür stehen.
„Okay Puddin, die Pflicht ruft.“
„Wir sehen uns Morgen.“
Dann legten sie auf.
„Youngjun hat angerufen. Sie fahren bald los und bringen dann etwas zu Essen mit“, berichtete Kai und streckte die Hand nach ihr aus.
Er führte sie raus, in Richtung Meer. Auf halbem Wege hing eine Hängematte zwischen den Bäumen. Kai hatte sie mit einem Kissen und einer dicken Decke ausgestattet. Sie kuschelten sich hinein. Nachts wurde es doch recht kühl, aber Skye hatte ja ihre lebende Heizung dabei und die Decke half auch. Sehnsüchtig schaute sie raus zum Meer. Es war fast Vollmond und es war eine wolkenlose Nacht.
„Du magst das Meer wirklich“, stellte er fest und spielte mit ihren Haaren. Als Antwort fing sie an ‚How far I’ll go‘ aus Moana zu singen bis zum Refrain.
„Ich mag es wenn du singst.“
„Warte, ist das nicht mein Text?“, fragte sie grinsend. Schließlich war er der Sänger.
„Nein, ich bin dein Fanboy.“
„Mein einziger.“
„Nur weil du vor niemand anderen singst.“ Kai wusste gar nicht wie besonders es war, dass sie in seiner Anwesenheit sang. Noch nicht einmal Jiyong wusste, dass sie singen konnte.
„Tut mir wirklich Leid mit deinem Auge. Dann müssen wir das Interview wohl verschieben.“
„Was für ein Interview?!“
„Mein Fanclub hat um ein Videointerview gebeten. Es ist nicht live, sie schicken die Fragen und wir nehmen ein Video auf.“
„Zusammen?“
„Ja ‚wir‘ bedeutet zusammen.“
Wow. Kpop Fans waren wirklich offener geworden. Oder sie wollten nur Teil haben. Skye wusste nie genau, was sie eigentlich wollten. Als Sungmin seine Frau geheiratet hatte, hatten sich die Fans beschwert dass er sie nicht daran hat teilhaben lassen. Bei anderen Idols beschwerten sich die Fans, wenn sie zu sehr in der Öffentlichkeit waren und auf die verrückte Idee kamen, öffentlich ihre Zuneigung zu zeigen.
Eine Weile lagen sie zusammen in der Hängematte. Skye spielte gedankenverloren mit seiner Hand. Sie genoss es, dass sie bei ihm nicht immer Worte brauchte. Mit Jiyong unterhielt sie sich oder sie fielen übereinander her. Sie hatte immer das Gefühl die Stille zwischen ihnen zu füllen. Nicht bei Kai. Gut, vielleicht war er auch eingeschlafen.
„Skye?“ Ah, doch nicht.
„Huh?“ Sie drehte sich zu ihm und ihre Lippe berührten sich. Ihre Körper reagierten wie von alleine aufeinander. Skye vergrub ihre Hände in seinen Haaren und er hielt sie fest in seinem Griff. Sie spürte sein Herz wie wild pochen – oder war es ihr eigenes?
„Essen!“, rief Suho von der Terrasse und als das Paar sich trennte, waren beide schwer am Atmen.
„Ich habe das Auto gehört und wusste, dass sie uns gleich holen“, rechtfertigte er sich.
„Wie machst du das?“ Skye war anscheinend taub.
„Spinnensinne“, erwiderte er grinsend.