Changmin war easy going und Skye konnte gut mit ihm reden. DBSK waren Legenden und wenn sie überlegte, wie jung er damals noch war, war es Wahnsinn, dass er nicht alkoholsüchtig war oder Drogen nahm oder sich das Leben genommen hatte. Sie wusste nicht, ob sie mit derart Stress umgehen könnte. Doch wenn man ihn privat sah, dann konnte man fast vergessen wer er war. Bei Jiyong hatte sie das nie vergessen oder er hat es sie nie vergessen lassen, weil er die meisten Zeit diese Maske namens G-Dragon trug. Bei Kai war es anders und auch bei Changmin. Sie schauten ‚The Fast & Furious‘ Teil 1 und beschlossen jetzt ein Film-Ding daraus zu machen.
Skye schaute nicht auf die Uhr, als Kai zu ihr ins Bett kam.
„Hey“, murmelte sie müde und ließ sich in seine Arme ziehen.
„Tut mir wirklich leid“, sagte er und küsste ihren Hals.
„Schon okay.“ So im Halbschlaf war sie nicht für große Worte. Kai zog ihr das Shirt aus und zog sie wieder zu sich. Erst jetzt registrierte sie, dass auch er nur seine Boxershorts trug. Sie wollte etwas sagen, da ertrank sie in einem Kuss. Sie schmeckte Zigaretten und Whiskey, nein, heute Nacht würde ‚es‘ nicht passieren, was aber nicht hieß, dass sie keinen Spaß haben könnten – ein wenig zumindest.
Er ging anders mit ihr um, leidenschaftlicher, fordernder und das zog auch nicht spurlos an Skye vorbei. Für einen Koreaner ging das trotzdem alles recht schnell. Andererseits ging es von Anfang an recht schnell, seit man sie zum Paar gemacht hatte. All das lag gerade einmal drei Wochen zurück. So viel schien hier zu passieren, es war so intensiv. Der Vergleich mit Big Brother von Mia war gar nicht schlecht gewesen. Sie verbrachten alle so viel Zeit miteinander und lernten sich schneller kennen, schneller waren Gefühle im Spiel.
Am Morgen wachten sie so ziemlich zeitgleich auf und Kai zog Skye wieder zu sich. Um ehrlich zu sein genoss er es sie nackt zu spüren. Sie war warm und weich und roch immer so gut – wer würde das nicht mögen?
„Ah jagiya…“ Kai lehnte sich rüber und gab ihr einen Kuss. Jagiya war ein Kosename für Pärchen und Skye mochte es.
„Tut mir leid, dass ich mich hab entführen lassen.“
„Und man hat dich ohne Lösegeld zurück gebracht – du bist kein gutes Opfer.“
Er grinste und rollte sie zur Seite, bis er auf ihr lag, als es an der Tür klopfte.
„This just keeps happening …“
Skye schnappte sich ihren Morgenmantel und ging runter zur Tür.
„Guten Morgen, hast du Kai gesehen?“ Es war Chen, gut gelaunt um 8 Uhr morgens, wie Skye auf dem Weg zur Tür an Hand der Uhr am Backofen herausgefunden hatte.
Sie öffnete die Tür ganz und Chen sah Kai in seiner Boxershorts oben im Schlafzimmer stehen.
„Oh.“ Chen merkte wohl, dass er hier in etwas gestolpert war.
„Hey! Ich hätte nackt sein können!“, beschwerte sich Kai und zog sich sein Shirt an.
„Ernsthaft, du willst mir sagen, dass ihr euch noch nicht gegenseitig nackt gesehen habt?“
Heute hatte Skye einen Tag mit den Stylisten. Für die gemeinsamen Auftritte der Band wurden die Klamotten aufeinander abgestimmt und jede Show benötigte ein anderes Outfit. Manchmal leger, manchmal sexy, es kam immer auf das Programm an und die Stylisten von SM Entertainment hatten in der Hand, wie die Idols aussahen.
Mimi war EXOs Haupstylistin und wurde von zwei Assistenten unterstützt, Neyo und Leah. Also ‚Künstlernamen‘. Mimi hatte schon mit SHINee und SNSD gearbeitet und war lange bei SME.
„Und das ist der EXO-Raum.“
Sie öffnete eine Tür im Keller. Skye sah einige Kleiderständer, die ein großes Schild mit Datum und Show hatten und die einzelnen Kleiderbügel hatten die Namen der Sanger. Hier ging es nicht nur um Klamotten, sondern auch um Schuhe und um Schmuck und Accessoires wie Kappen und Schals. Skye stellte sich das unheimlich anstrengend vor, da jeder einen eigenen Charakter hatte.
„Wir haben Schneider, die einige Bühnenoutfits machen, vor allem für die Konzerte, ansonsten schicken uns Klamottenmarken Sachen zu und wir entscheiden, ob sie passen oder nicht und wem sie passen und manchmal stürzen wir uns ins wirkliche Leben und gehen shoppen“, erklärte Mimi und zeigte Skye zwei Show-Outfits, denen noch der letzte Touch fehlte.
„Ist es nicht schwierig den Label Vorgaben zu folgen und dazu noch den persönlichen Stil des Künstlers zu treffen?“, fragte Skye, die sich das ziemlich schwierig vorstellte.
„Ja, danke … endlich mal jemand der unsere Arbeit zu schätzen weiß. Viele Leute sagen ‚Aha, ihr geht shoppen, ist ja spannend‘, aber es ist viel mehr als das. SME hat für jeden Künstler eine Rolle zu erfüllen. D.O und Chen sind mehr die Klassiker, sie sollen nicht so durch bunte Farben und Muster herausstechen, um den Fokus auf ihrem Talent zu halten. Bei Chanyeol und Kai können wir uns etwas austoben. Jeder von ihnen hat Marken, die er gerne trägt und wir versuchen das zu berücksichtigen. Sie sind ja nicht nur Sänger, sondern auch Trendsetter und Vorbilder. Wir haben viel Zeit mit den Managern und der Band verbracht, um sie kennen zu lernen und ihren Stil auszuloten. Manchmal ist das gar nicht einfach“, erzählte Mimi und Skye konnte das nachvollziehen. Sie würde sich nicht zutrauen die Jungs einzukleiden in der Hoffnung, dass es sowohl den Managern, als auch der Band gefallen würde.
„Auch was ihre Haare betrifft, ihr Make Up oder wenn sie sich ein Ohrloch stechen lassen sind wir im Spiel, weil es ins Konzept passen muss. Individuelle Wünsche werden berücksichtig, können aber nicht immer umgesetzt werden. Normalerweise sprechen wir uns viel mit Youngjun ab, da du noch neu bist, hat er uns hier freie Hand gelassen was die nächsten Monate betrifft, aber ich dachte mir, dass es für dich vielleicht interessant wäre zu sehen wie wir arbeiten und wenn du den Dreh raushast, dann kannst du gerne mitentscheiden“, meinte Mimi weiter. Die Assistentin fand das fair, wie gesagt im Moment würde sie sich nicht zutrauen hier Entscheidungen zu treffen, aber sie fand es an sich unheimlich interessant.
„Wir haben hier zwei Outfits. Das eine ist für eine Late Night Show und das andere für eine Game Show. Du siehst den stilistischen Unterschied. Bei der Game Show werden sie auch tanzen und andere Spiele machen, daher müssen die Sachen praktisch sein. Hier können wir mit Farben arbeiten, mit Kappen oder Stirnbändern und Turnschuhen. Bei der Late Night Show sind sie klassisch angezogen, mit Hemden oder Shirts und Jacketts. Hier können wir ihnen mehr Schmuck anziehen. Großteils bekommen wir Schmuck als Leihgabe, wie teure Uhren oder Armbänder. Manche Outfits sind nur für Shows gedacht, aber vieles nehmen sie mit nach Hause“, meldet sich nun Leah.
„Ah, das erklärt die Fülle der Kleiderschränke“, sagte Skye und brachte die Stylisten zum Lachen.
„Ja, in all den Jahren sammelt sich vieles an. Deswegen macht Mia auch oft Versteigerungen, um wieder Platz in die Kleiderschränke zu bringen.“
Heute würden sie draußen shoppen gehen, rund um Hongdae. Dort gab es viele kleine Boutiquen mit coolen Sachen und Skye durfte mit.
Die Amerikanerin kam sich vor wie eine Undercover Agentin – Skye Jones, den Trends auf der Spur. Es dauerte nicht lange, da fing sie an in Rastern zu denken. Wenn sie sich umschaute, sah sie nur Sehun, Suho, Kai oder einen der anderen und sie fragte sich ständig ob dies oder jenes zu dem oder zu dem passte. Die drei Stylisten brauchten fast keine Worte, wenn Neyo etwas hochhob nickte Leah schon und sie dachten an den gleichen Sänger – schließlich konnten sie ja nicht quer durch den Laden rufen ‚Das würde Beakhyun stehen‘.
Obwohl sie nur vier Stunden unterwegs waren, fühlte Skye sich wie nach einem Marathon. Schon bei der Fahrt zurück zu SME war sie im Wagen eingeschlafen und die drei Stylisten ließen sie in Ruhe.
In der Akademie fand sie Kai im Studio und er winkte, als er sie sah.
„Wo warst du den ganzen Tag?“, fragte er und zog sie zu sich.
„Shoppen für euch. Ich war mit den Stylisten unterwegs.“
Sie fühlte sich immer noch total geschafft. Sollte einer sagen, einkaufen wäre nicht Hochleistungssport. Kai wollte ihr unbedingt einen Song zeigen und sie setzte sich die Kopfhörer auf, weil der Sound damit besser war. Kai schaute sie mit großen, erwartungsvollen Augen an, doch Skye verzog das Gesicht.
„Was? Was ist los?“
Da fing Skye an zu lachen.
„Just kidding, it’s dope!“
Es hatte einen guten Beat und es ging darum, wie man oft in eine Schublade gesteckt wurde und wie schwierig es war dort rauszukommen. Es war R&B angehaucht und man kaufte ihm den Text ab. Skye fand es wirklich gut.
Um den Song zu feiern, lud er sie zum späten Mittagessen ein und nahmen Chen, Chanyeol und Sehun mit, die gerade aus dem Fitnessstudio kamen. Um die Ecke gab es einen Thailänder und die Gruppe wurde fröhlich begrüßt.
„Hast du sie schon gefragt?“
Skye schaute skeptische von Chanyeol zu Kai.
„Nein, noch nicht.“
„Was gefragt?“ Sie hasste es, wenn andere so taten, als wäre sie nicht anwesend.
„Kai lässt sich am Montag die Augen lasern“, begann Chen zu erzählen.
„Du lässt was?“ Das war das erste Mal, dass Skye davon hörte. Noch nicht mal in seinem Terminkalender stand etwas davon.
„Es ist ein kleiner Eingriff, ich möchte nicht mehr auf Kontaktlinsen angewiesen sein“, erklärte Kai sehr ernst und es hörte sich so an, als würde er darüber keine Diskussion zulassen. Wahrscheinlich hatte er schon diverse Diskussionen geführt. Skye verstand wieso Leute das machen ließen. Sie selbst brauchte keine Kontaktlinsen, nur wenn sie große Kulleraugen haben wollte, dann holte sie sich Circle Lenses. Beim ersten Mal war es ein Desaster gewesen. Für jemand, der es nicht gewohnt war, sich Sachen ins Auge zu stecken, war die ganze Prozedur erschreckend. Eine Freundin von Skye hatte versucht es ihr beizubringen und war fast vor Lachen gestorben. Mittlerweile hatte die Amerikanerin ganz gut den Dreh raus – wenn sie einen Spiegel hatte.
Wenn sie an seiner Stelle wäre, wären ihr die Risiken wahrscheinlich auch egal. In der Regel war es eine kleine OP, die ohne Komplikationen verlief.
„Wie lange ist die Genesung?“, fragte Skye. Schließlich würden sie am Freitag für die EXO Tour nach Singapur fliegen.
„Ach … ein Tag.“
„Genau darüber wollten wir mit dir reden“, mischte sich Chen ein und schielte zu Kai.
„Er soll sich drei Tage schonen und da wir ihn kennen, wollten wir fragen, ob du auf ihn aufpassen könntest. Sonst springt er abends schon wieder im Training umher.“
Kai winkte nur ab, doch Skye verstand seine Bandkollegen, da er nicht gerade der Typ war, der gerne Zuhause blieb und Däumchen drehte. Doch der erste Tag danach würde anstrengend werden, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte. Kein Handy, kein Fernseher, kein Bildschirm. Und schon verstand Skye, wieso die Kerle sie als Babysitter wollten und Skye merkte wie sie rot wurde. Sie könnte sich mit Kai beschäftigen, ohne all diese Sachen.
Heute war Idol-Day in einem Kinderkrankenhaus. Eine von Mias und Donghaes Wohltätigkeitsorganisationen organisierte jeden Monat eine Band, die Kinder in einem Krankenhaus besuchte. Heute waren EXO dran und sie waren schon auf der Fahrt sehr aufgedreht. Xiumin und Suho waren im Training geblieben, aber die anderen sechs saßen im Van gemeinsam mit Skye und zwei Sicherheitsleuten, wobei das Krankenhaus ihnen auch noch Personal zur Seite stellte.
Die Organisation hatte ein neues Spielzimmer gespendet, das heute eingeweiht werden sollte. Skye fand das eine tolle Sache, doch seien wir ehrlich, Charitys hatten steuerliche Narrenfreiheit. Über so eine Organisation konnte man buchstäblich alles abschreiben. Sie wollte Mia nicht unterstellen, dass sie nicht gerne half, doch so eine Organisation brachte auch Vorteile.
Zwei Ärzte und drei Krankenschwestern begrüßten die Band fröhlich. Man hatte ihnen ein Zimmer zu Recht gemacht, mit Getränken und kleinen Snacks. Chanyeol stand in der Tür und schaute sich skeptisch um.
„Was ist mit dir?“
Skye stellte sich neben ihn und schaute sich um, in der Hoffnung, dass sie das gleiche erkannte wie er.
„Das ist wahrscheinlich so ein Zimmer, wo sie den Angehörigen sagen, dass die geliebte Person sterben wird und dass sie nichts mehr tun können. Kein gutes Juju.“
Sie schaute sich um, ja so ein Zimmer war das. Sie kannte diese Zimmer.
„Na immerhin ist es nicht das Zimmer, wo sie die Leute zum Sterben hinbringen – da wäre noch weniger Juju.“ Sie grinste ihn fröhlich an, doch Chanyeol fiel alles aus dem Gesicht.
„Du bist fies!“
„Nein, ich bin ehrlich – das verwechseln viele.“ Sie klopfte ihm auf die Schultern und ging zu den Krankenschwestern, um sie nach dem Ablauf zu fragen.
Die Kids freuten sich super über den Besuch von EXO. Skye blieb in sicherer Entfernung stehen und beobachtete vor allem Kai. Bei den anderen interessierte sie sich nicht für den Kinderwunsch, aber in Kais Kinderwunsch wäre sie im Zweifel ja mit involviert. Er ging toll mit den Kindern um und lachte fröhlich.
„Sag nicht du bekommst Muttergefühle?“ Baekhyun hatte sich neben sie gestellt und folgte ihren Blick.
„Vorher fliege ich auf die ISS, solange muss es warten.“
„Nerd…“, sagte er und rollte die Augen, bevor er sich wieder zu den Kindern gesellte. Skye mochte Krankenhäuser nicht, doch hatte sie auch Mitleid mit den Ärzten. Sie meinte ja nicht, dass Ärzte an allem schuld waren. Viele Ärzte gaben sich Mühe und konnten einfach nichts tun und vor allem bei kleinen Kindern musste das besonders hart sein.
Umso mehr Freude machte es, sie so ausgelassen zu sehen. Auch wenn sie in einem Krankenhaus waren. Trotzdem zwang Skye alle, bevor sie gingen, sich die Hände vier Minuten zu waschen und zu desinfizieren. Total genervt standen die Kerle in der Toilette.
„Ist das wirklich nötig?“, fragte Sehun.
„Wenn Ärzte sich für eine OP waschen, müssen sie auch vier Minuten schrubben. Das ist der Standard. So viel Zeit braucht es um wahrscheinlich alle Keime zu töten. Und wenn ihr euch gewaschen habt, wird auch nichts mehr angefasst.“
Chen und Kai tauschten einen vielsagenden Blick aus, doch keiner wagte es sich weiter zu beschweren. Skyes Paranoia war berechtigt und im Endeffekt machte sie sich nur Sorgen.
Kaum zurück in der Akademie, standen auch schon Mia und Donghae vor Skye.
„hast du mal zwei Minuten?“, fragte die Deutsche und Skye nickte. Für heute Abend hatten sie ein Fabrik-Meeting angesetzt, von dem keiner so genau wusste, was es damit auf sich hatte. Wahrscheinlich wollte sie deswegen etwas mit Skye besprechen. Von wegen.
Mai und Donghae saßen grinsend vor Skye und es war gruselig. Unsicher schaute die Assistentin zwischen den beiden hin und her.
„Was … kann ich für euch tun?“
„Wir sind beide sehr fotobegeistert“, begann Donghae.
„Und wir möchten Künstlern, die keine großen Verbindungen in der Szene haben oder die studiert haben, die Möglichkeit geben bekannt zu werden“, erklärte Mia.
„Deswegen eröffnen wir eine Galerie. Um neue Talente zu unterstützen“, beendete Donghae. Die zwei waren wirklich gut. Wahrscheinlich übten sie Zuhause.
„Okay“, erwiderte Skye. „Hört sich gut an.“
„Und wir wollen, dass du unser Flaggschiff bist“, erklärte Mia. Skye schenkte sich das Fishing for Compliments, indem die behauptete ihre Bilder wären gar nicht so gut – sie wusste das ihre Bilder gut waren.
„Guys, I don’t know if I have time for something like that. With EXO and their tour …“
Sie fühlte sich zwar geschmeichelt, aber es hatte einen Grund, wieso Skye keine professionelle Fotografin war. Fotografen waren immer auf der Suche nach neuen Motiven, standen nie still. Im Moment kam sie gar nicht zum Fotografieren – auch wenn das Wetter nicht gerade mitspielte. Im Sommer hatte Skye wieder ihre Kamera überall dabei, aber bei kalt und nass war es vorbei mit der Fotolust.
„Du hast doch Bilder, ziemlich viele. Du musst nicht losgehen und jetzt fotografieren, uns reicht, was du hast“, sagte Mia aufmunternd. Sie wusste wie es war Idols zu betreuen und das man teilweise gar nicht mehr wusste, wo man selbst war, weil man so oft durch die Gegend flog.
„Hast du deine Bilder in der Cloud?“, wollte Donghae wissen und Skye nickte.
Gemeinsam saßen sie vor dem Computer und Skye suchte ihnen ein paar Bilder raus. Letztes Jahr hatte sie eine Wunderkerzen-Phase gehabt. Sie hatte überall und ständig Wunderkerzen dabeigehabt, für Lichtfotografie. In Korea hatte sie zum Beispiel an der Banpo Brücke eine Langzeitbelichtung gemacht und mit der Wunderkerze ‚Seoul‘ ins Bild geschrieben. Oder oben beim Namsan Tower hatte sie ‚Namsan‘ in das Bild geschrieben. Das war gar nicht so einfach, da man spiegelverkehrt schreiben musste, damit es auf dem Bilder wieder richtig herum war. Anfangs hatte sie versucht in Hangul zu schreiben, doch das funktionierte nicht, weil man in Hangul absetzen musste, da gab es keine ‚Schönschrift‘ bei der die Buchstaben miteinander verbunden war. Also hatte sie irgendwann nur noch auf Englisch geschrieben. Bei der Ewha Universität hatte sie den großen Treppenbogen fotografiert und hatte unten in der Mitte gestanden um ‚Ewha‘ zu schreiben. Manchmal hatte sie Freund gehabt, die den Auslöser gedrückt hatten und manchmal hatte sie es mit der Canon App gemacht. Sie hatte Fotos aus Busan und Jeonu, Jinju und Daegu – wo auch immer sie gerade war. Oben auf dem Namhansanseong musste sie aufpassen, dass sie nicht durch den Lotte World Tower schrieb, sie hatte drei Anläufe gebraucht, bis sie die richtige Position innerhalb des Bildes hatte.
Mia und Donghae liebten die Bilder und waren völlig begeistert. Skye hatte die Bilder für sich gemacht. Sie wollte von jedem Ort so ein Bild machen und dann am Ende eine ganze Wand mit diesen Bildern gestalten. Sie hatte schon einige gesammelt und selbst jetzt hatte sie Wunderkerzen Zuhause – für den Fall, dass sie ihre Kamera mal wieder auspackte. Nach Singapur würde das Equipment auf jeden Fall wieder mitkommen.
Dann hatte Skye mal Milchstraßenbilder im Seoraksan Gebirge gemacht, welche auch ein Traum waren. Das Paar kam gar nicht mehr aus dem Schwärmen raus.
„Schick mir doch mal 50 Bilder in dem Nachtkonzept, ich finde die wunderbar. Wir suchen dann so 30 aus und sagen dir, was wir uns vorstellen – Große und Preise.“ Mia lächelte die Amerikanerin an und auch Skye freute sich nun irgendwie.
Um 21 Uhr war Fabrik-Treffen. Im Hof. Alle waren etwas skeptisch. Super Junior waren vollzählig, auch wenn nicht immer jeder im Loft wohnte. BTS und Red Velvet, die bald dazu zogen, waren auch da und die Mädels von Red Velvet gesellten sich zu Skye.
„Weißt du was los ist?“, fragte Irene, doch Skye zuckte nur mit den Schultern.
„Vielleicht … keine Ahnung.“
Skye hatte den Keller gesehen und wusste nicht, ob es damit etwas auf sich hatte. Sie wusste aber auch nicht wie viel sie erzählen durfte und so sollten die anderen auf Mia warten.
„Ich habe mir das EXO Dorm angeschaut, es ist so cool geworden. Ich freue mich schon, wenn wir hier einziehen“, meinte Wendy und auch Skye freuet sich etwas über weibliche Gesellschaft – solange diese nicht BlackPink hieß, wobei sie mit Lisa keine Probleme hätte. Eigentlich auch nicht mit Jisoo und Rose …
Skye sah, dass in der Trainingshalle Licht brannte und wahrscheinlich würde man sie dorthin bringen. Um Punkt 21 Uhr kam nicht nur Mia, sondern auch Jiyong aus der Halle über den Innenhof gelaufen. Skye hatte nicht mit Jiyong gerechnet, doch dies war auch sein Projekt. Es war das erste Mal, dass sie ihn sah, nachdem sie sich getrennt hatte und Skye mochte nicht den kleinen, aber feinen Schmerz in ihrem Herzen.
„Danke, dass ihr alle gekommen seid – wir haben etwas zu Essen vorbereitet, kommt mit“, begrüßte Mia die Bande und die Kerle ließen sich natürlich mit Essen locken. Skye ging davon aus, dass Mia die Männer mundtot machen wollte und welche bessere Möglichkeit gab es, als wenn sie am Essen waren? Immer wieder war die Amerikanerin fasziniert von dieser unsichtbaren Hinterlistigkeit.
Als sie die Trainingshalle betraten ging ein Raunen durch die Menge. Die Halle war fertig. Auf beiden langen Seiten war sie verspiegelt, es gab eine Trennwand in der Mitte, die man runterlassen konnte und im Gesamten war die Halle auch ein Basketballfeld. Die Spiegel waren ungefähr 2,5 Meter hoch, darüber gab es einen breiten Fensterstreifen, für Tageslicht. Die Halle war groß genug um auch Bühnenshows nachzustellen.
„Willkommen in der Trainingshalle“, verkündete Jiyong, der Skye noch immer nicht angeschaut hatte.
„Von heute an wird die Halle eine Erweiterung der Akademie sein und vor allem für Tourvorbereitungen genutzt werden. Die Bands, die in Fabrik wohnen, werden viel Training hier haben und somit die Wegzeiten verkürzen.“
Jiyong erklärte noch, dass die Halle mit zwei Soundsystem ausgestattet war, falls zwei Bands gleichzeitig trainierten und dass die Halle natürlich auch als Sportplatz genutzt werden konnte, wenn es draußen zu kalt war. Skye fand dass eine tolle Idee, nur dass sie sich Gedanken um die Spiegelwände machte.
Am Rand hatten sie eine Theke mit Fingerfood und Stühlen und die Musiker machten sich die Teller voll.
Mia und Jiyong warteten ab, bis alle am Essen waren.
„Ihr wisst, dass wir hier einen besonderen Ort schaffen wollen. Einen Ort, an denen Idols sich wohl fühlen können und einen relativ großen Bewegungsradius haben, ohne sich der Öffentlichkeit auszusetzen. Doch damit dieses System funktioniert, brauchen wir ein paar Regeln“, erklärte Mia und schon ging das Gemurmel los. Skye ‚Psssst’e die anderen an und Mia fuhr fort, als wieder Ruhe eingekehrt war.
„Ihr wisst, dass wir das Gelände, am Eingang der Bat-Höhle, ebenfalls gekauft haben. Dort werden Entertainmentmitarbeiter einziehen, Choreografen, Stylisten, Manager, Tontechniker. Wir haben bis auf vier Wohnungen alle schon vermietet. Dort ist der Eingang zur Tiefgarage und dort sind somit die Fake-Dorms, für alle Fans, die euch stalken. In diesem Gebäude gibt es vier Dating-Wohnungen. Zwei eher für Frauen ausgestattet und zwei für männliche Bewohner. Wenn ihr anfangt euch mit jemand zu treffen oder wenn ihr einfach nur eine Nacht mit jemanden verbringen wollt, dann macht das bitte dort. Es dient der Geheimhaltung dieser Fabrik und für eure Privatsphäre – im Dorm ist es ja auch nicht immer ruhig.“
Skye sah viele rote Köpfe und grinste fröhlich. Dass sie immer noch verlegen wurden!
„Du hast uns ein Idol-Love-Hotel gebaut?“, fragte Baekhyun ungläubig. „Wie kommt man auf so etwas?!“
„Eigentlich hat mich Kyuhyun auf die Idee gebracht“, gab Mia zu und ein Grinsen breitete sich über ihr ganzes Gesicht aus. Die Super Junior Mitglieder fingen an zu lachen, doch alle anderen schauten nur fragend.
„Sag nicht, dass du jetzt diese alten Geschichten wieder auspackst?!“, beschwerte sich Kyuhyun.
Noch eine ganze Weile musste Kyuhyun sich Kommentare von seinen Bandkollegen anhören, während der Rest nicht verstand um was es ging. An sich fand Skye das keine schlechte Idee.
Es dauerte eine Weile, bis sich alle wieder beruhigt hatten. Jiyong erklärte, dass ab Montag der ‚Keller‘ öffnete, mit Restaurants, Bars, Spielhölle und Wellness. Er erklärte ihnen auch die Tage, an denen das Badehaus vorerst geöffnet war und die Anwohner waren begeistert.
Mia und Jiyong kamen nicht um einen Rundgang herum und so zog die Truppe weiter in den Keller. Skye bildete das Schlusslicht und Jiyong kam zu ihr. Kai war zwischen BTS verschwunden.
„Wie geht es dir?“, fing er an, schaute aber nicht zu ihr.
„Gut und dir?“
„Auch gut.“ Einen Moment lang liefen sie schweigend nebeneinander her. Smalltalk war schrecklich.
„Ich werde bald für eine Weile nach Japan gehen. Ich habe einen Termin mit unseren Anwälten für den 12.03 ausgemacht, damit wir vorher noch alles regeln.“
Skye blieb stehen und schaute ihn an.
„Du gehst weg?“ Das war eine völlig neue Information und auch keine, die schon lange im Raum stand.
„Nur für ein paar Wochen. Ich bringe eine neue Kollektion heraus und will für das Finish vor Ort sein.“
„Verstehe.“ Tat sie wirklich, doch all das hatte den faden Nachgeschmack, dass sie G-Dragon des Landes vertrieben hatte.
„Seunghyun vermisst dich. Vielleicht können wir ja ein … geteiltes Sorgerecht ausmachen?“, schlug er vor und beide lachten.
„Ja, das wäre nett“, erwiderte Skye. Da standen sie nun und starrten auf den Boden. Es war komisch. Es war immer komisch auf den Ex zu treffen, aber hier war es besonders. Zum einen, weil er G-Dragon war und Skye ihn als Künstler vergötterte und zum anderen, weil sie gar nicht richtig wussten, was passiert war.
„Skye?!“, hörte sie Kai rufen.
„Ich geh mal nach Jongin schauen.“
„Jongin?“
„Na ja, ich nenne dich ja auch nicht G-Dragon“, erwiderte sie schulterzuckend. Für Jiyong klang Jongin allerdings viel bedrohlicher als Kai. Viel intimer. Nicht das er dachte, dass sie sich in den nächsten Wochen wieder annähern würden, aber er dachte gerne langfristig.
Skye fand Kai an dem Pool.
„Wir haben einen Pool!“, fasst er das Offensichtliche zusammen. Skye lachte fröhlich, sie kannte den Pool ja schon.
Sie weiß nicht mehr wie genau es passiert war, aber jemand rempelte Skye an und Skye hielt sich an Kai fest und jedenfalls landeten sie beide im Pool, was dazu führte, dass andere dachten es wäre eine Einladung und am Ende waren Donghae, Eunhyuk, Siwon, Jimin, Namjoon, Jungkook, Sehun, D.O und Chanyeol. Schuld war Chen, aber das kam bei dem ganzen Chaos nicht raus.
Jiyong und Mia standen am Beckenrand.
„Didn’t see that coming“, gab Mia zu.
„Ernsthaft? Wie viele Jahre kennst du sie nun schon?“, fragte Jiyong ungläubig.
Für alle die nass waren, war der Abend hiermit beendet, auch wenn Mia sie nicht klitschnass durch’s Haus liefen ließ. Sie bekamen Handtücher und mussten waren, bis sie halbwegs trocken waren, bevor sie hoch gehen durften.
Skye und Jongin gingen hoch in ihr Apartment. Ihr war so kalt und sie stellte sich direkt unter die Dusche, inklusive Klamotten. Jongin folgte ihr und schloss die Tür hinter sich. Die Sachen waren ohnehin nass, das machte nun auch nichts mehr, doch er sah ihren fragenden Blick.
„Mir ist auch kalt.“
Sie ließen das warme Wasser auf sich einprasseln. Skye wusste nicht, ob sie lieber duschte oder badete. Sie konnte stundenlang in der Dusche sitzen und genau so lange konnte sie auch in der Wanne liegen. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss die Wärme, als Jongin sie küsste und begann sie auszuziehen. Skye ließ es zu und auch seine Klamotten flogen aus der Dusche. Er hielt sie eng umschlungen und die Amerikanerin war sich sicher, dass er ihr Herzpochen spüren musste.
„Ich dachte wir wollten langsam machen.“ Nicht das sie davon im Moment überzeugt war.
„Stell dir vor ich werde am Montag blind – willst du einem vielleicht bald blinden Mann diesen letzten Wunsch verwehren?“ Sie glaubte nicht, dass er die Blinden-Karte zog und lachte.
„Wenn ich dich nackt gesehen habe, gibt es nichts mehr, was ich sehen wollen würde.“ Sie dachte er scherz, doch dabei schaute er sie so ernst an, dass auch Skye das Lachen verging.